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Die Bundeshauptstadt

2. Bezirk - Produktenbörse (Taborstraße 10)

Die Börse für landwirtschaftliche Produkte in Wien, kurz: Produktenbörse, ist eine 1869 gegründete Warenbörse ohne Termingeschäft. Sie befindet sich seit 1890 in einem eigens errichteten Börsengebäude in der Taborstraße (Afrikanerviertel) in Wien-Leopoldstadt.

Während des Nationalsozialismus in Österreich (1938–1945) sowie aufgrund des Marktordnungsgesetzes von 1949 bis 1994 verfügte die Börse über keine Bedeutung. Mit Österreichs EU-Beitritt 1995 wurde die Börse reaktiviert und die Funktion der Richtpreisfindung für den österreichischen Markt durch die wichtigsten Marktteilnehmer wiederaufgenommen. Die Notierungen erfolgen wöchentlich.

Darüber hinaus verfügt die Wiener Produktenbörse über ein Schiedsgericht, das für alle Mitglieder und Handelspartner im Falle von Streitigkeiten zuständig ist.

Geschichte: Seit 1812 ist der Getreidehandel in Österreich ein freies Geschäft, Getreide also Handelsware. Mit der Entwicklung des Handels entstand 1853 die Wiener Frucht- und Mehlbörse. Diese unterstand vorerst noch dem Wiener Magistrat und wurde erst am 24. Juni 1869 unabhängig. Dies war das Geburtsjahr der Wiener Produktenbörse. Dessen Handel fand vorerst im Café Produktenbörse in der Wiener Leopoldstadt statt. Mit Anstieg des Handelsumfangs und der Handelsteilnehmer wurde der Bau eines eigenen Börsegebäudes beschlossen. Den Auftrag hierzu erhielt 1887 der Architekt Carl König, der in der Taborstraße unweit des Cafés im Stil der Neorenaissance das Börsengebäude errichtete. Die Fertigstellung und der Handelsbeginn erfolgte am 23. August 1890. In lateinischen Lettern wurde der Leitspruch der Börse in die Fassade gemauert: in usum negotiatorum cuiuscumque nationis ac linguae („den Kaufleuten aller Völker und jeder Sprache gewidmet“).

Bis zum Ersten Weltkrieg war die Börse die wichtigste Börse für landwirtschaftliche Produkte der österreichisch-ungarischen Monarchie. Nach deren Untergang und den Jahren der Inflation erlebte der Börsenhandel einen großen Rückgang, von dem sich die Börse erst Mitte der 20er-Jahre wieder erholte.

1938, nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland, wurde die Börse geschlossen. Im Zweiten Weltkrieg wurde die Börse bei Luftangriffen auf Wien getroffen, wobei der Handelssaal ausbrannte. Nach Kriegsende wurde mit dem Wiederaufbau begonnen. Am 10. November 1948 erfolgte die Neukonstituierung der Börsekammer und am Mittwoch, dem 29. Juli 1949 wurde die erste Börseversammlung nach Kriegsende im wiederinstandgesetzten Börsegebäude in der Taborstraße abgehalten. Die Börse war nun allerdings aufgrund des Marktordnungsgesetzes, das die Preisfestsetzung durch die Sozialpartnerschaft bestimmte, weitgehend bedeutungslos. Sie diente lediglich als wöchentlicher Treffpunkt der wichtigsten Marktteilnehmer. Ab den 1980er-Jahren wurde der große Saal vom Odeon Theater genutzt.

Mit dem Beitritt Österreichs zur EU 1995 musste das Marktordnungsgesetz aufgehoben werden. Die Produktenbörse setzte sich wieder zusammen und nahm ihre Funktion als Ort der Richtpreisfindung durch die wichtigsten Marktteilnehmer wieder auf.

Die Wiener Produktenbörse war maßgeblich an der Anfertigung eines einheitlichen italienisch-österreichisch-deutschen Musterkontraktes für den Getreidehandel beteiligt.

Handelswaren: Tatsächlicher Handel findet an der Produktenbörse nicht statt. Es werden jedoch zum Zwecke der Richtpreisfindung der gehandelten Waren Geschäftsabschlüsse ab einem gewissen – je nach Ware unterschiedlich hohen, in der Regel mindestens 100 Tonnen – Mindestumfang aufgezeichnet. Der Börsenverkehr umfasst im Wesentlichen alle in der Region angebauten landwirtschaftlichen Rohstoffe und Halbfertigprodukte, die zur menschlichen und tierischen Ernährung dienen. Vom Börsenverkehr ausgeschlossen sind forstwirtschaftliche Erzeugnisse, Gewürze, Kräuter sowie zur Herstellung von Geweben und Gespinsten dienende Rohstoffe wie Jute. Ebenfalls ausgeschlossen sind fast alle „Kolonialwaren“, also Zucker, Kaffee, Tee, Schokolade, Kakao und dergleichen.

Quelle: Wikipedia, Bilder: Peter Gugerell, gemeinfrei.



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