Für die Geschichte unserer Pfarre war das Jahr 1670
entscheidend. Kaiser Leopold I. erließ am 14.Februar 1670
das Edikt zur Ausweisung der Juden aus Wien, Nieder- und
Oberösterreich. Der Wiener Magistrat kaufte die Judenstadt
um 100.000 Gulden und verpflichtete sich, an der Stätte der
großen Synagoge eine katholische Kirche zu erbauen.
Die neue Vorstadtgemeinde erhielt zu Ehren des Kaisers den
Namen Leopoldstadt. Am 18.August 1670 legte der Kaiser
persönlich den Grundstein zur neuen Kirche. Bald waren
Gotteshaus und Pfarrhof fertig gestellt, und unter großem
Jubel fand am 5.September 1671 die Weihe der Kirche statt.
Die Festpredigt bei der Einweihung der Kirche hielt der
Bischof von Wiener Neustadt, Leopold Graf von Kolonitz. Der
Kirchenweihe wohnten auch Kaiser Leopold und seine Gemahlin
Margaretha, der kaiserliche Hofstaat, der Bürgermeister und
der Stadtrat von Wien bei. Eine Platte aus rotem Marmor mit
lateinischer Inschrift, über dem Haupttor angebracht, gibt
Kunde von diesem denkwürdigen Tag.
Am 13. September 1671 wurde der Priester Johann Ignaz
Arnezhofer zum ersten Pfarrer für die neue Kirche ernannt.
Er starb jedoch im Jahre 1680 in Folge einer Pesterkrankung.
Diese erste Pfarrkirche St.Leopold stand aber kaum 13 Jahre,
denn im Jahre 1683 wurde sie von den Türken in Brand
gesteckt und vollständig zerstört. Nach dem Sieg der
christlichen Heere über die Türken erstand die zweite
Pfarrkirche St.Leopold. Da sich diese bei dem raschen
Emporblühen der Leopoldstadt schon nach kurzer Zeit als zu
klein erwies, erfolgte im Jahre 1722 deren Abtragung. Auf
ihren Fundamenten ließ Baumeister Anton Ospel von 1722 bis
1724 das heutige Gotteshaus erstehen.
In der Zeit vom 3. bis 10. Juli 1770 wurde das erste Säkulum
der Kirche in besonders feierlicher Weise begangen. Bei
diesem Anlass erfuhr Kaiserin Maria Theresia, dass die
Kirche wohl gesegnet, jedoch nicht geweiht ist, worauf
Weihbischof Edmund Graf von Arzt die Weihe vollzog.
In der Umgebung des Gotteshauses geschahen einige kleine
Änderungen: Am Eingang des Friedhofes standen die beiden
großen Statuen des heiligen Leopold und des heiligen
Florian, die sich bis 1776 auf der Fassade des
Jesuitenklosters befanden. Nach der Verlegung des Friedhofes
erhielten sie ihren Platz zu beiden Seiten des
Haupteinganges. Die Kriegsjahre um die Jahrhundertwende,
besonders aber die Besetzung der Stadt durch die Franzosen,
trafen auch die Pfarre schwer. Erst nach diesen
Schreckenstagen und dem bösen Hungerjahr 1816 erholte sich
das wirtschaftliche Leben wieder zusehends und die längst
notwendig gewordene Renovierung der Kirche konnte
vorgenommen werden (1824). Pfarrer war zu dieser Zeit
Johannes Baptist Weber, mit dessen Namen die Entstehung der
Ersten österreichischen Sparkasse für immer verbunden
bleibt.
Das Jahr 1848, das Revolutionsjahr, war wieder ein hartes
für die Kirche. Damals wirkte der spätere Fürsterzbischof
von Wien, Kardinal Gruscha, als Provisor an der Pfarre.
Der Weltkrieg von 1914-1918 brachte unsäglich viel Leid über
unsere Pfarre. Eine bedeutende Anzahl der Pfarrkinder blieb
auf den Schlachtfeldern oder starb an den Folgen der
erlittenen Wunden und Entbehrungen. Auch die Glocken fielen
zum überwiegenden Teil dem Krieg zum Opfer - von acht
blieben nur zwei zurück.
Anläßlich des 200-jährigen Bestandes der gegenwärtigen
Kirche wurde das Gotteshaus im Jahre 1923 unter dem
verstorbenen Pfarrherrn Wilhelm Suchet im Inneren renoviert.
Das Jahr 1938 brachte mit dem nationalsozialistischen Regime
die Auflösung aller in der Pfarre bestehenden Vereine und
das Verbot des Religionsunterrichtes in der Schule, sodass
die Kinder in den Kinderseelsorgestunden, die Jugend und die
Erwachsenen in den Glaubensstunden, die im Pfarrhof
abgehalten wurden, religiöse Betreuung fanden.
Der zweite Weltkrieg, der im Jahre 1939 entbrannte und bis
1945 dauerte, forderte viele Opfer an Menschenleben sowie an
Hab und Gut auch in unserer Pfarre. Am 16.Februar 1942
mussten 2 Glocken für Kriegszwecke abgeliefert werden.
Die Luftangriffe, die im Laufe der Jahre an Heftigkeit immer
mehr zunahmen, trafen unser Pfarrgebiet sehr hart: über 100
Häuser wurden komplett zerstört. Am 12.März 1945, kurz vor
Ende des 2.Weltkrieges bei einem Großangriff auf Wien, war
auch unsere Kirche schwerstens getroffen worden. Eine
1000-Kilogramm-Bombe drang mit ungeheurer Wucht durch das
Kirchendach in den Mittelraum des Gotteshauses ein. Die
Balken des Dachstuhles zerbrachen und stürzten durch die
zerstörte Kuppel in das Innere der Kirche. Die
Luftdruckwirkung war derart gewaltig, dass auch das fast ein
Meter dicke Mauerwerk über der Kreuzkapelle an der Westseite
aufgerissen wurde; die Kuppel und das Gewölbe über dem
Kreuzaltar und Orgelraum stürzten ein. Das zertrümmerte
Kirchendach musste zur Gänze abgetragen und durch ein neues
ersetzt werden. Ganz furchtbar aber zeigte sich die
zerstörerische Wirkung der Bombe im Inneren des sakralen
Raumes. Das herrliche Hochaltarbild von Altomonte und die
Bilder des Kreuz-, Marien- und Antoniusaltares wurden in
Stücke gerissen, Kanzel, Altäre, Orgel, Kirchenbänke,
Beichtstühle zertrümmert und die Gewölbe über dem Hochaltar
und dem Kreuzaltar zur Gänze vernichtet.
Unterhalb des Fußbodens, der nur 70 Zentimeter dick war,
befanden sich etwa 300 Pfarrkinder im Luftschutzraum, die
mit den Seelsorgern wie durch ein Wunder gerettet wurden.
Nach diesem unheilvollen 12.März 1945 feierte die
Pfarrgemeinde ihre Sonntagsgottesdienste in der Kirche der
"Barmherzigen Brüder", denen für die liebevolle Aufnahme,
die sie ihren verbannten Brüdern und Schwestern gewährten,
besonderer Dank gebührt !
Gleichzeitig wurde aber auch in einem Privathaus, das
unserer Kirche gegenüber lag, eine Gottesdienststätte
eingerichtet, die - als Notkirche - am 23.Dezember 1945 von
dem hochwürdigsten Herrn Kardinal Dr. Theodor Innitzer
eingeweiht wurde. In dieser Notkirche fanden Gottesdienste
bis zum 6.Juni 1948 statt.
Mit dem Wiederaufbau der zerbombten Kirche wurde Frau
Architekt Dipl.Ing. Hella Koller-Buchwieser beauftragt.
Siebzig Leute arbeiteten mit zähem Fleiß ununterbrochen an
der Wiedererrichtung des Gotteshauses. Die größte Sorge
jedoch bedeutete die Aufbringung der hierzu erforderlichen
finanziellen Mittel. Die Pfarrkinder selbst brachten wohl in
dieser Hinsicht die größten Opfer - sie steuerten fast eine
Million Schilling bei.
Am 6.Juni 1948 konnte der hochwürdigste Herr
Titularerzbischof Dr. Franz Kamprath unter großer Assistenz
die Weihe des wiedererstandenen Gotteshauses vornehmen. Die
Festpredigt hielt Prälat Fried. Dieser hatte bereits am
23.Mai 1948 die Weihe von zwei neuen Glocken vorgenommen;
die größere Glocke mit einem Gewicht von 1600kg wurde dem
heiligen Leopold, die kleinere (900kg) der Gottesmutter
geweiht.
Der Beginn der Arbeiten zur Außenrenovierung unter der
bewährten Leitung von Frau Architekt Dipl.Ing. Hella
Koller-Buchwieser fiel in den Sommer 1959. Im Sommer des
folgenden Jahres konnte bereits mit der Errichtung des
Dachstuhls des Turmhelmes begonnen werden. Das Satteldach
über dem Kirchenschiff sowie der Pfarrhof und die Kanzleien
wurden ebenfalls instand gesetzt.
Dank der Großzügigkeit und Hilfsbereitschaft der Pfarrkinder
konnten noch viele andere Renovierungsarbeiten in Kirche
(Entstaubung derselben, Reparatur der Orgel) und Pfarrhof
(Ausmalen des Stiegenhauses, Einleitung von Gas und
Anschaffung von Gasöfen in den Seelsorgeräumen) durchgeführt
werden.
Der 3.Dezember 1961, der Tag, an dem Seine Eminenz der
hochwürdigste Herr Kardinal-Erzbischof Dr. Franz König den
Abschluss des Wiederaufbaues unserer Pfarrkirche durch ein
Pontifikalamt feierte, wird ein Meilenstein in der
Pfarrgeschichte bleiben.
Siehe auch Kirchenvater und Rechnungsführer der Pfarrkirche zu St. Leopold, Leopold Ulrich.
Weblink: www.st-leopold.at
Quelle: siehe Weblink, Bilder: ZL - ZL, gemeinfrei, © Bwag/Wikimedia, Hubertl unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 at und gemeinfrei.
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Günter Nikles
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