Person - Franz Hönigschmid
Franz Hönigschmid * 29.11.1872 in Prag, † 10.04.1957 in Wien, Oberst des k.k. Generalstabcorps, Ritter des Ordens der Eisernen Krone II und III Klasse,
des Leopoldsordens mit Kriegsdek. und Schwertern, etc.
Sudetenpost vom 4. Mai. 1957:
Oberst a. D. Hönigschmid gestorben
Kürzlich verstarb in Wien Generalstabs-Oberst
a. D. Franz Hönigschmid, einer der
großen Organisationsspezialisten der k. u. k.
Armee für Versorgung und Truppennachschub.
Ob seine Taten und Werke, die er
selbst anregte und schuf oder die unter seiner
Leitung und Führung verwirklicht wurden,
jemals entsprechend gewürdigt und der
Nachwelt zur Kenntnis gebracht werden, ist
deshalb fraglich, da die Unterlagen hiefür
wohl verlorengegangen sein dürften. Festgehalten
seien jedenfalls vor allem die unter
ihm an der damals russischen Front entstandenen
kilometerlangen Holzbrücken, die
nahe bei Lodz angelegten Feld-Eisenbahnen,
die oftmals bis knapp zu den ersten Truppenstellungen
führten, seine einmaligen Leistungen
im Etappen-Kommando der IV. Armee,
wo er ganze Wirtschaftsunternehmungen sozusagen
aus dem Boden stampfte, etwa die
Harz- bzw. Terpentin-Gewinnung oder die
Errichtung einer Glashüte, die zu einer
ärarischen Hohlglaswaren-Erzeugung mit
deutschböhmischen Spezialisten führte. Und
um nur noch ein besonderes Feld seiner damaligen
Betreuungsarbeit zu erwähnen, sei
seiner Lazarettfürsorge gedacht. Unter
Oberst Hönigschmid begannen Aerzte in der
Etappe mit der Kiefer-Chirurgie. Was hier
unter ihm begonnen und getan wurde, fand
dann in Wien durch namhafte Mediziner und
Wissenschafter seine Fortsetzung bzw. Voll-
endung.
Franz Hönigschmid wurde in Prag am
29. November 1872 geboren, seine Familie ist
sudetendeutschen Ursprungs und stammt aus
der Gegend von Römerstadt. Sein Vater war
übrigens gleichfalls Offizier gewesen und
hatte den Krieg 1866 mitgemacht Nach der
Liquidierung des Soldatendienstes trat Vater
Hönigschmid in den Staatsdienst ein und
starb als Oberfinanzrat in Prag.
Franz Hönigschmid absolvierte von 1886
bis 1890 die Infanterie-Kadettenschule in
Prag, ging als Rangerster ab und war übrigens,
dem Namen nach, der erste Zögling
aller Kadettenschulen Oesterreich-
Ungarns.
Um das zu verstehen, gilt es, die Situation
von damals zu erklären: Die Besucher der
seinerzeitigen Kadettenschulen hießen Frequentanten,
kamen von der Truppe, meist als
Unteroffiziere oder Feldwebel, hatten den
Fahneneid geleistet — unter 17 Jahre konnte
der Eid damals nicht abgelegt werden — und
wurden aus der Kadettenschule als Offiziere
ausgemustert. Bei Franz Hönigschmid war
das anders: er kam von der Schulbank! Er
war kein Fréquentant, sondern Schüler und
erhielt — erstmals in der Geschichte der Ka-
dettenschulen — den Titel Zögling. Später
gab es nur Zöglinge, aber Franz Hönigschmid
aus Prag war der erste dieser Kategorie. Und
er allein leistete, 17 Jahre alt geworden, als
Zögling Nr. 1 unter besonderer Feierlichkeit
den Fahneneid.
Franz Hönigschmid war überhaupt ein an
Begabung und Fleiß besonderer Mensch. Erinnert
sei daran, daß er bereits mit 36 Jah-
ren zum Major im Generalstab befördert
worden war und als solcher im November
1909 zur Feier des vierzigjährigen Bestandes
der Prager Infanterie-Kadettenschule in Prag
erschien, jugendlich, geschmeidig, nicht wie
ein Major, sondern wie ein — Zögling selbst.
Als Major des Generalstabes arbeitete er
im Landesbeschreibungsbüro des Generalstabes
in Wien, als Oberstleutnant war er
Lehrer für Taktik im Höheren Geniekurs in
Wien, nachdem er bereits vorher in den Jahren
1901 bis 1906 als Taktik-Lehrer an der
Infanterie-Kadettenschule in Karlstadt (Kroa-
tien) unterrichtet hatte.
Mit Kriegsbeginn — 1914 — leitet er bis
1917 als Oberst die Quartiermeister-Abteilung
des IV. Armee-Korps und von 1917 bis
Juni 1918 führt er als Oberstbrigadier im
Generalsrang die 57. Infanterie-Brigade mit
den Infanterie-Regimentern Nr. 92 (Komotau)
und Nr. 42 (Theresienstadt). Zuletzt — bis
zum Kriegsende — war er Leiter der Getreide-Aufbringungsstelle
in Braila und Transportdirektor der Donau-Schiffahrt
Nach dem Zusammenbruch der Monarchie
wurde Oberst a. D. Franz Hönigschmid Personalchef
der Georg-Schicht-AG, in Aussig
und für sein erfolgreiches Wirken — auch
auf sozialem Gebiet — mit dem Direktor-Titel
ausgezeichnet. Von 1939 bis 1945 lebte
er als Ruheständler, kam 1946 mit seiner Familie
nach Wien und übernahm im Herbst
des gleichen Jahres die Geschäftsführerstelle
des Oesterreichischen Verbandes der Markenartikelindustrie,
die er bis zu seinem 81. Lebensjahre erfolgreich bekleidete.
Der Verblichene, dessen Tochter Dr. Beatrix
Kempf-Hönigschmid im Bundespressedienst
tätig ist, hatte zwei Brüder. Der eine,
Univ.-Prof. Dr. Otto Hönigschmid, ein bekannter
Atomgewichtsforscher, starb 1945 in
München, der andere, Prof. Dr. Rudolf Hönigschmid,
war deutscher Landeskonservator
in Böhmen und lebt in Bayern.
Oberst a. D. Franz Hönigschmid, der sich
durch seine Güte und Menschlichkeit viele
Freunde erwarb, wurde in Wien zur letzten
Ruhe bestattet.
Weiters im Grab bestattet:
Dr. rer. pol. Rüdiger Hönigschmid-Grossich, Hofrat, * 17.10.1903 in Fiume, † 29.02.1980 in Wien, Bestattungsdatum: 10.03.1980
Beatrix Hönigschmid, geb. Gossich, * 25.11.1881 in Fiume, † 28.02.1969 in Wien, Bestattungsdatum: 05.03.1969
Dr.phil. Beatrix Maria Johanna Kempf, * 01.11.1908 in Fiume, † 19.08.2009 in Wien, Bestattungsdatum: 02.09.2009
Beatrix Maria Kempf, * 10.08.1939 in Aussig, † 07.03.2021 in Wien, Bestattungsdatum: 20.04.2021
In Erinnerung:
Ing. Dr. Viktor Kempf, * 1897 in Prag, † 1945 in Prag
Die Grabstelle befindet sich am
Hietzinger Friedhof (Gruppe: 69, Reihe: 2, Nummer: 8 und 9).
Quelle: Text: www.nikles.net, Sudetenpost vom 4. Mai. 1957, Bilder: www.nikles.net