Am 18. August 1834 lustwandelten die Großeltern unseres
Kaisers, Franz I. und Karoline Auguste, in dem schönen Park
von Laxenburg und freuten sich an dem kindlichen Spiel ihres
Enkels Franz Josef, der seinen vierten Geburtstag feierte.
Der kleine Prinz saß im Gartensalon, umgeben von seinen
Spielsachen, welche seine hohe Familie ihm zum Festtag
beschert hatte. Am Eingang stand die Schildwache, welche
zuweilen einen Blick inniger Teilnahme auf das spielende
Kind warf. Aber auch der Knabe schien sich für den Soldaten
zu interessieren, denn er betrachtete ihn öfter aufmerksam
und unterbrach deshalb sein Spiel. Plötzlich, als Kaiser
Franz in seine Nähe kam, eilte er auf ihn zu und sagte:
"Nicht wahr, Großpapa, der Mann da ist recht arm?" - "Warum
meinst du das, mein liebes Kind?" entgegnete der Monarch. -
"Nun, weil er Wache stehen muss." - "Mein Kind, das müssen
auch reiche Leute, selbst die kaiserlichen Prinzen; aber bei
dem Mann hast du es erraten, er ist arm, darum geh hin und
gib ihm diese Banknote." Das ließ sich der Prinz nicht
zweimal sagen, er lief zu dem im Präsentieren stehenden
Soldaten und hielt ihm die Banknote freudig hin. Doch der
Posten schüttelte verneinend den Kopf, denn die Orders der
Schildwache sind streng. Prinz Franz Josef blickte, wie
fragend, bald auf den Großvater, bald auf die Wache. Der
Kaiser betrachtete sich einige Augenblicke das reizende
Bild. Endlich sagte er lächelnd: "Geh hin, Franz, und steck
ihm das Geld in die Patronentasche, das ist nicht gegen den
Befehl. In die Hand darf er es nicht nehmen." Der kleine
Prinz lief hin, aber die Patronentasche hing zu hoch, er
konnte sie nicht erreichen und stand abermals ratlos da. Da
näherte sich der Kaiser, hob den Enkel empor, die Kaiserin
half den Deckel der Patronentasche öffnen und der Erzherzog
steckte jubelnd die Banknote in dieselbe. Dann begab er sich
wieder zu den Spielsachen und rief vergnügt: "Nicht wahr,
Großpapa, jetzt wird der Soldat nicht mehr arm sein?" - "Wir
wollen es schon machen", antwortete der Kaiser, erfreut über
das edle Herz seines geliebten Enkels.
Am andern Tage erkundigte sich der Kaiser über das Verhalten
des Soldaten, und da er in Erfahrung brachte, dass dieser
der einzige Sohn einer armen Witwe sei, welche er von seiner
kärglichen Löhnung unterstützte, und dass er seiner
Dienstpflicht in ausgezeichneter Weise nachkomme, so erlegte
der Monarch bei dem Hofkriegsrat aus seiner Privatkasse die
damals zum Loskauf vom Militärdienst erforderliche Summe;
dadurch ward der brave Sohn zu dessen unbeschreiblicher
Freude seiner überglücklichen Mutter wiedergegeben
Quelle: Holczabek/Winter, Sagen und Geschichten der
Stadt Wien. 3. Auflage, Wien 1894.
Einige Texte sind von der freien Wikipedia kopiert und angepasst worden. Die allermeisten Bild- und Mediendateien sind aus eigener Quelle und können auf Anfrage für eigene Webseiten verwendet werden. Sollten sich dennoch Bild- oder Mediendateien auf dieser Seite finden, welche einen Copyright unterliegen, so bitte ich um Verständigung per Email office@nikles.net, damit ich einen Copyright-Vermerk bzw. Weblink anbringen kann, bzw. auf Wunsch die Bild- oder Mediendateien löschen kann.
Günter Nikles
Josef Reichl-Str. 17a/7
7540 Güssing
Austria
Email:
office@nikles.net
Website:
www.nikles.net
(c) 2024 www.nikles.net