Im Jahre 1485 schloss Matthias Corvinus mit einer
bedeutenden Truppenmacht, unter welcher sich auch die von
ihm neugeschaffenen Husaren befanden, Wien ein. Dadurch war
alle Zufuhr von Lebensmitteln abgeschnitten, und es entstand
eine furchtbare Teuerung und Not, so dass schon das Fleisch
von Pferden, von der ärmsten Klasse der Bevölkerung sogar
Hunde- und Katzenfleisch verzehrt wurde. Alles schrie in
dieser grässlichen Lage nach Erlösung oder Übergabe.
Alle Hilfe war aber fern. Friedrich III. befand sich in
Innsbruck, Maximilian, auf dessen Energie man noch die
meiste Hoffnung setzen konnte, in den Niederlanden, wo er
selbst mit Unruhen zu kämpfen hatte. Es war unter diesen
Umständen kein Wunder, dass sich der Bedrängten allgemeine
Mutlosigkeit bemächtigte, ja, dass in manchen Häusern sogar
heimliche Zusammenkünfte von Missvergnügten gehalten wurden,
bei welchen sich nicht selten selbst Leute aus dem Lager des
Ungarkönigs einfanden, die sich unbeachtet in die Stadt
geschlichen hatten.
Solche Sammelplätze der Unzufriedenen waren die Schenke zu
den "Drei Raben" im Rotgässchen und das Einkehrwirtshaus zur
"Sonne" unter den Seilern (in der heutigen Seilergasse).
Diesen Zusammenkünften waren einige geräumige Hinterstuben
gewidmet, und der Anbruch des Abends war die gewöhnliche
Zeit der Versammlung. In dem Hausflur des Wirtshauses zur
"Sonne" war ein Aufpasser aufgestellt, der die Eintretenden,
wenn Fremde in den Gaststuben anwesend waren, in Form eines
Grußes mit dem ungarischen Worte Matsák warnte, worauf sich
dieselben wieder geräuschlos entfernten.
Am 11. April war eine kurze Waffenruhe geschlossen worden,
und in der Dämmerstube nahten sich zwei Verhüllte mit
vorsichtigen Schritten und in leisem Gespräche begriffen dem
Tore des Wirtshauses zu den "Drei Raben", wo ebenfalls ein
Aufpasser aufgestellt war. Der eine, etwas über mittlerer
Größe, breiten und markigen Angesichtes, mit hoher Stirne,
fester und stämmiger Gestalt, mit dicht gekräuselten Haaren,
warf den lebhaften Blick seiner blitzenden Augen neugierig
und forschend um sich; sein kurzes bäurisches Gewand stand
im Gegensatze zu seinem würdevollen Aussehen, und der
funkelnde Griff seines kurzen Schlachtschwertes wurde von
Zeit zu Zeit, sobald sich sein Gewand auseinander schlug,
sichtbar.
Kaum beachtete er aber in feuriger Ungeduld die zur Vorsicht
mahnenden Winke seines Begleiters.
Am Eingange tönte ihnen jedoch das bedeutungsvolle Matsák
des aufgestellten Postens entgegen. Dessen ungeachtet
bedurfte es der ganzen Überredungskunst und der Bitten
seines Begleiters, den Ungeduldigen vom Eintritte
zurückzuhalten.
Unwillig entfernte er sich mit den lauten Worten: "Was haben
wir wohl zu fürchten? Zwei ansässige Bürger sind mit uns
einverstanden und werden uns die Stadt bald überliefern."
Auf die Bitte seines Begleiters, Verrätern kein Vertrauen zu
schenken, erwiderte er hohnlachend: "Sorge nicht, diese
trügen uns nicht, sie heißen Hunger und Zwietracht." Sein
lautes, wildes Gelächter erstarb erst mit ihren verhallenden
Schritten.
Am folgenden Morgen verbreitete sich das Gerücht, der
Ungarkönig habe sich in der Verkleidung eines
Handwerksmannes in die Stadt gewagt und in der Schenke zu
den "Drei Raben" mit den Häuptern seiner Partei eine
Unterredung gepflogen. Er sei von einigen kaiserlichen
Gesinnten erkannt worden und nur mit genauer Not, während
eines von seinen Anhängern erregten Auflaufes und mittels
ausgestreuter falscher Spuren, zum Schottentore hinaus
entkommen.
Am folgenden Tage schritt der König zu offener Gewalt, doch
erst im Juni kam Wien in seine Hand. Er nahm seine Wohnung
in einem Bürgerhause in der Kärntner Straße, erbaute sich
jedoch bald eine eigene Residenz, dem Eingange der
Weihburggasse gegenüber. Dieses Gebäude, damals die
Königsburg genannt, erhielt in der Folge den Namen
"Hasenhaus", dann trug es das Schild "Zu den drei Löwen",
wurde jedoch durch neue Bauten vielfach verengt und musste
schließlich einem Neubau, der heute die Nummer 14 trägt,
weichen. Zu König Matthias' Zeiten hatte es an beiden Seiten
freie Räume und Wachthäuser.
Im Jahre 1490 starb der König in seiner neuerbauten
Residenz, worauf Österreich wieder in den Besitz seiner
angestammten Herrscher zurückkam. In der Stunde seines
Todes, so erzählt die Sage, trat die Donau aus ihren Ufern,
die Löwen im königlichen Schlossgarten starben, und große
Scharen von Raben (Abzeichen des Geschlechtes Hunyad, lat.
Corvinus) flogen mit schauderhaftem Gekrächze nach
Stuhlweißenburg, dem Begräbnisorte der ungarischen Könige.
In Wien blieb aber als Zeichen seiner Anwesenheit das
steinerne Standbild an der Ecke der Tuchlauben in die
Landskrongasse, welches den König vorstellt, wie er
verkleidet in die Stadt geschlichen, und der schon erwähnte
Gasthof "Zur Sonne" wird jetzt "Matschakerhof" genannt.
Quelle: Die schönsten Sagen aus Wien, o. A., o. J.,
Seite 259.
Einige Texte sind von der freien Wikipedia kopiert und angepasst worden. Die allermeisten Bild- und Mediendateien sind aus eigener Quelle und können auf Anfrage für eigene Webseiten verwendet werden. Sollten sich dennoch Bild- oder Mediendateien auf dieser Seite finden, welche einen Copyright unterliegen, so bitte ich um Verständigung per Email office@nikles.net, damit ich einen Copyright-Vermerk bzw. Weblink anbringen kann, bzw. auf Wunsch die Bild- oder Mediendateien löschen kann.
Günter Nikles
Josef Reichl-Str. 17a/7
7540 Güssing
Austria
Email:
office@nikles.net
Website:
www.nikles.net
(c) 2024 www.nikles.net