Das Parlamentsgebäude an der Wiener Ringstraße, in dem die beiden Kammern des Österreichischen Parlaments tagen, wird umgangssprachlich auch als „das Parlament“ bezeichnet.
Als Schmerlingtheater wurde der provisorische Bau des
Reichsratsgebäudes in Wien nach dem Ministerpräsidenten
Anton von Schmerling benannt. Der spöttischere Name war nur
"Bretterbude".
Vor dem Bau des heutigen Parlaments von Theophil von Hansen
wurde in der Währinger Straße 2- 6 vom Architekten Ferdinand
Fellner ein provisorisches Gebäude errichtet. Der Baubeginn
des zweigeschossigen Riegelwandbaues war am 12. März 1861.
In nur sechs Wochen stand der Bau und war am 25. April
schlüsselfertig. In dieser kurzen Zeit waren an die 500
Arbeiter rund um die Uhr beschäftigt. Nachtschichten wurden
bei Fackelbeleuchtung durchgeführt.
Das Grundkonzept des Gebäudes mit der Rampe und der
Vorhalle, durch die man in den Sitzungssaal kam, entsprach
schon dem späteren Parlamentsgebäude. Auch die Kaiserloge
durfte nicht fehlen.
Das Gebäude diente bis zur Fertigstellung des heutigen
Parlaments im Jahr 1884 dem Abgeordnetenhaus als
Versammlungsort.
Die andere Kammer des österreichischen Reichsrates, das
Herrenhaus, nutzte als Versammlungsort das
Niederösterreichische Landhaus in der
Herrengasse 13.
Das heutige Parlamentsgebäude: Die Grundsteinlegung für das heutige, von Theophil von Hansen entworfene Parlamentsgebäude erfolgte am 2. September 1874, die erste Plenarsitzung fand neun Jahre später, am 4. Dezember 1883, statt. Maßgeblichen Einfluss auf die Gestaltung des Gebäudes hatte der Unternehmer Nikolaus Dumba. Auffallend ist die architektonische Ähnlichkeit zum ebenfalls von Theophil von Hansen entworfenen und ebenfalls 1874 begonnenen Athener Zappeion. Ausführende Baufirma war die Union-Baugesellschaft. Es ist der erste Bau in Wien, der nicht in Klafter, sondern in Meter ausgeführt wurde (Mit Umrechnung).
Politische Funktionen: Der Sitz des Reichsrates
hatte zwei deutlich voneinander abgesetzte Hälften, die der
damaligen Gliederung des Reichsrates in Herrenhaus und
Abgeordnetenhaus entsprachen; ursprünglich waren sogar zwei
separate Gebäude vorgesehen gewesen. Der offizielle Name war
„k.k. Reichratsgebäude“, der Name „Parlament“ war aber schon
von Anfang an in Gebrauch.
Am 12. November 1918 fand hier die letzte Sitzung des
Abgeordnetenhauses des k.k. Reichsrates statt, dann trat die
Provisorische Nationalversammlung für Deutschösterreich (die
bis dahin im Niederösterreichischen Landhaus getagt hatte)
erstmals im Parlamentsgebäude zusammen und beschloss, dass
der neue Staat Republik und Teil Deutschlands sei (Erste
Republik Österreich). Hierauf wurde vor der auf der
Ringstraße wartenden Menschenmenge auf der vier Meter hohen
Parlamentsrampe die Republik ausgerufen. Seit 1920 tagen
hier (1934–1945 unterbrochen) Nationalrat und Bundesrat.
Nach der Selbstausschaltung des Parlaments im März 1933
tagte hier der Bundestag, das formale Gesetzgebungsorgan des
austrofaschistischen Ständestaates. 1938–1945 wurde das
Gebäude vom nationalsozialistischen Regime als „Gauhaus“
bezeichnet.
Kriegsfolgen: Im Verlauf der Kriegshandlungen wurde auch das Wiener Parlamentsgebäude stark durch Bomben in Mitleidenschaft gezogen. Am 7. Februar 1945 zerstörte ein Treffer zwei der insgesamt 24 monolithischen, aus einem rotgrauen Kalkstein vom Typ Rot-Grau-Schnöll aus Adnet (Salzburg) bestehenden Säulen der zentralen Halle. Die beiden zerstörten Säulen wurden bereits 1950 durch zwei neue aus dem selben Steinbruch gebrochene, ersetzt.
Details zum Gebäude: Der Giebel des Parlamentsgebäudes zeigt bis heute Symbole der 14 Kronländer des k.k. Österreich. An den unteren Enden der Auffahrtsrampe befinden sich Bronzestatuen von Rossbändigern als Symbol der Unterdrückung von Leidenschaften als Voraussetzung für konstruktive parlamentarische Zusammenarbeit. Die vier Bronzeplastiken wurden von dem Bildhauer J. Lax entworfen und in der k.k. Kunst-Erzgießerei 1897 und 1900 gegossen.
Der Bau wurde im griechisch-römischen Stil mit
neogotischen Einflüssen gehalten. Die Besonderheit an der
Konstruktion liegt in der Aufteilung der Stilrichtungen. Der
linke Flügel und der linke Teil der Front wurde im römischen
Stil gebaut, während die rechte im griechischen gehalten
wurde. Die auf dem Dach befindlichen Statuen stellen
berühmte Philosophen, Schriftsteller und Politiker eben
dieser Ären dar. So sind zum Beispiel Sokrates, Platon oder
Plutarch auf dem Dach zu finden.
Der von Theophil von Hansen entworfene Pallas-Athene-Brunnen vor
dem Parlament wurde erst 1898 bis 1902 erbaut, obwohl die
Pläne schon seit 1870 bestanden. Allegorisch stellen die
vier liegenden Figuren die wichtigsten Flüsse Altösterreichs
dar: vorne die von Hugo Härdtl gestaltete Donau als Frau und
der Inn als bärtiger Mann, die Elbe und die Moldau hinten.
Darüber befinden sich zwei von Josef Tautenhayn geschaffene
Frauenfiguren, die die gesetzgebende und die vollziehende
Gewalt darstellen. In der Mitte des symmetrisch angelegten
Brunnens befindet sich auf einer Säule die von Carl Kundmann
entworfene, vier Meter hohe Figur der Pallas Athene, der
griechischen Göttin der Weisheit. Sie hält in der linken
Hand einen Speer, in der rechten die Nike. Dass die Göttin
der Weisheit dem Parlamentsgebäude den Rücken zukehrt,
führte im österreichischen Volksmund zu verschiedenen Witzen
und Spottworten, wonach die Weisheit nicht im Parlament
anzutreffen sei.
Der historische Sitzungssaal des Abgeordnetenhauses, der für
512 Abgeordnete von der Bukowina bis Dalmatien Platz bot,
wird heute normalerweise nur für die Sitzungen der
Bundesversammlung anlässlich der Angelobung des
Bundespräsidenten und für andere Staatsakte, bei denen beide
Kammern des Parlaments anwesend sind, genutzt. Während des
bevorstehenden Umbaus des Nationalratssitzungssaales wird
der Saal vom Nationalrat benützt werden.
Der heutige Sitzungssaal des Nationalrates befindet sich an
Stelle des früheren Sitzungssaales des Herrenhauses, der
1945 durch Bombentreffer zerstört und danach völlig neu
aufgebaut wurde. Der 1956 fertiggestellte Sitzungssaal ist
ein typisches Beispiel der Architektur der 1950er Jahre und
ist bis auf einen in Stahl getriebenen Bundesadler von
Rudolf Hoflehner weitgehend schmucklos. Hinter dem
Rednerpult befindet sich die Regierungsbank, die aber meist
nur bei wichtigen Anlässen wie der Regierungserklärung oder
der Budgetrede vollständig besetzt ist. Der Sitzungssaal ist
technisch veraltet und nicht behindertengerecht und soll
daher demnächst komplett erneuert werden.
Das ehemalige Vorzimmer des Herrenhauses ist seit 1920
Sitzungssaal des Bundesrates. Die Innengestaltung des Raumes
wurde im Laufe der Jahrzehnte mehrfach verändert.
Die repräsentative „Säulenhalle“ direkt hinter den großen
Toren auf der Rampe wird gelegentlich für Ausstellungen und
politisch-gesellschaftliche Anlässe genützt. Im Gebäude
befinden sich weiters diverse kleinere Sitzungszimmer für
Parlamentsausschüsse, Klubräume der Abgeordnetenklubs
(Fraktionen), Arbeitsräume der Nationalratspräsidentin und
ihrer beiden Stellvertreter, die Parlamentsdirektion, die
Parlamentsbibliothek, der Stenographendienst und ein als
„Milchbar“ bezeichneter gastronomischer Betrieb. Die Büros
der einzelnen Abgeordneten, eine Errungenschaft der letzten
Jahrzehnte, sind in Nachbargebäuden untergebracht.
Seit Oktober 2005 kann das Parlament von der
Ringstraßenseite durch ein Besucherzentrum betreten werden,
das im Rahmen einer Generalsanierung neu geschaffen wurde.
Der Eingang befindet sich unter der Rampe unmittelbar hinter
dem Pallas-Athene-Brunnen.
Auf der Rampe des Österreichischen Parlamentsgebäudes befinden sich insgesamt 8 Statuen von acht griechischen und römischen Geschichtsschreibern:
Herodot-Denkmal von Karl Schwerzek, 1898.
Julius Cäsar-Denkmal von Josef Beyer, 1900.
Polybios-Denkmal von Alois Düll, 1899.
Sallust-Denkmal von Wilhelm Seib, 1896.
Tacitus-Denkmal von Karl Sterrer, 1898.
Thukydides-Denkmal von Richard Kauffungen, 1896.
Titus-Denkmal von Josef Lax, 1900.
Xenophon-Denkmal von Hugo Haerdtl, 1899.
Flaggenmast vor dem Parlament
Gedenktafel für NS-Opfer des Parlaments
Hansen-Denkmal von Hugo Haerdtl, 1905.
Rossebändiger vor dem Parlament
Quelle: Text: Wikipedia, Bilder: Gryffindor unter der Lizenz CC BY-SA 3.0, Gryffindor, gemeinfrei, MrPanyGoff unter der Lizenz CC BY-SA 3.0, www.nikles.net, Neues Wiener Journal vom 21.6.1896, Seite 4, Neue Freie Presse vom 26.10.1900, Seite 4.
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Günter Nikles
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