Vor langen Jahren war die Stephanskirche von einem
Gottesacker umgeben, in dem mehrere Weinhäuser lagen. Im
großen Weinhause brannte damals einem Christusbilde zu Ehren
immer ein Öllämpchen, davon wird folgende Sage erzählt: Ein
Mesner von St. Stephan war einmal bei einem Freunde zu
Besuch. Er hielt sich dort lange auf, und als er sich auf
den Heimweg machte, war es schon spät am Abend. Sein Freund
getraute sich aber nicht, ihn allein heimgehen zu lassen,
und begleitete ihn. Als sie auf den Friedhof kamen, löschte
ihnen der Wind die Laterne aus und sie standen im Finstern.
Da sagte der Mesner, der tüchtig angetrunken war, zum
andern: "Du, weißt was, gehn wir ins Beinhaus hinein, dort
brennt ein Öllamperl, daran können wir unser Licht
anzünden!" Der andre antwortete: "Geh nur allein, komm aber
bald wieder!" Nun wurde der Mesner zornig und schrie: "So
ein Hasenfuß! Geh z'Haus', wann du keine Courage hast!" Und
er ging allein ins Beinhaus.
Als es aber ringsum so totenstill war, wurde ihm ganz "entrisch"
zumute. Er wollte aber mutig sein, fing laut zu lachen an
und rief: "Na, ist denn gar kein Freund da oder ein
Schwager, der mir das Licht nachtragen könnte, damit ich was
seh'! Was braucht denn ihr da ein Licht? Ihr seid doch schon
längst schlafen gegangen!"
Bei diesen Worten wollte er seine Laterne an der Öllampe
entzünden, aber plötzlich flog ihm etwas an die Brust, das
war lang und schmal und so licht wie ein Stück Holz, und als
er schnell eine Hand vorhalten wollte, flog schon ein
zweites Stück daher, dann wieder eines und immer mehr und
mehr, dass es ihm grün und gelb vor den Augen wurde. Er
wusste nicht, wie lange das schon so fortging, es kam ihm
aber wie die Ewigkeit vor.
Auf einmal war das Werfen wie mit einem Schlage zu Ende, und
vom Türme herab klangen zwölf Glockenschläge. Schon mehr tot
als lebendig schleppte sich der Mesner ins Freie und fiel
draußen ohnmächtig nieder. Am nächsten Morgen wurde er dort
gefunden, im Beinhaus aber war der Boden über und über mit
Knochen bedeckt. Der vorwitzige Mesner verfiel in eine
schwere Krankheit und starb bald danach.
Quelle: Die schönsten Sagen aus Wien, o. A., o. J., Seite 65, Bilder: © Bwag/Wikimedia.
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