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Die Bundeshauptstadt

Person - Theodor Helm

Theodor Helm, Mediziner, Professor der Heilkunde an der Universität, k.k. Regierungsrath und Director des allgemeinen Krankenhauses zu Wien, * 12.05.1810 in Wien, † 20.03.1875 in Wien, Bestattungsdatum: 22.03.1875. Sohn des um die Einführung der Kuhpockenimpfung in Wien hochverdienten Arztes Jakob Anton Helm (1761–1831). Nach beendeten med. Studium 1835 Dr.med., dann Assistent an der Geburtshilflichen Klinik von Klein. Nach Aufenthalt in Paris und Franzensbad 1843 Prof. der med. Klinik und Direktor des großen städt. Krankenhauses in Pavia (Italien). 1848 Primararzt und prov. Dir. des Allg. Krankenhauses in Wien. 1855 Regierungsrat. Helm, ein vorzüglicher Organisator, setzte zahlreiche Reformpläne durch und hatte maßgeblichen Anteil an der Errichtung des Rudolf-Spitals und der Gebäude für patholog. Anatomie und Chemie. 1871–73 Dekan des Doktorenkollegiums der medizinischen Fakultät.

Die Presse vom 21.3.185, Seite 8: Professor Dr. Theodor Helm †. Wir haben im letzten Abendblatte gemeldet, daß Professor Theodor Helm vorgestern apoplektische Anfälle erlitten hat. Heute um 3 Uhr Nachmittags erlag der Kranke denselben. Dr. Helm, ein Schüler Frank's, war längere Zelt Professor in Padua, kam dann als Professor und Primararzt ins allge­meine Krankenhaus nach Wien, dessen Direction er später übernahm. Helm betheiligte sich auch nach seinem Austritte aus dem Staatsdienste an den Versammlungen des medici­nischen Doctoren-Collegiums. Der Verstorbene hat das 60. Lebensjahr erreicht und war kinderlos. Das Leichenbegängniß findet Montag den 22. März, 4 Uhr Nachmittags, in der Pfarrkirche zu St. Rochus auf der Landstraße statt.

Allgemeine Wiener medizinische Zeitung vom 23.3.1875, Seite 7: † Dr. Theodor Helm. k. k. o. ö. Professor der Medizin, k. k. Regierungsrath, pens. Director des k. k. allgem. Krankenhauses, gew. Decan des Wiener med. Doctoren-Collegiums, Mitglied mehrerer gelehrter Vereine etc. etc., ist Samstag, den 20. d. M., um 3 Uhr Nachmittags, im 60. Lebensjahre verschieden. – Kurz war das Leiden dieses edlen Mannes, eine Apoplexie entriss den noch vor Kurzem so rüstigen Gelehrten dem grossen Kreise der ihn Verehrenden und Trauer erfüllt die Herzen sämmtlicher Aerzte unserer Monarchie ob des plötzlichen Scheidens desselben. Was die Wissenschaft an ihm verloren, was die zahlreichen Institute und Gesellschaften, deren Leiter und Lenker er war, ihm verdanken, das alles werden wir demnächst in einer des Mannes würdigen Weise näher beleuchten. Friede seiner Asche!

Allgemeine Wiener medizinische Zeitung vom 30.3.1875, Seite 11: † Dr. Theodor Helm. Wir stehen am Grabe eines biederen, von seiner Mitwelt leider nicht nach Verdienst gewürdigten Mannes, der im Leben stets das Edelste angestrebt, seinen Freunden mit unvergleichlicher Hingebung aufopfernd zugethan war und der in's Grab Nichts als das Bewusstsein mitgenommen, stets ehrlich und redlich gehandelt und seine Pflicht selbst in den gefahrvollsten Situationen, in denen er sich befunden, als Bürger und Diener des Staates mit unbeugsamer Strenge und Gewissenhaftigkeit erfüllt zu haben. Dr. Theodor Helm, k. k. o. ö. Professor und Regierungsrath, geboren in Wien im Jahre 1810, Sohn eines geachteten Arztes, der den Physiologen durch seine kleine, aber bedeutende Monographie über einen Kranken mit einem nach Aussen durchbrochenen Magengeschwüre und den hiebei angestellten Verdauungs versuchen bekannt sein dürfte, hat sich schon als Student durch sein besonderes Talent vortheilhaft bemerkbar gemacht. Er wendete sich frühzeitig der philosophisch-naturhistorischen Richtung zu, die in der damaligen Zeit der Bevormundung und der Bedrängniss in Oesterreich auf nicht geringen Widerstand stiess, er war ein Schüler des scharfen Denkers und Mineralogen Mohs, der auch die naturhistorische Methode in der Botanik zur Geltung brachte. Helm's classische und universelle Bildung, sein Bewandertsein in allen Zweigen der Kunst und Literatur, sein ästhetisch fast ans Ideale streifender Sinn für das Gute und Schöne, sein musikalisches Talent, sein savoir vivre machte ihn zum Liebling der besten Gesellschaft Wiens gleich nach erlangtem Doctorate. Er wurde bald darauf Assistent an der geburtshilflichen Klinik unter Professor Klein, bemächtigte sich sofort der pathologisch-anatomischen Errungenschaften und schrieb ein sehr werthvolles Werkchen über Puerperalkrankheiten, welches er gelegentlich einer Reise durch die Schweiz und Frankreich in französischer Sprache veröffentlichte. Im Jahre 1843 wurde er Professor der medizinischen Klinik und Spitalsdirector in Pavia. Er hatte daselbst einen gefährlichen Kampf mit den dortigen Fachgelehrten zu bestehen, welche von der neuen Wiener medizinischen, auf pathologisch-anatomischen Principien sich stützenden Schule damals noch nichts wissen wollten. Beim Ausbruche der italienischen Revolution im Jahre 1848 ward er, der österreichischen Propaganda verdächtigt, als Gefangener nach Mailand gebracht und von da als solcher auf die Villa Frank nach Como. Im Herbst 1848 wurde seine Rückkehr nach Wien durchgesetzt, wo er Primararzt und provisorischer Director des allgemeinen Krankenhauses wurde. Seine fortschrittsfreundliche Gesinnung, sowie die Reformbestrebungen, mit denen er sein Provisorium inaugurirte, haben nicht allenthalben Wohlgefallen erregt und in der eisigen Reactionsepoche wurde Dr. Haindl aus Lemberg, eine in ärztlichen Kreisen ganz und gar unbekannt gewesene Grösse, mit einem Male von Lemberg nach Wien berufen und mit der Spitalsdirection betraut. – Helm wurde Director des Wiedner Krankenhauses mit der Begünstigung, im Status der Primarärzte des allgemeinen Krankenhauses zu verbleiben. Haindl starb in Cholerajahre 1855 an der Cholera, und das Directorat des Krankenhauses wurde durch Medizinalrath Prinz provisorisch versehen. 1856 wurde er abermals zum definitiven Director des k. k. allgemeinen Krankenhauses ernannt. Helm hat an der Umwandlung dieser Humanitätsanstalt zu einer Musteranstalt einen bedeutenden Antheil, er hat nach seinem besten Wissen und Gewissen der Humanität und dem Fortschritte in derselben gedient, und die grössten Coriphäen der österreichischen Medizin, sowohl unter den Professoren wie Primarärzten, haben Helm's Organisations- und Administrationstalente und seiner hervorragenden Bildung das grösste Lob gezollt. Helm war kein Pedant, in den Jahren seiner Blüthe hat er sich die Entwicklung einer riesigen Humanitätsanstalt in ihren grossen Umrissen zur Aufgabe gemacht und sie auch glücklich gelöst. Durch volle zehn Jahre wirkte er mit seltener Aufopferung und Hingebung in dem Spitale, das ihm die grossartigste Entfaltung verdankt, und im Jahre 1869, ohne dass ihm hiefür auch nur von irgend einer Seite in Wort und Schrift ein Zeichen des Dankes zu Theil wurde, ward er unter der Aegide Sr. Excellenz des damaligen Ministers Giskra einfach pensionirt. Die Leute, die in anderen Aemtern auf seinen jähen Sturz hingearbeitet, um die Trennung der Administration von der ärztlichen Leitung aus vielen Gründen durchzusetzen, sind auch schon pensionirt, und der Minister selbst ist auch schon pensionirt. Diesen jähen Wechsel in seinem Geschicke hat sich Helm sehr zu Herzen genommen, und nur die rastlosen Bestrebungen einiger Freunde, ihm die höchste Auszeichnung zu verleihen, die die Aerzte Wiens zu vergeben haben, seine Wahl zum Decan des damals noch bestandenen Doctoren Collegiums der Wiener medizinischen Facultät in den Jahren 1871, 1872 und 1873, haben ihn mit seinem Schicksale zum Theile ausgesöhnt. Bis zu seinem am 20. März dieses Jahres erfolgten Tode nahm er lebhaften Antheil an den Vorgängen im Professoren-Collegium und ist bei dem letzten Professorenvorschlag mit dem Feuer eines Jünglings für seine Freunde ins Treffen gegangen, die ihn dafür nicht einmal bis zur Begräbnissstätte begleiteten, um ihm das „Requiescat in pace“ ins Grab zu rufen. Die Betheiligung an der Begräbnissfeier im Trauerhause und in der Kirche war eine ausserordentliche, alle Celebritäten des medizinischen Wiens haben sich eingefunden, um dem biederen und gelehrten Manne das letzte Geleite zu geben. Wir speciell verlieren an Helm einen unersetzbaren aufrichtigen Freund; uneigennützig, wie er war, theilte er unsere Freuden und war auch in Leiden Derjenige, der uns stets männlich zur Seite gestanden. Friede seiner Asche! Dr. B. Kraus.

Weiters im Grab bestattet:
Irene Helm, Bestattungsdatum: 13.12.1911
Belagie Helm, geb. von Zablocka, † 27.04.1878, Bestattungsdatum: 29.04.1878

Die Grabstelle befindet sich am Zentralfriedhof (Gruppe: 2, Reihe: 3, Nummer: 1).

Quelle: Text: Österreichisches Biographisches Lexikon (erweitert), Bilder: www.nikles.net, Die Presse vom 21.3.185, Seite 8, Allgemeine Wiener medizinische Zeitung vom 23.3.1875, Seite 7, Allgemeine Wiener medizinische Zeitung vom 30.3.1875, Seite 11.



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