Die Lokomotivfabrik Floridsdorf (als Abkürzungen sind
Flor, WLF für Wiener Lokomotivfabrik Floridsdorf, sowie auch
LOFAG für Lokomotivfabrik Floridsdorf AG gebräuchlich) wurde
am 6. September 1869 gegründet und erarbeitete sich im Lauf
ihres Bestandes dank ihrer konstruktiven Vielfalt und
Qualität einen Spitzenplatz unter den europäischen
Lokomotivfabriken.
Nach der Lokomotivfabrik der Staatseisenbahngesellschaft (StEG,
Wien) und jenen von Georg Sigl (Wien und Wiener Neustadt)
war die Floridsdorfer Lokomotivfabrik die dritte derartige
Fabrik auf dem Gebiet der Donaumonarchie.
Geschichte: Die Wiener
Lokomotiv-Fabriks-Actien-Gesellschaft erhielt am 6.
September 1869 ihre Konzession und die Statuten genehmigt,
hielt die konstituierende Versammlung am 1. August 1870 ab
und wurde schließlich am 2. Oktober 1871 beim Handelsgericht
Korneuburg ins Handelsregister eingetragen. Offizieller Sitz
der Gesellschaft war Wien mit einer „Zweigniederlassung in
Großjedlersdorf bei Floridsdorf nächst Wien“. Am
freiliegenden Gelände zwischen der Nordbahn und der
Nordwestbahn wurde 1870/71 die von Bernhard Demmer – zuvor
technischer Direktor bei der StEG – großzügig geplante
Werksanlage errichtet. Zusätzlich zu den für die Produktion
und Verwaltung notwendigen Gebäuden wurden auch sieben
Arbeiterwohnhäuser mit 117 Wohnungen erbaut.
Schon während der Bauarbeiten bemühte sich die
Geschäftsleitung um Aufträge, und so konnte schon am 10.
Juni 1871 die erste Lokomotive, die „HUMBOLDT“ an den
Kunden, die ÖNWB, übergeben werden.
1881 wurde die erste Zahnradbahnlokomotive konstruiert und
hergestellt. Auftraggeber war die Werksbahn eines
ungarischen Eisenwerks. Ausgeführt wurde diese Lok als
Schmalspurlok (790 Millimeter Spurweite). Da einziger
Lizenznehmer für das Zahnradbahnsystem Abt in der
Donaumonarchie, lieferte das Unternehmen fast alle in
Österreich-Ungarn benötigten Zahnradlokomotiven, u.a. die
Lokomotiven der Erzbergbahn und der
Bosnisch-Herzegowinischen Landesbahnen (Spurweite 760 mm).
Nachdem das Militär („Eisenbahnbureau des Generalstabs“) die
Zustimmung für die Elektrifizierung von Eisenbahnstrecken
gegeben hatte, wurden ab 1911 auch Elektrolokomotiven für
den Streckendienst gebaut.
Die Auftragslage war – der allgemeinen wirtschaftlichen Lage
entsprechend – schwankend. So wurden nach dem Wiener
Börsenkrach von 1873 nur sieben Loks verkauft.
Dementsprechend entwickelte sich auch die Zahl der
Arbeitsplätze. In schlechten Jahren waren weniger als 1.000
Arbeiter hier beschäftigt, während es in guten ungefähr
1.500 Personen waren. Während des Zweiten Weltkriegs stieg
die Zahl der Arbeiter auf bis zu 8.000.
Da nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zahlreiche Kunden
verloren gingen, musste sich die Geschäftspolitik umstellen.
Für die Österreichischen Bundesbahnen führte man die
Hauptrevision an Dampflokomotiven durch, ab 1922 fertigte
man Straßenwalzen und ab 1926 stationäre Kesselanlagen. Dazu
kam noch Industrieanlagenbau.
1924/1925 wurden im Auftrag der polnischen Staatsbahnen
ehemals russische Güterzuglokomotiven auf Normalspur
umgespurt und die Hauptrevision durchgeführt.
Von den vier Lokomotivfabriken in Österreich während der
Zwischenkriegszeit (StEG in Wien, Krauss & Co in Linz,
Lokomotivfabrik Wiener Neustadt (vormals G. Sigl)) überlebte
nur die Floridsdorfer Lokomotivfabrik.
Während des Zweiten Weltkriegs hatte das Werk unter den
schweren Bombenangriffen zu leiden, konnte aber immer weiter
produzieren. Hauptsächlich wurden Dampflokomotiven der
Baureihe 52 produziert, über 1172 Stück für die DR und 20
Stück für die CFR (dort als 150 bezeichnet), die höchste
Produktionszahl aller am 52er-Bau beteiligter
Lokomotivfabriken! Ab dem Frühjahr wurde die Produktion auf
die Baureihe 42 umgestellt und am 13. Juni 1944 wurde die 42
2301 an die DR übergeben. Am 9. März 1945 verließ mit 42
2580 die 2.115. und letzte während des Kriegs gebaute
Lokomotive das Werk.
Mitte April 1945, nach dem Ende der Kampfhandlungen in Wien,
wurden große Teile des Werks demontiert und in die
Sowjetunion abtransportiert. Neben Maschinen wurde auch
Rohmaterial abtransportiert, angeblich 800 Waggonladungen.
Trotzdem stand Ende Oktober mit einer D 42 die erste nach
dem Krieg gebaute Dampflokomotive vor der Werkshalle. Neben
dem Bau neuer Loks war - wegen der Zerstörung der
benachbarten Hauptwerkstatt Floridsdorf - die Hauptrevision
von Lokomotiven der ÖStB die Hauptarbeit im Werk.
1946 unterstellte die sowjetische Besatzungsmacht die
Floridsdorfer Lokomotivfabrik der Verwaltung durch die USIA.
Gleichzeitig sollte das Werk durch das
Verstaatlichungsgesetz vom 26. Juli 1946 ins Eigentum der
Republik Österreich übergehen. Dieses Gesetz konnte in den
sowjetisch besetzten Gebieten aber erst nach dem Abschluss
der Verhandlungen über den Österreichischen Staatsvertrag
1955 vollzogen werden.
Während der Zeit als USIA-Betrieb wurden nur wenige
Lokomotiven hergestellt, dafür aber unter anderem
Zentralheizungskessel, Seilwinden und Fahrgestelle für
Eisenbahn-Drehkräne. Erst ab 1953 wandte man sich wieder
mehr dem Lokomotivbau zu. Für Indien wurden erst 99
Ersatzkessel geliefert, danach folgten bis 1958 140
Lokomotiven.
Mit der am 13. August 1955 erfolgten Übergabe der
Floridsdorfer Lokomotivfabrik an die österreichische
Verwaltung kam gleichzeitig die Verstaatlichung von 1946 zur
Anwendung.
Hauptprodukt in der Zeit nach 1955 waren Diesellokomotiven
für das In- und Ausland, darunter für die Tschechoslowakei.
Allerdings sanken die Stückzahlen, was nach geringer
Produktivität aussieht, tatsächlich wurden aber als
Auftragsarbeit für Henschel und das
Simmering-Graz-Pauker-Werk in
Simmering Drehgestelle gefertigt. 158 Drehgestelle waren
für Triebwagen der elektrischen Schnellbahn Kairo – Heluan
(Ägypten) bestimmt.
Am 14. Februar 1958 wurde die Verschmelzung der
Floridsdorfer Lokomotivfabrik mit der Simmering-Graz-Pauker
AG beschlossen, was das Ende als eigenständiges Unternehmen
bedeutete.
Zwar gab es noch einmal einen Großauftrag von 50
Diesellokomotiven für die Bulgarischen Staatsbahnen, aber in
Summe leerten sich die Auftragsbücher. Die Erzeugung von
Kesselwagen war eine Notlösung.
Am 19. September 1969 wurde mit der 1042.540 – einer
Elektrolokomotive – das letzte von 6.043 Floridsdorfer
Triebfahrzeugen an die ÖBB übergeben.
Heute steht von der Fabrik nichts mehr. An ihrer Stelle
steht neben verschiedenen Kleinbetrieben, einem Baumarkt und
Möbelhäusern die Shopping City Nord. Die letzten Relikte sind
ein Obelisk (Mahnmal unsterbliche Opfer) das an die Opfer des Nationalsozialismus unter
den Mitarbeitern des Unternehmens erinnert, sowie das Denkmal 'Opfer des Faschismus' an der Brünner Straße 57A.
Im Jahr 1901 wurde in Floridsdorf
die Lokomotivgasse nach der Lokomotivfabrik benannt.
Kurz vor der Schleifung aller Anlagen war in den
1980er-Jahren noch im Gespräch, auf dem Gelände der
Lokomotivfabrik in den teilweise noch gut erhaltenen Hallen
ein österreichisches Verkehrsmuseum einzurichten.
Quelle: Text: Wikipedia, Bilder: Tramwayforum.at, TARS631.
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