Das Warenhaus Zur großen Fabrik war ein 1895 von Stefan Esders gegründetes, über mehrere Jahrzehnte existierendes großes Wiener (Textil-)Kaufhaus an der Adresse Mariahilfer Straße 18 im 7. Wiener Gemeindebezirk Neubau.
Geschichte: Das von Architekt Friedrich Schachner
geplante und von den Baumeistern Franz Kupka und Gustav
Orglmeister nach den modernsten Errungenschaften und Pariser
Vorbildern errichtete fünfgeschoßige Etablissement Zur
großen Fabrik wurde am 3. und 4. April 1895 eröffnet und war
zu seiner Zeit eines der größten Warenhäuser der Welt.
Blickfang waren die 39 großen, bereits elektrisch
beleuchteten Auslagen im Parterre und Mezzanin. Der
ungewöhnlich große Innenraum des Gebäudes war durch eine
Glasüberdachung des Innenhofes im ersten Stock erzielt
worden, um den auf zwei Etagen die Verkaufsräumen im Ausmaß
von 12.000 m² angeordnet waren. Ins Obergeschoss führte
ursprünglich eine dreiarmige Eisentreppe, die sich in der
Sichtachse zum Eckeingang
Mariahilfer Straße
/ Karl-Schweighofer-Gasse befand. Im dritten und vierten
Stockwerk war die Kleiderfabrik untergebracht, im fünften
Wohnungen; auch die von Stefan Esders.
Zur Bedienung des Publikums standen 120 Verkäufer bereit,
mit den von Esders neu eingesetzten Schaufensterpuppen
konnte er die Konfektion entsprechend präsentieren. Neben
Herren- und Knabenbekleidung sowie -wäsche wurden auch
Herrenhüte, Schuhe, Handschuhe und Schirme angeboten, später
dann auch noch Damenmode. Ein „Geschäfts-Etablissement von
ähnlicher Großartigkeit hat es in Wien noch nicht gegeben“.
Bald nach der Eröffnung kam es zu lebhafte Debatten. Stefan
Esders besaß mit seinem Bruder Henri Esders mehrere
Großkaufhäuser in verschiedenen Städten Europas. Er ließ im
Verlagssystem die Bekleidung herstellen und trat als
Großeinkäufer auf dem Weltmarkt auf. Mit diesem Prinzip
konnte er seine Waren bei einer nur mäßigen Gewinnspanne zu
konkurrenzlos günstigen Preisen anbieten. Für seine
Angestellten führte Esders als erster in Wien auch ein
System der Gewinnbeteiligung (Prämienzahlungen) ein.
Während die liberale und auch die sozialdemokratische Presse
das neue Warenhaus wegen seines „großstädtischen“ Zuschnitts
und seines Geschäftsprinzips lobte, kam es zu massiven
Abwehrreaktionen bei den Institutionen und politischen
Gruppen, die sich der Vertretung kleingewerblicher
Interessen verpflichtet fühlten. Dabei zeigte sich auch
leichte Verwirrung, da die bisher von dieser Gruppierungen
verfolgte Strategie der Verknüpfung eines kleinbürgerlichen
Antikapitalismus mit virulentem Antisemitismus im Falle
Esders ins Leere ging. So schrieb die christlichsoziale
Reichspost vom 6. April 1895, es sei zu bedauern, „in einem
Geschäftszweige, der in Österreich bisher ausschließlich ein
Ausbeuteobject in Judenhänden war, nunmehr auch einem
Christen begegnen zu müssen.“ Das neue Etablissement werde
hunderte kleingewerbliche selbständige Existenzen
vernichten. Es kam auch zu einer Anfrage im Wiener
Gemeinderat, bei der der Christlichsoziale Alexander Purscht
anklagend vermerkte, das internationale Kapital habe „bei
seinem Beutezug auf das Vermögen der Bevölkerung diesmal
eine besonders schlaue Form gewählt“, es würde die
„gegenwärtig unter der christlichen Bevölkerung herrschende
Stimmung, ‚nur bei Christen’ kaufen zu wollen ausgenützt,
indem der internationale Capitalismus diesmal unter der
Firma des Katholicismus das p.t. Publikum zum
Hereinspazieren einladet.“ Auch im Reichsrat unternahmen die
christlichsozialen Abgeordneten Prinz Liechtenstein, Albert
Gessmann und Genossen eine entsprechende Anfrage an den
Handelsminister.
Mit der Zeit beruhigten sich aber die gegen Esders
gerichteten Attacken, wiewohl natürlich Projekte wie die um
1905 propagierte Warenhaussteuer auch auf dieses
Großunternehmen zielten. Dieses Warenhaus etablierte sich
jedenfalls als eines der „großen Drei“ der Wiener
Warenhäuser um 1900 in der
Mariahilfer Straße
und Stefan Esders ließ 1909–1910 die Kaasgrabenkirche
errichten. Größere Aus- und Umbauten wurden 1898, 1912 sowie
nach dem Verkauf an die Firma Leiner vorgenommen. In der
Weihnachtssaison 1904 erschienen sowohl in der Reichspost
als auch im christlichsozialen Satireblatt Kikeriki Inserate
von Stefan Esders.
Nach dem Tod des Gründers 1920 wurde es bis 1933 von seinem
Sohn Bernhard, danach von seinem Enkel Stefan weitergeführt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu Plünderungen, 1964
wurde das Warenhaus an die Textil-, Teppich- und Möbelfirma
Rudolf Leiner GmbH verkauft, die 1990/1991 umfangreiche
Änderungen und Erweiterung vornahm.
Siehe auch Wiener Warenhäuser um 1900.
Quelle: Text: Wikipedia
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