Person - Ludwig Lohner
Ludwig Lohner (* 15. Juli 1858 in Liesing; † 14. Juli 1925 in Wien) war ein österreichischer Industrieller und Pionier in der Fahrzeug- und Flugzeugtechnik.
Leben und Wirken: Ludwig Lohner studierte Maschinenbau an der Technischen Hochschule Wien in den Jahren 1875 bis 1880.
1887 zog sich sein Vater
Jakob Lohner aus seiner Firma (Jacob Lohner & Comp.) zurück
und Ludwig übernahm die Leitung des väterlichen Unternehmens.
Als sein Vater im Jahr 1892 starb, erbte er die größte Pferdewagenfabrik Österreich-
Ungarns,
die einen großen Teil ihrer Produktion bis nach Übersee exportierte.
Im Jahr 1897 begann er mit dem Automobilbau, wo er schon damals eine große Zukunft sah.
Da der Benzinmotor nicht ganz den Anforderungen entsprach, war auch die Entwicklung des ganzen Fahrzeuges eher ein Misserfolg.
Aus diesem Grund wendete er sich dem Bau von Elektrofahrzeugen zu, denen er eine noch größere Chance am Markt zumaß.
Mit Ferdinand Porsche entwickelte er 1899 den Lohner-Porsche mit einem Radnabenmotor,
es war ein großer Erfolg auf der Weltausstellung 1900 in Paris.
Im Folgejahr entwickelte Lohner gemeinsam mit Porsche weitere Fahrzeuge mit gemischtem Benzin-Elektroantrieb.
Im Jahr 1906 verkaufte Lohner seine Patente an die Oesterreichische Daimler-Motoren-Gesellschaft,
die ihren Sitz in Wiener Neustadt hatte. Porsche wechselte gleichzeitig zu Daimler und wurde deren Direktor.
Von Daimler wurden zahlreiche Fahrzeuge mit diesem Antrieb gebaut.
Bekannt wurden davon vor allem Feuerwehrfahrzeuge, wie sie auch bei der Berufsfeuerwehr Wien eingesetzt wurden.
Lohner selbst widmete sich mehr dem Karosseriebau, baute aber auch komplette Fahrzeuge.
So wurde von ihm der O-Bus entwickelt (Bauart Lohner-Stoll).
1909 wechselte er zum Flugzeugbau und baute mit seinem
Floridsdorfer
Betriebsleiter Karl Paulal einen Doppeldecker als erstes Motorflugzeug, das mit einem 40-PS Anzani-Motor ausgestattet wurde.
Da er auf dem Gebiet erfolgreich war, bestellte die k.u.k. Heeresleitung bei ihm 36 Flugzeuge des Typs Etrich Taube.
In der Folge baute er einen Doppeldecker, den Lohner Pfeilflieger,
der sowohl als Land- als auch als Wasserflugzeug eingesetzt werden konnte. Die Motoren hatten bis zu 350 PS.
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges wurde das Werk in
Floridsdorf wesentlich erweitert.
Im Jahr 1916 wurde das 30.000 Fahrzeug sowie das 500. Flugzeug gefertigt.
Bis zum Ende des Krieges kamen noch 185 dazu.
Im Jahr 1917 wurde das Unternehmen in eine GesmbH umgewandelt.
Nach Kriegsende wurde die Produktion auf Karosserien umgestellt und auch mit dem Bau von Waggons begonnen.
Neben seiner Tätigkeit als Unternehmer war Lohner in zahlreichen öffentlichen Ämtern tätig.
So hatte er einen Sitz als liberaler Gemeinderat in Wien inne.
Auch gehörte er zu den Gründern des österreichischen Industriellenverbandes, des ÖAMTC und des Österreichischen Aero Clubs.
Einen Tag vor seinem 67. Geburtstag starb Lohner. Er wurde im Familiengrab auf dem
Pötzleinsdorfer Friedhof (Gruppe D, Nummer 20) bestattet.
Würdigung: In
Wien-Floridsdorf wurde im Jahr 1970 die Lohnergasse nach ihm benannt.
2012 wurde in Dortmund, Ortsteil Wambel die zunächst mit dem Arbeitstitel Automeile bezeichnete nördliche Auf-/Abfahrt „Hauptfriedhof“ der B1 / A40 in Ludwig-Lohner-Str. benannt. Auf den ehemaligen Sportplätzen der britischen Rheinarmee, die nach deren Abzug Jahrzehntelang brach lagen, wurden zwei Autohäuser (Audizentrum Dortmund und Toyota) angesiedelt.
Siehe auch
Bombardier Rotax Wien.
Steirische Alpenpost vom 28.2.1892, Seite 5:
Aussee, am 26. Februar 1892.
Hofwagenfabrikant Lohner Am 10. d. M.
Morgens ist in Wien der Hofwagenfabrikant
Jakob Lohner,
Chef der Firma Lohner und Comp., in seiner Wohnung,
Porzellangasse Nr. 2, nach längerer Krankheit im Alter
von 71 Jahren gestorben. Lohner war einer der bedeutendsten
Wagenfabrikanten auf dem Continent und in aristokratischen
und Sportkreisen sehr bekannt. Er hatte im Jahre 1852
das seit 1821 gegründete Sattlergeschäft seines Großvaters
Ludwig Laurenzi zu einer Wagenfabrik umgestaltet und wußte
seinem Unternehmen bald im In- und Auslande einen
guten Ruf zu gewinnen. Seitdem entwickelte sich sein Etablissement
zu dem bedeutendsten in Wien und zu einem der
größten in Europa. Lohner besaß die Hoflieferantentitel für
den österreichischen, schwedischen und rumänischen Hof. Der
Kaiser zeichnete ihn durch Verleihung des goldenen Verdienstkreuzes
mit der Krone aus; auch andere Souveräne verliehen
ihm Orden und Decorationen. Lohner war Vice-Präsident
des gemeinnützigen Vereins und Mitglied anderer Wohlthätigkeitsvereine.
Herr Lohner gehörte auch zu den getreuen
Curgästsn Aussees, er kam seit einer Reihe von Jahren
hierher und wohnte einen Sommer im Meranstöckl, einen
Sommer bei G. Resch und seit 1889 in der Villa Moser.
Innsbrucker Nachrichten vom 15.7.1910, Seite 5:
In Igls verschied nach langem Krankenlager Frau Rosa
Lohner, geb. Kirchlehner, im 70. Lebensjahre.
Die Verblichene war die Mutter des Hofwagenfabrikanten
Herrn Ludwig Lohner in Wien.
Ihre Leiche wird von der "Concordia" zur Bestattung nach Wien überführt.
Die Verstorbene war ein langjähriger Kurgast von Igls
und eine große Wohltäterin der Armen.
Der Tag vom 15.7.1925, Seite 4:
Ludwig Lohner gestorben.
Gestern mittags ist der 71jährige Fabrikant
Ludwig Lohner, 9. Bez., Porzellangasse 2,
der Inhaber einer bekannten Flugzeugwerft,
in einem Straßenbahnzug am Engelsplatz von
plötzlichem Unwohlsein befallen worden und
bewußtlos zusammengestürzt. Er verschied
noch vor dem Eintreffen der Rettungsgesellschaft.
Die Firma Lohner, deren Seniorchef der
Verstorbene war, besteht seit dem Jahre 1821
und beschäftigt sich seit dem Jahre 1890 mit
der Erzeugung von Wagen- und Karosserien.
Ludwig Lohner war es auch, der das erste
Automobil nach Wien brachte, die Typen der
Straßenbahnwagen nach dem System Lohner-Borsch
tragen seinen Namen. Im Jahre 1910
stellte er seine Produktion auch auf die Erzeugung
von Flugzeugen — man nannte sie
Pfeilflugzeuge — ein; im gleichen Jahre noch
vollführte ein Aeroplan seiner Fabrik den
aufsehenerregenden Flug von Wien nach
Budapest.
Zwei Jahre später flog der berühmte
Pilot Hauptmann Blaschke, der
bekanntlich den großen Höhen-Weltrekord in
Aspern aufgestellt hat, mit einem Lohner-Flugzeug
von Wien nach Berlin. Während des Krieges war die Fabrik Lohner mit der
Erzeugung von Kampfflugzeugen beschäftigt
und gab mehr als tausend Arbeitern Brot.
Als im Jahre 1918 infolge des Friedens von
St. Germain der weitere Flugzeugbau in
Österreich fast unmöglich wurde, stellte
Ludwig Lohner seine Fabrik wiederum auf
den Karosseriebau um; die Autobustypen der
Gemeinde Wien sowie viele Ambulanzwagen
der Rettungsgesellschaft und Feuerwehr sind
von ihr konstruiert worden.
Der Verstorbene war fünf Jahre lang als
Mitglied der liberalen Partei Gemeinderat
von Wien und befaßte sich hauptsächlich mit
Verkehrsproblemen. Im Jahre 1918 legte er
sein Mandat nieder und kandidierte nicht
wieder. Ludwig Lohner war ein Freund
zahlreicher hervorragender Gelehrter; zu
seinen intimen Bekannten zählten sich außer
dem Nationalökonomen Böhm-Bawerck
auch viele hervorragende Arzte, darunter die
Professoren Chiari, Wagner,
Jauregg, Eiselsberg, Fuchs usw.
Ludwig Lohner, der auch lange Jahre Vizepräsident
des Automobilklubs und Vorstandsmitglied
des Hauptverbandes der Industrie,
sowie zahlreicher wirtschaftlicher Korporationen
war, hinterläßt außer einer Gattin,
die eine Urenkelin des berühmten Diplomaten
Gentz ist, sechs Söhne und eine verheiratete
Tochter. Der älteste Sohn Max und die Ingenieure
Richard und Alfred Lohner sind in
der Fabrik, die gegenwärtig ungefähr
300 Arbeiter beschäftigt, tätig.
über das Leichenbegängnis wurden bisher
noch keine näheren Dispositionen getroffen.
Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 15.7.1925, Seite 5:
Ludwig Lohner gestorben.
Kommerzialrat Ludwig Lohner, einer der wenigen
verdienstvollen Pioniere des österreichischen Automobilismus,
die noch in die „Neuzeit" herüberragten, ist gestern in den
ersten Nachmittagsstunden einem Herzschlag erlegen. Mit ihm
ist einer jener weitblickenden Männer dahingeschieden, die für
den österreichischen Automobilismus sehr viel getan haben, die
ihm die ersten Wege geebnet hatten und für seine weitere Entwicklung
stets warmes Interesse bekundeten.
Ludwig Lohner war am 15. Juli 1858 zu
Liesing bei
Wien geboren, erreichte also ein Alter von 67 Jahren. Er
besuchte von 1874 bis 1878 die Wiener Technische Hochschule
und machte bis 1887 weite Reisen in Europa, nach Amerika und
dem fernen Orient. Nach Wien zurückgekehrt, trat er in die
Firma Jakob Lohner u. Co. ein, die er 1896 allein übernahm.
Auf seinen Studienreisen gewann er schon ein klares
Bild von den künftigen Möglichkeiten des selbstbeweglichen
Vehikels, zu einer Zeit, da sich im Heimatlande noch kaum die
ersten Keime der neuen Bewegung regten. Ludwig Lohner war
Mitbegründer des Oesterreichischen Automobilklubs und seit
dessen Bestehen Vorstandsmitglied. Man wird nicht zu viel
behaupten, wenn man sagt, Lohner war der erste Oesterreicher,
der die Entwicklung des Automobils in ihrer ganzen Bedeutung
erfaßte.
Wäre Lohner mehr Kaufmann und weniger Pionier
einer neuen Bewegung und Ingenieur gewesen, so hätte er
wahrscheinlich eine der vorhandenen Typen kopiert und wäre
so ohne große Schwierigkeiten in die Fabrikation und das Geschäft
gekommen. Er fühlte aber die Kraft in sich, aus eigenem
zu schaffen, und nur in der allerersten Zeit benützte er die
Fabrikate von Peugeot in Paris, doch mehr zum Studium als
zum Vorbild. Einen solchen Peugeot brachte Ludwig Lohner
im Jahre 1895 nach Wien, wo er große Aufmerksamkeit erregte.
Am 16. Jänner 1897 veröffentlichte das „Neue Wiener
Abendblatt" in seiner Automobilrubrik einen ausführlichen
Bericht über einen Vortrag, den Ludwig Lohner am Abend
zuvor im Niederösterreichischen Gewerbeverein unter dem
Titel: „Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Automobile"
gehalten hatte.
Der Verblichene gehörte zu jenen Konstrukteuren, die
stets auf dem Quivive stehen und mit Scharfblick junge Talente
zu entdecken verstehen. So trat Lohner schon im Jahre 1899
mit Ingenieur Ferdinand Porsche, heute technischer Direktor
der Daimler-Motorengesellschaft, Stuttgart-Untertürkheim, in
Verbindung. Es wurden die ersten Elektromobile nach
dem System Lohner-Porsche gebaut. Nach demselben System
erzeugten dann die Oesterreichischen Daimlerwerke in Wiener
Neustadt Elektromobile sowie elektrische Oberleitungswagen.
In der internationalen Automobilwelt wurde auch die Konstruktion
des Lohner-Porsche-Wagens gemischten Betriebes (mit
dem populären Namen als Mixte bezeichnet) viel besprochen,
das heißt ein Wagen mit einem Benzinmotor und elektrischer
Kraftübertragung. Für dieses System interessierte sich namentlich
in Frankreich das große Haus Panhard u. Levassor, welches
das Patent angekauft hatte, ebenso wurde seinerzeit der
Mercedes-Mixte in Wiener-Neustadt nach diesen Plänen gebaut;
schließlich auch die bekannten C-Züge mit einer
Transportfähigkeit bis zu 50 Tonnen Nutzlast. Charakteristisch
war bei den Lohner-Porsche-Konstruktionen der in die Radnabe
eingebaute Elektromotor. Am bekanntesten ist diese Ausführungsform
an zahlreichen Feuerwehrelektromobilen, die nicht
nur in Wien, sondern auch in vielen andern europäischen
Städten Verkehren.
Als das Benzinautomobil immer mehr in den Vordergrund
trat, verschwanden die Elektromobile Lohner-Porsche
allmählich aus dem Großstadtbilde. Heute sieht man nur hie
und da einmal eines von jenen seinerzeit so populären Fahrzeugen
geräuschlos durch die Straßen dahingleiten. Im
weiteren Verlaufe seiner Tätigkeit gestaltete dann Kommerzialrat
Lohner den Automobilkarosseriebau aus und lieferte die
gediegenen, solid gearbeiteten Lohner-Wagen-Aufbauten. Es
braucht wohl kaum erst hervorgehoben zu werden, daß Ludwig Lohner
auch mit vollem Eifer sich dem Bau von Flugzeugen
zuwandte.
Der so arbeitsfreudige Pionier des Automobilismus war
auch im Niederösterreichischen Gewerbeverein sowie in andern
Körperschaften, die direkt oder indirekt mit der automobilistischen
Bewegung in Verbindung standen, stets anregend und fördernd
tätig. Er war auch Mitglied der Automobilistischen Tischgesellschaft.
Ueberall kam es ihm trefflich zustatten, daß er die Gabe
der Rede in ganz außerordentlicher Weise besaß. Dies kam ihm
unter anderm auch während seiner politischen Tätigkeit im
Gemeinderat, wo er der liberalen Partei angehörte, sehr zu
gute. Der österreichische Automobilismus hat durch das Dahinscheiden
Ludwig Lohners einen großen Verlust erlitten, und die
automobiliftische Gemeinde wird dem tapferen Vorkämpfer ein
dauerndes Gedenken bewahren.
Weiters im Grab bestattet:
Jakob Lohner, * 07.10.1821, lt. Grabstein 08.10.1821 in Wien, † 19.02.1892 in Wien, Bestattungsdatum: 22.02.1892
Christiane Maria Adrienne Lohner, geb. Czeija, * 29.05.1919, † 16.11.2007, Bestattungsdatum: 30.11.2007
Rosa Lohner, geb. Kirchlehner, * 11.11.1840, † 13.07.1910, Bestattungsdatum: 18.07.1910
Ludwig Lohner, * 15.07.1858, † 14.07.1925, Bestattungsdatum: 18.07.1925
Melanie Lohner, * 30.03.1868, † 17.04.1926, Bestattungsdatum: 20.04.1926
Sidonie Lohner, geb. Szerbanowirz, * 25.03.1896, † 01.06.1973, Bestattungsdatum: 08.06.1973
Maximilian (Max) Lohner, * 19.10.1891, † 07.01.1975, Bestattungsdatum: 14.01.1975
Regina (Reny) Lohner, geb. Singer, * 24.09.1905, † 08.07.1981, Bestattungsdatum: 13.07.1981
Alfred Bill Lohner, * 25.07.1898, † 13.02.1983, Bestattungsdatum: 22.02.1983
Friedrich (Fritz) Lohner, Dr., * 12.01.1906, † 29.08.1990, Bestattungsdatum: 07.09.1990
Gerda Lohner, geb. Bellinger, * 09.09.1919, † 27.09.1992, Bestattungsdatum: 02.10.1992
Wilhelm Lohner, Dkfm., * 10.03.1909, † 27.12.1998, Bestattungsdatum: 04.01.1999
In memorian:
Richard Lohner, Dipl.Ing., Industrieller * 22.08.1894, † 04.04.1970.
Quelle: Dieser Text basiert auf dem Artikel
Jakob_Lohner aus der freien Enzyklopädie
Wikipedia und steht unter der Lizenz
Creative Commons CC-BY-SA 4.0 (Text erweitert). In der Wikipedia ist eine
Liste der Autoren verfügbar.
Bilder: www.nikles.net, Steirische Alpenpost vom 28.2.1892, Innsbrucker Nachrichten vom 15.7.1910, Seite 5, Seite 5, Der Tag vom 15.7.1925, Seite 4, Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 15.7.1925, Seite 5 und gemeinfrei.