Der Wiener Zentralfriedhof wurde 1874 eröffnet und ist mit einer Fläche von fast 2,5 km² die zweitgrößte Friedhofsanlage Europas, an der Zahl der rund 3 Millionen Bestatteten gemessen, mit Abstand die größte. Er zählt aufgrund seiner vielen Ehrengräber, der Jugendstil-Bauwerke und des weitläufigen Areals zu den besonderen Sehenswürdigkeiten der Stadt Wien.
Geschichte: Die 1784 von Kaiser Joseph II. verfügten
„Josephinischen Reformen“ hatten nachhaltige Auswirkungen
auf das Wiener Bestattungswesen. Friedhöfe innerhalb des
Linienwalls (was dem heutigen Gürtel entspricht) mussten
aufgelassen werden, stattdessen wurden fünf „Communale
Friedhöfe“ außerhalb der Linien errichtet, der
Sankt Marxer
Friedhof, der
Hundsturmer Friedhof, der
Matzleinsdorfer
Friedhof, der Währinger Friedhof und der
Schmelzer Friedhof.
Darüber hinaus sollten die Bestattungen selbst möglichst
sparsam und funktionell gestaltet werden, Schachtgräber und
mehrfach verwendbare Klappsärge sind nur zwei Beispiele für
diese kaiserlich verordneten Sparmaßnahmen. Einige dieser
Reformen mussten aufgrund zu großen Widerstands in der
Bevölkerung wieder zurückgenommen werden, das Prinzip der
aus der Stadt verbannten, communalen Friedhöfe blieb jedoch.
Mitte des 19. Jahrhunderts, als die Einwohnerzahl Wiens –
und somit auch die Zahl der Toten – stetig wuchs, war
bereits abzusehen, dass die communalen Friedhöfe in den
Vororten an die Grenzen ihrer Auslastungskapazitäten stoßen
würden. Außerdem gab es im Sinne einer expandierenden
Stadtentwicklung das Bestreben, diese Friedhöfe möglichst
bald aufzulassen. 1863 beschloss der Wiener Gemeinderat die
Errichtung eines Zentralfriedhofs, weit außerhalb der Stadt,
der so großflächig sein sollte, dass seine
Aufnahmekapazitäten nie oder zumindest erst in ferner
Zukunft ihre Grenzen erreichen sollten. Gleichzeitig wurde
die bisherige alleinige Zuständigkeit der Kirche für
Begräbnisstätten aufgehoben, damit war der Weg geebnet für
einen von der Gemeinde verwalteten (und auch finanzierten)
Friedhof.
Bei der Planung der Größe des Friedhofsgeländes wurde
angesichts des starken städtischen Wachstums und der
damaligen Ausdehnung des Kaisertums Österreich davon
ausgegangen, dass sich die Haupt- und Residenzstadt Wien bis
Ende des 20. Jahrhunderts zu einer Metropole mit rund 4
Millionen Einwohnern entwickeln würde. Auf der Suche nach
einem geeigneten Areal kamen Grundstücke in
Kaiserebersdorf,
Rannersdorf, Himberg, Pellendorf und Gutenhof in die engere
Auswahl. Aufgrund einer vom Wiener Gemeinderat bei der k.k.
geologischen Reichsanstalt in Auftrag gegebenen Studie wurde
diese Auswahl auf die Grundstücke in
Kaiserebersdorf und
Rannersdorf eingeengt, da diese beiden Gebiete über eine für
einen Friedhof ideale Bodenbeschaffenheit und ebene Lage
verfügen. Der Geologe Dionýs Stur verwies in dieser Studie
auf die günstigen Eigenschaften des dort vorhandenen
Lössbodens, da ein solcher auf den Verwesungsprozess von
Leichen im Vergleich zu anderen Bodenarten beschleunigend
wirkt und zudem die Gefahr der Ausbreitung und Verschleppung
epidemischer Krankheiten aus dem Friedhof geringer sei.
Weiters wurde auf den Umstand hingewiesen, dass Lössboden
bequem zu bearbeiten ist und somit der Aushub von Gräbern
schneller durchführbar sei und überdies eine geringere
Einsturzgefahr der Grabwände bestünde.
Die Entscheidung fiel letztlich zugunsten Kaiserebersdorfs.
1869 wurde vom Gemeinderat der Erwerb eines Grundstücks in
Kaiserebersdorf
und zweier kleiner Gründe in
Simmering genehmigt. 1870 wurde eine Ausschreibung über
die Gestaltung des Friedhofs durchgeführt, bei der die
Entwürfe des Frankfurter Architektenteams Karl Jonas Mylius
und Alfred Friedrich Bluntschli die Jury überzeugten, und
nach nur drei Jahren Bauzeit (1871 bis 1874) war Wiens neue
Totenstadt errichtet. Allerdings musste bereits 1872 der
Sankt Marxer
Friedhof für weitere Beerdigungen gesperrt
werden, und auch auf den anderen communalen Friedhöfen wurde
der Platz knapp, weshalb schon rund ein Jahr vor der
Eröffnung ein Teil des Geländes als provisorischer Friedhof
ausgestaltet wurde.
Der ungeliebte neue Friedhof: Seit und teils auch
schon vor seiner Eröffnung wurde der Zentralfriedhof häufig
kritisiert und war bei der Bevölkerung nicht sehr beliebt –
und dementsprechend schlecht besucht. So wurde die
Trostlosigkeit des Areals bekrittelt, da im Vergleich zu
heute nur eine karge Vegetation vorherrschte, außerdem
verzögerte sich die Errichtung der dazugehörigen Bauwerke.
Friedhofsbesucher mussten eine lange und mitunter
beschwerliche Anreise auf sich nehmen, da es zu dieser Zeit
noch keine direkte Bahnverbindung zum Friedhofsgelände gab.
Im Oktober 1874 fasste eine Wiener Zeitung diese Stimmung in
der Frage zusammen: „Eine Stunde Fahrzeit, zwischen
Schlachthäusern und Heide und Bauern, und wofür?“
Um diesem negativen Image entgegenzuwirken und die
Attraktivität des Friedhofs zu steigern, beschloss der
Gemeinderat 1881 die Errichtung einer Ehrengräberanlage.
Dazu wurden die sterblichen Überreste verschiedener
prominenter Persönlichkeiten von anderen Friedhöfen auf den
Zentralfriedhof verlegt, unter anderem Ludwig van Beethoven
und Franz Schubert vom Währinger Ortsfriedhof. 1910 bekam
der Friedhof nach einem von Max Hegele gewonnenen
Gestaltungswettbewerb eine Friedhofskirche, die
Karl-Borromäus-Kirche, und damit einen weiteren
Anziehungspunkt für die Besucher. (Die Kirche wurde lang als
Karl-Lueger-Gedächtniskirche bezeichnet, weil der
Bürgermeister 1897–1910, Karl Lueger, hier beigesetzt ist.)
Der lange Weg zur letzten Ruhe: Ein anderes
Problem, mit dem die Stadtväter zu kämpfen hatten, waren die
Leichentransporte. Bei hunderten Toten pro Woche, die zur
damaligen Zeit mit Pferdewagen in die neu entstandene
Nekropole gebracht werden mussten, prägten diese kaum enden
wollenden Leichenzüge schon bald das alltägliche Bild der
Simmeringer Hauptstraße, sehr zum Missfallen der anwohnenden
Bevölkerung, der diese ständige Konfrontation mit dem Tod
zusehends auf das Gemüt schlug. Schon ab dem ersten Winter
kam es immer wieder dazu, dass Kondukte im Schnee
stecken blieben.
Vorschläge, Konzepte und Pläne für alternative
Leichentransporte gab es viele, die jedoch allesamt nicht
zur Durchführung gelangten. Ein Konzept sah den Bau einer
eigenen Bahnlinie zu diesem Zwecke vor, ausgehend von einer
zentralen Sammelstelle in einer ehemaligen Markthalle.
Geradezu futuristisch war der Plan von Architekt Josef
Hudetz und Ingenieur Franz von Felbinger, ähnlich dem
Prinzip der Rohrpost die Leichenbeförderung pneumatisch in
einem langen, beim Zentralfriedhof endenden Tunnel
durchzuführen.
So wurde der Transport der Toten weiterhin mit
Pferdefuhrwerken erledigt, erst 1918 wurde die seit der
Jahrhundertwende elektrifizierte Straßenbahn dazu benutzt,
1925 wurde erstmals ein motorisierter Leichenwagen
eingesetzt.
Lage und Infrastruktur: Der Zentralfriedhof liegt
– im Widerspruch zu seinem Namen – am südöstlichen Stadtrand
im Bezirk
Simmering, welcher zum Zeitpunkt des Baus noch gar
nicht zum Stadtgebiet gehörte. Er erfüllt jedoch nach wie
vor als größte Wiener Begräbnisstätte eine zentrale
Funktion, nicht zuletzt, da die Kosten für Bestattungen auf
dem Zentralfriedhof erheblich geringer sind als auf den
anderen Wiener Friedhöfen.
Die
Simmeringer Hauptstraße, die wichtigste Verkehrsader Simmerings, führt direkt zum Zentralfriedhof und trägt somit
maßgeblich zu dessen Erreichbarkeit bei. Je mehr man sich
dem Friedhof nähert, umso dichter werden die
Steinmetzbetriebe, Blumengeschäfte und andere Betriebe, die
mit dem laufenden Friedhofsbetrieb in Verbindung stehen.
Obwohl der Friedhof zwischen einer stark befahrenen Straße
und einer Schnellbahn-Trasse gelegen ist, bleibt alleine
durch die Weitläufigkeit des Areals der überwiegende Teil
der Anlage von Verkehrslärm verschont. Einzig eine direkt
über den Zentralfriedhof führende Flugschneise des
südöstlich von Wien gelegenen Vienna International Airports
führt zu einer Beeinträchtigung der sprichwörtlichen Friedhofsruhe.
Siehe auch Denkmäler am Zentralfriedhof:
Anatomie Gedenkstätte
Denkmal für 1022 jugoslawische Kämpfer
Denkmal für die Opfer des tschechischen Widerstandes 1938-1945
Denkmal für polnische Soldaten
Kriegerdenkmal Zentralfriedhof
Lawinenkatastrophe am Hochkönig am 19. Feber 1916
Mahnmal für die Opfer für ein freies Österreich 1934-1945
Opfer der Märzrevolution 1848
Ruhestätte der Klosterfrauen von Notre Dame de Sion
Sachsendenkmal 1866
Soldatenfriedhof 1939-1945, Gruppe 97
Quelle: Text: Wikipedia, Bilder: www.nikles.net.
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Günter Nikles
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