Die Brigittakapelle ist eine im barocken Stil errichtete, römisch-katholische Kapelle im 20. Wiener Gemeindebezirk Brigittenau.
Vorgeschichte: Um den Grund für die Errichtung der
heute im 20. Bezirk am Forsthausplatz stehenden
Brigittakapelle ranken sich zwei Legenden aus dem
Dreißigjährigen Krieg: Eine davon beruft sich darauf, dass
Kaiser Ferdinand III. an dieser Stelle 1648 die Kunde vom
Westfälischen Frieden erreichte. Die zweite handelt davon,
dass der kaiserliche Bruder, Erzherzog Leopold Wilhelm, bei
der Ausübung des Oberbefehls über die kaiserlichen Truppen
bei der Erstürmung der so genannten „Wolfsschanze“ (benannt
nach der Wolfs-Au), in seinem Kommandozelt nur knapp von
einem schwedischen Artilleriegeschoss verfehlt wurde. Die
neuere Forschung belegt, dass beide Entstehungsbegründungen
Legenden sind, dennoch halten sich diese in Literatur und
Bevölkerung beständig.
Die ursprünglichen Namen des Gebietes der heutigen
Brigittenau waren „Wolfsau“ und „Schottenau“. Dieses
Augebiet befand sich nördlich des heutigen Augartens und war
ein Teil des sog. „Unteren Werds“. Über die Grundherrschaft
der ausgedehnten, kaum besiedelten Gründe verfügte das Stift
Klosterneuburg. Im Zuge der Stadterweiterung von 1850 wurde
Wien in acht Bezirke geteilt, wovon der zweite Bezirk sich
aus der heutigen Brigittenau und
Leopoldstadt zusammensetzte. Bis
dahin bestand die Brigittenau zum
Großteil aus einer Aulandschaft, der sogenannten Wolfsau,
und dem Gebiet „Zwischenstrom“. Die beiden Gebiete wurden
durch das Kaiserwasser, den damaligen Hauptstrom der
Donau, getrennt.
Baugeschichte: Das erste urkundliche gesicherte
Bauwerk Filiberto Luccheses in Wien ist die Brigittakapelle.
Errichtet 1650 ist sie ein im Inneren runder, außen
oktogonaler Zentralbau, dessen Grundkonzept nördlich der
Alpen in zahlreichen Variationen Schule machte. Die im
Bauvolumen eher bescheidene Kapelle ist ein Backsteinbau und
bisher das erste urkundlich gesicherte Bauwerk Lucheses in
Wien, sie nimmt jedoch in seinem Gesamtwerk einen
bedeutenden Platz ein. Ihre Anmut besteht zunächst in einem
spannungsvollen Dualismus der inneren und der äußeren Form.
Die Kapelle ist im Inneren ein zylindrischer Rundbau mit
Kuppel und Laterne, ihr Außenmantel ist jedoch im Grundriss
oktogonal. Die Mauern sind bis zu einem Meter dick. Die
Fassade der Kapelle gestaltete Luchese in zwei auf die roh
verputzte Wand aufgetragenen dünnen Folien.
Die oberste Fassadenhaut bildet ein dorisch-toskanisches
Pilastergerüst. Die Pilaster sind an den Kanten des Oktogons
geknickt. Dem „tektonischen“ Pilasterskelett sind breite
Lisenen unterlegt. Die optische Lesart der Wandabschnitte
ist jedoch nicht eindeutig. Man kann die roh verputzten
Wandabschnitte bereits als eingelassene Putzfelder deuten.
Die oberste Fassadenhaut ist sehr dünn und wirkt dadurch
sehr grafisch – z. B. durch die scharf eingeschnittenen
Konturen der leeren Metopen. In den Hauptrichtungen, mit
Ausnahme der Südseite, befinden sich rechteckige Türen aus
schwerem Eichenholz (mit geohrten Steinrahmungen, darüber
liegt auf zwei Kämpfern das gebrochene Gebälk mit
Segmentbogensturz auf. In deren Feldern befinden sich
skulptierte Wappen in Relief auf einem hervorkragenden
Schild, über der Haupttür befindet sich eine gemalte
Sonnenuhr. Über diese schrieb der Geschichtsschreiber Franz Anton de Paula Gaheis
bereits 1789 belustigend: „Über der Haustür ist unter dem
Schatten mächtiger Kastanien eine Sonnenuhr befindlich.“
In den Nebenrichtungen sind die Wände durch je ein
rechteckiges steingerahmtes Fenster durchbrochen. Das
Zeltdach ist mit Blech gedeckt, mit achtseitiger Laterne mit
Rundbogenfenstern nach jeder Seite versehen und weist ein
umlaufendes, durch die Fenster unterbrochenes Gesims auf,
eine Blechkuppel über Hauptgesimse, darauf Knauf mit Kreuz.
Im Innenraum zeigen die Kapitelle des Pilastergerüstes,
welches 1908 noch rotmarmoriert war, die Form gekrönter
Adler. Ein großer kaiserlicher Adler sitzt auch oberhalb des
Altares und zeigt die Initialen „L. I.“. Der hohe
rechteckige, dreimal abgetreppte und pyramidal aufsteigende
Stuckrahmen mit einer doppelten massiven Profilierung
erinnert an die Deckenrahmen Lucheses in der Rechnitzer
Schlosskapelle. Der noch alte Steinfliesenboden zeigt in
gedämpften Farben eine rotweiß-blaue Musterung.
Weitere Geschichte der Brigittakapelle: Während der Zweiten Türkenbelagerung wurde die Kapelle teilweise zerstört, aber 1695 bereits wieder aufgebaut. Als in den Jahren 1688/98 die Donaubrücken stromabwärts verlegt wurden und damit die Verkehrsstraße nach dem Norden nun nicht mehr an der Kapelle vorbeiführte, geriet sie allmählich in Vergessenheit. So lange, bis sie der Mittelpunkt eines Volksfestes wurde, des Brigittakirtags, der seinen größten Aufschwung ab 1775 erlebte, als Kaiser Joseph II. den Augarten der Allgemeinheit öffnete. Das schönste Denkmal wurde dem Brigittakirtag, der bisweilen 60.000 bis 80.000 Besucher zählte, von Franz Grillparzer in seinem „Armen Spielmann“ gesetzt. 1847 fand der Brigittakirtag zum letzten Mal in dieser Form statt, er war anfänglich ein Kirchweihfest und wurde zum beliebtesten Volksfest der Wiener. 1848 wurde die Brigittenau Kampfschauplatz. Es kümmerte sich niemand mehr recht um die Kapelle, obwohl sie bis 1874 das einzige Gotteshaus des ganzen Bezirkes war, denn zu diesem Zeitpunkt wurde die neue Brigittakirche erst eingeweiht. Danach verfiel die Brigittakapelle immer mehr und diente profanen Zwecken – als Speisehaus und Vorratskammer des kaiserlichen Försters, als Requisitenkammer und sogar als Ziegenstall. Das Inventar wurde der Hof- und Burgpfarrkirche überwiesen. Ein Gastwirt suchte um Überlassung der Kapelle an, er wollte sie in eine Schenke umwandeln. Dies wäre wohl kaum in der Intention des frommen Ferdinand III. gelegen und des nicht minder frommen Franz Josephs Beamtenschaft lehnte dieses Ansuchen dann auch ab, der Gastwirt durfte nur noch daneben auf der Wiese eine Schankhütte errichten, das spätere Gasthaus „Zur Brigittakapellen.“
1898 konstituierte sich auf Anregung von Lorenz Müller,
Landtagsabgeordneter, Gemeinde- und Stadtrat, ein „St.
Brigitta-Kapelle-Restaurierungs-Comite´“. So wurde die
Kapelle ausführlich wiederhergestellt und 1903 unter
Anwesenheit von Kaiser Franz Joseph und Bürgermeister Karl
Lueger neu geweiht, eine Gedenktafel im Inneren der Kapelle
erinnert daran. 1911 übernahm die Stadt Wien die Kapelle in
ihr Eigentum. 1912 bezogen die Schwestern der
Franziskanerinnen-Missionarinnen-Mariens die Kapelle. 1917
fiel das Kupferdach dem Rohstoffmangel des Ersten
Weltkrieges zum Opfer, 1918 übersiedelten die Schwestern in
die Leystrasse, womit die Kapelle wieder verwaist war.
1944 rissen drei Fliegerbomben tiefe Trichter rund um die
Kapelle auf, alle Fenster wurden zertrümmert, das Dach und
die Einrichtung stark beschädigt. Im April 1945 diente die
Kapelle als Leichenkammer für gefallene Soldaten der
Waffen-SS (2. SS-Panzerkorps). Am 13. April 1945 besetzten
sowjetische Soldaten das alte Forsthaus und brachten auch
gefallene Soldaten in die Kapelle. Zwei Tage später wurden
zwei Waffen-SS-Männer durch Rotarmisten vor dem Altar
erschossen.
Erst 1958 wurde die Kapelle wieder generalsaniert und
eingeweiht, eine weitere Gedenktafel im Inneren der Kapelle
erinnert auch an diese Restaurierung. Im Jahr 1975 hat die
Pfarre St. Johann Kapistran, der die Betreuung der Kapelle
obliegt, das kleine Gotteshaus der russisch-orthodoxen
Christengemeinde in Wien zur Feier des Gottesdienstes zur
Verfügung gestellt. Anlässlich des 325jährigen Bestehens der
Brigitta-Kapelle wurden im Jahr 1976 von der Gemeinde Wien
verschiedene Ausbesserungsarbeiten vorgenommen und das Dach
neu gestrichen. Zur Feier des 90-Jahr-Jubiläums der
Brigittenau erfuhr die Brigitta-Kapelle eine
Generalsanierung. 1989 wurde das Dach in Kupferblech
erneuert, die Laterne ausgebessert und das Kreuz vergoldet.
1990 wurde die Außenrenovierung abgeschlossen und der
Innenraum trockengelegt sowie innen und außen neu
gestrichen. So präsentiert sich die Brigittakapelle dem
heutigen Betrachter.
In der unmittelbaren Nähe befindet sich die Heilige Brigitta.
Quelle: Text: Wikipedia, Bilder: www.nikles.net und Pappenheim, gemeinfrei.
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Günter Nikles
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