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Die Bundeshauptstadt

Person - Josef Prokop

Josef Prokop, * 20. Mai 1839 Hennerdorf bei Reichenberg, Böhmen (Dubnice pod Ralskem, Tschechien), † 8. Oktober 1904 Wien, Architekt, Baumeister, zuletzt wohnhaft 6., Millergasse 29.

Biografie: Josef Prokop stammt aus einer Familie wohlhabender von Gutsbesitzern, die sich bis in das 14. Jahrhundert rückverfolgen lässt. Er besuchte eine Fachschule in Prag und ging 1860 nach Wien, um eine technische Ausbildung am Polytechnikum zu erhalten. Von 1863 bis 1865 studierte er dann Architektur bei Eduard van der Nüll an der Akademie der bildenden Künste, brach dieses Studium jedoch vorzeitig ab.

1869 erwarb Prokop die Konzession als Baumeister und gründete 1871 mit seinem Kollegen Georg Schlechter eine eigene Baufirma, die sich auf den Bau von Miethäusern spezialisierte. Nach dem Tod seines Partners wurde er zum Alleininhaber des Unternehmens, das vermehrt auch Aufträge für Fabriken und öffentliche Bauten wie Schulen oder im Zuge der Errichtung von Bahnanlagen übernahm. Bereits seit 1870 Mitglied der Bau- und Steinmetzmeistergenossenschaft trat er 1878 dem Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Verein bei.

Nach dem Tod seines einzigen Kindes widmete der Architekt einen Großteil seines Vermögens wohltätigen Zwecken, insbesondere auch in der Gemeinde Hadersdorf-Weidlingau, wo er ein eigenes Schulhaus mitfinanzierte. Bereits kurz nach seinem Tod wurde ihm deshalb dort eine eigene Straße gewidmet.

Weiters im Grab bestattet:
Josef Franz Prokop, † 09.02.1892, Bestattungsdatum: 26.10.1898
Richard Linzer, Beamter der Nationalbank, † Ende Mai, Selbstmord, Bestattungsdatum: 05.06.1928, 52 Jahre, zuletzt wohnhaft 14., Gasgasse 7
Adele Linzer, * 15.06.1866, † 13.09.1945, Bestattungsdatum: 19.09.1945
Emilie Prokop, † 04.08.1898, Bestattungsdatum: 26.10.1898

Neues Wiener Journal vom 11.10.1904, Seite 4 und 5: (Todesfall.) Am Samstag voriger Woche starb in einer seiner Villen zu Weidlingau der in weiteren Kreisen unserer Stadt wohlbekannte Bauunternehtner, Architekt und Baumeister Herr Josef Prokop im 65. Lebensjahre nach kurzem Krankenlager an Corna Diabeticum. In den Siebzigerjahren hatte der Verstorbene eine in Mariahilf bestandene renommirte Baukanzlei übernommen und sich seither als selbständiger Unternehmer an dem Bau mehrerer Staatsbahnlinien, der Wiener Stadtbahn und auch der Wasserreservoire in hervorragendem Maße betheiligt. Durch seinen eisernen Fleiß und seine durch nichts zu erschütternde Unverdrossenheit hatte der Verewigte, der einfachen Verhältnissen entstammte, ein großes Vermögen erworben, aber auch als reicher Mann blieb er bescheiden und anspruchslos. Nur ein Bedürfniß kannte er, und dies war: Wohlthaten zu üben. Zahlreiche arme Studenten, von denen manche heute in angesehenen Stellungen sich befinden, verdankten es seiner milden Hand, daß sie ihr Lebensziel erreichten. Mit besonderer Verehrung hing der Verstorbene an der Gumpendorfer Realschule, die im Laufe dieses Monats ihr fünfzigjähriges Jubiläum feiert. Dort hatte er selbst einst in jungen Jahren als Assistent Professor Fialkowski’s gewirkt, dessen Tochter seine zweite Gemahlin wurde. Dort hatte auch sein einziger Sohn, der ihm zu seinem größten Schmerze im hoffnungsvollen Alter von achtzehn Jahren starb, studirt. Seit vielen Jahren sandte er arme Studirende dieser Anstalt auf seine Kosten nach Steg in den dortigen Ferienhort Wiener Mittelschüler, und keine Gelegenheit ließ er vorübergehen, ohne seine Anhänglichkeit an die genannte Schule zu bethätigen. Wie diese Anstalt den Tod Prokop's tief zu beklagen allen Grund hat, so wird auch der schon genannte Ferienhort die Lücke schwer empfinden, die der Tod in die Reihe seiner Gönner gerissen. Der Ferienhort verliert in Baumeister Prokop seinen wertthätigsten Freund und Förderer. Der Gumpendorfer Realschule und des Ferienhortes hat der Verstorbene auch noch in seinem Testamente durch die Errichtung von Stiftungen gedacht. Ueberhaupt ist die Zahl der Stiftungen, die er zu wohlthätigen Zwecken gründete, eine große. Auch seinen Geburtsort Hennersdorf in Nordböhmem, wo er bereits vor einigen Jahren zum Bau eines großen Schulhauses eine bedeutende Summe spendete, bedachte er testamentarisch in großherzigster Weise. Es braucht da kaum noch erwähnt zu werden, daß der von so großem Wohlthätigkeitssinne beseelte Menschenfreund auch auf seine Beamten und Bediensteten nicht vergaß, indem er ihnen Allen neben größeren Legaten den Genus lebenslänglicher Pensionen zusicherte. Baumeister Prokop war, wie bereits angedeutet wurde, ein Deutschböhme. Wie Manchem, der im Kampfe des Lebens aufgewachsen, war auch dem·Verewigten eine etwas rauhere Außenseite eigen, der Kern seines Wesens aber war edel und ohne Grenzen gut. In seinem Inneren schlug ein warmes, namentlich für das Elend seiner Mitmenschen empfänglihes Herz, ein Herz, das kein Falsch kannte, treu war und blieb bis zum Tode. Die Leiche wurde nach Wien überführt und wird heute vom Trauerhause, VI., Millergasse 29, aus auf dem Hietzinger Friedhofe in der Gruftkapelle beigesetzt.

Wiener Zeitung vom 15.10.1904, Seite 21: (Legat.) Der am 8· d. M. verstorbene Architekt nnd Stadtbaumeister Josef Prokop, Mariahilf, Millergasse Nr. 29 wohnhaft gewesen, hat dem unter dem Protektorate Sr. Majestät des Kaisers stehenden Asylvereine für Obdachlose in Wien, 3. Bezirk, Blattgasse Nr. 4 und 6, laut testamentarischer Verfügung 10.000 Kronen gespendet.

Deutsches Volksblatt vom 20.10.1904, Seite 24: [Legat für den Ersten Wiener Volksküchenverein.] Der am 8. d. M. verstorbene Architekt und Stadtbaumeister Josef Prokop, Mariahilf, Millergasse 29 wohnhaft gewesen, hat dem Ersten Wiener Volksküchenverein für die Mariahilfer Volksküche und für die Fünfhauser Volksküche eine Spende von je 3000 K., zusammen 6000 K., hinterlassen. Dieser Betrag wird mit seiner Bestimmung der Kaiserin Elisabethstiftung des Ersten Wiener Volksküchenvereines für Notstands- und Kriegezeiten zugewendet.

Neue Freie Presse vom 1.6.1928, Seite 27: Der 52jährige pensionierte Beamte der Nationalbank und Hauseigentümer Richard Linzer war in seinem Wohnhause, 15. Bezirk, Gasgasse 7, schon seit 48 Stunden nicht gesehen worden. Man verständigte seinen Schwager, der gestern abend gegen halb 11 Uhr die Tür der Wohnung gewaltsam öffnen ließ. In dem·mit Leuchtgas erfüllten Badezimmer fand man Linzer tot auf. Er hat Selstmord begangen. Linzer lebte in durchaus geordneten Verhältnissen, da er als früherer Kontrollor der Nationalbank eine Pension bezog. Er war verheiratet, die Ehe war kinderlos geblieben. Vor kurzem hat sich der Mann mit einer Gattin aufs Land begeben, von wo er vor einigen Tagen nach Wien zurückkehrte. Er hat zwei Abschiedsbriefe hinterlassen, von denen einer an seine Gattin gerichtet war und noch nicht geöffnet wurde, und einen zweiten an seine Schwester. Darin erklärte er, daß sein Nervenleiden und Gemütsdepression ihn in den Tod trieben.

Die Grabstelle befindet sich am Hietzinger Friedhof (Gruppe: 17, Nummer: 11C).

Quelle: Text: geschichtewiki.wien.gv.at (erweitert), Bilder: www.nikles.net, Neues Wiener Journal vom 11.10.1904, Seite 4 und 5, Wiener Zeitung vom 15.10.1904, Seite 21, Deutsches Volksblatt vom 20.10.1904, Seite 24, Neue Freie Presse vom 1.6.1928, Seite 27 und gemeinfrei.



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