10. Bezirk - Ankerbrot
Die Ankerbrot GmbH & Co KG ist der bedeutendste Backwarenhersteller in Österreich.
Das 1941 enteignete und "arisierte" Unternehmen wurde 1891 von jüdischen Unternehmern in Wien gegründet und hatte hier seine Produktionsanlagen.
Das Unternehmen besitzt in Österreich rund 115 Filialen, die meisten davon in Wien und Umgebung.
Ankerbrot beschäftigte 2015 rund 1.300 Mitarbeiter.
Geschichte: 1891 gründeten die Gebrüder Heinrich und
Fritz Mendl die Wiener Brot- und Gebäckfabrik auf dem
Laaer
Berg an der
Absberggasse 35 im Wiener Stadtteil
Favoriten. Der Standort auf dem
Berg war deshalb gewählt worden, damit von dort aus die für
die Auslieferung schwer beladenen Pferdefuhrwerke bequemer
ausfahren konnten. Als Markenzeichen des Unternehmens
wählten die Gebrüder Mendl 1893 den Anker, der für
Sicherheit und Vertrauen stehen sollte. Das später
verwendete Firmenlogo bestand aus dem Ankersymbol und den
mittig eingefügten Initialen "HFM".
Zu Beginn wurden unter Einsatz von ca. 25 Bäckern in großen
Lehmbacköfen täglich 2.000 Stück 2-kg schwere Rundbrote
gebacken. Das Geschäft florierte und im Jahr 1900
beschäftige Ankerbrot mehr als 2.000 Mitarbeiter, für die
von den Geschäftsinhabern für damalige Verhältnisse
vorbildliche Sozialleistungen getätigt wurden. In
Spitzenzeiten lieferten bis zu 250 Pferdegespanne an die 150
Tonnen Backwaren aus. In Anerkennung ihrer Dienste und
Leistungen wurde den Gebrüder Mendl 1907 der k.u.k.
Hoflieferantentitel verliehen. Bis 1914 wuchs das
Unternehmen auf eine Größe von 1.300 Mitarbeitern
Während des Ersten Weltkrieges belieferte Anker das k.u.k.
Heerkommando mit schwarzem Brot.
Nach dem Krieg und dem Zusammenbruch der Monarchie wurde
auch Weißbrot in die Produktion eingeführt. 1922 wurde das
Unternehmen in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Zu
diesem Zeitpunkt gehörten dem Verwaltungsrat folgende
Mitglieder an: Eduard Alder, Ing. Artur Ehrenfest-Egger, Dr.
Siegfried Kantor, Fritz Mendl, Stefan Mendl, Dr. Franz
Quidenus, Dr. Eugen Schwiedland und Dr. Siegfried Türkel.
Anker konnte in den 1930er Jahren expandieren und begann
neben Brot auch Eierteigwaren und Jausengebäck herzustellen,
für das es mit farbenfrohen Plakaten Werbung machte. Das
Filialnetz wuchs auf rund 100 Filialen an, täglich wurde 150
Tonnen an Brot und Gebäck geliefert.
Auf den Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich 1938
folgte die "Arisierung" des Unternehmens und die Mitglieder
der Gründerfamilie mussten Österreich verlassen. Aufgrund
seiner Bedeutung für die Sicherstellung der Versorgungslage
der Wiener Bevölkerung wurde das Unternehmen von 1938 bis
1945 unter öffentliche Verwaltung gestellt. Nach der
Einnahme Wiens durch die alliierten Streitkräfte 1945 wurden
die Fabriken geplündert und schwer beschädigt, auch ein Teil
des Fuhrparks ging verloren.
Noch im Mai 1945 konnte aber die Produktion nach
Mehllieferungen durch die Alliierten wieder aufgenommen
werden, das Unternehmen wurde wieder an die Gründerfamilie
restituiert. Die Wiederaufbaujahre brachten dem Unternehmen
wieder Wachstum, das Sortiment wurde erweitert, auf
Milchgebäck, Mürbgebäck, Backhilfen, Dauerbackwaren,
Semmelbrösel, Grieß und andere Teigwaren. 1969 wurde das
Unternehmen vom Wiener Schoeller-Konzern übernommen, der die
Firma 1970 mit den Floridsdorfer Hammerbrotwerken unter dem
Namen Vereinigte Nahrungsmittel Industrie AG fusionierte.
Im Jahr 1978 erhielt das Unternehmen die sogenannte
"Staatliche Auszeichnung" für außergewöhnliche Leistungen
für die Wirtschaft der Republik Österreich und darf seither
das Bundeswappen im Geschäftsverkehr verwenden.
1981 erwarben die Dr. Helmut A. Schuster GesmbH und Gerhard
Schuster, der Bruder des gleichnamigen
Unternehmensbesitzers, sämtliche Aktien des mittlerweile in
wirtschaftliche Turbulenzen geratenen Betriebs. Sie
benannten das Unternehmen 1983 wieder in Ankerbrot zurück,
und führten es mit Investitionen und Sanierungsmaßnahmen
wieder in die Gewinnzone zurück. Zu einem Erfolgsrezept
geriet die Qualitätsverbesserung der Backwaren durch die
Verwendung von echtem Natursauerteig.
Seit 1990 exportiert Ankerbrot seine Erzeugnisse auch nach
Süddeutschland. 1996 wurde die Ankerbrot
Ungarn AG als
Tochtergesellschaft gemeinsam mit der staatlichen
ungarischen ZALACO gegründet. Das Tochterunternehmen
produziert in einer Fabrik am Stadtrand von Keszthely. Im
gleichen Jahr übernahm Ankerbrot von der in Konkurs
gegangenen Konsum-Genossenschaft die Ährenstolz GmbH mit
sieben regionalen Bäckereien. Beim Verkauf des Unternehmens
im Jahr 1997 gingen 74 Prozent des mittlerweile 2.630
Mitarbeiter zählenden, und 2,2 Mrd. Schilling (rund 160 Mio.
Euro) erwirtschaftenden Unternehmens an die deutsche
Müller-Brot. Drei Prozent gingen in Streubesitz über, die
Gebrüder Schuster behielten 23 Prozent.
2003 wurde das Unternehmen mehrheitlich vom deutschen Industriellen Klaus Ostendorf erworben. Nach einer wirtschaftlich schwierigen Phase und erfolgtem Ausgleich, in dessen Rahmen das traditionelle Fabriksgelände in Wien an Banken verkauft, aber nicht verlassen wurde, steht Ankerbrot nun wieder auf eigenen Beinen. Auch das Firmengelände konnte am 29. Jänner 2013 von den Banken zurückgekauft werden.
Ein geringer Anteil der Aktien befindet sich noch im Streubesitz. Im Frühjahr 2006 erwarb die US-Investmentgruppe Apax einen Unternehmensanteil von 40 Prozent. Ein ebenfalls für 2006 geplanter Verkauf von Ostendorfs Anteil an den Nordsee-Besitzer Heiner Kamps scheiterte im Februar 2007 endgültig. 2010 wurde die erste Filiale in der Slowakei eröffnet. Speziell für die Slowakei wurde auch ein Franchise-System entwickelt, wodurch der Vertrieb erweitert werden soll.
Anlässlich des 120-jährigen Firmenjubiläums wurde im Jahr 2011 ein neues Logo und Filialkonzept vorgestellt. In den kommenden Jahren sollen die Neuerungen an allen Standorten sukzessive umgesetzt werden.
2014 und 2015 haben sich die Eigentümerverhältnisse von Ankerbrot geändert. Der bisherige Vorstand und Miteigentümer Peter Ostendorf hat seine Anteile an den Investor Erhard Grossnigg, der schon bisher mit seinen Firmen Mehrheitseigentümer war, verkauft. Auch der ehemalige Hofer-Chef Armin Burger, dem über seine Firma Nomos 7,4 Prozent gehörten, hat seine Anteile an Grossnigg veräußert. Damit gehören diesem über Austro Holding sowie Grosso Holding 81,25 Prozent der Anteile. 18,75 Prozent hält der Vorarlberger Backwarenerzeuger Ölz.
Etwa 2017/18 wurde die Rechtsform des Unternehmens von einer Aktiengesellschaft in eine Kommanditgesellschaft umgewandelt.
2019 gab Ölz bekannt, sich verstärkt auf das eigene Geschäft zurückziehen zu wollen und daher seinen Anteil ebenfalls an Grossnigg verkauft zu haben.
Nachnutzung historischer Gebäude: Anfang 2009 kaufte die Loft City GmbH & Co KG stillgelegte Teile der Fabriksgebäude und bewahrte diese vor dem Abriss. „In unmittelbarer Nachbarschaft zur noch bestehenden Produktion der Ankerbrot AG entsteht … auf zirka 17.000 der insgesamt 68.000 Quadratmeter (Geschoßfläche) der Ankerbrotfabrik das neue Kulturareal Brotfabrik Wien mit multifunktionalen Hallen, Galerien, Ateliers, Schauräumen, Büros, Lofts und Gastronomieeinrichtungen. Die dafür adaptierten Bauten gruppieren sich um zwei Innenhöfe der alten Anlage. Dabei wurden nicht nur die denkmalgeschützten, sondern auch nicht geschützte Gebäude erhalten und teilweise in ihren ursprünglichen Zustand rückgebaut.“ Die Eröffnung wurde am 12. Mai 2015 gefeiert.
Heute erfolgen in der Brotfabrik Wien,
Absberggasse 27 und
Puchsbaumgasse 1c, angeordnet um einen Hof, verschiedenste Raumnutzungen, wie die SOB Schule für Sozialbetreuungsberufe und ein Lerncafe der Caritas, eine Kantine, die Fotogalerie OstLicht, ein Sitzmöbelvertrieb, ein Veranstaltungssaal bestuhlt für 140 Personen und der Raum Voranker, in dem Künstlern für jeweils drei Monate die Möglichkeit zur Entfaltung und Ausstellung geboten wird. Das mit 2200 m2 flächengrößte Element, die Expedithalle, wurde 1912 als eine der größten säulenfreien Hallen Europas mit 40 m Spannweite der Dachträger errichtet und ist heute Ort vielfältiger Veranstaltungen vom Nachtflohmarkt bis zum Theater.
Am 1. März 2017 erhielt Walter Asmus als „Immobilienentwickler und Initiator der Brotfabrik“ das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien. 2019 wurde die historische Ankerbrotfabrik verkauft, in den nächsten 3 bis 5 Jahren wird Ankerbrot von Favoriten nach Simmering übersiedeln.
Siehe auch:
Gedenktafel Vorkämpfer für ein freies Österreich
Quelle: Text:
Wikipedia, Bilder: Gryffindor unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 und www.nikles.net.