Die Kalvarienbergkirche ist ein römisch-katholisches Kirchengebäude im 17. Wiener Gemeindebezirk Hernals. Sie ist dem Apostel Bartholomäus geweiht.
Lage und Architektur: Die leicht erhöht gelegene
Kirche befindet sich am Sankt-Bartholomäus-Platz im
historischen Ortszentrum des Bezirksteils
Hernals. Ihr
nördlicher Bauteil mit der Turmfassade ist barocken
Ursprungs, während der südliche Bauteil mit Querschiff und
Apsis sowie der die Kirche an drei Seiten umlaufende,
überdachte Kalvarienberg-Gang im neobarocken Stil gestaltet
sind.
Über dem Hauptportal, an der Frontfassade mit dem Kirchturm
auf quadratischem Grundriss, befindet sich ein Balkon, auf
dem eine Drei-Figuren-Gruppe zum Thema Ecce homo aus dem
ersten Viertel des 18. Jahrhunderts aufgestellt ist. Neben
dem Portal ist ein Kruzifix aus dem Jahr 1863 angebracht, zu
dem Sepp Zöchling um 1960 das Sgraffito Arme Seelen schuf.
Der Kircheninnenraum ist breit proportioniert. Am Hochaltar
befindet sich ein Retabel aus dem 19. Jahrhundert, während
das Altarblatt Der auferstandene Christus erscheint den
Aposteln am See Genezareth 1962 von Hans Alexander Brunner
geschaffen wurde. Seitlich des Altars stehen Figuren aus dem
Jahr 1894, die Kaiser Heinrich II. und den Heiligen Georg
darstellen. Bei der so genannten Türkenmuttergottes am
linken Seitenaltar handelt es sich um eine Kopie des Wiener
Mariahilf-Bilds aus der
Mariahilfer Kirche,
die 1683 bei der zweiten Wiener Türkenbelagerung im Lager
der Osmanen aufgefunden wurde und von diesen offenbar als
Schießscheibe verwendet worden war. Im rechten Seitenaltar
steht die überlebensgroße Figurengruppe
Schutzmantel-Christkönig im Strahlenkranz, die um 1950 von
Alfred Crepaz geschaffen wurde. Westlich des Chors befindet
sich eine Kapelle mit einem barocken Heiligen Grab.
Der Kalvarienberg-Gang beginnt links und rechts des
Kirchenhauptraums mit Eingangshäuschen, setzt sich jeweils
entlang der Seitenfronten mit Korridoren und ansteigenden
Treppen fort und mündet in einer Kreuzigungskapelle. Die
insgesamt vierzehn, teilweise vollplastischen barocken
Figurenreliefs in den Nischen der Kreuzwegstationen bilden
einen expressiven Zyklus: rechts sind Szenen aus der Passion
und die Besiegung der sieben Todsünden dargestellt, links
die Tugenden Marias und die Sieben Letzte Worte.
Das Haus am Sankt-Bartholomäus-Platz 3 wurde 1831 als Schule
erbaut und wird seit 1861 als Pfarrhof genutzt. Das
ursprünglich zweigeschossige Gebäude mit seiner
Biedermeier-Fassade wurde 1951 aufgestockt.
Geschichte: Die alte Pfarrkirche von Hernals, die
bereits dem heiligen Bartholomäus geweiht war, wurde 1301
erstmals urkundlich erwähnt und 1529 bei der ersten Wiener
Türkenbelagerung zerstört. Nach ihrem Wiederaufbau wurde sie
1548 oder 1568 zu einer evangelisch-lutherischen Kirche. In
Wien waren evangelische Gottesdienste nicht möglich. Deshalb
kam es zum so genannten „Auslaufen“ der Wiener Protestanten
nach Hernals, das der evangelischen Adelsfamilie Jörger von
Tollet unterstand. In und um die Hernalser Pfarrkirche und
das Schloss Hernals fanden sich zeitweise bis zu zehntausend
Gläubige ein. Durch die gewaltsame Gegenreformation unter
Kaiser Ferdinand II. wurde die Hernalser Pfarrkirche 1625
wieder römisch-katholisch.
Im Zuge der gegenreformatorischen Propaganda wurde 1639
neben der Pfarrkirche eine „Heiliges-Grab-Kirche“ im
maurischen Stil erbaut und zwischen Hernals und Wien ein
Kreuzweg mit sieben Stationen angelegt, wobei die Wegstrecke
zwischen der neuen Kirche und dem Stephansdom jener der Via
Dolorosa in Jerusalem entsprach. Da der neue Wallfahrtsort
Verbrecher und Prostituierte anzog, wurde die Wallfahrt nach
35 Jahren wieder eingestellt. Im Zuge der zweiten Wiener
Türkenbelagerung 1683 wurden die Pfarrkirche, die
Grabeskirche und auch die Kreuzwegstationen weitgehend
zerstört. 1710 entschloss sich eine Gruppe Wiener Bürger,
den Hernalser Kreuzweg wieder aufbauen zu lassen, diesmal
allerdings in Form eines Kalvarienbergs – worin die
Namensgebung der Kalvarienbergkirche begründet liegt. Anders
als in Maria-Lanzendorf, wo zeitgleich ein künstlicher Hügel
als Kalvarienberg angelegt wurde, bestand der Hernalser
Kalvarienberg aus einer Treppenanlage mit jeweils sieben
Kapellen an beiden Seiten. An der Spitze der Anlage stand
eine Kreuzigungsgruppe. Diese Grundstruktur ist vom Prinzip
her bis heute erhalten geblieben. Im Inneren des 1717 fertig
gestellten Kalvarienbergs wurde ein Kirchenraum angelegt,
der in der ursprünglichen Planung noch nicht vorgesehen war.
Hernals wurde wieder zu einem stark frequentierten
Wallfahrtsort und rund um den Kalvarienberg entwickelte sich
der bis heute gefeierte Hernalser Kirtag mit den dafür
typischen Bamkraxlern. Von 1720 bis 1784 betreute der
Paulinerorden den Kirchenraum im Kalvarienberg, der von 1766
bis 1769 durch einen Neubau des Baumeisters Josef Ritter
ersetzt wurde, den wahrscheinlich Thaddäus Adam Karner
entworfen hatte.
1784 wurde die Kalvarienbergkirche zur neuen Hernalser
Pfarrkirche. Die Steine der Ruine der 1683 zerstörten alten
Hernalser Pfarrkirche wurden 1785 verwendet, um daraus einen
Turm für die Kalvarienbergkirche zu bauen. Von 1822 bis 1828
sowie 1831 wurde das Gebäude renoviert. Eine Gedenktafel
erinnert seit 1928 daran, dass Franz Schubert hier 1828 die
letzte Musik vor seinem Tod hörte, das Lateinische Requiem
seines Bruders Ferdinand Schubert. Von 1889 bis 1894
erfolgten ein Umbau und eine Vergrößerung durch den
Architekten Richard Jordan, die der Kirche ihre heutige
Gestalt gaben. Hierbei wurden die ursprünglich freistehenden
barocken Kreuzwegstationen in das Kirchengebäude integriert
und der neobarocke südliche Bauteil errichtet.
Die Kalvarienbergkirche wurde am 22. März 1945 durch
Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt. Der
Wiederaufbau wurde vom Architekten Hans Petermair geleitet,
der in Wien mehrere Kirchenrestaurierungen und
-umgestaltungen durchführte. Zu Ostern 1948 fand der erste
Gottesdienst nach dem Krieg statt. 1955 erhielt die
Kalvarienbergkirche ihre vier Glocken, die von den
Hernalsern als „Freiheitsglocken“ bezeichnet werden. Diese
Bezeichnung ist auf den Tag der Weihung der Glocken
zurückzuführen - derselbe Tag, an dem der Staatsvertrag
unterzeichnet wurde. Von 1960 bis 1966 wurde der
Kircheninnenraum restauriert, 1969 wiederum neugestaltet. In
den Jahren 1990 bis 2000 wurde die Kalvarienbergkirche
generalsaniert.
Die in der Kalvarienbergkirche beheimatete Pfarre Hernals
gehört heute als eine von vier Pfarren zum Stadtdekanat 17.
Quelle: Text: Wikipedia, Bilder: Gryffindor unter der Lizenz CC BY-SA 3.0.
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