Person - Franz von Uchatius
Franz Freiherr von Uchatius (* 20. Oktober 1811 in Theresienfeld,
Niederösterreich; † 4. Juni 1881 in Wien) war ein österreichischer Feldmarschallleutnant, Artillerieexperte und gilt als einer der genialsten Konstrukteure und Erfinder im Bereich der Österreichisch-Ungarischen Artillerie.
Herkunft und militärische Laufbahn: Franz Uchatius war ein Sohn des k.k. Straßenkommissär Vitus Uchatius, (* 1765 in Klattau (heute Klatovy), Westböhmen im Kaisertum Österreich) und dessen Ehefrau Barbara (geb. Mutzbauer) aus Leuchtenberg in der Oberpfalz. Er hatte einen Bruder, Josef Uchatius. Als Absolvent des Gymnasiums in Wiener Neustadt trat Franz 1829 als Kadett in das k.k. Artillerieregiment Nr. 2 ein. Er erhielt eine mehrjährige mathematisch-technische Ausbildung in der Schule des 1786 gegründeten k.k. Bombardierkorps, vervollkommnete diese Ausbildung in der chemisch-physikalischen Lehranstalt als Laborant und Assistent eines Professors und fiel durch außergewöhnliche Intelligenz und Fleiß auf. Als der Sultan der Türkei einige Gruppen von Offizieren nach Wien schickte, wo sie von Artillerie-General und Polyhistor Franz von Hauslab ausgebildet wurden, war Uchatius deren Lehrer für Physik und Chemie. Er war einer der ersten, der Daguerreotypien und Fotografien herstellte. Uchatius maß dieser Erfindung keine größere Bedeutung zu und verkaufte sie mit allen Rechten an den Berufszauberer Ludwig Döbler, der nach einigen Jahren ein reicher Mann wurde.
Ab 1837 war Franz Uchatius Feuerwerker (Feldwebel bei der Artillerie). 1841 wurde er in die k.k. Geschützgießerei des
Wiener Arsenals versetzt und 1843 zum Leutnant befördert. Von da an begann sich Uchatius noch mehr mit technischen Innovationen zu beschäftigen. Zu dieser Zeit gelang ihm auch die Erfindung des „Nebelbildapparates“, der gezeichnete Bilder projizieren konnte und der erste cinematographische Vorführapparat war. Uchatius gilt damit auch als Erfinder des „bewegten Bildes“.
In der Revolution von 1848/49 im Kaisertum Österreich machte er mit dem k.k. Feldartillerieregiment Nr. 3 den Feldzug in Italien und in
Ungarn mit. Bei der Belagerung des revolutionären Venedig schlugen er und sein Bruder Josef, beide Artillerieoberleutnante, vor, durch heißluftgefüllte Papierballons mehrere 30 Pfund schwere Bomben auf die Stadt werfen zu lassen. 1849 erfolgte dann tatsächlich die Bombardierung Venedigs, welche damit den ersten Luftangriff der Weltgeschichte mit 110 von Uchatius konstruierten und hergestellten Ballonbomben darstellt. Restbestände dieser Bomben können heute noch im Heeresgeschichtlichen Museum in Wien besichtigt werden.
1856 veröffentlichte Franz Uchatius ein verbessertes Verfahren zur Erzeugung von Stahl, dem heute nach ihm benannten „Uchatius-Stahl“. Bald darauf erfand er ein Herstellungsverfahren von sogenannter Hart- oder Stahlbronze, welche 75 % billiger war als Gussstahl war und als Geschützrohrmaterial beinahe dieselbe Qualität aufwies. Dadurch hatte Österreich-
Ungarn einen billigeren Geschützwerkstoff als Stahl und konnte sich von ausländischen Importen unabhängig machen. Pläne, aus der Uchatius-Bronze nicht nur leichte, sondern auch schwere 30,5-cm-Schiffsgeschütze herzustellen, wurden nicht realisiert; die Geschütze für die Kronprinz Erzherzog Rudolf wurden bei Krupp bestellt.
Auszeichnungen: 1851 wurde Uchatius zum Hauptmann befördert, 1857 wurde er mit dem Orden der Eisernen Krone 3. Klasse ausgezeichnet und aufgrund der Ordensstatuten als "Ritter von Uchatius" in den österreichischen erblichen Adelsstand erhoben. 1860 wurde er fünfzigjährig zum Major befördert und zum Vorsteher der Geschützgießerei bestellt. 1867 wurde er Oberst, 1871 erfolgte seine Ernennung zum Kommandanten des Artilleriezeugskommandos im
Wiener Arsenal. 1874 wurden seine Leistungen durch die Beförderung zum Generalmajor gewürdigt. 1875 erfolgte die Verleihung des Kommandeurkreuzes des St.-Stephans-Ordens, sowie die Würde eines Geheimen Rats; 1876 die Erhebung in den Freiherrenstand. 1877 erhielt Franz Freiherr von Uchatius den Orden der Eisernen Krone 2. Klasse. 1879 folgte die Ernennung zum Feldmarschallleutnant.
Lebensende: Das Leben des Franz Freiherr von Uchatius endete unerwartet im 70. Lebensjahr ohne Andeutungen oder Aufzeichnungen durch Selbstmord. Ob ein Missgeschick mit den Schiffsgeschützen oder das Wissen um ein unheilbares Magenleiden die Ursache waren, bleibt bis heute unklar. Es wurde darüber spekuliert, dass verletztes Ehrgefühl wegen der Bestellung der Schiffsgeschütze bei Krupp Anlass für die Selbsttötung war. Sein Ehrengrab befindet sich auf dem
Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 14 A, Nummer 35).
Erinnerung: Nebst der Stahlerzeugung, die seinen Namen als Uchatius-Verfahren trägt, erinnert die Uchatiusgasse in
Wien-Landstraße (3. Bezirk) an ihn als einen der bedeutendsten Pioniere der Technik, die aus Österreich stammen. Auch die Kaserne des Bundesheeres in
Kaisersteinbruch trägt nach ihm seit 1967 den Namen Uchatius-Kaserne.
Erfindungen:
Bildprojektion: 1845 führten seine filmtechnischen Versuche, die „Zauberscheiben“ von
Simon Stampfer mit der Laterna magica zu kombinieren, zum Erfolg. Bewegte Bilder konnten nun dank dieses Projektors mehreren Personen gleichzeitig vorgeführt werden.
Stahlerzeugung: 1856 veröffentlichte Uchatius ein verbessertes, günstigeres Verfahren für die Erzeugung von Gussstahl (Uchatius-Stahl).
Rüstungstechnik: 1844, während seiner Zeit als Leutnant in der Geschützgießerei, projektierte er den ersten Friktionszünder und erfand eine neue Methode für die quantitative Bestimmung des Kohlenstoffs im Roheisen.
Bei der Belagerung von Venedig, das sich 1848 als unabhängig von Österreich erklärt hatte, schlug er vor, durch wasserstoffgefüllte Papierballons Bomben auf die Stadt werfen zu lassen. Am 2. Juli 1849 erfolgte tatsächlich dieser erste Luftangriff der Weltgeschichte mit 110 von Uchatius hergestellten Bomben – was trotz relativ geringer Sachschäden nicht ohne Folgen für die Moral der Bevölkerung der Stadt blieb, sie fühlte sich dieser neuartigen Waffe aus der Luft schutzlos ausgeliefert. Am 22. August 1849 kapitulierte Venedig.
Uchatius erfand ebenso ein Verfahren für die Erzeugung von Stahlbronze. Mit dieser, seiner Geschützbronze schuf Uchatius einen Geschützrohrwerkstoff, der erheblich preiswerter als Stahl war und der Österreich bei der Geschützerzeugung vom Ausland unabhängig machte. Das erste Geschütz aus Uchatius-Bronze wurde 1874 gegossen. Bald war die gesamte Feldartillerie mit Geschützen aus diesem Material ausgestattet. Die Konstruktionsverhältnisse entnahm Uchatius hauptsächlich den von Friedrich Krupp in Essen gelieferten Versuchsmodellen. Sein 1875 eingeführtes Artilleriematerial wurde noch bis ins 20. Jahrhundert verwendet. Für die Geschosse konstruierte er sogenannte Ringhohlgeschosse, die seitdem in fast allen Armeen angewendet wurden.
1861 ersann Uchatius ein Materialprüfungsverfahren für Geschützmetalle und erfand die „Pulverprobe“ zur Messung des im Geschützrohr herrschenden Gasdrucks.
Weiteres: Uchatius betätigte sich als Autor von Rätseln. 1879 erschien sein Werk „Nüsse für Weihnachten 1879. 230 neue Rätsel“.
Die Presse vom 5.6.1881, Seite 8:
Feldmarschall-Lieutenant Uchatius †.
Wien, 4. Juni.
FML. Uchatius hat sich heute Nachmittags erschossen. Diese
auf das Lebhafteste überraschende Kunde hat sich in den Abendstunden
allenthalben in der Residenz verbreitet, überall mit
zweifelndem Staunen und Kopfchütteln aufgenommen. Leider ist
die traurige Nachricht nur allzu wahr. Als heute Nachmittags
kurz vor 3 Uhr der Privatdiener des FML. Uchatius in das
Arbeitszimmer desselben im zweiten Stocke deS Commandanten-Gebäudes
im
Arsenale trat, fand er den General mitten im
Zimmer ausgestreckt auf dem Boden in einer Blutlache liegen.
Der Diener schlug sofort Lärm, worauf mehrere Officiere und
der im selben Stockwerke wohnhafte Arsenal-Director, FML.
Freiherr v. Tiller, herbeieilten. Sofort herbeigerufene Aerzte
eonstatirten, daß sich FML. Uchatius aus einem Revolver eine
Kugel in die linke Seite der Brust gejagt habe. Das Projectil
hatte das Herz mitten durchbohrt und den augenblicklichen Tod
des Generals herbeigeführt. Neben der Leiche lag die Waffe, ein
sechsläufiger Revolver, am Boden. Ueber die Motive, die den
hochverdienten General zum Selbstmorde veranlaßt, ist nicht das
Geringste bekannt. FML. Uchatius selbst hat über seinen letzten
Entschluß keine einzige Zeile hinterlassen. Nach einer Version,
die in militärischen Kreisen lebhaft besprochen wird,
dürfte gekränktes Ehrgefühl dem General die Waffe in die Hand
gedrückt haben. FML. Uchatius hat sich heute Vormittags im
Reichs-Kriegsministerium mehrere Stunden aufgehalten und ist
gegen 2 Uhr in das
Arsenal gefahren, wo er sich direct in seine
Wohnung begab, um dort die beklagenswerthe That zu vollführen.
Die Leiche des verdienstvollen Generals wurde Abends in
das Garnisonsspital Nr. 1 gebracht. Wir geben im Nachstehenden
die hauptsächlichsten biographischen Daten:
„Franz Freiherr v. Uchatius, k. k. Geheimrath, Feldmarschall-Lieutenant
und Commandant der Artillerie-Zeugsfabrik im
Arsenale, correspondirendes Mitglied der
Akademie der Wissenschaften,
Commandeur des Stephans-OrdenS, Ritter des Ordens
der Eisernen Krone zweiter Classe, Commandeur des dänischen
Danebrog-Ordens erster Classe, Ritter des russischen Stanislaus-Ordens
zweiter Classe, des russischen Wladimir-Ordens zweiter
Classe und des preußischen Rothen Adler-Ordens vierter Classe,
ist geboren am 20. October 1811 zu Theresienfeld. Im Jahre
1829 als Kadet-Unterkanonier zum zweiten Artillerie-Bataillon
assentirt, wurde er im Jahre 1843 Lieutenant, im Jahre
1866 Major und Commandant der Geschützgießerei,
im Jahre 1867 Oberst, im Jahre 1871 Commandant
der Artillerie-Zeugsfabrik, im Jahre 1874
Generalmajor und am 25. April 1879 Feldmarschall-Lieutenant.
Als Oberlieutenant machte er die Feldzüge in den Jahren 1848
und 1849 in
Ungarn und Italien mit. Uchatius hat sich
mit der Verbesserung deS Geschützwesens beschäftigt bereits von
der Zeit an, als er als Unterkanonier in der Armee diente. Der
rastlosen Thätigkeit und der glänzenden Begabung des Officiers
gelang es auch, auf diesem Gebiete eine Reihe von Erfindungen
zn machen, die eine große Umwälzung im Geschützwesen nach
jeder Richtung hin hervorriefen. Im Jahre 1856 erfand Uchatius
eine Stahlerzeugungs-Methode, deren Producte mit Bessemerstahl
rivalisirten. Im Jahre 1864 wurde Uchatius
wegen seiner Pulverprobe- und ballistischen Apparate zum correspondirenden
Mitgliede der
Akademie der Wissenschaften erwählt.
Die weittragendste Erfindung Uchatius war die der Stahlbronce,
jener geheimgehaltenen metallischen Mischung, die zur
Anfertigung der österreichischen Geschütze — der Uchatius-Kanonen,
wie sie der Volksmund getauft hat — verwendet wird. Für diese
geniale Erfindung hat FML. Uchatius den Stephans-Orden
und den Freiherrnstand erhalten." Die betrübende Nachricht
wurde noch im Laufe deS Nachmittags telegraphisch an Se. Majestät
den Kaiser nach
Budapest gerichtet; ebenso wurden das
Kriegsministerium, das General- und Platzcommando von
dem Ableben des FML. Uchatius verständigt.
Die Freie Presse vom 10.6.1905, Seite 7:
(† Baronesse Mary Uchatius.) Die im Abendblatte
veröffentlichte Nachricht aus Gmunden vom Ableben
der Baronin Anna Uchatius, der Witwe des Feldmarschallieutenans
Franz Freiherrn v. Uchatius, beruhte auf
einem Irrtum, indem dieselbe schon seit mehreren Jahren tot
ist. Die gestern in Gmunden verstorbene Dame war ihre
Tochter, Baronesse Mary Uchatius. Sie war unvermählt
und hat das Alter von 58 Jahren erreicht. Seit längerer Zeit
kränkelnd, begab sich Baronesse Uchatius kürzlich zur Erholung
nach Gmunden, wo sie nun einem Herzschlage erlegen
ist. Baronesse Mary war eine Cousine des Obersten i. P
Georg Ritter v. Uchatius und eine Tante der Malerin Marie
v. Uchatius [Maria Zeiller-Uchatius, 09.03.1882-08.09.1958].
Die Presse vom 14.3.1890, Seite 9:
(Baronin Uchatius †.) Heute Mittags um halb 12 Uhr
starb hier Baronin Anna Uchatius, Witwe des am 4. Juni
1881 verblichenen Erfinders der Stahlbronce FML. Franz
Freiherrn v. Uchatius. Die irdische Hülle wird Samstag
Nachmittags um 3 Uhr vom Trauerhause,
Wieden,
Hauptstraße 2,
in die
Pfarrkirche zu St. Karl gebracht und nach
feierlicher Einsegnung auf dem
Centralfriedhofe beerdigt.
Wiener Salonblatt vom 16.3.1890, Seite 7:
Donnerstag Mittags ist hier Frau Baronin Anna Uchatius, Wittwe nach
dem am 4. Juni 1881 hier verblichenen berühmten Erfinder der
Stahlbronce-Kanone FML. Franz Freih. v. Uchatius, im 75. Lebensjahre gestorben.
Weiters im Grab bestattet:
Baronin Mary Uchatius (Tochter), † 09.06.1905, 58 Jahre, Bestattungsdatum: 13.06.1905
Seine Witwe, Baronin Anna Uchatius, geb. Brandl (Brandel), k.u.k. Feldmarschalllieutenants-Witwe,
† 13.03.1890 im 75. LJ., Lungentuberkulose, 4., Hauptstraße 2 wurde ebenfalls
am
Wiener Zentralfriedhof beerdigt.
Quelle: Dieser Text basiert auf dem Artikel
Franz_von_Uchatius aus der freien Enzyklopädie
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Bilder: www.nikles.net, Die Presse vom 5.6.1881, Seite 8 und gemeinfrei.