01. Bezirk - Palais Ephrussi
Das Palais Ephrussi ist ein Ringstraßenpalais in der
Inneren Stadt (1. Bezirk) in Wien am
Universitätsring 14; die ursprüngliche Adresse lautete Franzensring 24, 1934–2012 Dr.-Karl-Lueger-Ring 14.
Lage: Das Palais liegt an der
Ringstraße gegenüber dem Verkehrsknotenpunkt Schottentor, benannt nach einem nicht mehr vorhandenen Stadttor, seit 1980 mit der U-Bahn-Station Schottentor der Linie U2. Von hier aus verkehrte von 1865 an die erste Pferdetramway Wiens Richtung Hernals. Das Hauptgebäude der Universität Wien und das ehemalige Hauptgebäude der Creditanstalt-Bankverein liegen dem Palais ebenfalls gegenüber. Hinter den
Straßenbahnhaltestellen des Schottentors öffnen sich der Sigmund-Freud-Park und dahinter der Rooseveltplatz mit der architektonisch beherrschenden Votivkirche, einem prominenten Fotomotiv der Stadt.
Geschichte: Das Palais wurde von
Theophil von Hansen 1872 bis 1873 in der Entstehungszeit der
Wiener Ringstraße für den aus Odessa stammenden Bankier Ignaz von Ephrussi erbaut. Von diesem Architekten stammen auch einige andere bedeutende Bauwerke des Historismus im Bereich der
Ringstraße wie das
Parlamentsgebäude, der
Wiener Musikverein, die
Wiener Börse, das
Palais Epstein und der Heinrichhof. Im Gegensatz zum Heinrichhof plante
Hansen dieses Gebäude aber nicht als Wohnhof, sondern als Palais. Dies bezeugen das prächtige Vestibül, die Prunkstiege und die herrschaftlichen Wohnräume. Im glasüberdachten Innenhof befindet sich ein Brunnen mit einer Terrakottafigur des Apollo.
Das Palais war Wohnsitz des Wiener Zweigs der Familie Ephrussi, zuletzt von Viktor (von) Ephrussi (1860–1945) und seiner Ehefrau Emmy, geborene Schey von Koromla (1880–1938). Es wurde nach dem „Anschluss“ Österreichs 1938 „arisiert“, da die Familie Ephrussi jüdischer Abstammung war. Der Wiener Zweig der Familie musste fliehen und wurde finanziell ruiniert. Das NS-Regime benutzte das Palais als Bürohaus; die repräsentativste Etage des Gebäudes wurde dem Amt Rosenberg zugewiesen.
Nach dem Krieg wurde das Palais vorerst von Dienststellen der amerikanischen Besatzungsarmee genutzt. 1950 wurde es an die englische Rechtsanwältin Elisabeth de Waal, geb. Ephrussi (1899–1991) restituiert, konnte im Wien der Besatzungszeit aber nur zu einem geringen Preis verkauft werden. Fast das gesamte Inventar wie Möbel und kostbare Kunstwerke wurde geraubt, – bis auf eine Sammlung von 264 Netsuke, Hochzeitsgeschenk der Pariser Verwandten für Viktor und Emmy von Ephrussi, die sich heute im Besitz eines Ururenkels der Familie, Edmund de Waal, befinden. Die Netsuke wurden in der NS-Zeit von der loyalen Hausangestellten Anna in ihrer Matratze versteckt und Elisabeth de Waal im Dezember 1945 ausgefolgt, als sie ihr ehemaliges Elternhaus besuchte.
Von 1969 bis 2009 befand sich im Palais der Firmensitz der Casinos Austria.
Das Palais erhielt seit 2010 Aufmerksamkeit, als Edmund de Waal in London und New York sein Werk The Hare with Amber Eyes. A Hidden Inheritance herausbrachte. In der Familiengeschichte wird auch der Wiener Zweig der Ephrussis und ihr Palais beschrieben. Der Titel des Buches bezieht sich auf ein Stück aus der für die Familie geretteten Netsukesammlung.
Quelle: Text:
Wikipedia, Bilder: Peter Haas unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 at und Gryffindor unter der Lizenz CC BY-SA 2.5.