Die Rückhaltebecken Auhof (oder auch Hochwasserrückhalteanlage in Auhof, Hochwassersammelbecken in Weidlingau, Rückhalteanlagen in Hadersdorf-Weidlingau) in Auhof an der Grenze zwischen dem 13. (Hietzing) und 14. Wiener Gemeindebezirk Penzing wurden als Teil der Wienflussregulierung errichtet. Ihre Aufgabe ist das Abfangen der für die Wien typischen rasch an- und abschwellenden Hochwasserwellen.
Wienflussregulierung: Bereits in den 1880er Jahren befasste sich das Wiener Stadtbauamt mit Regulierungsentwürfen für den Wienfluss. Das schließlich realisierte Projekt vereint die Wien und die Wiener Stadtbahn in einem einheitlichen Profil, das einige technische und auch einen wirtschaftlichen Vorteil bot.
Das Projekt, welches sich über eine Strecke von rund 17
Kilometern erstreckte, zerfiel in drei große Gruppen:
* Die Errichtung des künftigen Flusslaufes
Die Sohle und die Ufermauern wurden lagerichtig erbaut und
so konstruiert, dass sie bei späterem Bedarf problemlos als
Widerlager für eine weitere Einwölbung genutzt werden
konnten. So erfolgte etwa die Einwölbung beim Naschmarkt
erst in den Jahren 1913–1915.
* Die Errichtung von Sammelkanälen beiderseits der Wien
* Die Errichtung von Hochwassersammelbecken in Weidlingau am
Beginn der Regulierungsstrecke
Mit den Arbeiten am ersten Baulos der Rückhaltebecken wurde
am 1. April 1895 begonnen, Baubeginn beim zweiten Baulos war
zwei Jahre später. Abgeschlossen wurden die
Baumeisterarbeiten am 19. November 1899. Bis Ende des
darauffolgenden Jahres wurden die Rechenanlagen montiert.
Seit 15. Juni 2001 stehen sowohl die Rückhaltebecken als
auch das Amtsgebäude der städtischen Wienflussaufsicht unter
Denkmalschutz.
Standort: Die Hochwassersammelbecken, auch Haltungen genannt, wurden bei Weidlingau am Westende der zu regulierenden Wienflussstrecke im Bereich der Einmündung des Mauerbaches zwischen dem Lainzer Tiergarten und der Westbahnstrecke auf einem rund 37 Hektar großen Areal errichtet.
Am Bau Beteiligte: Für die Planung und Oberbauleitung war das Wiener Stadtbauamt in Person von Franz Berger als dessen Direktor und Franz Kindermann als Bauleiter zuständig. Die Baumeisterarbeiten wurden von "Doderer, Göhl & Sager" ausgeführt, die Rechenanlagen stammen von (siehe auch Rudolph Philip Waagner).
Aufgabe und Dimensionierung: Der Wienfluss führt
im Normalfall etwa 200 Liter Wasser pro Sekunde, im
Extremfall kann dieser Wert allerdings in kurzer Zeit auf
über 450.000 Liter Wasser steigen.
Der Standort an der Mündung des Mauerbachs in den Wienfluss
wurde gewählt, da bei langjährigen Beobachtungen
festgestellt worden war, dass sich die für Wien bedrohlichen
Hochwasserwellen immer dann ergaben, wenn beide Gewässer
gleichzeitig Hochwasser führten.
Die Becken wurden so dimensioniert, um von maximal 480
Kubikmeter Wasser pro Sekunde in der Wien und maximal 130
Kubikmeter Wasser pro Sekunde im Mauerbach (= 610 Kubikmeter
Wasser pro Sekunde) maximal 400 Kubikmeter Wasser pro
Sekunde sofort durch das neu gestaltete Gerinne Richtung
Donaukanal abzuleiten. Die übrigen 210 Kubikmeter Wasser pro
Sekunde sollten so lange in den Retentionsbecken
zurückgehalten werden, bis die Hochwasserwelle wieder im
Abklingen war und der Lauf der Wien wieder zusätzliches
Wasser aufnehmen konnte.
Da ebenfalls festgestellt worden war, dass eine derartige
Hochwasserwelle kaum länger als zwei Stunden lang andauert,
wurde das Fassungsvermögen der Becken so ausgelegt, dass ihr
Volumen diese zwei Stunden lang jene 210 Kubikmeter pro
Sekunde aufnehmen kann, die der hart verbaute Wienfluss in
diesem Zeitraum in Wien nicht aufnehmen kann. Damit ergab
sich ein Volumen von 1,600.000 Kubikmeter.
Aktuell werden für die sechs Rückhaltebecken an der Wien
1,160.000 Kubikmeter und jenes am Mauerbach 150.000
Kubikmeter genannt.
Anlage und Funktionsweise: Die Anlage besteht aus
sechs aufeinanderfolgenden und durch Betonmauern voneinander
getrennten Rückhaltebecken (Haltung II bis Haltung VII) an
der Südseite des Areals.
An der Nordseite des Wehrs („Betontraverse“) zwischen den
Haltungen II und III befindet sich das Verteilungswerk
(Sperrwerk). Hier beginnt der Umlaufgraben, welcher rund
1.300 Meter lang an der Nordseite der Haltungen III bis VII
verläuft. An seiner Nordseite wurde dieser Graben von der
ehemaligen Poststraße nach Linz und dem Gleiskörper der
Westbahn begrenzt. Im Süden wird das Gerinne durch eine 6
bis 8 Meter hohe und an der Krone etwa 2 Meter dicke
Betonmauer von den Haltungen getrennt. Das östliche Ende
dieser Mauer am so genannten Endwerk wurde architektonisch
etwas aufwändiger gestaltet, erhielt einen pylonartigen
Aufsatz und ist mit Steinen verkleidet. Durchflossen wurde
dieses Gerinne von den Wässern des Wienflusses und des
Mauerbaches.
Die Aufgabe der Haltung II (Vorbecken) bestand vor allem in
der Funktion als Absetzbecken. Durch die hier stattfindende
Verbreiterung des Flussbettes sollten sich Geschiebe und
Schwebstoffe ablagern können. Durch Rechenanlagen um das
Verteilungswerk und auf der anschließenden Betontraverse
sollte von der Flutwelle angeschwemmtes Treibgut aufgehalten
werden.
In die Wehrmauern zwischen den Haltungen wurden Rohre als
Durchlässe eingebaut. Diese sollen Wasser bereits in das
nächstfolgende Becken ablaufen lassen, bevor die Wehrkrone
überflutet wurde. Die Abflüsse des letzten Wehres in den
Wienfluss sind mit Rückschlagklappen ausgestattet, die das
Eindringen von Wasser vom Umgehungsgraben aus verhindern
sollten.
Um nach einem Hochwasser die einzelnen Rückhaltebecken
wieder entleeren zu können, wurden in die Mauer, welche den
Umgehungsgraben und die Haltungen III bis VII voneinander
trennt, Schleusen eingebaut.
Durch Betätigen des Verteilungswerks wurden die
Retentionsbecken, wenn das Gerinne der Wien im Stadtgebiet
seine Kapazitätsgrenze erreichte, geflutet. Eine
Modernisierung des Sperrwerks erfolgte 1956. Für die
Bedienung der Winden der ursprünglichen Schützenanlage waren
24 Mann notwendig.
Ein weiteres Rückhaltebecken (Haltung I) mit Vorbecken als
Absetzbecken wurde für den Mauerbach an dessen linken Ufer
vor der Mündung in die Wien errichtet. Dieses wird ebenfalls
erst bei Erreichen der Kapazitätsgrenzen des Baches
geflutet.
Modernisierung: Vor allem der in den letzten
Jahrzehnten erfolgte Ausbau der Wiener U-Bahnlinien machte
den Ausbau des Hochwasserschutzes entlang der Wien notwendig
(Wasser, das vom Wienfluss in die Trasse der benachbarten U4
eindringt, könnte im schlimmsten Katastrophenfall entweder
bei der Station Längenfeldgasse in einen tiefer liegenden
Tunnel der U6 eindringen, am Karlsplatz schlimmstenfalls das
gesamte Stationsgebäude von der am tiefsten gelegenen U1 an
fluten oder bei der Station Landstraße die U3 fluten.).
Beschlossen wurde daher, den Hochwasserschutz im
innerstädtischen Bereich auf ein 1000jähriges Hochwasser
(418 Kubikmeter Wasser pro Sekunde) zu erhöhen. Bei dieser
Gelegenheit sollten auch die Rückhaltebecken als neue
Lebensräume gestaltet werden.
Um die Rückhaltewirkung der Retentionsbecken zu optimieren,
wurden in die Wehrmauern bewegliche Wehrverschlüsse
eingebaut. Der Wienfluss erhielt dadurch auch die
Gelegenheit, bei Nieder- oder Mittelwasserstand die
Haltungen zu durchfließen und sich dort sein Flussbett
selbst zu gestalten.
Im Ernstfall wird der Wehrverschluss im Wehr 1 zwischen den
Haltungen II und III geschlossen und der Wienfluss über das
Umleitungsgerinne abgeleitet. Teilweise geöffnet hingegen
wird der Wehrverschluss im Wehr 6, um das Wasser der zwei
Bäche, die vom
Lainzer Tiergarten her in die Rückhaltebecken fließt,
abrinnen zu lassen.
Mit der Füllung der Rückhaltebecken wird ab einem
100jährigen Hochwasser (360 Kubikmeter Wasser pro Sekunde)
begonnen.
Unterstützt wird die zuständige Magistratsabteilung (MA)
45 – Wiener Gewässer dabei durch ein von der Universität
Karlsruhe erstelltes Vorhersagemodell, welches für die
jeweiligen Einzugsgebiete adaptiert werden kann.
Informationen erhält der Zentralcomputer von eigens
errichteten Messstationen, die ihre Daten in Abständen von
einer bis 15 Minuten übermittelt werden.
Über den Zeitraum der Modernisierung liegen leider keine
genauen Angaben vor.
Zusätzliche Unterstützung erhielten die Bemühungen um einen
verbesserten Hochwasserschutz im Westen Wiens durch die
Stilllegung des Wientalwasserwerks im Jahr 2004. Der
künstlich angelegte Wienerwaldsee ging in die Verwaltung der
Magistratsabteilung 45 über und wurde entsprechend der
Bedürfnisse für den Hochwasserschutz umgestaltet.
Städtische Wienflussaufsicht: Der Überwachungs-
und Hochwasserdienst wurde von sechs Beamten und fünf
Aufsehern wahrgenommen. Zwei Beamte und ein Aufseher wohnten
in einem eigens errichteten Dienstgebäude der städtischen
Wienflussaufsicht, an dessen Rückseite sich das
Verteilungswerk befindet. Für die rasche
Nachrichtenübermittlung ins Rathaus, zur Feuerwehrzentrale
Am Hof und entlang des Wienflusses von dessen Mündung in den
Donaukanal bis Tullnerbach wurden eigene Telefon- und
Telegrafenleitungen eingerichtet.
Heute ist dies eine Aufgabe der Magistratsabteilung (MA) 45
– Wiener Gewässer.
Biotop: Die Rückhaltebecken in Auhof stellen das
größte Feuchtbiotop im Westen der Stadt Wien dar. Da Fauna
und Flora in den Becken weitgehend sich selbst überlassen
wird und durch die immer wieder erfolgenden Hochwässer durch
den Wienfluss herrschen hier ähnliche Verhältnisse wie in
Augebieten.
Angesiedelt haben sich hier unter anderem Biber, Bisamratten
und Fischotter, aber auch rund 120 Vogelarten (Eisvögel,
Schwarzstörche, Schilf- und Drosselrohrsänger) haben hier
einen Lebensraum gefunden.
Ingenieurbiologische Versuchsstrecke: In Zusammenarbeit der Universität für Bodenkultur Wien (Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau) und der Magistratsabteilung (MA) 45 – Wiener Gewässer entstand im März 1996 im Anschluss an das Sperrwerk die weltweit einzigartige ingenieurbiologische Versuchsstrecke mit 170 Metern Länge. Durch künstlich erzeugte Hochwässer mit Durchflussmengen von 30 – 50 Kubikmeter Wasser pro Sekunde können hier ingenieurbiologische Uferverbauungen auf ihre Belastbarkeit getestet werden. Zahlreiche Publikationen sind ein Ergebnis der hier gewonnen Erkenntnisse.
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Günter Nikles
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