Person - Maria Kianek
Maria (Marie) Kianek, geb. Pokorny, Trägerin des goldenen Mutterkreuzes, * 21.07.1868, 11.11.1942, Bestattungsdatum: 18.11.1942,
zuletzt wohnhaft: 19., Sollingergasse 23.
Weiters im Grab bestattet:
Augustin Kianek, * 15.04.1860, 01.10.1943, Bestattungsdatum: 05.10.1943
Leopold Kianek, * 27.08.1908, 29.04.1975, Bestattungsdatum: 07.05.1975
Stefanie Kianek, *23.12.1911, Verstorben: 22.10.2003, Bestattungsdatum: 30.10.2003
Illustrierte Kronen Zeitung vom 15.11.1936, Seite 16:
»I war zu hitzig i hätt mi dersteßen«
Eigentlich hätte auch Augustin Kianek
Müller werden sollen. Es war nämlich in der
Familie Brauch, daß die Söhne stets diesen Beruf
ergreifen sollten. Augustin Kianek bekam aber
ein Augenleiden, so daß er der Müllerei entsagen
mußte. Er verließ seinen Heimatsort Datschitz
in Mähren und trat als Fünfzehnjähriger in die
Dienste des Grafen Khevenhüller, bei dem
er die Wartung der Reitpferde übernahm. Bei
seiner nächsten Herrschaft, einem Grafen Liechtenstein,
war ihm das erste große Erlebnis in seinem
Beruf beschieden. Damals wurde die Kadettenschule
in Mährisch-Weißkirchen feierlich eröffnet. Der Kaiser erschien
und Augustin Kianek durfte als Diener
den kaiserlichen Wagen begleiten. Er erhielt von
einem Adjutanten des Monarchen zehn Gulden
in Gold. Beim Brünner Hausregiment, den
»8ern« genügte Kianek seiner Militärpflicht.
Dann kam er zum Markgrafen Pallavicini,
der auf seinen ausgedehnten Besitzungen in
einem wahrhaft fürstlichen Stil lebte.
Kianek war auch Zeuge einer Treibjagd, an
der Erzherzog Franz Ferdinand, der
spätere Thronfolger, teilnahm.
Die Vorbereitungen zu dieser Jagd
dauerten zwei Jahre, der Wildschaden,
den Pallavicini den Bauern ersetzen mußte,
betrug allein 20.000 Gulden. Die Jagd währte
drei Tage, Franz Ferdinand erlegte 700 Hasen,
800 Fasane und 55 Wildschweine.
In Jarmeritz heiratete Augustin Kianek
die Tochter eines Fruchthändlers. Mit ihr begeht
Augustin am 22. d. um drei Uhr nachmittags in
der Pfarrkirche, 19. Bez., Budinskygasse, das
Fest der goldenen Hochzeit. Nicht weniger
als zwölf Kinder hat Maria Kianek ihrem
Gatten geboren. Drei Söhne und zwei Töchter
sind noch am Leben und verschönern die Tage des
betagten Paares.
Augustin Kianek war dann noch bei verschiedenen
Herrschaften tätig, stets war ihm seine
Gattin eine treue, hilfsbereite Gefährtin. Im
Haus eines Eisengroßhändlers in der Blumauergasse
im zweiten Bezirk, fand Kianek einen seiner
letzten Posten als Kutscher. Damals begann schon
das »Benzinroß« den Pferden Konkurrenz zu
machen. Freilich konnte sich das Auto von einst
mit dem heutigen Motorvehikeln nicht messen.
Augustin Kianek, der ein überaus rascher-Fahrer
war, gelang es sogar das Auto anno 1910 an
Schnelligkeit zu schlagen. Er benötigte zu einer
Fahrt von der Blumauergasse nach
Mauer mit
seinen Rappen 32 Minuten, das Auto 33 Minuten.
Später allerdings wurde es anders. Auch der ehemalige
Kutscher sollte chauffieren lernen. »Aber
I war zu hitzig, i hätt mi dersteßen«,
so wurde es mit dem Autofahren nichts.
Der Kutscher, der in fünfzigjähriger, rastloser
Arbeit so viel erlebte, hat sich nun zur Ruhe gesetzt.
In der Sollingergasse 23, in
Döbling, bewohnt
er eine kleine, aber saubere Wohnung.
Mit seiner Altersrente im Betrag von 58 Schilling
kann er natürlich keine weiten Sprünge
machen. Augustin Kianek hängt mit großer Liebe
an seiner Gattin, seiner Familie, an seinem
Schrebergarten und an seinen Hasen.
Illustrierte Kronen Zeitung vom 17.4.1935, Seite 8:
Herr Augustin Kianek,
19., Sollingergasse 23, den 75. Geburtstag.
Die Grabstelle befindet sich am
Friedhof Grinzing (Gruppe: 24, Reihe: 6, Nummer: 3).
Quelle: Text: www.nikles.net, Bilder: www.nikles.net, Illustrierte Kronen Zeitung vom 15.11.1936, Seite 16