Der Leopoldstädter Tempel, auch bekannt als das
Israelitische Bethaus in der Wiener Vorstadt
Leopoldstadt oder Synagoge
Tempelgasse, war eine Synagoge im 2. Wiener Gemeindebezirk
Leopoldstadt (Tempelgasse 3, Czerninviertel). Die
zwischen 1854 und 1858 nach Plänen von Ludwig Förster
errichtete Synagoge bot 2000 Sitzplätze und wurde 1938
während des Novemberpogroms mit Ausnahme der Seitentrakte
völlig zerstört. Heute werden Teile des Grundstückes noch
von der jüdischen Gemeinde genutzt.
Der Leopoldstädter Tempel diente als Vorbild für zahlreiche
weitere europäische Synagogen im orientalischen Stil,
darunter die Zagreber Synagoge, die Spanische Synagoge in
Prag, die Tempel Synagoge in Krakau und der Templul Coral in
Bukarest.
Geschichte: Die Leopoldstädter Tempel wurde
zwischen 1854 und 1858 nach Plänen von Ludwig Förster
errichtet. Die Einweihungsrede wurde am 15. Juni 1858 von
Adolf Jellinek, dem ersten Prediger des Tempels, gehalten.
Erster Oberkantor wurde J. Goldstein. 1867 predigte auch der
konservativ eingestellte Moritz Güdemann im Leopoldstädter
Tempel, ab 1894 zudem Adolf Schmiedl, der sich vor allem auf
Grund seiner volkstümlichen Reden großer Beliebtheit
erfreute. Weitere Prediger der Synagoge waren Elieser David
aus Düsseldorf sowie ab 1913 Max Grunwald und ab 1932 Israel
Taglicht.
Bereits 1898 erfolgte eine erste Generalrenovierung an der
Synagoge. Hierbei wurde insbesondere die Innendekoration
durch bunte Stuckornamente aufgewertet. 1905 folgten weitere
Adaptierungsarbeiten an den Fronten zur Straße bzw. im Hof.
Im Anschluss an einen Gottesdienst für jüdische Soldaten des
Ersten Weltkriegs brach am 17. August 1917 ein Feuer in der
Synagoge aus, der sich zu einem Großbrand ausweitete. Das
Gebäude wurde dabei schwer beschädigt und es dauerte bis
1921, bis die Restaurierung abgeschlossen werden konnte. In
der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde der
Haupttrakt mit der Synagoge völlig zerstört. Lediglich die
Seitentrakte blieben zunächst erhalten. Die in einem der
Seitentrakte untergebrachte Bibliothek konnte 1943 durch die
couragierte Initiative des Studenten und späteren Vorstands
des Instituts für Judaistik an der Universität Wien Kurt
Schubert großteils gerettet werden. Die Sammlung befindet
sich heute in Jerusalem. Der südliche Seitentrakt der
Synagoge wurde 1951 geschliffen und durch ein Wohnhaus (Desider-Friedmann-Hof)
ersetzt. Der nördliche Seitentrakt dient hingegen noch heute
als Betstätte für die jüdische Gemeinde. Neben einem Bethaus
wurde hier auch eine Talmud-Tora-Schule der Agudas Israel
untergebracht. Die Synagoge wurde hingegen durch einen
Neubau mit Wohnungen ersetzt. Hier befindet sich heute auch
das sozialmedizinische Zentrum „Esra“, das seit 1994 als
Beratungs- und Behandlungszentrum für Überlebenden der
NS-Verfolgung und deren Nachkommen dient. Die Einrichtung
übernimmt zudem die Betreuung jüdischer Migranten und
fungiert als psychosoziales Zentrum für die jüdische
Bevölkerung Wiens.
Architektur: Der Leopoldstädter Tempel war ein Beispiel des Mitte des 19. Jahrhunderts in Wien herrschenden historisierenden Klassizismus bzw. romantischen Historismus. Jüdische Kultbauten wurden in dieser Phase mit maurischen, ägyptischen und arabischen Stilelementen versehen. Die Leopoldstädter Synagoge bestand aus kubischen Blöcken, die auf einem breiten Grundstück errichtet wurden. Da eine Freistellung der Synagoge vorgesehen war, wurden die seitlichen Verwaltungstrakte durch Höfe vom Hauptgebäude getrennt. Bei den Seitentrakten handelte es sich um relativ schmale, viergeschossige Gebäude, die zahlreiche Einrichtungen beherbergten. Im nördlichen Seitentrakt befanden sich neben einem rituellen Bad und einem Versammlungsraum einige Wohnungen. Im südlichen Seitentrakt wurden Gemeindebeamte untergebracht. Das Hauptgebäude mit der Synagoge wurde als vierjochiger Bau verwirklicht, wobei die Fassade von verzierten, gebrannten Tonziegeln in roter und gelber Farbe verziert war. In das Innere der Synagoge gelangte man über einen hohen, mittleren Eingangsbogen und das Vestibül. Der Hauptraum der Synagoge mit 2000 Sitzplätzen war dreischiffig ausgeführt, wobei die Seitenschiffe vom Hauptschiff durch hohe Rundbögen getrennt waren. Dekoriert war das Innere mit Muschelkalk, Stuckfliesen, Mosaiken sowie Fenstern aus geschliffenem Glas.
Gedenktafel: Eine Gedenktafel wurde in den 1990er
Jahren angebracht, mit einer Inschrift in deutscher und
hebräischer Sprache:
„Hier befand sich der Leopoldstädter Tempel, der im Jahre
1858 nach Plänen von Architekt Leopold Förster im maurischen
Stil errichtet und am 10. November 1938 in der sogenannten
‚Reichskristallnacht‘ von den nationalsozialistischen
Barbaren bis auf die Grundmauern zerstört wurde. –
Israelitische Kultusgemeinde Wien“.
Quelle: Text: Wikipedia, Bilder: gemeinfrei und www.nikles.net.
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