Wissen - Sprungfeder
Während des Laufens fungiert die Achillessehne als
Sprungfeder, die im Moment des Auftritts Energie speichert und während des
Abstoßes diese Energie effektiv auf den nächsten Schritt überträgt. Mit ihr ist
unweigerlich der Gedanke an eine lästige Schwachstelle des Bewegungsapparates
verbunden, mehr störend als förderlich, und viel zu oft Ursache eines frustriere
Trainingsausfalls. (ANDREA HOFMANN, Marathon Laufsport).
Dass die Achillessehne eine ganz außerordentliche Aufgabe während der
Laufbewegung übernimmt, wird leicht übersehen. Sie hat nämlich die Funktion
einer Sprungfeder, die die kinetische Energie des Körpers als potenzielle
Energie speichert und im Augenblick des Absprunges wieder in kinetische Energie
zurückverwandelt. Dieses Prinzip scheint ein entscheidender Faktor zu sein, der
einen Elite-Athleten ausmacht. So wie die richtige Länge und Spannung der
Sprungfeder entscheidend für ihre Funktion ist, so sind die richtige hänge und
Spannung der Achillessehne für den Vortrieb während des Laufens verantwortlich.
Ein gewisses Maß an Muskelspannung ist Voraussetzung dafür, möglichst viel
Energie zu absorbieren und wieder freizusetzen. Die Achillessehne kann sich bis
zu 6'Y0 ihrer Länge dehnen, das sind in etwa 1,5 cm, um über 90 Prozent der
gespeicherten Energie auf den folgenden Schritt zu übertragen. Auch die
Abflachung des Fußgewölbes während des Auftretens speichert Energie, jedoch
nicht in dem Ausmaß wie es die Achillessehne tut. Erfreulich ist, dass die
Elastizität der Achillessehne trainierbar ist, die schlechte Nachricht ist die,
dass diese Elastizität mit zunehmendem Alter wieder abnimmt und damit zwingend
auch die Laufgeschwindigkeit.
Elite-Athleten sind wie Kängurus
Kängurus haben sich dieses Prinzip perfekt zunutze gemacht: Die Kombination aus
überaus langen Achillessehnen und mächtigen Quadrizeps-Muskeln ermöglicht ihnen
eine hohe Fortbewegungsgeschwindigkeit ohne ein Mehr an Energieaufwand. Wenn das
Känguru landet, wird die Achillessehne gestreckt und die Oberschenkelmuskulatur
fast isometrisch kontrahiert, um das Körpergewicht abzufangen. In diesem Moment
wird Energie gespeichert und wie die Energie einer zusammengedrückten Feder
gleich auf den nächsten Sprung übertragen. Die Beine der Elite-Athleten scheinen
mehr mit den Beinen eines Kängurus gemeinsam zu haben als jene der
Durchschnittsbevölkerung.
Laufökonomie
Das Prinzip der Sprungfeder ist zusammen mit der Bewegungsökonomie
(Zusammenspiel der Arm- und Beinbewegung während des Laufens) ein Hauptfaktor,
der die Leistungsfähigkeit eines Athleten ausmacht. Außergewöhnlich gute
Sprungfedern als Achillessehnen sind genau so entscheidend für den Erfolg wie
der Wert der maximalen Sauerstoffaufnahme: Angenommen, wir testen zehn
Spitzenathleten auf dem Laufband und bestimmen ihre maximale Sauerstoffaufnahme
(V02max), die zwischen 78 und 85 ml pro Kilogramm Körpergewicht und Minute
liegt, so kann aufgrund dieser Werte nicht darauf geschlossen werden, wer der
Gewinner eines 10-km-Wettkampfes sein wird. Derjenige, der über die besseren
?Sprungfedern", sprich Achillessehnen verfügt, wird auf jeden Fall ein
entscheidendes Wort mitsprechen.
Steve Ovett im Schlamm
Das Prinzip der Sprungfeder kann auch mit einem hüpfenden Ball verglichen
werden. Auf weichem, nassem Untergrund hüpft ein Ball nicht mehr gut, genauso
wie der Elite-Athlet seine besondere Fähigkeit verliert. Steve Ovett, britischer
Weltklasse-Mittelstreckenläufer, ist es anlässlich der Englischen
Cross-CountryMeisterschaften 1970 in Blackburn so ergangen. Er war damals
Schüler, es regnete in Strömen und der Untergrund hatte sich in haltlosen
Schlamm verwandelt. Das Rennen war ein einziges Desaster und der begleitende
Vater und Onkel, völlig durchnässt, waren bitter enttäuscht, ohne den wahren
Grund für Steves Versagen zu ahnen. Die elastische Achillessehne funktioniert
auf der Bahn oder auf der Straße, nicht jedoch im Gelände, was Steve zum
Verhängnis wurde, und auch nicht bergauf. Am Berg spielt ein kleingewachsener
Läufer mit kurzen Unterschenkeln seinen Trumpf aus, der bei einem 10-km-Kennen
auf der Straße nur hinterherläuft.
Profi-Tipp
Leider ist die Eignung der Achillessehne als leistungsfördernde Sprungfeder zum
überwiegenden Teil erblich bedingt. Durch ausgewogenes Lauftraining, das auch
die entsprechenden Regenerationsphasen berücksichtigt, ist ihre Funktion jedoch
trainierbar. Will man noch mehr tun, so kann man Sprungübungen in das Training
einbauen, hier ist allerdings Vorsicht geboten. Einmal pro Woche ist
ausreichend, begonnen wird grundsätzlich mit wenigen Wiederholungen auf weichem
Untergrund (am besten auf einem ebenen Rasen). Bei bereits bestehenden
Achillessehnenbeschwerden wird von diesem Training dringend abgeraten.
Programm
Mindestens 15 min. aufwärmen, 10 vertikale Sprünge (möglichst hoch), eine Pause
von 2 bis 3 Minuten einlegen, dann 10 horizontale Sprünge (möglichst weit),
auslaufen. In der nächsten Woche darf dieses Programm zweimal wiederholt werden
(2 Serien) und in den darauf folgenden Wochen schrittweise bis auf 5
Wiederholungen (5 Serien) ausgebaut werden.
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Ihr Sportfachgeschäft in Güssing
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