Wissen - Leistungsdiagnostik
FRIEDRICH KREUZRIEGLER (Marathon-Laufsport
Magazin)
Für einen optimalen Leistungsfortschritt ist die richtige Intensität des
Trainings von entscheidender Bedeutung. Um diese Intensitäten auch richtig zu
bestimmen, wendet man die Methoden der Leistungsdiagnostik an.
Unser Körpergefühl für lockeres, mittleres oder hartes Training ist zumeist nur
ein grober Anhaltspunkt für die richtige Trainingsintensität. Gerade bei
Laufeinsteigern ist die innere Stimme für abgestimmtes Tempo noch nicht
entwickelt. Es wird zumeist zu intensiv oder zu gleichförmig trainiert. Für
optimale Resultate und eine effiziente Entwicklung muss der momentane
Leistungsstand gemessen und überwacht werden. Aber die beste Messung, sprich
Leistungsdiagnostik, kann nur so viel leisten wie ihre Umsetzung in den
Trainingsalltag. Der Knackpunkt der Leistungsdiagnostik ist also die
Interpretation der Daten und die daraus resultierende Trainingsplanung.
Leistungsdiagnostik beschäftigt sich mit der objektiven Erfassung und Steuerung
der körperlichen Leistungsfähigkeit. Verschiedenste wissenschaftliche
Fachrichtungen arbeiten hier Hand in Hand zusammen. Ohne den Anspruch auf
Vollständigkeit soll der folgende Überblick einzelne Verfahren erörtern und
deren Einsatz für den Laufanfänger bewerten:
Grunduntersuchung mit allgemeinmedizinischer Untersuchung, orthopädischer
Status und Belastungs-EKG: Beginnt man sein Läuferleben", so sollte eine
sportmedizinische Basisuntersuchung durchgeführt werden. Dabei wird die
allgemeine medizinische Untersuchung, etwa der Gesundenuntersuchung
entsprechend, um einen orthopädischen Status und ein Elektrokardiogramm unter
Belastung ergänzt. Der orthopädische Status zeigt die Gelenkssituation auf,
lässt etwaige Risiken frühzeitig erkennen - dadurch sind spezifische
Vorbeugemaßnahmen gut möglich. Das Belastungs-EKG zeichnet die Herzstromkurve
unter Belastung auf und man kann Rückschlüsse auf die Sauerstoffversorgung des
Herzens ziehen. Herzkrankheiten können dadurch mit höchster Wahrscheinlichkeit
ausgeschlossen werden, wodurch auch eine Maximalbelastung risikofrei eingegangen
werden kann.
Sauerstoffaufnahme: Unter sehr aufwändigen Bedingungen kann die
Sauerstoffaufnahme unter Belastung gemessen werden. Das Lauftempo lässt sich
dann eindeutig den verschiedenen Stoffwechselbereichen zuordnen. Für einen
Einsteiger ist dieses Verfahren nach Aufwand und Kosten und praktischer
Umsetzung unter ferner liefen" einzuordnen.
Laktatdiagnostik: Über die Messung des Stoffwechselzwischenproduktes
Laktat im Blut kann auf den Stoffwechselbereich rückgeschlossen werden. Dabei
wird ein Bluttropfen aus dem Ohrläppchen oder aus der Fingerbeere entnommen und
entsprechend analysiert. Diese Untersuchungen können im Labor als
Labordiagnostik oder auf der Laufstrecke als Feldtest durchgeführt werden. Im
Labor wird am Laufband oder am Fahrradergometer getestet. Für Läufer ist
selbstredend das Laufband sinnvoll. Da das Laufen am Laufband aber nicht dem
natürlichen Laufen entspricht, setzt ein gutes Testergebnis auch eine gekonnte,
also geübte Beherrschung des Laufbandes voraus. Eine ein- bis zweimalige
jährliche Bestimmung der Laktatleistungskurve kann für den ambitionierten
Laufeinsteiger durchaus sinnvoll sein.
Herzfrequenzdiagnostik: Nach dem italienischen Sportmediziner Conconi
zeigt die Zunahme der Herzfrequenz unter Belastung einen typischen Knick beim
Übergang vom Stoffwechsel unter ausreichender Sauerstoffaufnahme zum Eingehen
der Sauerstoffschuld, also vom aeroben zum anaeroben Bereich. Dieser Test eignet
sich gut für eine permanente Trainingssteuerung und sollte, durch die obige
Laktatdiagnostik abgesichert, von einem erfahrenen Trainer oder Sportler
interpretiert werden.
Körperfettmessung: Die permanente Bestimmung des Körperfettanteils lässt
Rückschlüsse auf den Trainingszustand zu. Ein Übertraining kann frühzeitig
festgestellt werden. Die Messung kann mit Fettmesswaagen, speziellen
Infrarotmessgeräten oder am besten von einem ausgebildeten Experten mittels
Fettmesszange durchgeführt werden.
Muskelfunktionstests: Mittels manueller Funktionstests kann die
Muskulatur auf Schwächen und Verkürzungen getestet werden. Da Muskeln, denen es
an Geschmeidigkeit oder Kraft fehlt, leistungsmindernd sind, kann über den
Funktionsstatus ein individuelles Ausgleichstraining erstellt werden.
Muskelfunktionstests sind dem Laufanfänger besonders ans Herz zu legen.
Biomechanische Analysen: Analysen des Laufstils helfen nicht nur den
optimalen Schuh zu wählen, sondern sind auch Grundlage eines gezielten Trainings
der Lauftechnik. Obwohl ein größerer Aufwand notwendig ist, erreicht man am
Beginn einer Laufkarriere mit dieser Methode sehr viel. Wie schon eingangs
erwähnt, macht Leistungsdiagnostik nur dann Sinn, wenn die Messdaten in die
konkrete Trainingsplanung einfließen und als Instrument der Steuerung verstanden
werden. Die Interpretation der Leistungsdiagnostik braucht Erfahrung und
Fingerspitzengefühl und hat eine gewaltige Anzahl von Faktoren zu
berücksichtigen. Nach wie vor können wir den Weltmeister nicht im Labor
bestimmen, aber die Leistungsdiagnostik ist nicht nur einer seiner Bausteine,
sondern sein Fundament.
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