Das 1882 eröffnete Schönbrunner Palmenhaus ist das
prominenteste der vier Pflanzenhäuser im Schönbrunner
Schlosspark und, zusammen mit den Kew Gardens und dem
Palmenhaus von Frankfurt, weltweit eines der drei größten
seiner Art. Es beherbergt rund 4500 Pflanzenarten. Verwaltet
wird es seit 1918 von den Bundesgärten, einer Dienststelle
des jetzigen Lebensministeriums.
Vorgeschichte: Kaiser Franz I., Gemahl und Mitregent
Maria Theresias, hatte 1753 von der Gemeinde
Hietzing ein
Areal an der Westseite des Schlossparks gekauft, auf dem er
einen Holländischen Garten anlegen ließ. Adrian van
Steckhoven und sein Gehilfe Richard van der Schot
errichteten dort ein großes Treibhaus im Norden und vier
Glashäuser im Westen des Gebietes, das in drei Bereiche
aufgeteilt war:
Der „Blumengarten“ mit exotischen Pflanzen im Norden,
südlich daran anschließend der Gemüsegarten (in dem auch
Spalierobst gezogen wurde), und ganz im Süden ein
Obstbaumgarten.
Der Grundstock der Exotensammlung, darunter die
ursprüngliche „Maria Theresien-Palme“, eine Fächerpalme,
wurde 1754 in Holland eingekauft. Wegen der
Sammelleidenschaft der Habsburger (insbesondere die
Expeditionen Jacquins nach Westindien sowie von Franz Boos
und Georg Scholl zum Kap der Guten Hoffnung brachten
bedeutenden Zuwachs) war bereits unter Joseph II. die
Erweiterung des Treibhauses um zwei Flügel und die
Errichtung dreier zusätzlicher Glashäuser erforderlich,
denen später noch zwei weitere Objekte folgten. 1828 wurde
in der Nähe das Alte Palmenhaus errichtet. Zwar blieben
pflegerische Erfolge nicht aus, obwohl die nur ostseitige
Glasfront dieses gemauerten Gebäudes der einwandfreien
Kultur lichtbedürftiger Pflanzen abträglich war, doch war
spätestens mit der Wiener Weltausstellung klar, dass nur
eine vollverglaste Eisenkonstruktion optimale Bedingungen
schaffen konnte. Das abseits gelegene Alte Palmenhaus
ausgenommen, wurden alle Glashäuser südwestlich des
Schlosses im Zuge des Neubaus abgetragen.
Monarchie: Nach nur zwei Jahren Bauzeit eröffnete
Kaiser Franz Joseph I. am 19. Juni 1882 das vom Hofschlosser
und Eisenkonstrukteur Ignaz Gridl nach Plänen des
Hofarchitekten und Brückenbauexperten Franz-Xaver von
Segenschmid erbaute Palmenhaus. Für die Statik
verantwortlich war Sigmund Wagner.
Das Bauwerk wurde von der Presse unterschiedlich
aufgenommen. Neben überschwänglich-hymnischen Meldungen,
etwa
Wie lieb ich Euch Dächer, o gläserne Hülle
ihr berget des Erdenrunds Vielfalt und Fülle…
gab es auch Kritik an dem 100.000 Gulden teuren
„Glaspalast“ der Habsburger. Das Wiener Illustrierte
Gartenblatt notierte:
Der ganze Bau, aus hervorragendem heimischem Eisen und
Glas zusammengesetzt, scheint nur in einigen Theilen etwas
zu massiv ausgefallen zu sein. Er erinnert mit seinen drei
Kuppeln an eine etwas zu schön geratene Bahnhofshalle.
Der k.u.k. Hofgarten-Inspektor Adolf Vetter war
verantwortlich für die gärtnerische Ausgestaltung, die er im
März 1883 abschloss. Das größte Problem machte die
Übersiedlung der höchsten Schönbrunner Palme, einer
Livistona chinensis, aus dem alten Palmenhaus ins neue.
Diese später wohl aus Sentimentalität Maria-Theresien-Palme
genannte bildete das Zentrum des neuen Hauses, bis sie 1909
zu groß geworden war und ersetzt werden musste. Zuvor war
sie einige Zeit durch Stahlseile schräg gestellt worden, um
ihr eine Galgenfrist zu geben. Auch ihre drei
Nachfolgerinnen wurden als Maria-Theresien-Palme bezeichnet.
Während des Ersten Weltkriegs war das Palmenhaus meist
geöffnet, nachdem es 1914–1915 als Glashaus für Gemüse
genutzt worden war und daher nicht besichtigt werden konnte.
Einnahmen wurden teilweise an den „Unterstützungsfonds für
Notleidende Gärtner und deren Witwen“ abgeführt. Wegen des
Mangels an männlichen Arbeitskräften wurden ab 1915 für die
Gärtnerarbeit weibliche Hilfskräfte aufgenommen, und auch
eine Sekretärin für den Kanzleidienst.
1. Republik: Mit dem Ende der Donaumonarchie wurden
aus den k.u.k. Hofgärten die Bundesgärten. Während des
Winters von 1923 war Schulklassen der Besuch des
Palmenhauses untersagt, um „Schädigung der Pflanzen durch
das Öffnen der Türen zu verhindern“, oder, anders gesagt, um
Heizkosten zu sparen. Aus demselben Grund war übrigens der
Eingang für das Publikum anfangs auf der Nordseite, also am
Kalthaus.
1939–1945: Bei einem Bombenangriff am 21. Februar
1945 fielen mehr als 200 Bomben auf das Areal von Schloss
Schönbrunn. Die Verglasung des Palmenhauses ging fast
vollständig zu Bruch. Einige wenige wertvolle Pflanzen
wurden gerettet, weil sie im benachbarten Sonnenuhrhaus
untergebracht werden konnten, andere (einige große Palmen
und Baumfarne) überlebten die Temperaturen von zeitweise bis
zu −7°C. Vieles, darunter die zentrale Palme, ging zu
Grunde.
2. Republik: 1948 begann der Wiederaufbau des
Palmenhauses. Zum Einsetzen der 45.000 Doppel-Glasscheiben
wurden fünf Waggonladungen (ungefähr 55 Tonnen) Fensterkitt
verbraucht. Wegen der allgemein schlechten Versorgungslage
konnten bereits bekannte Korrosionsschäden nicht behandelt
werden.
Im Oktober 1952 wurde mit der gärtnerischen Gestaltung
begonnen, die feierliche Eröffnung erfolgte am 14. Januar
1953, und zwar (zwei Tage lang) als exklusiver Ballsaal mit
extra aufgebautem Tanzboden. Erst danach wurden die
Erdmassen für den Großteil der Bepflanzung aufgeschüttet.
Damals wurde auch die später Sisi-Palme genannte in das
Zentrum des Hauses gestellt.
Nach dem Einsturz der Reichsbrücke am 1. August 1976 wurden
in Wien sämtliche Brücken und Stahlkonstruktionen überprüft
und unter anderem auch am Palmenhaus gravierende Mängel
festgestellt. Im November dieses Jahres wurde das Bauwerk
für die Öffentlichkeit geschlossen, und die Gärtner durften
nur noch mit Schutzhelmen arbeiten.
Nach nahezu zehnjähriger Fach- und politischer Debatte über
die optimalen Sanierungsmaßnahmen des denkmalgeschützten
Bauwerkes wurden die Arbeiten am 12. Mai 1986 begonnen. Ein
Grund für die umständliche Vorbereitung war, dass nur
während der warmen Jahreszeit gearbeitet werden konnte, weil
das Gebäude als Winterquartier für viele der Schönbrunner
Pflanzen unentbehrlich war.
Die Arbeiten, an denen die auf den Statiker von 1880
zurückgehende Firma Waagner Biro (siehe auch Rudolph Philip Waagner) federführend beteiligt war,
mussten daher abschnittweise und in Etappen durchgeführt
werden. Sie begannen am Nordflügel. Die Palme, die unter der
nördlichen Kuppel aufgestellt war, konnte mit Unterstützung
durch das Bundesheer vom Kalthaus in die zentrale Halle
übersiedelt werden, wo noch größere Palmen so stark
verwurzelt waren, dass sie während der gesamten Bauarbeiten
vor Ort bleiben mussten. Die etwa acht Tonnen wiegende
Kanaren-Dattelpalme wurde für die Zeit der
Renovierungsarbeiten ins Sonnenuhrhaus übersiedelt.
Architektur: Das aus ungefähr 600 Tonnen
Schmiedeeisen und 120 Tonnen Gusseisen erbaute Palmenhaus
hat eine Länge von 111 Metern, eine Breite von 29 Metern ist
25 Meter hoch. Gedeckt ist es mit 45.000 Glasscheiben.
An den rechteckigen Zentralbau schließt im Norden und Süden
je ein quadratischer Anbau an, die als „Kalthaus“ und
„Tropenhaus“ geführt werden. Ursprünglich waren diese drei
Abteilungen durch bewegliche Glaswände getrennt, später
jedoch durch fix eingebaute.
Die geschwungene hauptsächlich außen liegende Konstruktion
aus Schmiedeeisen liegt im Inneren des Baus auf gusseisernen
Säulen auf.
Technik: Heizungstechnisch war das Schönbrunner
Palmenhaus zunächst an die Heizung des Tiergartens
Schönbrunn angeschlossen, was aber auch zu Problemen führen
konnte, weil höhere Temperaturen, wie sie oft für Gehege
erforderlich waren, das Palmenhaus zum Nachteil der Pflanzen
überheizten. Ein eigenes Heizhaus, dessen Abgase allerdings
der in Wien vorherrschende Westwind genau zum Palmenhaus
trug, wurde 1904 gleichzeitig mit dem Sonnenuhrhause
errichtet. Zur Reinigung der stark verschmutzenden
Glasscheiben und auch zum Schattieren (also für Arbeiten in
großer Höhe) wurden Kadetten der österreichischen
Kriegsmarine abkommandiert.
Im Zuge der großen Restaurierung von 1986 bis 1990 wurden Wünsche der Gärtner weitest möglich berücksichtigt.
* Schattiert wird jetzt auf Knopfdruck (früher von Hand durch Ausbringen von Matten).
* Unter dem Mittelteil wurde ein Kellerbereich für die Haustechnik geschaffen, wo sich auch eine
Gießwasseraufbereitungsanlage befindet. In zwei Zisternen (je 120.000 Liter) wird Regenwasser vom Glasdach gesammelt
und zum Gießen verwendet. Ansonsten wird Trinkwasser verwendet.
* Zur Steuerung der Luftfeuchtigkeit wurde eine Nebelsprühanlage errichtet.
* Besonders empfindliche Pflanzen wie die Kokospalme
erhielten eine zusätzliche Vegetationsheizung (ähnlich einer
Fußbodenheizung), damit ihre frei in den Boden gepflanzten
Wurzeln von winterlicher Bodenkälte verschont bleiben.
Vor dem Palmenhaus befinden sich 2 Zierbrunnen, welche 1882 erbaut wurden,
daneben das Denkmal für Kaiser Franz I. Stephan.
An der Ostseite des Palmenhaus befindet sich das Denkmal für Philipp Franz Siebold.
Quelle: Text: Wikipedia, Bilder: www.nikles.net, Anatoly Terentiev, gemeinfrei, Gryffindor unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 und Wolfgang H. Wögerer unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 (siehe jeweiliges Bild).
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Günter Nikles
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