Im Juli 1529 betrat das türkische Heer unter Sultan
Solimans des Prächtigen Anführung wieder den ungarischen
Boden. Das Ziel des Kriegszuges war diesmal Wien. Ohne
erheblichen Widerstand zu finden, überschritten die Türken
bei Hainburg die Grenze Österreichs, mordend und brennend in
gewohnter Weise. Am 17. September 1529 ergriffen Leute aus
allen Ständen die Flucht; der Blutdurst der Türken hatte
allgemeines Entsetzen erweckt. Wien hatte sehr zu fürchten,
denn es war in einem schlechten Verteidigungszustande.
In größter Eile wurden die schwächsten Stellen der
Stadtmauern und die Ufer der Donau mit Verschanzungen
gedeckt, die hölzernen Dächer abgenommen, das Pflaster der
Straßen wurde aufgerissen, die Vorstädte, welche ganz nahe
an die Stadtmauern reichten, wurden niedergebrannt. Auch
beeilte man sich, hinreichend Lebensmittel in die Stadt zu
schaffen und die Besatzung soviel wie möglich zu verstärken.
Der tapfere Graf Niklas Salm, ein einundsiebzigjähriger
Greis voll Jugendfeuer und kriegerischer Einsicht, leitete
die Verteidigung der Stadt; treu zur Seite standen ihm der
Pfalzgraf Philipp und die Hauptleute Wilhelm v. Roggendorf;
Eck von Reischach, Hans Katzianer, Leonhard von Böls und
Niklas von Thurn. Die Besatzung belief sich mit Einschluss
der bewaffneten Bürger und Studenten auf 24.000 kampffähige
Männer. Alle waren von festem Vertrauen auf Gott und zum
Kampfe bis aufs äußerste entschlossen.
Schon am 21. September zeigte sich eine Schar Türken vor
Wien, in den zwei nächsten Tagen folgten größere Massen, am
24. die Janitscharen, welche sich sogleich in die Ruinen der
Vorstadtgebäude warfen; am 26. September erschien der Rest
des Heeres.
Die Türken lagerten sich in einem weiten Bogen rings um die
Stadt. Solimans Zelt breitete sich, einer kleinen Stadt
ähnlich, auf jener Ebene bei Simmering aus, wo noch heute
das sogenannte "Neugebäude", ganz nach der Form dieses
Zeltes erbaut, steht. Achtzehn Tage dauerte die Belagerung
Wiens. Die Besatzung war von dem herrlichsten Mute
durchdrungen, und die Bürgerschaft wetteiferte in der
Tapferkeit und Ausdauer mit den Kriegern. Neunzehn größere
und kleinere Stürme wurden mit Kraft abgeschlagen.
Die Türken hatten wohl viel Geschütz, aber unter ihren
Kanonen wenige, welche für die Zerstörung von Mauern und
Schanzen taugten. Darum suchten sie der Stadt durch
unterirdische Gänge, Minen, beizukommen, in denen Pulver
angehäuft wurde. Aber die Belagerten waren auf ihrer Hut;
überall lauschte man in den Kellerräumen. Wasserbecken und
Trommeln wurden aufgestellt, um die geringste Erschütterung
des Erdbodens daran wahrzunehmen.
Wiederholt wurden halbvollendete Minen des Feindes gefunden
und zerstört, und da, wo die Mauern Schaden gelitten hatten,
wurden die Lücken mit größter Schnelligkeit wieder durch
Bollwerke verrammelt. Soliman bebte vor Wut, dass Wien,
dessen Fall ihm so leicht geschildert worden war, so
nachhaltig widerstand. Am 14. Oktober wurde von den Türken
ein allgemeiner Sturm unternommen. Es war ein Donnerstag.
Tags darauf, Freitag, an dem heiligen Tage der Mohammedaner,
sollte die St.-Stephans-Kirche in eine Moschee umgewandelt
sein.
Aber der Heldenmut der Wiener machte diese Hoffnung des
Feindes zunichte. An der gefährlichsten Stelle beim
Kärntnertor hatten die Bewohner der Stadt, geistliche und
weltliche, Männer und Weiber, Greise und Knaben, in der
Nacht vorher einen Wall von Pflastersteinen und
Mauertrümmern aufgerichtet.
Der allgemeine Sturm begann mit dem Auffliegen zweier Minen
beim Kärntnertor und dauerte zwei Stunden. Die Stürmenden
wurden zurückgeschlagen. Als sich der Feind nachmittags zu
einem neuen Angriffe anschickte, rief Salm seine Helden
wieder zu den Waffen. Mit freudigem Mut folgten Bürger und
Soldaten. Der Angriff war heftiger denn je, aber wieder
erfolglos. Da gab der Sultan die Belagerung auf und zog noch
an demselben Tage von der Stadt weg; vorher aber ließ er
alle Gefangenen, darunter gegen tausend Weiber und Kinder,
niederhauen oder in die Flammen des angezündeten
Lagergerätes werfen.
Wien war wie durch ein Wunder gerettet, mit ihm ganz
Deutschland, für welches ein weiteres Vordringen der Türken
die furchtbarsten Folgen gehabt hätte. Groß war der Jubel
Wiens, auf den Wällen wurde das Geschütz losgebrannt, und im
Dome zu St. Stephan wurde ein Dankfest begangen.
Dem heldenmütigen Grafen Niklas v. Salm war leider beim
letzten Sturme ein Schenkel zerschmettert worden; er starb
bald darauf an den Folgen dieser Wunde.
Quelle: Die schönsten Sagen aus Wien, o. A., o. J., Seite 285, Bilder: gemeinfrei.
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Günter Nikles
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