Das Hochhaus Herrengasse in der Herrengasse 6–8, Fahnengasse 2 und Wallnerstraße 5–7 im 1. Wiener Gemeindebezirk Innere Stadt war das erste Hochhaus in Wien.
Geschichte: Das Hochhaus Herrengasse wurde von den
Architekten Siegfried Theiss und Hans Jaksch zwischen 1931
und 1932 auf dem seit dem 1913 erfolgten Abbruch des Palais
Liechtenstein ungenutzten Bauplatz errichtet, der in dieser
Zeit mehrfach den Eigentümer gewechselt hatte und zuletzt
ins Eigentum des Oesterreichischen Creditinstituts für
öffentliche Unternehmen und Arbeiten gekommen war.
Im Februar 1930 erfolgte die Projekteinreichung bei der
Baubehörde, am 22. Februar 1930 fand die kommissionelle
Vorortverhandlung statt. Nachdem am 28. März 1931 die
Baubewilligung erteilt wurde und am 3. April 1931 das
Bundesministerium für soziale Verwaltung den Bundeszuschuss
gemäß dem Wohnbauförderungsgesetz gewährt hatte, begann noch
im gleichen Monat die Baufirma N. Rella & Neffe Bau AG mit
den Arbeiten. Ebenfalls 1931 wurde vom Oesterreichischen
Creditinstitut für öffentliche Unternehmen und Arbeiten die
Herrengasse Wohnbau Aktiengesellschaft gegründet.
Der Plan, in der Wiener Innenstadt
in der Nähe des
Stephansdoms ein Hochhaus zu errichten, war umstritten.
Der Architekt Albert Linschütz rief in einer Zeitung der
Stadt zum Widerstand gegen den Bau auf und erhielt unter
anderem Unterstützung von Josef Frank, der ebenfalls
Bedenken wegen des Stadtbilds hatte. Anderen wiederum war es
sogar noch zu niedrig und die Zeitungen nannten es zum Teil
scherzhaft „Hochhäuserl“. Oskar Strnad etwa forderte ein
mindestens 200 Meter hohes Hochhaus.
Mit der Planung des Hochhauses Herrengasse wurde im Mai 1930
begonnen und nach den 18 Monate dauernden Bauarbeiten wurde
am 17. November 1932 das Haus in Anwesenheit von
Bundespräsident Wilhelm Miklas eingeweiht.
Prestigeobjekt: Die Errichtung des rund 50 Meter hohen Hauses in der Herrengasse in Wien bedeutete einen Prestigeerfolg für die christlich-soziale Staatsregierung, die die Errichtung des Gebäudes gefördert hatte, nachdem die sozialdemokratische Stadtregierung mit der Errichtung eines Gemeindebaus in Form eines Hochhauses im 9. Wiener Gemeindebezirk Alsergrund gescheitert war. Erst nach der Zäsur des Zweitens Weltkriegs kam es in Wien zum Bau weiterer Hochhäuser: das erste unter sozialdemokratischer Herrschaft in Wien errichtete Hochhaus war der Ringturm – ein Bürohaus – und kurz danach das Matzleinsdorfer Hochhaus als Bestandteil des Theodor-Körner-Hofs, eines Gemeindebaus.
Architektur: Der Bau wurde auf einer 2,5 Meter
dicken Fundamentplatte errichtet. Der niedere Bauteil mit
neun Stockwerken wurde in Form einer Blockrandbebauung als
Eisenbetonskelettbau mit zwei Innenhöfen errichtet. Der
Fahnengasse zu befindet sich das 16 Geschoße hohe
Stahlskelett-Hochhaus, welches wegen der ab dem 12.
Stockwerk erfolgten Abtreppung aus der Nähe aber als solches
nicht auffällt. Die drei obersten Etagen des 16stöckigen
Turms wurden verglast ausgeführt und dienten ab 1935 einem
Kaffee-Restaurant und Tanzcafé. Ende der 1960er-Jahre
erfolgte die Umwandlung dieser Räume in Wohnungen.
Der im Hof befindliche Trakt wurde in traditioneller
Ziegelbauweise errichtet. Dieser beherbergte neben den
Waschküchen auch die Heizanlagen für die zentrale
Warmwasserheizung und die Warmwasserbereitung.
Eine Neuerung für den Wohnbau in Wien war die Ausstattung
der Wohnungen mit Elektroherden, wofür die Gemeinde Wien
einen eigenen Stromtarif erließ.
Das Gebäude ist mit Schnellaufzügen ausgestattet und
umfasste ursprünglich 224 Wohnungen, 120 davon für Familien
mit zwei bis vier Wohnräumen und einem Zimmer für ein
Dienstmädchen und 104 für Junggesellen, Geschäfte im
Erdgeschoß und im darüber liegenden Stockwerk Büros und
Arztpraxen.
Bewohner: Zwar hatte der Staat den Bau gefördert,
trotzdem waren die Mieten hoch. Dies machte das Hochhaus zu
einer noblen Wohnadresse, wo vor allem Schauspieler des
nahen Burgtheaters anzutreffen waren.
Einige Bewohner waren bzw. sind:
Essad Bey (alias Lev Abramovic Nussimbaum alias Kurban Said)
Franz Theodor Csokor
Max Fellerer
Hans Jaray
Curd Jürgens
Irene Kafka
Daniel Kehlmann
Susi Nicoletti
Christian Rainer
Albin Skoda
Oskar Werner
Paula Wessely
Heinz Woester
Gusti Wolf
Literarischer Schauplatz: Das Hochhaus Herrengasse war Schauplatz des Romans „Morgen ist alles besser“ von Annemarie Selinko aus dem Jahr 1938.
Quelle: Text: Wikipedia, Bilder: Thomas Ledl unter der Lizenz CC BY-SA 3.0 at und gemeinfrei.
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Günter Nikles
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