Noch in der Zeit der Kaiserin Maria Theresia gab es in
Wien für jene Bäcker, welche zu kleines oder schlechtes Brot
verkauften, eine Strafe, die für sie ungemein peinlich und
demütigend war. Der Bäcker, dem nachgewiesen worden, dass er
im Gewichte zu geringes oder aus schlechtem Mehl erzeugtes
Brot verkaufe, wurde von dem Magistrate zu dem sogenannten
Bäckerschupfen verurteilt und seine Strafe allerorts bekannt
gemacht.
Das scheint ein wahres Volksfest namentlich für die unteren
Volksklassen gewesen zu sein, wenn die zum "Schupfen"
verurteilten Bäcker in offenen Wagen entweder zur Donau oder
auf den neuen Graben oder zum damaligen Roten Turm geführt
wurden, wo schon alles bereit war, sie ihre Strafe abbüßen
zu lassen. An einer langen, starken Stange hing ein
hölzerner Käfig. In denselben musste sich der verurteilte
Bäcker setzen und wurde nun von den Knechten bis über den
Kopf in das Wasser gesteckt, um schnell wieder emporgehoben
zu werden. Scharen von Menschen sahen dem Schauspiele zu und
schallendes Gelächter, Spott und Hohn begleiteten den
Sträfling bei seinem unfreiwilligen Bade.
Es war dies wohl eine harte Strafe, die, wenn sie auch
keinen Unschuldigen traf, immerhin schmählich war. Aber sie
entsprach den damaligen Sitten.
Man suchte offenbar nach einem recht wirksamen Mittel, um
die Bäcker zu schrecken, sich ja nicht an dem Volke zu
versündigen.
Dieses Bäckerschupfen scheint aber nicht eine Erfindung der
Wiener zu sein, sondern von einem alten deutschen Gebrauche
herzustammen, nach welchem gewisse Verbrecher in einem
Sumpfe erstickt wurden. Nach alten beglaubigten Chroniken
gab es die Strafe des Bäckerschupfens auch in einigen
Städten der Schweiz und unter dem Namen "Schwemmung",
"Springen durch den Korb", "Schnellen" auch in Mühlhausen,
Frankfurt, Augsburg, Basel, in Sachsen, England und Belgien.
(Anmerkung)
Das letzte Bäckerschupfen geschah nachgewiesenermaßen 1773;
der humaneren Zeit der Regierung der großen Kaiserin Maria
Theresia sowie ihres Sohnes, des Kaisers Josef, war es
vorbehalten, diese Strafe durch andere, menschenwürdigere zu
ersetzen.
(Nach J. E. Schlager, Wiener Skizzen aus dem Mittelalter.
von Joh. W. Holczabek.)
Anmerkung: Womöglich noch ärger wurden beispielsweise in der
Türkei, besonders in Konstantinopel, Bäcker oder Fleischer
wegen des Gebrauches unredlichen Gewichts dem öffentlichen
Spott preisgegeben, indem sie an einem Ohr an der Türe ihres
Geschäfts angenagelt und so einige Zeit verbleiben mussten.
Quelle: Sagen und geschichtliche Erzählungen der
Stadt Wien. Joh. W. Holczabek, Wien 1900, Nr. 34., Bilder: Wilhelm Kisch und WStLA, Kartographische Sammlung.
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