Person - Wilhelm Bächer
Wilhelm Bächer, * 1. Juli 1843 in Wien, † 13. August 1890 in
Dornbach bei Wien war Kaufmann und Fabrikant von Beruf.
Seine Titeln waren Kaiserlicher Rath und Ritter des k.k. Franz Josephs Ordens.
Bächer gehörte dem Gemeinderat der Stadt Wien als Liberaler in den Jahre 1876-1890 an, wurde immer vom Bürgerverein als Kandidat nominiert,
schloss sich jedoch 1883 dem Fortschrittsklub an.
Er erwarb sich besondere Verdienste um die Waisenfürsorge, insbesonders Stiftplätze im Waisenhaus und für das Knaben-Asyl in Weinzierl.
Bächer war unter anderem auch der Mentor des späteren Bürgermeisters Karl Seitz, dem er die Ausbildung zum Lehrer ermöglichte,
weiters setzte er sich auch für andere soziale Belange (Armenpflege, Asyle und ähnliches) ein.
Die Grabstelle befindet sich am
Zentralfriedhof (Gruppe: 31 B, Reihe: 1, Nummer: 5).
Die Inschrift lautet:
Wilhelm Bächer
kaiserlicher Rath,
Ritter d. k.k. Franz Jos. Ordens,
Gemeinderath der Stadt
Wien.
Geboren am 1. Juli 1843
Gest. 13. August 1890.
Sein Herz gehörte
den Armen u. Waisen.
Neue Freie Presse vom 14.8.1890, Seite 17: Wilhelm Bächer.
Der gestern in
Dornbach verstorbene Gemeinderath Wilhelm Bächer hat, wie im Rathhause
verlautet, zwei humanitäre Stiftungen testamentarisch errichtet.
Eine Stiftung mit einem Kapital von 80,000 fl. ist für das
Knaben-Asyl in Weinzierl, die zweite mit einem Kapital von
30,000 fl. für Waisenhaus-Stiftplätze bestimmt.
Das Leichenbegängniß Bächer's findet morgen Vormittags 10 Uhr statt.
Der Leichnam wird in einer hinter den Arcaden des Central-Friedhofes
befindlichen Grabstelle beerdigt werden.
Die Presse vom 16.8.1890, Seite 4:
Leichenbegängnis Wilhelm Bächer's.
Wien, 15. August.
Mit all den äußeren Ehren, die dem verdienstvollen Mitgliede des Gemeinderaths gebührten, wurde heute Wilhelm
Bächer's Leiche zu Grabe geleitet. Bürgermeister
Dr. Prix hatte selbst alle Anordnungen getroffen,
um das Leichenbegängniß des treuen Freundes und edlen Gemeinderaths mit äußerem Glanze zu umgeben und der Leiche einen Platz
an einer den bevorzugten Persönlichkeiten gewidmeten Stelle im Centralfriedhofe einzuräumen. Er ließ die Rathsdiener in
Galakleidung, eine Abtheilung der Feuerwehr, Deputationen von allen städtischen Knaben- und Mädchen-Waisenhäusern
mit den Waisenhausvätern sich auf den Friedhof begeben, er ließ auch den Gemeinderäthen Partezettel zusenden, damit sie
die Stunde des Leichenbegängnisses wissen — aber sie hinausführen, das konnte er nicht. Und so war nur eine sehr kleine Zahl tactvoller
Gemeinderäthe — sechs im Ganzen, und zwar die Herren Adam, Ritter v. Goldschmidt, Janota, Joschka, Scherer und Simon — erschienen.
Wo war der Fortschrittsclub, dessen bester Obmann er gewesen; wo all Diejenigen, denen er unzählige Dienste geleistet, die ihm „als Freunde" die Hand gedrückt?
Nicht einmal Kranzspenden hatten sie gesendet. Vom Magistrate waren Director Bittmann, Vice-Director Krenn, Magtstratsrath Dr. Keitler,
die Secretäre Trabauer und Kienast, Concipist Schmidbauer und Präsidial-Directions-Adjunct Mayer,
vom Bauamt Ingenieur Lichtblau, der Feuerwehr-Commandant Zier mit dem Inspector Sugg erschienen. Vollzählig war die
Schaar der Arbeiter der Fabrik, deren Chef Bächer einst gewesen; ferner waren vom Knaben-Beschäftigungsverein „Zukunft"
Herr Zifferer und von einem anderen humanitären Vereine Herr Stiaßny anwesend, dann die Verwandten und einige
persönliche Freunde. Es war keine große Trauerversainmlung, aber die Trauer derselben war echt und tief, der Schmerz ein
aufrichtiger, die Thränen ungeheuchelt. Mit Kränzen schwer bedeckt war der Sarg, der Gemeinderath der Reichshauptstadt,
die Curatorien des Kaiser-Franz-Josef-Jugendasyls und des Ringtheaterfonds, dann einzelne Magistratsbeamte, der Verein
„Zukunft" und die Verwandten hatten sie gesendet. Von der Aufbahrungshalle trugen Diener der „Concordia" den Sarg
zum Grabe nächst den Arcaden. Voran gingen die Waisenknaben und Waisenmädchen: Rathsdiener und Feuerwehren
schritten zur Seite des Sarges und hinter demselben die Verwandten, dann der Bürgermeister
Dr. Prix,
die sechs Gemeinderäthe, die Magistratsbeamten und die Freunde.
Als der Sarg ans offene Grab gestellt wurde, trat Bürgermeister
Dr. Prix heran, um einen Nachruf zu sprechen.
Aber Thränen erstickten die Stimme, laut schluchzend beugte er sich über den Sarg und so wie er waren alle Anwesenden tief ergriffen.
Eine lange schmerzliche Pause trat ein, in der man nur das laute Schluchzen hörte, dann nahm sich der Bürgermeister zusammen
und sprach tief bewegt folgende Worte:
„Es ist schwerste Augenblick meines Lebens, daß ich von Dir Abschied nehmen muß, theurer Freund! Du hast Dein Leben
geendet, das nur edlen Zielen zugewendet war, und an Deinem
Sarge trauern die Waisen, die Kranken, die Armen, denen Du
Deine ganze Sorge unablässig zugewendet hast. An Deinem Sarge
trauert die ganze Stadt, in deren Vertretung Du eine Zierde gewesen bist, in deren Vertretung Du bescheiden und nicht geizend
nach dem Beifall der Menge strebtest, das Los der Menschen zu verbessern. Du hast in dieser Richtung Institute theils geschaffen, theils angeregt.
Möge Gott es geben, daß in Deinem Geiste weiter gearbeitet werde. Wie Schade, daß ein so reich begabtes Leben
mitten in der Arbeit im Anstreben edler Ziele beendet wird. Doch mit Gott können wir nicht rechten und was Gott thut, das ist wohlgethan.
Wir aber werden nun nicht mehr an unserer Seite den Freund haben, den edlen Menschen, auf dessen Wort wir so gerne gehört.
Wir, die wir ihm nahegestanden sind, wir wissen am besten, was wir in Wilhelm Bächer verloren haben. Sein Andenken werden
wir ungetrübt erhalten, so lange Leben in unseren Adern sich befindet. Und nun wollen wir an seinem Grabe das, was er geleistet,
anerkennen und ihm danken, daß es uns vergönnt sein wird, weiter zu wirken in seinem Geiste.
Edler Mensch, lieber Freund, ruhe sanft in Frieden. Auf Wiedersehen!"
Der Sarg wurde in das Grab gesenkt, Scholle um Scholle fiel hinab, und bald hatte die Mutter Erde, die allumfassende,
alle zerstörende und wiederbelebende, einen ihrer besten Söhne in ihren Schoß aufgenommen. Die Trauergäste
nahmen Abschied von Wilhelm Bächer's Grabhügel.
Quelle: Text: www.nikles.net, Bilder: www.nikles.net, Neue Freie Presse vom 14.8.1890, Seite 17, Die Presse vom 16.8.1890, Seite 4.