Person - Eduard Danzer
Eduard Danzer, Realitätenbesitzer, Gastwirt und Besitzer der Singspielhalle
Orpheum, * 15.05.1836 in Sangerberg, Böhmen (Prameny, Tschechien),
† 01.10.1906 in Wien, Bestattungsdatum: 03.10.1906.
Leben: Eduard Danzer übernahm im Jahre 1872 gemeinsam mit dem Volkssänger Schildorfer das Orpheum im 9. Bezirk in der Wasagasse 33.
Unter ihm bekam die Singspielhalle ("
Danzers Orpheum", vormals Harmonietheater) immer mehr den Charakter eines Varietés.
Die Zeit vom 1.10.1906, Seite 3:
Eduard Danzer gestorben.
Heute morgens um 7 Uhr ist in
Pötzleinsdorf
im Alter von 71 Jahren der Eigentümer des
Orpheums und dessen früherer langjähriger
Direktor Eduard Danzer gestorben. Danzer,
der sich vor dreißig Jahren in einer untergeordneten
Stellung beim damaligen „Harmonietheater"
befand, hatte das
Orpheum als ein
Konkurrenzunternehmen für das Etablissement
Ronacher gegründet, doch ging er bald seine
eigenen Wege, die ihn die wienerische Note bevorzugen
ließen. Als blühendes Geschäft übergab er
das
Orpheum seinem Nachfolger
Franz Xaver Kriebaum,
dem vor einigen Jahren Direktor Steiner
gefolgt ist. Danzer blieb nach wie vor Eigentümer
des Unternehmens, dem er bis zu seinem Tod
das größte Interesse entgegen brachte.
Illustrirtes Wiener Extrablatt vom 1.10.1906, Seite 5:
Eduard Danzer †.
In Pötzleinsdorf ist heute Früh nach langer
und schwerer Krankheit Eduard Danzer, der langjährige
Besitzer und ehemalige Director des
Orpheums,
das den Namen Danzer's populär gemacht hat und
ihn noch heute trägt, gestorben.
Eduard Danzer stand im 71. Lebensjahre
und hinterläßt eine Gattin und vier erwachsene
Kinder, die bereits alle verheiratet sind. Im Mai des
Jahres erkrankte der alte Herr und übersiedelte in
sein Haus in
Pötzleinsdorf, wo er seit vielen Jahren
den Sommer zu verbringen pflegte. Hier ist er heute
um 7 Uhr Morgens seinem schweren Leiden erlegen.
Am Sterbelager weilten seine Gattin und seine
Schwiegertochter.
Eduard Danzer hat sich aus eigener Kraft,
aus den kleinsten Anfängen emporgeschwungen.
Ursprünglich in bescheidener Stellung im "Harmonietheater"
beschäftigt, hatte er die Idee, anstatt, des
Theaters ein großangelegtes Variété zu errichten,
das bis zur Eröffnung des Etablissements
Ronacher
das einzige große Etablissement dieses Genres in
Wien war.
Die Sängerinnen Pepi Linder, Anna
Geißler, Fiori, Edelmann, die Geschwister
Reichmann waren bei ihm engagirt und Jahre
lang wirkten
Kriebaum und Nowak und Pepi
Steidler als Hauskomiker in
Danzer's Orpheum.
Auch die berühmte Phoitesgruppe brachte Danzer
nach Wien und gar manche Variétékraft von Rang
und Namen, so die berühmte Akrobatenfamilie
Schäfer mit dem Jongleur Severus Schäfer
traten im
Orpheum in der Wasagasse auf.
Nach jahrelanger Directionsführung zog sich
Danzer, der sich ein ansehnliches Vermögen erworben
hatte, von der Directionsführung zurück und
Franz Xaver Kriebaum übernahm dieselbe. Das Haus
blieb jedoch im Eigenthum Danzer's und
Kriebaum,
sowie sein Nachfolger Director Gabor
Steiner standen zu Danzer im Pachtverhältnisse.
Mit großer Anhänglichkeit verfolgte Danzer
die mannigfachen Wandlungen, die das von ihm
gegründete Etablissement im Laufe der Jahre durchzumachen
hatte. Man sah den alten Herrn an jedem
Vorstellungsabende in der für ihn reservirten Loge
im
Orpheum.
Illustrirtes Wiener Extrablatt vom 2.10.1906, Seite 7:
(Eduard Danzer †.) Die Nachricht vom Tode
Eduard Danzer's ist eigentlich recht überraschend
gekommen. Denn von seiner langen und schmerzlichen
Krankheit - Danzer ist einem Herzleiden erlegen -
ist kaum eine Kunde in die Öffentlichkeit gedrungen.
Von den jüngeren Generationen der Wiener werden
wohl die Meisten Danzer's Namen nur in der
unlöslichen Verbindung mit dem
Orpheum nennen
gehört haben, und was dieser stille, bescheidene
Mann den vergnügungsfrohen Wienern früherer
Zeit bedeutete, dürfte heute selbst schon vielen Zeugen
jener Tage aus dem Gedächtnisse entschwunden
sein. Ist es doch schon 24 Jahre, daß
sich Danzer von der Directionsführung des
Orpheums, das er in zehn Jahren rastloser Arbeit
zu einer selbst nach den heutigen Begriffen modernen
und erstclassigen Variétébühne ausgestattet hatte, in
das Privatleben zurückzog. Vor der Zeit Danzer's
hat es eigentlich ein Wiener Variété im heutigen
Sinne gar nicht gegeben. Für die Unterhaltung des
Publicums kamen neben den wenigen Theatern bis
auf Danzer in erster Linie die Volkssänger in
Betracht, die übrigens auch im Programm des
Orpheums vertreten waren. Eduard Danzer, als
Kind armer Leute in Sannaberg bei Tepl im Jahre
1836 geboren, kam als 14jähriger Knabe nach Wien.
Er etablirte sich später als Gastwirth im 9. Bezirke.
Er trat mit Robert Löwe, dem Director des
Orpheums, in geschäftliche Verbindung und als dieser
wegen finanzieller Schwierigkeiten von der Direction
zurücktreten mußte, übernahmen Danzer und
Schildorfer, die gemeinsam das Orpheum-Restaurant in Pacht hatten, die Direction,
bis im Jahre 1874 Danzer alleiniger
Director wurde. Danzer widmete dem Wiener Lied
und der Wiener Musik liebevolle Pflege und Förderung,
vermittelte aber den Wienern in erster Linie
auch die Bekanntschaft aller Größen der internationalen
Variétébühne. Anna Ulke, die
schöne Edelmann und Anna Geißler,
die „Goldamsel", die später den bekannten
Sänger Katzer geheiratet hat und jetzt mit
ihrem Gatten ein Kaffeehaus betreibt, zählten zu
den Lieblingen des Publicums unter der Direction
Danzer. Die Geißler, die als Zitherspielerin
bei ihm beschäftigt war, wurde von ihm erst als
Sängerin entdeckt. Einer ihrer Hauptschlager war
das heute noch nicht verklungene Lied: „Ich weiß nicht,
mir is heut' so wohlig...", das sie wohl viele
Tausendmale gesungen hat. Noch andere Lieder,
die nach Jahrzehnten noch nicht der Vergessenheit
anheimgefallen sind, wurden zum ersten Male
unter Danzer auf der Bühne des
Orpheums gesungen.
Nach kaum zehnjähriger Directionsführung zog sich
Eduard Danzer im Jahre 1882 als sehr reicher
Mann in das Privatleben zurück. Sein Rücktritt
war unter Anderem dadurch veranlaßt worden, daß
die Behörden nach dem Brande des
Ringtheaters
mit großer Strenge die Theater und Vergnügungs-Etablissements
auf ihre Feuergefährlichkeit prüften
und daß Danzer die getroffenen Verfügungen als
eine schwere Beeinträchtigung des geschäftlichen
Betriebes empfand. Er blieb der Besitzer des Hauses
und zeigte seinen Nachfolgern in der Direction,
C. W. Pertl,
Kriebaum und Steiner das
größte Entgegenkommen. Die tägliche Loge im
Orpheum hatte er sich im Pachtverträge gesichert.
Weiters im Grab bestattet:
Karl Triesch, † 09.05.1897, Bestattungsdatum: 11.05.1897
Minczyslaw Starzewski Ritter Von Ostoja, * 02.05.1910, † 18.08.1913, Bestattungsdatum: 20.08.1913
Anna Danzer, * 24.03.1837, † 21.05.1922, Bestattungsdatum: 24.05.1922
Karl Kohl von Kohlried, * 01.01.1854, † 21.07.1925, Bestattungsdatum: 24.07.1925
Emma Triesch, * 01.01.1888, † 12.07.1941, Bestattungsdatum: 15.07.1941
Eduard Josef Danzer, * 11.01.1870, † 17.02.1943, Bestattungsdatum: 20.02.1943
Anna Kohl von Kohlried, * 13.04.1863, † 12.12.1944, Bestattungsdatum: 20.12.1944
Felix Danzer, † 01.07.1958, Bestattungsdatum: 05.07.1958
Maria Hermine Danzer, † 22.09.1960, Bestattungsdatum: 26.09.1960
Richard Danzer, Dr., † 18.07.1965, Bestattungsdatum: 22.07.1965
Die Grabstelle (auf Friedhofsdauer) befindet sich am
Pötzleinsdorfer Friedhof (Gruppe: D, Nummer: 25).
Quelle: Text: www.nikles.net, Bilder: www.nikles.net, Die Zeit vom 1.10.1906, Seite 3, Illustrirtes Wiener Extrablatt vom 1.10.1906, Seite 5, Illustrirtes Wiener Extrablatt vom 2.10.1906, Seite 7.