Person - Wilhelm Karczag
Wilhelm Karczag (* 28. August 1857 in Karcag,
Ungarn, Kaisertum Österreich; † 11. Oktober 1923 in Baden bei Wien) war ein ungarischer Theaterdirektor und Schriftsteller.
Leben: Wilhelm Karczag kam 1894 nach Wien und pachtete 1901 das renovierte
Theater an der Wien,
das damals noch eine Gastspielbühne war. Er setzte bald Operetten auf den Spielplan und hatte mit Franz Lehárs
Wiener Frauen und
Die Lustige Witwe großen Erfolg.
Unter seiner Leitung kamen Werke von Kálmán und Eysler zur Aufführung.
Unter den Schauspieler-Sängern ragten Girardi, Fischer und Ernst Tautenhayn hervor.
Karczag pachtete mit Wallner auch das Raimundtheater und ersteigerte 1917 das Stadttheater.
Damit waren alle großen Wiener Operettenbühnen in einer Hand.
Für Wilhelm Karczag gibt es ein Gedenkrelief in Wien 8. Laudongasse 36 (Adolf Schärf-Heim „Vindobona“ an der Stelle des Stadttheaters).
Er ruht in einem ehrenhalber gewidmeten Grab auf dem
Hietzinger Friedhof (Gruppe 38, Reihe 1, Nummer 1) in Wien,
an der Seite seiner Gattin
Julie Kopacsy-Karczag. 1955 wurde die Karczaggasse in
Wien-Donaustadt
und 1981 der Wilhelm-Karczag-Weg in
Wien-Hietzing nach ihm benannt.
Weiters im Grab bestattet:
Georg Karczag, Ing, Fähnrich im Husaren-Rgt. Kaiser Nr. 1, * 07.04.1891, † 29.03.1915, Bestattungsdatum: 09.10.1926
Julianna (Julie) Kopacsy-Karczag, * 12.02.1867, † 26.01.1957, Bestattungsdatum: 01.02.1957
Lilly (Lilian) Karczag-Figueroa, * 07.07.1901, † 23.10.1981 in Wien, Bestattungsdatum: 03.11.1981
Martin Figueroa, Botschafter von Chile, * 16.03.1889, † 31.12.1971 in Menton, Bestattungsdatum: 19.01.1972
Sari Bartha, * 1863, † 29.03.1932
Neue Freie Presse vom 14.10.1923, Seite 11:
(Das Begräbnis Wilhelm Karczags.) Unter
massenhafter Beteiligung der Wiener Gesellschaft, Vertreter der
Kunst, Literatur und Finanzkreise, des gesamten Bühnenpersonals
des
Theaters an der Wien wurde Direktor Wilhelm
Karczag heute nachmittag auf dem Hietzinger Friedhof beigesetzt.
Der goldornamentierte Silbersarg mit der Leiche war in
dem Aufbahrungsraum auf einer Estrade aufgestellt. Ganz oben
schmückte ihn der aus weißen Rosen gewundene Kranz des
Enkels, an den sich gegen die Mitte zu der Kranz der Witwe
schloß. Die Blumenspenden und letzten Grüße der Direktion und
des Solopersonals des Theaters deckten teils den Sarg, teils
hatten sie vor der Kapelle niedergelegt werden müssen, denn ihre
Zahl mag wohl fünfzig betragen haben. Um 3 Uhr nahm Pfarrer
Golda mit zahlreicher Assistenz die Einsegnung vor, worauf
das Orchester des
Theaters an der Wien die ergreifende Trauermusik
aus der „Götterdämmerung" anstimmte. Die Leiche wurde
sodann zur Gruft getragen, wo auch Karczags im Kriege
gefallener Sohn Georg begraben liegt. Ein einfaches Kreuz, wie es
in Luck das Heldengrab des Sohnes geschmückt hatte, erhebt sich
noch heute zu Häupten der Gruft. Nachdem die Leiche noch einmal
eingesegnet worden war, nahmen die Vertreter einzelner Korporationen
vom Toten Abschied: Der Vorstand des Lokalverbandes
des Oesterreichischen Bühnenvereincs am
Theater an der Wien
Thomas Branyi, Direktor Bernau namens des Verbandes
der Theaterdirektoren, Präsident Stärk für den Oesterreichischen
Bühnenverein und der Vorstand der Wiener Musikervereinigung
Neusser. Der Chor des Theaters stimmte nun mit Bläser-
begleitung das „Ruhe, müder Wanderer" an, dann fielen die
ersten Schollen auf den Sarg, der sich langsam in die
Tiefe senkte.
Illustrirtes Wiener Extrablatt vom 16.10.1923, Seite 6:
Stiftung für volleidende Bühnenangehörige.
Direktor Wilhelm Karczag hat nach dem
Tode seines einzigen Sohnes Georg, der den
Kriegsstrapazen erlegen ist, dem Bühnenverein
einen Betrag zur Errichtung einer Stiftung
für notleidende Bühnenangehörige übergeben.
Diese Summe ist durch die nachfolgende Geldentwertung
auf ein Minimum zusammengeschrumpft.
Wie in Künstlerkreisen verlautet,
besteht die Absicht, das verminderte Stiftungskapital
um einen solchen Betrag zu erhöhen,
daß die Interessen ausreichen um alljährlich
am Todestage Wilhelm Karczags — 11. Oktober -
mehreren notleidenden Bühnenangehörigen,
mit besonderer Berücksichtigung von ehemaligen
Mitgliedern des
Theaters an der Wien,
materiellen Beistand zu leisten. Näheres über die
Stiftung wird man nach der
Eröffnung des Testaments von Karczag
erfahren, die heute mittags im Bezirksgerichte
Hietzing hätte stattfinden sollen. Wie wir
hören, ist die Testamentseröffnung
verschoben worden. Aus folgendem
Grunde: Direktor Karczsag war Inhaber einer
handelsgerichtlich protokollierten Firma in
Wien, weshalb die Kundmachung seines letzten
Willens und die Abhandlung der Verlassenschaft
dem Handelsgerichte Wien zusteht. Das
Testament wird heute diesem Gerichte übergeben,
das nach Erhalt der Todfallsaufnahme
die entsprechenden Verfügungen trifft.
Universalerbin ist dem Vernehmen
nach die Tochter Karczags, Frau
Lilly Marischka, beziehungsweise deren Sohn
Georg. Die Witwe Frau Kopacsi-Karczag
bleibt im Fruchtgenusse der Hinterlassenschaft.
Direktor des
Theaters an der Wien wird Hubert Marischka, der sich
mit Direktor Emil Steininger in der
Führung des ausgedehnten Theatervertrages
(Wien-Leipzig-Newhork) teilen wird.
Der Humorist vom 1.4.1894, Seite 2:
Julie Kopacsy-Karczag.
Es bereitet uns ein wahrhaftes Vergnügen, den geehrten Lesern
unseres Blattes in der dieswöchentlicheu Nummer das Bildnis der
neuesten und jüngsten wiener Operettendiva, Fran Julie Kopacsy-Karczag,
bieten zu können, die am Ostersonntag, den 25. März
im k. k. priv,
Carltheater mit sensationellem, durchschlagendem Erfolge
ihr Gastspiel in einer Operettenneuheit entrirte und von nächster Saison
ab ständig zu den Unseren zählen wird. Seit dem ersten Gastauftreten
der großen und bisher unerreichten Tragödin Eleonora Duse, erdröhnte
kein solcher Beifallsorkan in einem wiener Theater, wie er neuerlich
der aus dem Ungarischen des budapester Volkstheaters in's
Deutsche des
Carltheaters übersetzten Operettensängerin Fran Julie
Kopacsy-Karczag beschieden war und darf diese hervorragende
Künstlerin auf diesen Erfolg wirklich stolz sein, denn es war ein ehrlicher,
unbestrittener und großer succés, der von der hiesigen Tagespresse
einmüthig und in überschwänglichen Worten anerkannt und gewürdigt
wurde. Wien hat nun wieder seine schwer vermißte Operettendiva
und hoffen wir, daß ihre fernere künstlerische Thätigkeit anregend und
impulsirend nicht blos auf das wiener Theaterpnblikum, sondern auch
auf die Operettenschriftsteller wirkt und so der reizenden und pikanten
Künstlerin Gelegenheit geboten wird, die Wiener mit ihren mustergiltigen
und temperamentvollen Darbietungen recht oft zu erfreuen und
zu entzücken. Ueber das Debüt der Fran Kopacsy-Karczag berichten
wir in unserem
Carltheater-Referate und erwähnen hier blos,
dass die genannte Diva dem Reiche der Kunst erst seit vier Jahren
angehört, ihre Carriere in Debreczin begann, am budapester Volkstheater
fortsetzte und nunmehr im Begriffe steht, in Wien eine glänzende
und ehrenvolle Laufbahn auf der deutschen Bühne zu inauguriren.
Man muß dem rührigen und unermüdlichen Director Blasel
unbedingt Dank dafür zollen, daß er die Bekanntschaft des wiener
Publikums mit dieser hochinteressanten Bühnenerscheinnng vermittelte
und besteht dieser Dank am besten darin, daß man von nun ab das
Carltheater fleißiger besucht. Dabei profitirt das Publikum, die
Künstlerin und nicht zuletzt die Direction des Theaters selbst.
Quelle: Text:
Wikipedia (erweitert), Bilder: www.nikles.net, Jan Vilímek - Der Humorist, vol. 21, iss. 30, digitized by Austrian National Library, gemeinfrei; Jan Vilímek - Der Humorist, vol. 21, nr. 30 (21. Oktober 1901), gemeinfrei; Illustrirtes Wiener Extrablatt vom 16.10.1923, Seite 6; Neue Freie Presse vom 14.10.1923, Seite 11; Der Humorist vom 1.4.1894, Seite 1; Der Humorist vom 1.4.1894, Seite 2.