Wissen - Aus - Kurz vor dem Ziel
("hidding the wall")
Das Schlimmste und Gefürchtetste, was einem Marathonläufer passiere kann. Einige
Kilometer vor Ende des flott angegangenen Marathons kommt plötzlich das
unerwartete Aus.
Es ist immer ein Dilemma, kann sich jedoch mehr oder weniger dramatisch
abspielen. In jedem Fall muss das Tempo stark zurückgenommen werden, obwohl der
Kopf zum Letzten bereit ist. Läufer, die man lange, zuvor überholt hat, ziehen
vergleichsweise mühelos an einem vorbei. Nach so vielen; genau im Zeitplan
gelaufenen Kilometern schmelzen die Sekunden und Minuten dahin, die Katastrophe
ist perfekt. Sie kann sogar ein Ausmaß erreichen, das ein Weiterlaufen unmöglich
macht, bis hin Zum Schwarzwerden vor den Augen, Schwindel und Schweißausbruch.
Kohlenhydrate = Superbenzin
Dem Muskel -stehen im Wesentlichen zwei Treibstoffe zur Verfügung: Kohlenhydrate
und Fett. (Am Rande bemerkt: In bestimmten Situationen kann der Muskel auch
körpereigenes Eiweiß verbrennen). Kohlenhydrate sind der Supersprit, sie werden
bei hoher Geschwindigkeit verbrannt: Leider haben wir wie das Formel-l Auto
jedoch nur einen begrenzten "Tank" zur Verfügung. Das sind die Glykogenspeicher
(Ketten aus Traubenzuckereinheiten die sich der Körper aus kohlenhydratreicher
Nahrung angelegt hat: Die Muskulatur kann ca. 300 bis 400 Gramm Glykogen
speichern, die Leber ca. 0-90~ Gramm, im Blut befinden sich weitere 20 Gramm.
Das Leberglykogen ist vor allem für unser Gehirn reserviert, das auf eine
konstante Glukosezufuhr (Glukose = Traubenzucker) angewiesen ist: Während der
Belastung bezieht der Körper Kohlenhydrate vorwiegend aus den Glykogenspeichern
der Muskulatur und nur im äußersten Notfall auch aus der Leber. Darüber hinaus
verwertet er während des Laufens Glukose, die entweder im Blut vorhanden ist
oder über den Konsum eines Elektrolytgetränkes oder eines kohlenhydratreichen
Imbisses (reife Banane, Müsliriegel) zugeführt wird. Der Energiegehalt der
Kohlenhydratspeicher eines 70 kg. schweren Mannes beträgt ca. 1.800 bis 2.000
Kilokalorien.
Fett = Diesel
Dagegen machen die Fettreserven eines schlanken Menschen immer noch beachtliche
75.000 bis 100.000 Kilokalorien aus. Damit kommen wir nicht leicht in
Verlegenheit, es würde uns sogar ermöglichen, den Äquator laufend zu umrunden.
Allerdings um einiges langsamer, als es der Supersprit Kohlenhydrate zulassen
würde. Verbrennt der Körper Fett; so geht dies langsamer vor sich und benötigt
um einiges mehr Sauerstoff. Da die Sauerstoffzufuhr jedoch limitiert ist, muss
die Laufgeschwindigkeit entsprechend gedrosselt werden, da bei niedrigerer
Geschwindigkeit der Sauerstoffbedarf geringer ist. Findet dies nicht statt, so
schaltet der Körper auf Kohlenhydratverbrennung und bleibt sehr gerne dabei.
Besonders gefährlich ist dies am Beginn des Marathons oder wenn zwischenzeitlich
Gas gegeben wird. Die Folge ist eine rasche Entleerung des wertvollen, jedoch
sehr begrenzten Speichers, was bei entsprechend hoher Geschwindigkeit bereits
nach einer Stunde geschehen kann. Das Umschalten auf überwiegende
Fettverbrennung ist unweigerlich mit einer starken Temporeduktion verbunden.
Schlimm ist, dass die Fettverbrennung aus biochemischen Gründen nur solange
ablaufen kann, solange noch etwas Kohlenhydrate vorhanden sind. Kann der Körper
diese nicht mehr zur Verfügung stellen, so müssen wir stehen bleiben. Wurden
auch die Leberglykogenspeicher angegriffen und reduziert, so wird uns schwarz
vor den Augen, der Blutzucker ist unter 45 mg/dl abgesunken.
Die optimale Mischung
Um einen Marathon zu laufen, benötigt ein 70 kg schwerer Mann ca. 2.800
Kilokalorien. Das entspricht ca. 700 Gramm Kohlenhydrate, die der Körper jedoch
nicht zur Verfügung stellen kann, da seine Speicher dazu nicht ausreichen. Der
Rest muss über Fettverbrennung abgedeckt werden. Dies kann je nach
Trainingszustand zwischen nur 10 Prozent bei einem Eliteläufer, der durch
entsprechendes Training seine Glykogenspeicher stark vergrößert hat, bis zu 50
Prozent bei einem langsamen Läufer ausmachen. Wird von Beginn weg das richtige
Tempo gewählt, so mischt der Körper seine Treibstoffe Supersprit und Diesel im
idealen Verhältnis. Im Zieleinlauf darf der Supersprit dann gerade zu Ende sein.
Tuning vor dem Marathon
Sehr lange Trainingsläufe über zwei Stunden verbessern die Sauerstoffaufnahme
und die Fettverbrennung des Körpers. Sie ökonomisieren den Umgang mit den
Kohlenhydratspeichern. Verstärkt kann der Effekt werden, wenn vor dem Lauf nicht
viel gegessen wurde und gleich nach Belastungsende ein kohlenhydratreiches
Getränk und innerhalb der ersten zwei Stunden auch eine kohlenhydratreiche
Mahlzeit, gemischt mit etwas Eiweiß, konsumiert wird.
Tipps
Gelegentliches Entleeren der Kohlenhydratspeicher stellt einen Reiz zu deren
Vergrößerung dar.
Für einen
guten Läufer darf die Marathonvorbereitung ruhig auch flotte Trainingseinheiten
enthalten.
In der Woche
vor dem Marathon das Training stark reduzieren hilft ebenfalls die
Kohlenhydratspeicher optimal anzufüllen.
Dazu viel
trinken und Kalium zuführen (in Form von Bananen).
Ein
kohlenhydratreiches, jedoch ballaststoffarmes Frühstück am Marathontag füllt ein
letztes Mal das Leberglykogen auf.
Vor dem
Start verhindert leichtes Aufwärmen das Anspringen des anaeroben Stoffwechsels
und damit das Vergeuden kostbarer Kohlenhydrate gleich zu Beginn des
Wettkampfes.
Den Marathon
lieber zu langsam als zu schnell beginnen. Nur so aktiviert der Körper
frühzeitig die Fettverbrennung und bleibt dabei.
Während des
Marathons Kohlenhydrate über Getränke zuführen. Alle, die etwas langsamer
unterwegs sind und es vertragen, dürfen auch feste Nahrung zu sich nehmen.
Bahnt sich
trotzdem ein Einbruch an, so kann Traubenzucker, eine reife Banane oder ein
Müsliriegel das Schlimmste verhindern.
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