Die Gasometer in Wien-Simmering
sind vier ehemalige Gasbehälter aus dem Jahre 1896, die in
einem umfangreichen Umbau von 1999 bis 2001 revitalisiert
wurden und nun durch ein Entertainmentcenter, etliche
Wohnungen, ein Studentenheim und eine Veranstaltungshalle zu
neuem Leben erweckt wurden.
Die Gebäude gelten schon seit jeher als Wahrzeichen des 11.
Wiener Gemeindebezirks Simmering,
da sie aufgrund ihrer Größe bereits von Weitem zu sehen
sind. Seit der Revitalisierung zählen auch Touristen aus
allen Teilen der Welt und Architekturexperten zu den
Besuchern der Gasometer.
Konstruktionsdaten: Die vier zylindrischen Teleskopgasbehälter mit je 90.000 Kubikmeter Gasvolumen, die in einem Wasserbassin standen, wurden mit einer Ziegelfassade umgeben. Ein Gasometer misst vom Straßenniveau bis zur Spitze rund 70 Meter und ungefähr 60 Meter im Durchmesser.
Geschichte: Der Bau der Gasometer in Wiens elftem
Gemeindebezirk Simmering fand von
1896 bis 1899 im Rahmen der Errichtung des Gaswerks
Simmering statt. Hersteller der Kesselkonstruktionen war die
Firma Friedrich August Neuman aus Eschweiler.
Vor dieser Zeit erfolgte die Versorgung durch die
Imperial-Continental-Gas-Association (ICGA) mit Sitz in
England. Nachdem die Verträge zwischen der ICGA und der
Stadt Wien ausliefen, entschloss sich die Stadt zur
Errichtung einer eigenen kommunalen Gasversorgung. Das
Gaswerk war zur Zeit der Errichtung das größte seiner Art in
ganz Europa.
Ursprüngliche Nutzung: In den Gasometern wurde das
Kohlengas, welches in Kokereien aus der Trockendestillation
von Steinkohle gewonnen wurde, gespeichert, bevor es zum
Verbrauch in das Gasnetz abgegeben wurde. Das Kohlengas wird
auch Kokereigas, Leuchtgas, Stadtgas genannt. Es wurde
zunächst für die Straßenbeleuchtung mittels Gaslaternen auf
den öffentlichen Straßen benutzt. Erst ab 1910 etablierte
sich auch die Nutzung zum Kochen und Heizen in
Privathäusern.
Nach der Umstellung von Kohlengas auf Erdgas und der
Modernisierung im Gasbehälterbau wurden die Gasometer 1984
stillgelegt. Gase können mit unterirdischen Gaslagern oder
modernen Hochdruck-Kugelgasbehältern unter viel höheren
Drücken bei kleinerem Volumen gelagert werden als in den
großen voluminösen Teleskopgasbehältern. Seit 1978 stehen
sie unter Denkmalschutz.
Revitalisierung nach Stilllegung als Gasbehälter: Die Gemeinde Wien engagierte sich für eine Umnutzung und Revitalisierung der denkmalgeschützten Gebäude. In einer Zeit der Ideenfindung fanden unter anderem Ausstellungen, Gazometer-Raves und Filmaufnahmen zu James-Bond-Filmen (Der Hauch des Todes) statt. Aus dieser Zeit kommt auch die Bezeichnung Gazometer, die für die Raves innerhalb der Gasometer stand. Durch die runde zylindrische Form war die Musik innerhalb der Gasometer mit einem besonderen Echoeffekt wahrzunehmen, was in der Raverszene für einen weiten Bekanntheitsgrad sorgte.
Suche nach Gesamtnutzungskonzept: 1995 fanden Wettbewerbe zur Ideenfindung für die Umnutzung statt. Es gab ausgearbeitete Konzepte zur Nutzung als Hotel- und Messegelände (Architekt Manfred Wehdorn) für die geplante Weltausstellung in Wien und Budapest. Man entschloss sich jedoch für die Realisierung einer gemischten Nutzung mit Wohnen, Arbeiten und Entertainment bestehend aus den Wohnungen, einem Studentenwohnheim, Büros, dem Einkaufszentrum und dem Kino.
Umbaubeginn an den Gasometern: Die vier
Architekten Jean Nouvel, Coop Himmelb(l)au (Wolf D. Prix),
Manfred Wehdorn und Wilhelm Holzbauer erarbeiteten jeweils
für einen der Gasometer die Umgestaltung, die von 1999 bis
2001 realisiert wurde. Die Innereien des Gasometers wurden
während der Revitalisierung entfernt - lediglich die
Ziegelaußenmauer und der Dachstuhl blieben bestehen. Als
Bauträger fungierten die SEG, die GPA und die Gesiba, welche
die rund 600 Wohnungen teils als Eigentumswohnungen
verkauften und teils als Genossenschaftswohnungen vermieten.
Die Baukosten betrugen 2,4 Milliarden Schilling, umgerechnet
rund 174 Millionen Euro. 310 Millionen Schilling (22,5
Millionen Euro) trug die Stadt Wien in Form von
Wohnbauförderungsmitteln dazu bei.
Am 30. September 2001 fand die feierliche Eröffnung mit dem
anwesenden Bürgermeister statt. Die Bewohner zogen bereits
beginnend ab Mai 2001 ein.
Der Gebäudekomplex: Die Gasometer sind durch einen
besonderen Dorfcharakter geprägt. Auf 220.000 m² stehen sie
als eigenständige Stadt in der Stadt. Durch die hohe
Identifizierung der rund 1.500 Bewohner der Gasometer mit
dessen Wohnraum erfolgte die Bildung einer großen
Wohngemeinschaft, die sowohl virtuell in einer Gasometer
Community als auch real als Verein und gelebte
gemeinschaftliche Nachbarschaft existiert. Zahlreiche
Diplomarbeiten und Dissertationen im Bereich der
Psychologie, Raumplanung und Architektur sowie Publizistik
widmeten sich diesem Phänomen.
Nutzung: Durch alle vier Gasometer hindurch bis in
den Zubau „E“ erstreckt sich ein 450 Meter langes
Einkaufszentrum mit insgesamt rund 70 Geschäftslokalen
(Einzelhandel, Gastronomiebetriebe), das im Gasometer A über
drei Etagen verläuft und in den anderen nur ein bzw. zwei
Etagen einnimmt. In den Untergeschoßen unterhalb des
Einkaufszentrums befinden sich Tiefgaragen. Alle vier
Gasometer sind oben offen und erhalten durch den alten
Dachstuhl ihre alte Silhouette. Sie weisen lediglich
„Windgleitbleche“ auf. Durch einen „Skywalk“ (Glasbrücke)
der zwischen den Gasometern „C“ und „D“ an die Haupthalle ("main
mall") angeschlossen ist und die Guglgasse überquert,
gelangt man in ein ebenfalls dem Komplex angehörendes
Gebäude namens Entertainmentcenter bzw. ursprünglich „Pleasuredome“.
Darin befindet sich ein Kino mit 12 Sälen, welches von der
Kima Cinemas Vienna und der Familie Hueber betrieben wird,
und von der Megaplex-Kinogruppe genutzt wird, nachdem der
ursprünglich vorgesehene Betreiber Loews Cineplex
Entertainment Corporation kurzfristig in Konkurs ging. Der
gesamte öffentliche Einkaufs- und Unterhaltungsabschnitt des
Komplexes nannte sich einst „G-town“, firmiert jedoch jetzt
unter der Bezeichnung „Gasometer City“.
Gasometer A im Inneren
Da dem für 50.000 Personen konzipierten Einkaufszentrum nur
1.500 Gasometer-Bewohner gegenüberstehen und sich in der
näheren Umgebung weitere Einkaufszentren an der Simmeringer
und der Landstraßer Hauptstraße befinden, kämpfen die
Geschäfte in den Gasometern seit der Eröffnung um
Kundschaft. Ende des Jahres 2007 standen sämtliche
Geschäftslokale im Zubau „E“ und etwa ein Drittel der
Geschäftsflächen in den Gasometern „A“ bis „D“ leer.
Mangelnde Immobilienerlöse aus dem Gasometer-Bau waren
gemeinsam mit Fehlkalkulationen beim Zaha Hadid-Bau am
Donaukanal wesentliche Ursachen für den Konkurs des
Bauträgers SEG.
Gasometer A: Der französische Architekt Jean
Nouvel gestaltete den Wohnungsaufbau in diesem Gasometer
sternförmig. In jeder der elf Wohnetagen, die erst in einer
Höhe von etwa 30 Metern beginnen, befinden sich rund 20
Wohnungen, die in 2er-Blöcke aufgeteilt sind. Dazwischen
befinden sich Spalte in der Breite von etwa einer Wohnung,
welche die denkmalgeschützte Gasometerfassade mit ihren
hohen Fenstern sichtbar machen. Dadurch und durch die
ausschließliche Glasfront der Wohnungen sowie die
verspiegelten übrigen Wände wird eine hohe Ausnutzung des
Sonnenlichts erzeugt.
Unter den Wohnungen liegen drei Geschäftsetagen des
Einkaufszentrums und eine Tiefgarage. Die an den Gasometer
„A“ angrenzende U-Bahn-Haltestelle befindet sich direkt vor
dem Haupteingang der Shopping-Mall.
Gasometer B: „Gasometer B“ wurde vom Wiener
Architektenduo „Coop Himmelb(l)au“ geplant. Er ist von außen
leicht erkennbar, da er einen schildartigen Zubau vorweist -
ein 18-stöckiges Wohngebäude. Der ehemalige Gasbehälter plus
Zubau beinhalten insgesamt 254 Wohnungen. Laut Mitarchitekt
Wolf D. Prix sei der „Schild“ „das Zeichen für den neuen
Inhalt der Gasometer. Würde der Schild nicht da stehen,
wüsste man nicht einmal, dass dort etwas Neues entstanden
ist.“ Auch dass die Veranstaltungshalle in dem von ihnen
gestalteten Gasometer untergebracht ist, kommt nicht von
ungefähr, da „Coop Himmelb(l)au“ „immer für gemischt
genutzte Gebäude plädiert habe“, so Prix weiter.
Die 1.400 m² große Veranstaltungshalle fasst 4.200 Personen
und hat für Wien eine besondere Bedeutung, da zwischen der
bis zu 16.000 Besucher fassenden
Wiener Stadthalle und den
anderen Veranstaltungslokalitäten mit maximal 1.500
Besuchern (Halle Oberlaa) bisher eine große Lücke klaffte
und Musikgruppen, die die Stadthalle nicht zu füllen
vermochten, für die meisten kleineren Veranstaltungsorte zu
teuer waren.
Die Wohnungen innerhalb des Gasometers schmiegen sich in
Form eines lückenlosen Kreises an die Mauern des Gasometers
und lassen in der Mitte nur einen rund 20 Meter Durchmesser
großen Lichtdurchlass frei. Die Fenster der einzelnen Etagen
im Turm reihen sich dicht aneinander.
Studentenheim: Die untersten vier bis fünf Etagen des Wohnbereichs im Gasometer „B“ nimmt ein Studentenheim ein. Auf der Gesamtnutzfläche von 5.850 m² befinden sich 247 Heimplätze, die in 73 verschiedene Appartements untergebracht sind (bis 115 m² große Wohnungen mit 199 Einbettzimmern und 24 Zweibettzimmern). Es gibt zahlreiche Gemeinschaftsräume wie Clubraum, Gemeinschaftsküche, Fitnessraum, Saunabereich, Proberaum und Waschküche. Das Studentenheim wird von der „Wohnbauvereinigung für Privatangestellte“ der GPA betrieben. Die Heimplätze werden nur an Familienbeihilfe-Empfänger und Studenten mit Stipendium vergeben. Im Herbst 2006 wurde eine Erweiterung des Studentenheimes in unmittelbarer Nähe zu den Gasometern nebst einem Evangelischen Privatgymnasium und Seniorenheim eröffnet.
Gasometer C: Der Wiener Architekt Manfred Wehdorn,
der sich der „Einfachheit“ und dennoch maximalem Wohnkomfort
annimmt, war für die Gestaltung des Gasometers „C“
zuständig. Die 92 auf 6 Stockwerke verteilten Wohnungen mit
weißer Fassade sind nach oben hin abgestuft, wodurch eine
höhere Durchdringung des Sonnenlichts nach unten hin
erreicht werden soll. Die ersten Wohnungen beginnen ab einer
Höhe von rund 32 Meter über dem Straßenniveau. Zwischen den
Wohngeschoßen und der Shoppingmall befindet sich auf 3
Geschoßen das Büro bzw. der Geschäftssitz des
Mobilfunkanbieters Drei.
Im Innenhof befindet sich eine große Glaskuppel, die die
darunter befindliche „main mall“ durchscheinen lässt, bzw.
dieser Sonnenlicht spendiert. Rund um die Kuppel befindet
sich ein rund vier Meter breiter Grünstreifen, auf welchem
mehrere Bäume gepflanzt wurden. Durch den nach oben hin
abgestuften Innenhof wurden Terrassen und Laubengänge
geschaffen, die mit Blumenbeeten und Bäumen bepflanzt sind.
Wehdorn wollte hier das "grüne" Konzept eines Arboretums
verwirklichen.
Gasometer D: Als einziger Gasometer weist der von
Wilhelm Holzbauer gestaltete Gasometer „D“ keinen zentralen
Innenhof auf, ist aber dennoch der einzige, in dem jede der
119 Wohnungen über eine kleine Grünfläche oder zumindest
eine Loggia verfügt. Der Wohnturm im Zentrum des Gasometers
weist die Grundform eines Kreises mit drei rechteckigen
„Armen“ auf. Zwischen diesen drei gleich großen „Armen“
befinden sich drei ebenso große Grünflächen. Mitgrund für
diese Form ist auch, „dass sich die Leute nicht gegenseitig
in die Wohnungen sehen, oder alle in denselben Hof blicken
müssen“, wie Holzbauer erwähnt.
Unter den Wohnungen, die in 31 Metern Höhe über der
Guglgasse beginnen, macht sich die Magistratsabteilung 8,
das Wiener Stadt- und Landesarchiv auf vier Geschoßen breit.
Die Shopping-Mall findet hier nur noch einen Ausläufer, da
die „main mall“ zwischen den Gasometern „C“ und „D“ nach
links in den Zubau „E“ abgebogen ist.
Quelle: Text: Wikipedia, Bilder: www.nikles.net
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