Person - Julius Blum
Julius Blum, Präsident der österreichischen Credit Anstalt, † 17.11.1919, Bestattungsdatum: 19.11.1919.
Der neue Tag vom 18.11.1919, Seite 4:
Präsident Blum Pascha gestorben.
Der Präsident der Kreditanstalt fur Handel
und Gewerbe,
Julius Blum, ist gestern mittags
gestorben. Blum hat seine geschäftliche Laufbahn
als ganz junger Mann zu Anfang der sechziger
Jahre bei der Filiale der Kreditanstalt in Triest
begonnen, wo er als Neunzehnjähriger im Jahre
1862 als Volontär eintrat. 1864 wurde er zur
Expositur der Bank in Alexandrien versetzt und
harrte trotz der Choleraepidemie in Aegypten
dort aus. Nach mehrjähriger Tätigkeit machte
Blum der Kreditanstalt den Vorschlag, zur
Hebung der wirtschaftlichen Beziehungen der
Monarchie mit Aegypten eine Austro-Aegyptische
Bank zn gründen. Die Kreditanstalt nahm
den Vorschlag an und gründete mit der Anglobank
die Austro-Aegyptische Bank, deren Direktor
Blum wurde. Sie bestand bis 1877. Damals
trat der agyptische Staatsbankerott unter
Ismail Pascha ein. Nach dem finanziellen
Zusammenbruche des Staates liquidierte auch die
Austro-Aegyptische Bank und die Aktionäre er-
hielten mehr als ihr Aktienkapital ansbezahlt.
Dieser Beweis seiner Fähigkeiten erwarb Blum
das Vertrunen des europäischen Kapitals, als
dessen Vertrauensmann Blum in das ägyptische
Finanzministerium berufen wurde. Er erlangte
bald den Rang einrs Unterstaatssekretärs. Mit
seinem Eintritte begann für die Finanzen
Aegyptens erne Periode stetiger Besserung, die
nur Blum zu danken war. Als Ismail Pascha
einen Finanzplan ausarbeitete, der Blums
Beifall nicht errang, legte Blum 1879 die Stellung
im Ministerium nieder und trat erst unter
Ismails Nachfolger, Tewfik, wieder in sein
früheres Amt. Ende der achtziger Jahre entfaltete
er bei den Verhandlungen über die
Handelskonvention zwischen Oesterreich,
Ungarn und
Aegypten eine ersprießliche Tätigkeit. Als Blum
1890 an Stelle des verstorbenen Direktors
Ziffer zum Direktor der Kreditanstalt ernannt
wurde, gab er seine Demission als
ägyptischer Staatsbeamter. In der Folge wurde
er Präsident der Kreditanstalt.
Neue Freie Presse vom 18.11.1919, Seite 17:
Kleine Chronik. Wien, 18. November.
[Präsident Julius Blum.] Nach langem schweren
Leiden ist, wie gemeldet, der Präsident der Oesterreichischen
Creditanstalt Julius Blum im Alter von
76 Jahren gestorben. Julius Blum war eine der
angesehensten Persönlichkeiten der Wiener
Finanzwelt, ein Mann mit großen internationalen Beziehungen,
der auch auf politischem Gebiete eine hervorragende
Tätigkeit entfaltet hatte. Diese seine Wirksamkeit war mit der
Organisation der Finanzen Aegyptens eng verbunden, an
der Blum ein maßgebender Anteil gebührte. Julius Blum
hat nämlich schon im Jahre 1862 als Vertreter der
oerreichischen Creditanftalt die Repräsentanz der Filiale in
Alexandrien und deren Agentur in Kairo geleitet, welche beide
in die neu gegründete Austro-Aegyptische Bank aufgingen.
Bei dem Staatsbankerott Aegyptens ging diese Bank in
Liquidation. Blum trat dann in das ägyptifche Finanzministerium
ein und wurde zum Unterstaatssekretär in diesem
Ministerium bestellt. Seinem energischen Eingreifen, seiner
finanziellen Erfahrung und seinen Verbindungen mit den
europäischen Finanzplätzen gelang es, der Mißwirtschaft in
Aegypten ein Ende zu bereiten und die Konversion der ägyptischen
Staate durchzuführen, welche die Schuldenlast des Staates
außerordentlich erleichterte und den finanziellen Aufschwung
des reichen Landes begründete. Auch an den Verhandlungen
für den Abschluß eines Handelsvertrages zwischen Oesterreich-Ungarn
und Aegypten wirkte Blum erfolgreich mit. Blum
hatte in Aegypten den Titel eines Paschas und hohe englische
..... In dem bekannten Buche Lord Cromers über
Aegypten ist seiner Tätigkeit in besonders ehrender Weise gedacht
worden. Nach der Lösung der dort übernommenen Aufgaben kehrte
Blum nach Wien zurück, wo er im Jahre 1890 zum Direktor der
Creditanstalt, im Jahre 1911 nach dem Tode des Direktors Mauthner
zum Vorsitzenden der Direktion ernannt wurde. Von dieser Stelle
trat er im Jahre 1910 zurück nnd wurde zum Vizepräsidenten, später
zum Präsidenten der Creditanftalt gewählt. Der Creditanstalt
war er vor allem durch seine internationalen Beziehungen, die ihn
mit allen Finanzplätzen verknüpften, sehr förderlich. Wiederholt
hat er wichtige Verhandlungen in Paris, London und Konstantinopel
geführt. Im Jahre 1892 hatte er für die österreichische
Regierung eine Mission in London, wo er die Bedingungen für
die Durchführung der Valutaregulierung erforschte; nach der
schweren Finanzkrise in Italien führte er die Verhandluugen zur
Gründung der Banca Commierziale in Mailand, deren Verwaltung
er viele Jahre angehörte. Blum hatte eine sehr umfassende
Personenkenntnis auf allen Finanzplätzen, außerordentliche
Sprachkenntisse nnd reiche geschäftliche Erfahrungen. Allgemein
anerkannt war die vollkommene Loyalität und Lauterkeit
seines Charakters in allen geschäftlichen und privaten Angelegenheiten;
in Wiener gesellschaftlichen und finanziellen Kreisen genoß
er wegen seiner hervorragenden Charaktereigenschaften und
seines überaus einnehmenden, liebenswürdigen Wesens allgemeine
Sympathie. Präsident Blum war seit mehr als einem Jahre ans
Krankenbett gefesselt; sein langjähriger
Hausarzt Dr. Otto Keßler war in aufopferungsvoller
Weise bestrebt, seine Leiden zu lindern, und
hat ihm auch während der letzten Stunden seines Lebens
ärztlichcn Beistand geleistet. Blmn hinterläßt eine Witwe und
eine Tochter, die mit Direktor Jacobovits vermählt ist. Das
Leichenbegangnis findet am Mittwoch von seiner Villa in
Hietzing
aus statt.
Weiters im Grab bestattet:
Julie (Giulia) Jakubowitz (Jacobovitz), de Szeged, geb. Blum, † 26.09.1922 im 51. LJ., Bestattungsdatum: 28.09.1922
Louise Annelie Julie (Gigia) Blum, geb. Attanasio, † 25.07.1934, Bestattungsdatum: 27.07.1934
Luise (Gigia) Popp, geb. Jacobovitz de Szeged, * 11.08.1892, † 27.02.1958, Bestattungsdatum: 07.03.1958
Friedrich Popp, Dr., * 21.04.1888, † 12.08.1969, Bestattungsdatum: 18.08.1969
Herbert Popp, Börsensensal i.R., * 07.06.1923, † 11.11.2000, Bestattungsdatum: 17.11.2000
Die Grabstelle befindet sich am
Hietzinger Friedhof (Gruppe: 19, Nummer: 6).
Quelle: Text: www.nikles.net, Bilder: www.nikles.net, Der neue Tag vom 18.11.1919, Seite 4, Neue Freie Presse vom 18.11.1919, Seite 17, Österreichische Illustrierte Zeitung vom 23.11.1919, Seite 8, Wiener Salonblatt vom 29.11.1919, Seite 9.