Der St. Annahof (auch: Annahof) ist ein Gebäude im 1. Wiener Gemeindebezirk Innere Stadt zwischen der Annagasse 3 und Johannesgasse 4, unmittelbar neben der Kirche St. Anna. Der St. Annahof verfügt über eine beeindruckende Geschichte als Gastronomie- und Veranstaltungsstätte.
Vorgeschichte: Im alten St. Annahof befand sich
seit 1628 ein Jesuitenkloster, das Noviziat des Ordens in
St. Anna. Im 18. Jahrhundert war darin die „Normalschule St.
Anna“ beheimatet, die Franz Schubert (1797–1828), Franz Grillparzer (1791–1872) und Leopold Chimani (1774-1844) besuchten.
Im Keller befand sich eine Gastwirtschaft. 1786 übersiedelte die
Akademie der bildenden Künste Wien in das St.-Anna-Gebäude.
Es wurden dort öffentliche Kunstausstellungen veranstaltet.
Am 1. März 1840 eröffnete eine biedermeierliche Erlebniswelt
in den Kellerräumen des St.Anna-Klosters (Eingang von der
Johannesgasse 4), das Neue Elysium. Das Lokal,
programmatisch als „unterirdische Wanderung durch die Welt“
benannt, wurde zu einer der Hauptattraktionen des
vormärzlichen Wien.
1854 starb der Betreiber, Josef Daum, an der Cholera. Sein
Sohn führte das Etablissement zunächst fort, musste es aber
nach stark rückläufigem Erfolg 1864 (nach anderer
Darstellung 1857) schließen. Ab den 1920er Jahren wurden die
Räumlichkeiten in der Johannesgasse als Theater genutzt,
aktuell befindet sich hier das Metro-Kino.
Der heutige Bau ab 1894: 1894 wurde der St.
Annahof vom Architektenduo Fellner und Helmer neu gebaut.
Das Duo hatte sich zur damaligen Zeit auf Theaterbauten in
Europa spezialisiert. In Wien wurden von ihnen unter anderem
das Konzerthaus, das Akademietheater, das
Ronacher, das
Theater an der
Wien und das
Volkstheater errichtet. Beauftragt wurden sie von Viktor
Silberer, einem Pionier der österreichischen Luftfahrt.
1910 wurde in diesen Räumlichkeiten das Max & Moritz Theater
von der Wiener Ballhausgesellschaft eröffnet und von
Ferdinand Grünecker und Ludwig Hirschfeld geleitet. Im Max &
Moritz trat 1911 der noch unbekannte Hans Moser auf. Wenig
erfolgreich, wurde es nach rund drei Jahren geschlossen.
Zwischenkriegszeit: Nach der Wiedereröffnung des
Theaters durch Heinrich Eisenbachs Ensemble bürgerte sich
für dieses bald auch der Name Max & Moritz ein. Das
Eisenbach Ensemble war ab der Saison 1915/16 bis 1924 fix in
der Annagasse angesiedelt.
Im Haus in der Annagasse 3 konnten zwei Säle verwendet
werden: der obere als Tanzsaal, der untere als
„Bierwirtschaft“ und Aufführungsraum. Letzterer wurde in der
Planungsphase auf immerhin 600 Personen ausgelegt, es
handelte sich also nicht um einen kleinen Kellerraum. Um
angemessene Voraussetzungen zu schaffen, wurden vor der
Eröffnung ein Vortragspodium mit Orchestergraben, Logen und
Garderoberäume errichtet. Die endgültige Zahl der Sitzplätze
lag schließlich um 400. Das Max & Moritz war auch nach dem
Krieg eine Bühne, die sich als jüdisch definierte, das
Jüdische als Chiffre für komische Wirkungen verwendete.
Mit Ende Mai 1924 musste nach Heinrich Eisenbachs Tod das
Ensemble die Spielstätte in der Annagasse aufgeben. Schon im
November 1923 war über einen angestrebten Prozess gegen die
Wiener Ballhausgesellschaft, in deren Besitz sich das Lokal
befand, berichtet worden. Die Berufung auf den Mieterschutz
war vor Gericht nicht von Erfolg gekrönt, da nur ein
Pachtvertrag vorlag. Im Februar 1924 gaben die damaligen
Pächter im Rahmen eines Zeitungsinterviews ihrer
Enttäuschung über die drohende Delogierung Ausdruck. Sie
monierten, dass in Wien kein anderes Lokal zu finden sei,
und dass das Personal – 15 Künstler und 15 weitere
Angestellte – von der Kündigung härter getroffen werde als
sie als Schriftsteller, deren über hundert Theaterstücke
sogar in Amerika aufgeführt werden. Gastspielangebote aus
dem Ausland (der Tschechoslowakei, Holland und Amerika)
lägen vor.
Im Herbst 1928 konnte man in den Zeitungen von der geplanten
Wiedereröffnung des Theaters in der Annagasse lesen. Wo ein
Jahr lang Grünbaum und Wiesner das Boulevardtheater
betrieben hatten, sollte jetzt wieder ein Ensemble im Stil
des Max & Moritz einziehen. Für Resonanz in der Presse
sorgte das geplante Engagement des Budapester Komikers
Sándor Rott. Armin Bergs Beteiligung an dem Vorhaben stand
von Beginn an fest. Weitere Komplikationen schienen
ausstehende Zahlungen an die Bühnenarbeiter und die
Befürchtung der Polizeidirektion, dass das Theater bald
wieder in Geldnöte kommen würde, zu bereiten. Schließlich
wurden die Zweifel an der Eröffnung durch einen offenen
Brief von Direktor Adolf Brett beseitigt. Er erklärte, „daß
ich als Besitzer der Bühne, die in der vorigen Saison unter
dem Namen Boulevardtheater bestand, diese am 3. November als
Theater der Komiker eröffne.“
1933 fungierte Sándor Rott als Direktor des Theaters. Ihm
wurde im Lauf des Herbstes immer wieder aufgetragen, diverse
Mängel der Lokalität zu beiseitigen, was dieser scheinbar
nicht schaffte. Am 7. Dezember schrieb das Magistrat:
„Sowohl den Aufträgen der vorgenannten Bescheide, die trotz
wiederholter Mahnung nicht erfüllt wurden, als auch dem
neuen Auftrag ist sofort zu entsprechen, widrigenfalls die
Strafamtshandlung gegen Sie eingeleitet werden müsste.“ Als
Rott den Forderungen am Ende des Monats noch immer nicht
nachgekommen war, wurde ihm eine letzte Frist gesetzt und
mitgeteilt, dass bereits rechtliche Schritte eingeleitet
worden seien. Spätestens am 8. Januar 1934 hatte des Theater
der Komiker, und damit seinen Betrieb aufgrund
wirtschaftlicher Schwierigkeiten eingestellt.
In dem großen Saal wurde damals eine Geschoß-Decke
eingezogen und das Lokal in mehrere kleine Lokale getrennt
(späteres Monte, Tenne, Take Five, Wiener Wald). Das spätere
Take Five hatte damals den Namen Wintergarten und dann
später Playboy-Club. Das Tabarin musste nach 1938 seinen
Namen – entsprechend der Sprachregelung im Dritten Reich –
in Triumph-Tanzpalast ändern. Dort spielte unter anderem der
Swingsänger Fratelli Sereno. Horst Winter, den die
Kriegswirren nach Wien verschlagen hatten, begann bereits
Ende 1945, eine Bigband aufzustellen, aus der später das
berühmte Wiener Tanz Orchester (WTO) entstand. Winter trat
damals neben Soldatenclubs im Triumph auf.
Nach 1945: In den 1950er Jahren entstand am
ehemaligen Standort des Max & Moritz die Melodies Bar. Dort
spielten unter anderem Maxi Böhm, Hugo Wiener und Cissy
Kraner. In der Sansibar war das Swingtrio Danzinger zu
hören, später hieß das Lokal Adebar und war ein Treffpunkt
für Jazzfans. Heute befindet sich dort das Restaurant Wiener
Wald.
In den 1950er Jahren fanden in den Räumlichkeiten des Tabrin
unter anderem Modeshows für „stärkere Damen“ statt.
1955 eröffnete der Jazz Musiker Fatty George sein Lokal in
der Tabarin Bar, das Fatty's Jazz Casino. Sein Verdienst
liegt in der Vermittlung des Mainstream Jazz in einem Land,
in dem während der Nazi-Herrschaft „undeutsche“ Musik und
solche aus den Vereinigten Staaten verboten war. Seine
Schallplatten – die erste entstand 1954 – trugen hierzu ganz
wesentlich bei, ebenso wie ab 1977 seine Auftritte in seiner
eigenen, von der ORF produzierten Fernsehsendung „Fatty
live“.
Ende der 1950er Jahre gründeten Niki Czernin, Alfi
Windisch-Graetz
und Thomas Hörbiger den Playboy-Club, einer der ersten
Discotheken Wiens. Nachdem zwei weitere Besitzer dazu
gestoßen waren, wurde das Lokal in Take Five umbenannt.
1963 führte die österreichische Schlagerband „Bambis“ das
Lokal in der Annagasse. Ihre beiden größten Erfolge waren
„Melancholie“ und „Nur ein Bild von Dir“, mit denen sie 1964
und 1965 Plätze in den Charts belegten. Zu dieser Zeit wurde
das Tabarin in Tenne umbenannt. Damals wurde auch jene
(zwischenzeitlich wieder entfernte) Betonzwischendecke
eingezogen, die die prachtvollen Fin de
siècle-Stuckverzierungen an der Decke verbarg.
Seit der Trennung des großen Lokals in mehrere kleinere,
eigenständige Lokale in den 1960er Jahren, gab es in den
Räumlichkeiten der späteren Diskothek Monte – es war zu
Tabarin-Zeiten der Eingangsbereich zum großen Tanzsaal –
mehrere Pächter. Das Lokal hieß unter anderem Little Tabarin,
C3, Spiegel, Montevideo und Monte. Seit den 1980er Jahren
bis Mitte 2001 war das Lokal Montevideo bzw. Monte ein
beliebter Szenetreffpunkt in Wien und gehörte neben dem Take
Five zu den nobelsten Diskotheken Wiens. Der Türsteher und
Szenefotograf Conny de Beauclair begann seine Karriere in
den 1980er Jahren in diesem Lokal. Im Jahr 2001 fand ein
Pächterwechsel und eine Neuorientierung auf ein junges
Publikum statt. Der Lokalumbau und das neue Konzept wurden
aber nicht angenommen, und deshalb musste das Lokal nach
einigen unglücklichen Versuchen schließen.
2004 schloss auch die Tenne ihre Pforten. Nach einer
aufwendigen Renovation zog in die Räumlichkeiten die
Fast-Food-Kette Burgerking ein.
2008-2010 wurde im Souterrain - unterhalb des ehemaligen
Tabarin - der große Saal in der Ausstattung von 1910 durch
Art & Style renoviert und kann besichtigt werden. Die
exotischen Tapeten Otto Prutschers wurden wieder
hergestellt. Die Räumlichkeiten werden von nun an durch Art
& Style als Fashion-Shop für verschiedene Kultmarken
genutzt.
Quelle: Text: Wikipedia (ergänzt um Leopold Chimani), Bilder: Peter Gugerell, gemeinfrei, Verlag Karl Schwidernoch, gemeinfrei, Anton-kurt unter der Lizenz CC BY-SA 4.0 und gemeinfrei.
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Günter Nikles
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