Vom Ursprung der uralten Stadt Wien ist viel geschrieben
und gefabelt worden, und es haben die Chronikenschreiber der
früheren Jahrhunderte mancherlei ausgesagt, was nicht
glaubhaft klingt. Einer behauptete, Wien sei nicht jünger
als Rom; ein anderer erzählte, dass nicht allzu lange nach
der Sündflut ein Fremdling, mit Namen Abraham, sich mit den
Seinen am Ufer der Donau, und zwar da niedergelassen, wo
heutzutage der Markt Stockerau gelegen ist; welcher Abraham
dann zur Erbauung Wiens den ersten Grund gelegt. Noch andere
haben geschrieben, dass ein naher Nachkomme des Erzvaters
Noah, der ein König der Deutschen gewesen und Suevus
geheißen, bereits im Jahre der Welt
Zweitausendzweihundertundachtzig den Anfang zur Erbauung
Wiens gemacht habe. Auch sind viele Schriftsteller der
Meinung gewesen, dass die Römer bei ihrem mächtigen
Vordringen in die germanischen Wälder da, wo heute Wien
liegt, eine Kolonie begründet und eine Stadt gebaut, das
alte Faviae, in welcher eine Reihe der römischen Kaiser
bisweilen residiert, dass aber diese Römerstadt in späterer
Zeit durch die feindlichen Völkerschwärme der Hunnen, Goten
und Awaren bis auf die geringste Spur vernichtet worden sei.
Nicht minder wird Wien eine Stadt der Winden oder Wenden
genannt, daher ihr lateinischer Name Vindobona.
Klarer und fester gestaltet tritt die Stadt Wien zur Zeit
Kaiser Heinrichs des Städtegründers in die Geschichte.
Dieser stiftete das Markgrafentum von Österreich, und
Leopold der Heilige wurde des Landes erster Markgraf und
Schirmvogt gegen die feindlichgesinnten Nachbarvölker, von
denen die Ungarn die gefährlichsten und gefürchtetsten
waren, die Leopold mit tapferer Hand besiegte. Er baute auf
die Vorderseite am äußersten Rücken des Kahlenberges, die
heute noch nach ihm Leopoldsberg genannt wird, ein
stattliches und starkes Schloss, das die Gegend umher
beherrschte, das freien Umblick über die gesegneten Auen und
sanftgehügelten Gefilde Pannoniens und Noricums bis zu den
höheren Gebirgen hin gewährte und jetzt bis auf die
Ringmauern in umbuschten Trümmern liegt. Bald fanden sich
Anwohner in Menge, die in der reizenden Ebene am Ufer des
gewaltigen Stromes und geschirmt von der nahen Fürstenburg
sich Häuser bauten, und so wuchs allmählich das schöne,
heitere, lebensfrohe Wien. Doch soll die Stadt diesen Namen
nicht alsbald geführt haben, sondern von der alten
Römerstadt Faviae oder Favianae genannt worden sein. Daraus
wurde Vianae, Viennae, Wienn, wie es eigentlich noch heute
heißt und gesprochen wird, und nicht Wihn, wie die Ausländer
sagen.
Andere halten jedoch für wahrscheinlicher, dass das kleine
Flüsschen, die Wien, welches nahe der innern Stadt
vorbeifließt und unterhalb derselben in die Donau fällt, ihr
den Namen verliehen habe, was billig an seinen Ort gestellt
bleibt.
Quelle: Volkssagen, Mährchen und Legenden des Kaiserstaates Österreich, Ludwig Bechstein, 1840, Bilder: www.nikles.net
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