Person - Anna von Vellnagel
Anna von Vellnagel. † 24.05.1884, wohnhaft in der Vellnagel'schen Villa in
Wien-Hietzing.
Weiters im Grab:
Caroline Edle von Trebersburg, k. k. Notars-Witwe (Ehefrau von Dr. Moritz Ritter von Trebersburg, † 17.06.1895, k.k. Notar in Baden), † 08.07.1909 im 71. LJ.
Anna Korda, † 05.09.1945 im 84. LJ.
Elise (Elisabeth) Korda, † 11.03.1965 im 85. LJ., Bestattungsdatum: 22.03.1965
Neue Freie Presse vom 27.8.1882, Seite 6:
(Eine Amme als Diebin und Brandstifterin.)
Unter den verschiedenen Gattungen des Dienstpersonals, die
sich oft vor Gericht befinden, ist die Amme am seltensten vertreten.
Die behagliche Existenz, deren sich die Nährerinnen der Kinder während
ihrer Wirksamkeit im Hause erfreuen, verringert wohl die Versuchung
zu verbrecherischen Handlungen. Ein Exemplar von besonderer
Verderbtheit stand heute in der Person der 25 jährigen Amme
Marie Kreipl vor Gericht. Sie war von Frau Marie Eger
für ihr neugeborenes Kind aufgenommen: diese kannte ihre Vergangenheit
nicht, sonst würde sie sich wohl gehütet haben, ihr eine Stellung
in ihrem Hause zu geben. Marie Kreipl war schon zweimal
wegen Diebstahls und überdies einmal wegen Kindesweglegung
bestraft. Bald nach ihrem Eintritte wurden in der Wohnung verschiedene
Gegenstände abgängig, und es richtete sich sofort der Verdacht
gegen die Amme; allein Frau Eger that um ihretwillen,
als bemerkte sie dies nicht. Im Sommer bezog, die Familie
eine Sommerwohnung in der Vellnagel'schen Villa in Hietzing. Die
Eigenthümer des Landhauses hatten gleichfalls in demselben ihre
Wohnung. Die Amme, welche zu den Zimmern derselben Zutritt
fand, stahl nun Frau
Anna Vellnagel Kleidungsstücke im Werthe
von 115 fl. Um aber die Entdeckung, die bald eintreten mußte, abzuwenden,
faßte sie, wie die Anklage heute ausführte, den ebenso
raffinirten wie gewissenlosen Entschluß, den Kleiderschrank der Frau
Vellnagel von innen anzuzünden: dadurch sollte die Meinung hervorgerufen
werden, es seien auch die gestohlenen Kleider verbrannt.
In der That wurde eines Tages, als Frau Vellnagel abwesend war,
ihre junge Tochter durch einen Passanten, welcher durch das Fenster
den Rauch wahrgenommen hatte, auf den ausgebrochenen Brand
aufmerksam gemacht. Es ergab sich nun, daß im Innern des
Schrankes alle Kleider im Werthe von mehr als 800 fl. bereits verglimmt
waren und der Schrank selbst sich in angebranntem Zustande
befand. Die Umstände sprachen so lebhaft gegen Marie Kreipl,
daß diese trotz ihres Leugnens verhaftet wurde. Die Anklage wurde
heute gegen sie vom Staatsanwalt-Substituten Frimmel wegen
Verbrechens des Diebstahls und der boshaften Beschädigung fremden
Eigenthums erhoben — wegen Brandlegung deßhalb nicht, weil einerseits
die Absicht der Angeklagten nicht auf eine Feuersbrunst, sondern
auf einen Brand im Innern des Kastens gerichtet war, und andererseits
ein Hinausschlagen der Flammen aus dem geschlossenen
Raume wegen Mangels an Sauerstoff nicht möglich war. Marie Kreipl
wurde zu einem Jahre schweren Kerkers verurtheilt.
Wiener Allgemeine Zeitung vom 27.8.1882, Seite 7:
(Eine gefährliche Person) Vor dem Erkenntnißgerichte
erschien die 25jährigs Marie Kreipel, welche zuletzt
bei der Kaufmanns-Gattin Marie Eger als Amme bedienstet
war, unter der Anklage des Diebstahls und der boshaften Beschädigung
fremden Eigenthums. Marie Kreipel ist viermal wegen
Diebstahls und einmal wegen Kindesweglegung abgestraft. Nach
ihrem Eintritte bei Frau Eger, welche in Hietzing in der Villa
der Frau
Anna Fellnagel ihren Sommeraufenthalt hat, verschwanden
zahlreiche Kleidungsstücke, und am 25. Juni Nachmittags
brach im Schlafzimmer der Frau Fellnagel ein Feuer aus, durch
welches Kleidungsstücke im Werthe von über 800 fl., die in einem
Kasten waren, vernichtet wurden. Es stellte sich heraus, daß die
Amme der Frau Eger mehrere Kleider aus diesem Kasten gestohlen
und dann, um die Entdeckung des Diebstahls unmöglich zu machen,
die übrigen Kleider angezündet hatte. Diese Handlungsweise wurde
von der Staatsanwaltschaft nicht als Verbrechen der Brandlegung,
sondern als boshafte Beschädigung fremden Eigenthnms aufgefaßt,
weil das Anzünden des Feuers nicht dazu bestimmt war, ein
größeres Object zu zerstören und die Ausbreitung des Feuers auch
nicht leicht möglich war. Der Gerichtshof verurtheilte Marie Kreipel
zu einem Jahre schweren Kerkers.
Badener Bezirks-Blatt vom 20.7.1895, Seite 7:
Feilbietungs-Edict.
Von dem k. k. Bezirksgerichte Baden wird zur Vornahme
der öffentlichen freiwilligen Feilbietung der der Frau
Caroline Edlen v. Trebersburg, k. k. Notars-Witwe, gehörigen
Realität Haus Nr. 84 in Dörfl sammt Parzellen Nr. 76/4
Garten und 76/5 Banarea, inneliegend im Grundbuche Rauhenstein
E. Z 265 sammt Wohnungseinrichtung um den Ausrufspreis
per 6500 fl.
der 23. Juli 1895 als einziger Termin
mit dem Beisatze bestimmt, daß den auf dieser Realität, versicherten
Gläubigern ihr Pfandrecht ohne Rücksicht ans den
Verkaufspreis vorbehalten bleibt.
Kauflustige haben daher an den obbestimmten Tage präcise
10 Uhr vormittags in der k. k. Notariatskanzlei in Baden,
Hauptplatz 5, zu erscheinen und können vorläufig den Grundbuchstand
im Grundbuchsamte und die Feilbietungs-Bedingnisse
in der obgenannten Notariatskanzlei einsehen.
Baden, den 8. Juli 1895.
Der k. k. Bezirksrichter:
Handel.
Die Grabstelle befindet sich am
Hietzinger Friedhof (Gruppe: 9, Nummer: 242).
Quelle: Text: www.nikles.net, Bilder: www.nikles.net, Badener Bezirks-Blatt vom 20.7.1895, Seite 7, Neue Freie Presse vom 27.8.1882, Seite 6, Wiener Allgemeine Zeitung vom 27.8.1882, Seite 7.