Aus der Chronik unseres Gasthauses

Irgendwann im 57er Jahr plagten den 29jährigen Landwirt Alois Sagmeister und dessen Frau Wilma Existenzsorgen. Nachdem sich Allerorten die letzten Nachkriegswirren entflochten, machte man sich bei schummriger, aber sehr gemütlicher Petroleum-Beleuchtung ernsthafte Gedanken um die eigene Zukunft und vor allem um die der Kinder, des damals 8jährigen Alois und des 3jährigen Helmut. Sollte man etlichen Dorfbewohner nacheifern und nach Kanada auswandern oder gab es eine Alternative? Nun, sie suchten und fanden bald eine - ein Gasthaus in Wien!

Man machte sich auf die Suche ins benachbarte Ausland nach Wien, wo sich die „G'scherten“ allgemein ob ihrer Tüchtigkeit und Zielstrebigkeit wachsender Beliebtheit erfreuten. Im Gepäck hatte man karges Siedlungsgut, ungetrübte Hoffnung und ungebrochenen Unternehmungsgeist. Die Ärmel wurden aufgekrempelt, die ersten Umbauarbeiten vorgenommen und das Lokal als bald als Gastwirtschaft wiedereröffnet.

Der Menüpreis wurde mit öS 6,- festgelegt. Ein Seidl Bier kostete öS 1,60 und für ein gutes Vierterl vereinnahmte man immerhin öS 2,60,-. Der erste Tagesumsatz von öS 126,- war zwar nicht die Welt, aber keineswegs entmutigend. Allmählich sprach sich herum, dass die Wirtin manch' resches Bratl kredenzte und der Chef manch harbe Tanz auf seiner steirischen Quetschen aufspielte. Bei diesem G'spann ließ der Erfolg natürlich nicht lange auf sich warten und bald musste die alte Waschkuchl notgedrungen einem Extrazimmer weichen, um den nun schon zahlreichen Stammgästen Platz zu bieten. Im 68er Jahr wurde im Kellergewölbe des Gasthauses eine Kegelbahn eröffnet, welche im 78er Jahr um ein rustikales Kellerstüberl erweitert wurde. Der Tradition entsprechend holte man zur Bewältigung personeller Probleme gastronomische Naturbegabungen aus Olbendorf im südlichen Burgenland.

Seit geraumer Zeit sind unsere Herren Edi und Hans für Ihr leibliches Wohl verantwortlich. Im kulinarischen Bereich wird immer deutlicher die Handschrift unserer Küchenchefin Helga sicht- und spürbar. Es gelingt ihr besonders gut, traditionelles mit den aktuellen Ansprüchen der heutigen Klientel zu verbinden. Im 84er Jahr wurde in der Schimmelgasse 9 das “Schimmelbeisl” umgestaltet und wurde zum gastronomischen Kleinod der Familie Sagmeister. 1997 wurde das Lokal neuerlich architektonisch den gesteigerten Bedürfnissen unserer Gäste angepasst um den hohen Ansprüchen im neuen Jahrtausend zu genügen.

Nicht zuletzt ist es aber der großen Anzahl unserer Gäste und deren Treue zu verdanken, dass sich das vormals trostlose Anwesen Ihnen heute in diesem Rahmen präsentieren kann. So gesehen war der Entschluss 1957 goldrichtig und wir haben seither den Anspruch für uns erhöht, nicht nur das beste, sondern nunmehr auch das schönste Gasthaus (in der Schimmelgasse) zu sein!

Herzlichst, Ihre Familie Sagmeister