Geschichte: Im Oktoberdiplom 1860 hatten der bis
dahin absolutistisch regierende Kaiser und sein Vorsitzender
der Ministerkonferenz, Graf Bernhard von Rechberg, versucht,
einen fast nur beratend tätigen, nur 100 Mitglieder
umfassenden Reichsrat
mit stark eingeschränkten Befugnissen einzuführen. Der
Widerstand vor allem des liberalen Großbürgertums gegen
diese Politik war so stark, dass 1861 die Schaffung eines
Zweikammernparlaments als Legislative unvermeidlich wurde,
die von Anton von Schmerling vorbereitet wurde.
Das Herrenhaus wurde ähnlich dem britischen House of Lords
als fast gleichberechtigtes Gegengewicht zum gewählten
Abgeordnetenhaus, dem Unterhaus, geschaffen. Das nicht
gewählte, sondern durch Geburt, Status und Ernennung
berufene Herrenhaus begleitete den Übergang vom Feudalismus
zu einer (soweit es sich um Männer handelte) das Bürgertum
und zuletzt auch die Arbeiterschaft einbeziehenden,
konstitutionellen Regierungsform. Sein Bestehen sollte es
der bis dahin allein herrschenden Schicht erleichtern, ihren
Machtverlust zu bewältigen.
Das Herrenhaus trat am 29. April 1861 zum ersten Mal
zusammen. Es tagte bis 1883 provisorisch im Sitzungssaal des
Niederösterreichischen Landtages im Landhaus in der Wiener
Herrengasse.
Die ohne Mandat des
Parlaments von der kaiserlichen Regierung geführten
Verhandlungen zum Ausgleich mit Ungarn 1867 wurden im
Herrenhaus im Juni 1867 kontrovers diskutiert. Zur am 20.
Mai 1967 begonnenen II. Legislaturperiode bzw. 4. Session
war nur mehr der bisherige engere
Reichsrat, ohne
Mitglieder aus den Ländern der ungarischen Krone, eingeladen
worden, ohne dass es dazu entsprechende
Verfassungsbestimmungen gegeben hätte. Der
Reichsrat war nun de
facto und ein halbes Jahr später auch de jure nur mehr für
die Länder diesseits der Leitha, inoffiziell bald
österreichische Reichshälfte genannt, zuständig; dies sowie
eine Stärkung des Abgeordnetenhauses wurde in der
Dezemberverfassung 1867 festgelegt.
Die gemeinsamen Angelegenheiten (Außenpolitik, Militär und
deren Finanzierung), die Österreich und Ungarn weiterhin
verpflichtend verbanden, wurden parlamentarisch von den so
genannten Delegationen behandelt, die je 60 Parlamentarier
umfassten. In Cisleithanien hatte das Herrenhaus für die
jährlichen Delegationssessionen (die 50. Session war die
letzte) jeweils 20 der 60 Delegationsmitglieder sowie zehn
Ersatzmitglieder zu wählen, zuletzt am 31. Oktober 1917. Das
Herrenhaus war weiters mit fünf von 15 Mitgliedern in der
österreichischen Deputation vertreten, die mit ihrem
ungarischen Gegenstück in größeren Zeitabständen
Verhandlungen über die Kostenaufteilung der gemeinsamen
Angelegenheiten zu führen hatte; die letzte Wahl seiner
Mitglieder für die 17. Deputationssession erfolgte im
Herrenhaus am 29. November 1917.
Am 4. Dezember 1883 fand (ebenso wie im Abgeordnetenhaus)
die erste Sitzung des Herrenhauses im neu erbauten k.k.
Reichsratsgebäude statt. Der Saal wurde 1945 durch
Bombentreffer zerstört; heute befindet sich an seiner Stelle
der in der Nachkriegszeit gebaute Sitzungssaal des
österreichischen Nationalrates.
Das Herrenhaus opponierte im Dezember 1906 gegen das vom
Abgeordnetenhaus beschlossene allgemeine Männerwahlrecht,
mit dem man der erstarkenden Sozialdemokratie entgegenkam,
die es in Großdemonstrationen gefordert hatte. K.k.
Ministerpräsident Freiherr Max Wladimir von Beck drohte dem
Herrenhaus mit einem Pairsschub des Kaisers, wenn die
Vorlage nicht akzeptiert werde. Der Kaiser entsandte seine
beiden Obersthofmeister, die Fürsten Rudolf von
Liechtenstein und Alfred von Montenuovo, ins Parlament,
damit sie dort für die Wahlreform sprachen; sie wurde
letztlich vom Herrenhaus angenommen und bei den (letzten
beiden) Reichsratswahlen 1907 und 1911 angewandt.
Quelle: Text: Wikipedia, Bilder: gemeinfrei.
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