Linienwall
Der Linienwall war eine leichte Befestigungsanlage zwischen den Vorstädten und
Vororten Wiens. Einer der letzten übriggebliebenen Reste des
Linienwalls befindet sich an der Wiener Schnellbahn beim Landstraßer Gürtel.
Errichtung des Linienwalls: Zum Schutz gegen die Angriffe der Türken
und Kuruzen wurde unter Leopold I. 1704 mit dem Bau des Linienwalls begonnen. Der Linienwall war Teil der
sogenannten Kuruzzenschanze. Diese sollte die Grenze gegen
Ungarn mit einer zusammenhängenden Defensionslinie
entlang der Leitha, der March zur
Donau und weiter bis zum Neusiedler See schützen.
Beim Linienwall handelte sich um einen mit Palisaden verstärkten Erdwall und einem
vorgelagertem Graben, der zwischen dem Donauarm bei St. Marx
(heute
3. Bezirk) und dem
Lichtental (heute 9. Bezirk) verlief, - aus strategischen
Gründen im Zickzack. Er trennte dabei die 1850
eingemeindeten Vorstädte (heute 3. bis 9. Bezirk) von den
großteils erst 1892 eingemeindeten Vororten (heute 10. bis
19. Bezirk).
Zu den Arbeiten am Linienwall wurden alle Bewohner Wiens und
der Vorstädte zwischen 18 und 60 Jahren eingeteilt oder
mussten einen Vertreter stellen. Der enorme Einsatz an
Menschen machte die Fertigstellung des vier Meter hohen und
vier Meter breiten Walls innerhalb von nur vier Monaten
möglich. Davor wurde ein drei Meter tiefer Graben angelegt.
Insgesamt hatte der Linienwall eine Länge von ca. 13,5 km.
An den wichtigsten Ausfallstraßen wurden Tore mit Zugbrücken
und
Linienämter (Zollhaus) angelegt; diese Örtlichkeiten
wurden bald einfach Linie genannt (z.B. Belvedere-Linie in
Verlängerung der damaligen Heugasse, der heutigen
Prinz-Eugen-Straße neben dem
Schloss Belvedere). 1738 wurde
der Erdwall zusätzlich mit Ziegeln ausgemauert.
Linienkapellen: Zwischen 1740 und 1760 errichtete man 18 Kapellen an den
Toren, die alle dem heiligen Nepomuk geweiht waren. Dies
führte auch dazu, dass es in Wien heute zahlreiche Statuen
des Heiligen gibt. Der Volksmund nannte die Kapellen
schlicht „Hansl am Weg“. Zweck der Kapellen war, allen von
und nach Wien Reisenden sowie den Mautbeamten an der
Steuergrenze (1850–1891 Stadtgrenze) die Gelegenheit zu
bieten, ihre Andacht zu verrichten und die Messe zu hören.
Als einzige Linienkapelle ist die
Hundsturmer Kapelle (auch Schönbrunner Kapelle) in
Margareten an ihrem ursprünglichen
Standort (heute: Schönbrunner Straße 124) und im
Originalzustand erhalten geblieben.
Nahe der
Volksoper wurde im Zuge des Baus der dort 1898
eröffneten Wiener Stadtbahn von Otto Wagner eine heute noch
bestehende
Johannes-Nepomuk-Kapelle als Ersatz der wegen des
Stadtbahnbaus einige Meter entfernt abgebrochenen Kapelle
errichtet. Diese Kapelle befindet sich zwischen dem
ehemaligen Stadtbahn- und heutigen U6-Viadukt und der
inneren Fahrbahn des Währinger Gürtels im
9. Bezirk.
Eine ernsthafte Bewährungsprobe musste der Linienwall jedoch nie bestehen.
Die am 13. März und 11. Juni 1704 vor St. Marx erschienenen
Kuruzzen zogen weiter, als der Wall von der Wiener
Bürgerwehr in kürzester Zeit besetzt war. Nur 1848 diente er
den aufständischen Wienern kurzfristig als Schutz vor den
kaiserlichen Truppen. Der Wall diente ab 1829 vor allem als
Steuergrenze. An den „Linien“ wurde bei den Mautstellen, den
so genannten
Linienämtern, für die Einfuhr von Lebensmitteln
in Richtung Wien die so genannte Verzehrungssteuer (Akzise)
eingehoben, eine Art zusätzlicher Umsatzsteuer. Damit waren
die erst viel später, 1850, eingemeindeten Vorstädte
innerhalb des Linienwalls mit der Stadt Wien steuerlich
gleichgestellt, d.h. höher besteuert, – die so genannten
Vororte außerhalb des Walls blieben umsatzsteuerlich
begünstigt. Infolgedessen blühte etwa in
Neulerchenfeld
(heute
16. Bezirk) das
Gastronomiewesen enorm auf („des Heiligen Römischen Reichs
größtes Wirtshaus“), da hier Speisen und Getränke deutlich
billiger verkauft werden konnten als innerhalb des Linienwalls.
Schleifung des Linienwalls: 1846 wurden
Südbahnhof und Ostbahnhof bei
der
Belvedere-Linie außerhalb des Linienwalls eröffnet, 1858
der
Westbahnhof bei der Mariahilfer Linie. 1856 wurde das
k.k.
Arsenal ebenfalls außerhalb des Walls eröffnet. Der
Linienwall war militärisch längst obsolet geworden.
Ab 1862 wurde direkt an der Außenseite des Walls eine Straße
geplant und gebaut, die 1873 eröffnete
Gürtelstraße. 1874 wurden
die 1850 mit eingemeindeten Teile des 4. Bezirks,
Wieden, und des 5. Bezirks,
Margareten, außerhalb des Walls
als neuer 10. Bezirk,
Favoriten,
konstituiert. 1890 fiel die Entscheidung, auch die Vororte
einzugemeinden. Nach ihrer Eingemeindung per 1. Jänner 1892
war auch die bisherige Steuergrenze obsolet und das letzte
Hindernis zur Demolierung der Befestigungsanlage
weggefallen. Der Linienwall wurde ab März 1894 abgetragen,
der
Gürtel stark
ausgebaut und 1895 mit dem Bau der Gürtellinie der Stadtbahn
begonnen. Ihre Viadukte bzw. Einschnitte wurden genau in die
Mitte des nun sehr breiten
Gürtels platziert.
Quelle: Text:
Wikipedia, Bilder: Extrawurst unter der Lizenz CC BY-SA 3.0, Maclemo unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 at und gemeinfrei.