Das Kaiser-Jubiläums-Spital, dann Krankenhaus Lainz, nun
Krankenhaus Hietzing, in
Wien-Hietzing, ist eines der größten Spitäler von Wien –
geführt wird es vom Wiener Krankenanstaltenverbund – und
wurde in den Jahren 1908 bis 1913 unter dem
christlichsozialen Bürgermeister Karl Lueger nach den Plänen
des Architekten Johann Nepomuk Scheiringer errichtet, um der
in wenigen Jahrzehnten auf 2 Millionen angewachsenen
Bevölkerung Rechnung zu tragen.
Das Lainzer Krankenhaus oder kurz „Lainz“, wie es von der
Bevölkerung meist genannt wird, entstand nach der damals
modernsten Gesundheitslehre als Anlage mit etwa 10 nach
Fachgebieten gegliederten Pavillons in einem etwa 10 Hektar
großen Parkgelände. Das Areal liegt im Südwesten Wiens und
des 13. Bezirks (Hietzing) und ist nur etwa 1 km von den
Osthängen des Wienerwaldes entfernt, was für eine gute
Luftqualität bürgt.
Auf einem doppelt so großen Areal, das im Nordwesten
anschließt, war schon 1902–1904 das „Versorgungsheim Lainz“
mit zwei Dutzend Pavillons zur Pflege von einigen tausend
alten Leuten gebaut worden. Es trägt heute den Namen
„Geriatriezentrum am Wienerwald“ und war, ebenso wie später
das Krankenhaus, die Folge des neuen Heimatgesetzes, mit dem
Jeder nach 10-jährigem Aufenthalt in Wien ein Anrecht auf
Armenversorgung bzw. Altersfürsorge erhielt. Beide
Großinstitute zusammen verfestigten den weltweiten Ruf der
Wiener medizinischen Schule, den unter anderem van Swieten
und Ignaz Semmelweis begründet hatten.
Geschichte: Anlässlich des 60-jährigen
Regierungsjubiläums von Kaiser Franz Josef beschloss die
Stadt Wien 1907 den Bau ihres ersten eigenen Krankenhauses
„freiwillig und ohne Anerkennung einer gesetzlichen
Verpflichtung … in der Absicht, der Wiener Spitalsnot so
weitgehend und so rasch als möglich abzuhelfen“. Bis dahin
lag die medizinische Versorgung überwiegend auf den
Schultern einiger Stiftungs- und Ordensspitäler.
Das neue Krankenhaus sollte eine „auf der Höhe der modernen
Wissenschaft und Technik stehende Ausstattung“ erhalten und
ebenso zur Ausbildung der Ärzte dienen. Bis 1918 hieß es
„Kaiser-Jubiläums-Spital“. Danach erhielt es die einfachere
Benennung „Krankenhaus Lainz“.
Es konnte seinen hohen medizinischen Stand auch nach dem
politischen Zusammenbruch von 1918 halten und sogar
ausbauen. Wegen eines Pflegeskandals im benachbarten
Geriatriezentrum wurde es (ca. 2000) in Krankenhaus Hietzing
umbenannt, was die Allgemeinheit aber weitgehend ignoriert.
Gesundheitspolitische Lage 1907–1918: Der Beschluss
des Wiener Gemeinderates vom 14. Juli 1907, ein Spital mit
1.000 Betten zu erbauen und selbst zu verwalten, war ein
Meilenstein in der medizinischen Versorgung der Wiener
Bevölkerung. Bis dahin standen den Einwohnern neben den
Universitätskliniken praktisch nur Ordens- und
Privatspitäler zur Verfügung. Erst rückblickend lässt sich
die Bedeutung dieser kommunalen Umwälzung abschätzen, die
auch viel Kritik erntete. Die (überwiegend bürgerlichen)
Abgeordneten setzten sich über alle Bedenken hinweg und
schufen eine Anstalt zum Wohle der Kranken, in der „die
Wissenschaft frei und unabhängig vom verderblichen
Cliquenwesen ihre Triumphe zum Heile der Menschheit feiern
wird“ (Karl Lueger bei der Grundsteinlegung 1908). Die
Entscheidung war auch partei- und sozialpolitischer Natur:
1907 führte Österreich das allgemeine Wahlrecht ein, was die
Erwartung auf öffentliche Hilfe für Jedermann stark
ansteigen ließ. Als im Februar 1913 die ersten Patienten
aufgenommen wurden, linderte dies nicht nur die Bettennot
(der Bestand stieg von 7.100 auf 8.100 Spitalsbetten - man
konnte auch neue Wege der medizinischen Versorgung
einschlagen.
Bei der Eröffnung hatte das Spital acht Abteilungen: zwei
medizinische, eine chirurgische und je eine Abteilung für
Urologie, Haut- und Geschlechtskrankheiten, Gynäkologie und
Geburtshilfe, sowie für Augen- und HNO-Krankheiten. Dazu
kamen ein Röntgeninstitut und je eines für physikalische
Therapie, für Pathologie und für Serodiagnostik. Die neu
bestellten Primarärzte gehörten bald zu den weltweit
führenden Medizinern.
Weit vorausblickend war die Planung der Urologie. Die
Lainzer Abteilung war eine der wenigen selbständigen
Institute dieser Art. Die Chirurgie der Harnwege wurde erst
1897 in Triest entwickelt und der Bedarf in Wien mit 100
Betten abgeschätzt. Fast alle späteren urologischen
Primarärzte Österreichs kamen aus dieser Abteilung.
Weiterer Ausbau nach 1918: Obwohl 1918 die Monarchie
zerfiel und die Wiener Bevölkerung an Zahl abnahm, wurde das
Lainzer Spital in den 1920er Jahren weiter ausgebaut. Es
sollte nach dem Willen der nun sozialdemokratischen
Stadtregierung zu einer Art sozialer "Gegenuniversität"
werden und erhielt aufwendige Behandlungsapparate und
weitere Spitalsambulanzen für Notfälle.
Die wichtigste Vergrößerung erhielt es 1930/31 unter
Stadtrat Julius Tandler, dem großen Reformer des Wiener
Gesundheitswesens. Drei neue Fachabteilungen
(Stoffwechsel-Erkrankungen, Tuberkulose und
Lungenkrankheiten) und eine Abteilung für Strahlentherapie
erweiterten die Möglichkeiten stark- Die
Stoffwechselabteilung befasste sich als einzige Österreichs
auch mit Ernährungsstörungen und Heilmethoden der Diätetik.
Die TBC- und Lungenpavillions sind bis heute vorbildlich.
Beschlossen im März 1929 wurde der Bau am 12.Mai begonnen
und mit 320 Betten bereits am 15. November 1930 eröffnet -
und dies mitten in der Wirtschaftskrise. Der damals dringend
benötigte Tuberkulosepavillon wurde später zum
Herz-Lungen-Zentrum.
Die Sonderabteilung für Strahlentherapie entstand 1931 nach
dem Muster des Radiuminstituts in Stockholm. Als dritte
Stadt der Welt kaufte Wien Radium zur Bestrahlung von
Krebspatienten – damals eine Sensation. Die Kosten für die
ersten 5.000 Milligramm Radium waren hoch und das Wiener
Tagesgespräch. Die damals begonnene Tradition setzte sich
1959 mit der ersten sogenannten Kobaltkanone
(Kobalt-60-Bestrahlung) und der ersten Betatron-Anlage fort.
Mit Stichtag vom 1. Jänner 2006 wurde das Neurologische
Zentrum Rosenhügel mit dem Krankenhaus Lainz zusammengelegt.
Erfolge und Probleme: Die technisch und medizinisch
großzügige Ausstattung hatte die Berufung der besten Ärzte
zur Folge – und so wurde das Lainzer Krankenhaus unter
Julius Tandler tatsächlich zu einer „zweiten Universität“.
Er ließ auch die 1913 gekaufte, ehemals private Heilanstalt
für „Gemüths- und Nervenkranke“ dem Versorgungsheim Lainz
als Pavillon XIX angliedern, wo 1924 die dritte
Krankenpflegeschule der Stadt Wien entstand.
Die organisatorische Verquickung von Spital und „Versorgung“
hatte freilich auch Nachteile. Manche Einlieferungen und
Besucher fanden sich in dem 1 km langen Areal nur schwer
zurecht, und ein Pflegeskandal der 1990er Jahre (siehe
Todesengel von Lainz) brachte dem Namen „Lainz“ politisch
und auch medizinisch schlechten Ruf bei. Dies spürte auch
die völlig unbeteiligte, 2 Kilometer entfernte Pfarre Lainz
und das Bildungshaus der Jesuiten. Einige Zeit nach der
(weitgehend ignorierten) Umbenennung des Spitals in
„Krankenhaus Hietzing“ wurde das am Lainzer Platz
angesiedelte Zentrum für Erwachsenenbildung in „Kardinal
König-Haus“ umbenannt und konnte einen neuen Aufschwung
erleben.
Rück- und Vorblick: Während des Zweiten Weltkrieges
wurden 3 Pavillons des benachbarten Versorgungsheimes (heute
Geriatriezentrum Am Wienerwald) wegen sinkenden Bedarfs vom
Lainzer Krankenhaus übernommen. Auch nach 1945 kamen
Neubauten hinzu, alle Gebäude wurden modernisiert und die
früheren großen Krankensäle in kleine Einheiten von 1, 2 und
4 Betten umgebaut.
Wie jedes Spital wandelte sich auch „Lainz“ nach den
Bedürfnissen der Patienten und der Stadt. Es entstand eine
eigene Zahnmedizin, ein Zentrum für Gefäßchirurgie, eine
Blutbank und eine Abteilung für Neurologie. Bis heute ist
man stolz auf die geografische Lage des im Pavillonsystem
erbauten Spitals – abseits „vom lärmenden Treiben der
Großstadt“ und nahe am Naturschutzgebiet des Lainzer
Tiergartens.
Von den etwa 215.000 Quadratmetern des Parks sind bis heute
nur wenige Prozent verbaut. Daher tauchen immer wieder Pläne
auf, sie für Wohnbauten und zur Budgetsanierung umzuwidmen,
was die Hietzinger heftig ablehnen. Die noch 1963 gerühmte
„erquickliche Stille und Ruhe“ ist freilich nicht mehr
gegeben, was auf den seither etwa 5-fachen Straßenverkehr
der umliegenden Straßenzüge zurückgeht. Wie die
100-Jahr-Jubiläumsschrift 2004 schreibt, sind aber die
Gesundheitshelfer "Licht, Luft und Sonne" weiterhin zu
Wohlbefinden und Heilung der Patienten wirksam.
Im Konstrast zu seiner alten Bausubstanz vom Anfang des 20.
Jahrhunderts ist das Krankenhaus Lainz weiterhin „eines der
modernsten Krankenhäuser Österreichs und erfüllt als
Schwerpunktkrankenhaus der Stadt Wien eine Reihe zentraler
Aufgaben in der Versorgung der Wiener Bevölkerung“.
Statistisch gesehen, erhält heute alle 2,4 Minuten ein
Patient hier medizinische Hilfe. Der derzeitige Bestand
beläuft sich auf etwa 435 Ärzte/innen und 900
Krankenschwestern bzw. Krankenpfleger, die über den
regelmäßigen Tagdienst hinaus auch einige tausend Stunden
Spät- und Nachtdienste pro Tag ableisten.
Dreifaltigkeitskapelle im Krankenhaus
Quelle: Text: Wikipedia, Bilder: Tokfo unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 at und Peter Gugerell, gemeinfrei.
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Günter Nikles
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