Person - Heinrich von Haymerle
Freiherr Heinrich Karl von Haymerle (* 7. Dezember 1828 in Wien; † 10. Oktober 1881 ebenda) war ein österreichischer Staatsmann und Diplomat.
Heinrich von Haymerle ist der Sohn von
Johann Nepomuk Ritter von Haymerle, * 1793 in Wien, † 19. August 1833
und Wilhelmine Mina Maria Anna von Haymerle Obersteiner, 4. August 1804 in Wien, † 23. Oktober 1867.
Leben: Heinrich Karl von Haymerle, aus einer alten deutsch-böhmischen Adelsfamilie stammend, absolvierte seine Studien an der k.k. Orientalischen Akademie in Wien, wurde im Oktober 1848, dem Aufruf der Wiener Studentenschaft zu den Waffen folgend, bei der Einnahme der Hauptstadt durch die Truppen gefangen genommen und entging nur durch die Fürsprache des Barons Alexander von Hübner bei Feldmarschall Windischgrätz der kriegsrechtlichen Erschießung.
1850 wurde er zum Dolmetschadjunkten bei der Internunziatur (Botschaft) in Konstantinopel ernannt und 1854 zum dritten Dolmetsch befördert. 1857 wurde er als Legationssekretär nach Athen, 1861 nach Dresden und 1862 nach Frankfurt am Main versetzt, wo er den deutschen Fürstenkongress miterlebte.
Nach dem Wiener Frieden 1864 wurde er als Geschäftsträger nach Kopenhagen geschickt, um die diplomatischen Beziehungen mit Dänemark wieder anzuknüpfen, und nahm 1866 an den österreichisch-preußischen Friedensverhandlungen in Prag teil.
Hierauf ging er als interimistischer Geschäftsträger nach Berlin, arbeitete 1868 einige Zeit unter Friedrich Ferdinand von Beust im auswärtigen Ministerium in Wien, dann bei der Internunziatur in Konstantinopel und erhielt im Dezember 1869 den Gesandtschaftsposten in Athen, 1872 den in Den Haag, wo er 1876 auch in den Freiherrenstand erhoben wurde.
Nachdem er wiederum einige Zeit im auswärtigen Ministerium unter Gyula Andrássy beschäftigt gewesen, ward er im Januar 1877 zum Botschafter in Rom ernannt. 1878 war er dritter österreichischer Bevollmächtigter auf dem Berliner Kongress und wurde am 8. Oktober 1879 zum Nachfolger Andrássys ernannt, dessen auswärtige Politik er fortführte.
Namentlich pflegte er das Bündnis mit Deutschland und bemühte sich, den Frieden im Orient aufrechtzuerhalten.
Der am 19. Dezember 1867 mit Therese, geborene Freiin von Bernus geschlossenen Ehe Haymerles entstammen zwei Kinder: Maria Karoline Wilhelmine (* 25. Oktober 1868) und Franz Alexander (* 15. September 1874). Franz Alexander war mit der Schauspielerin Liane Haid verheiratet.
Im Jahr 1894 wurde in
Wien-Ottakring (16. Bezirk) die Haymerlegasse nach ihm benannt.
Weiters im Grab bestattet:
Therese Freifrau von Haymerle, geb. Freiin von Bernus, Dame des Elisabeth-Ordens 1. Klasse, * 1843 in Frankfurt am Main, † 18.05.1900 in Heidelberg im 57. LJ., Bestattungsdatum: 22.05.1900
Franz Baron von Haymerle, Dr. (Sohn), * 05.09.1874 in Den Haag, † 01.03.1917 im 48. LJ., Bestattungsdatum: 05.03.1917
Weiteres Kind:
Maria Karoline Wilhelmine Gräfin von Ledochowsky, geb. Baronin von Haymerle, * 25.10.1868 in Istanbul, 14.05.1896 in Salzburg im 27. LJ., bestattet in Salzburg
Die Grabstelle befindet sich am
Zentralfriedhof (Gruppe: 12 E, Reihe: 1, Nummer: G1).
Wiener Zeitung vom 13.10.1881, Seite 11 und 12:
Heinrich Freiherr von Haymerle.
Das Grab hat sich über den irdischen Resten des
am 10. October dahingeschiedenen Ministers des
kaiserlichen Hauses und des Aeußern Heinrich Freiherrn
von Haymerle geschlossen. Wir aber wenden weh
müthigen Blickes noch ein Mal das Auge zurück auf
den Schollenhügel, der nun den verehrten Todten
birgt, und lassen das Leben des Verklärten an uns
vorüberziehen in seinem makellosen Laufe, seiner ungetrübten
Reinheit, ein Leben, erfüllt von rastloser,
ernster, in dem Bewußtsein redlich erfüllter Pflicht
ihren Lohn findender Arbeit, gesegnet mit den edlen
Freuden eines sorgsam gepflegten Familienheimes und
reich an den höchsten Ehren, aber, auf dem Gipfelpunkte
angelangt, plötzlich geknickt und zerstört von
dem unerbittlich Halt gebietenden Geschicke.
Einer alten, um die Mitte des 16. Jahrhunderts
nach Böhmen gekommenen, unter Kaiser Karl VI. in
den erbländischen Adels- und von der Kaiserin Maria
Theresia in den Ritterstand erhobenen Adelsfamilie
entstammend, am 7. December 1828 in Wien geboren,
wurde schon vom Knabenalter an die Erziehung
des jungen Heinrich von Haymerle in einer seine
Ausbildung für die Beamtenlaufbahn vorbereitenden
Weise geleitet und später in der orientalischen Akademie,
an welcher er auch seine Studien vollendete,
der Grundstein für seine diplomatische Carriére gelegt.
Dieses ihm schon in früher Jugend gegebene Gepräge
seines Strebens blieb auch dasjenige seiner Lebensaufgabe,
seines Wirkens und Schaffens. Der für diese
Laufbahn erzogene Jüngling wurde ein Beamter in
dem besten Sinne des Wortes, ein Mann, dem Ernst
und Pflichttreue stets die Leitsterne seines Handelns
und seiner Arbeit gewesen, dessen Zuverlässigkeit
und Pünktlichkeit in dem Erfassen und Durchführen
der ihm übertragenen Aufgaben ihn von
Vertrauensstellung zu Vertrauensstellung hoben. Die
Studien an der orientalischen Akademie bildeten die
Unterlage für den Kenntnißreichthum, den er, in das
praktische diplomatische Wirken selbst eintretend, in
solcher Weise erweiterte, daß er in all den verschiedenen
Stellungen, die er einnahm, stets des umfassenden
Wissens und der Gewandtheit halber, die er sich fast
in allen Sprachen des Occidents und Orients erworben,
als Derjenige gesucht war, bei dem man immer
gründlicher Auskunft sicher sein konnte.
Ein solcher Mann war aber bald da, bald
dort erwünscht, und so sehen wir ihn auch in
seinen diplomatischen Lehr- und Wanderjahren,
während welcher er von den bescheidensten Ausgängen
immer höher und höher emporstieg, nein, sich emporarbeitete
- denn jede neue Stufe war nur wohlverdienter
Lohn für eben so gute als treue, dem Monarchen
und dem Staate auf der früheren Stufe geleistete Dienste -
so sehen wir ihn in seinen Wanderjahren
buchstäblich wandern und sich überall an
Ort und Stelle zu den Früchten seiner emsigsten Studien
Erfahrungen sammeln, welche dem Staatsmanne in
seinem späteren Wirken zugutekamen, wo es, was er
stets gethan, galt, nach sorgsamstem Prüfen ernst und
sicher aufzutreten, sei es, um Gegnerschaften zu bekämpfen,
sei es, um Gegensätze zu versöhnen. Wir
begegnen ihm auf praktischem diplomatischen Gebiete
zuerst im Jahre 1850 als Dolmetsch-Adjuncten - welch
ein weiter Weg von diesem kleinen Amte bis
zum Ministerportefeuille! - bei der Internuntiatur in
in Constantinopel, und schon bald darauf- ein Zeichen,
wie rasch er sich das Vertrauen der Regierung zu erwerben
gewußt - während des Krim-Krieges mit
einer Mission an Omer Pascha betraut, der er sich
mit persönlichem Muthe - denn es galt, durch die
Linien der türkischen Detachements zu kommen - in
der erfolgreichsten Weise entledigte. Wir begegnen ihm
dann 1857 und in den folgenden Jahren als Legations-Secretär
und zeitweilig Geschäftsträger in Athen, 1861
bei der Gesandtschaft in Dresden und später bis 1865
bei der Bundesgesandtschaft in Frankfurt, wo ihm
während des Fürstencongresses Gelegenheit wurde, sich
als der richtige Mann für schwierige Aufgaben zu bewähren.
Für solche wurde er auch in den nächstfolgenden
Jahren ausersehen. In Kopenhagen wurde ihm die Aufgabe
zu Theil, das wiederherzustellende freundschaftliche
Verhältniß zu pflegen. In Berlin war er — unterdessen
zum Legationsrathe befördert — 1866 damit
betraut, die diplomatischen Beziehungen nach Abschluß
der Prager Friedensverhandlungen wieder anzuknüpfen,
an welch letzteren er lebhaften Antheil hatte. Der
hier wie in Berlin anerkannte seltene Tact, mit welchem
er diese schwierige Aufgabe löste, ließen dem damaligen
Minister des Aeußern Grafen Beust seine Verwendung
im internen Dienste des Ministeriums wünschenswerth
erscheinen, welche Thätigkeit er während des griechisch-türkischen
Conflictes mit den Functionen eines ersten
Botschaftsrathes in Constantinopel und letztere 1869
mit dem Gesandtschaftsposten in Athen vertauschte.
Diesen Posten bekleidete er auch während des Besuches
Sr. Majestät des Kaisers in Athen. Seitdem
sehen wir ihn in immer bedeutenderen Stellungen.
Nachdem er von Athen als Gesandter nach dem Haag
versetzt worden, wurde er 1876, in welchem Jahre
auch seine Erhebung in den Freiherrnstand erfolgte,
neuerlich, diesmal von dem Grafen Andrássy, zur
internen Dienstleistung im Ministerium des Aeußern
berufen, aus welcher er jedoch 1877 schied, um den
Posten eines Botschafters bei dem italienischen Hofe zu
übernehmen. Wie er diesen Posten ausgefüllt, welcher
Art sein Wirken in Rom gewesen, wo sein Haus
bald, wie dies auch in Athen während seiner dortigen
Wirksamkeit der Fall gewesen, der Sammelpunkt der
höchsten politischen und gesellschaftlichen Kreise
Italiens geworden, dafür geben die Stimmen
wohl das beredteste Zeugniß, die jetzt aus der
italienischen Hauptstadt zu uns dringen, dem
in ganz Italien so beliebt gewesenen Manne aber
nicht mehr wie ehedem Zu-, sondern nur Nachrufe
zu widmen vermögen, so daß es nur mehr noch Grabgesänge
sind, in welche ihre Lobeshymnen ausklingen.
In die Zeit seiner Botschasterwirksamkeit in Rom fiel der
Berliner Congreß, an welchem er als dritter Bevollmächtigter
Oesterreich-
Ungarns mitzuwirken berufen
worden. Obgleich in der ihm auch auf dem Gipfelpunkte
seiner Laufbahn eigen gebliebenen liebenswürdigen
Bescheidenheit sich in zurücktretender Stellung haltend,
wie uns ihn auch das Werner'sche Bild zeigt, trat
sein Wirken auf dem Congresse bald hervor und
lenkte die Aufmerksamkeit Aller besonders dann auf sich,
wenn es galt, durch die aus dem reichen Schatze seines
Wissens geschöpften Aufklärungen auch klärend zu
wirken. Am 8. October 1879 ward ihm, der mit
diesem Tage die höchste Sprosse - von der untersten
emporsteigend - erreicht, die Ernennung zum
Minister des kaiserlichen Hauses und des Aeußern.
Wenn die treuesten Diener des kaiserlichen Hauses
aufgezählt werden, wird man gewiß den Namen
Haymerle in ihren vordersten Reihen nennen. Darüber,
wie er als Minister des Aeußern während der leider
nur zu kurzen Zeit gewirkt, wird die ruhiger als die
Tagesgeschichte urtheilende Zeitgeschichte auf dem ihm
gesicherten ehrenvollen Blatte, das sie seiner staatsmännischen
Wirksamkeit zu widmen haben wird und
in welche so hochwichtige Epochen fallen, berichten,
und mit kräftigem Griffel die bleibenden Verdienste
dauernd verzeichnen, die sich der Verewigte um das
Wohl und den Frieden des Staates und um dessen
Beziehungen erworben hat durch das Festhalten
an der Basis, auf der er sein schwieriges Amt übernommen,
durch die Ueberführung und Gewinnung ehemaliger
Gegner, die aus solchen zu Bewerbern um
unsere Freundschaft bekehrt worden, und durch die
Eroberungen von Sympathien, wo es der Verbreitung
besserer Ueberzeugungen und richtigerer Anschauungen
bedurfte, um diese Sympathien zu gewinnen und
den Trägern derselben den erwünschten Einfluß zu
sichern.
Damit all das gelinge, bedurfte es eines Mannes,
wie es Freiherr von Haymerle gewesen, eines Mannes,
der das allseitige Vertrauen seinem tadellosen Charakter,
das hohe Ansehen seinem imponirenden Wissen, die
ungetheilten Sympathien seiner persönlichen Liebenswürdigkeit,
seiner mit der strengsten Gerechtigkeit gepaarten Offenheit
verdankte. Selbstlos, und ohne anderen
Ehrgeiz, als dem Staate Ehren zu bringen und mit
Ehren zu dienen, erkannte er selbst Andere gern an,
wo er ein wirkliches Verdienst erkannt! — Das
Leben dieses wackeren Mannes, dessen Wirken wir
hier in kurzen Strichen zu skizziren versucht, es hat
am 10. October seinen Lauf beendet. Freiherr von
Haymerle ruht in kühler Erde. Seine Lebensfackel ist
erloschen; sein Beispiel aber wird ein leuchtendes
bleiben, unauslöschlich wie die Erinnerung.
Heute Mittags wurde der Metallsarg, in welchem
Leiche Sr. Excellenz des Ministers Freiherrn von
Haymerle liegt, geschlossen und verlöthet. Im
Laufe des Vormittags waren im Palais des auswärtigen
Amtes noch zahlreiche Kränze und Blumenspenden
für den Sarg des verblichenen Ministers abgegeben
worden. Ihre Hoheit die Gemahlin des deutschen
Botschafters Prinzessin Reuß ließ ein prachtvolles großes
Kreuz aus Veilchen am Sarge niederlegen. Außerdem
wurden neuerdings zahlreiche Kränze übersendet, deren
Schleifen u. A. folgende Inschriften trugen: „Die
k. k. orientalische Akademie ihrem ehemaligen Zöglinge";
„Die Mitglieder der k. und k. Botschaft in
St.-Petersburg"; „Fürst Raoul Wrede"; „Im
Namen der k. k. Polizeidirection in Wien der Präsident";
„Gewidmet von den Amtsdienern des k. und k. Ministeriums des Aeußern" rc. rc.
Das Leichenbegängniß hat heute Nachmittags
um 2 Uhr in der feierlichsten Weise stattgefunden.
Schon lange vor der hiefür festgesetzten
Stunde füllten sich der Michaelerplatz und die anstoßenden
Straßen, dann die nächsten Zugänge zum Ballplatze
mit einer immer mehr anwachsenden Menschenmenge.
Starke Abtheilungen der Sicherheitswache
waren ausgerückt, um Spalier zu bilden und die
Wege zur
Hofpfarrkirche zu St.-Michael und zu dem
Ministerpalais auf dem Ballplatze freizuhalten,
Die genannte Hofpfarrkirche war schwarz drapirt, an
den Ecken der Betstühle brannten Wachskerzen, an
welchen Wappenschilder des Verblichenen angebracht
waren. Auf der Evangelienseite des Hochaltares war
ein schwarzverhängter Betschämel für Se. Majestät
den Kaiser und auf der Epistelseite mehrere solche
für Mitglieder des Allerhöchsten Kaiserhauses aufgestellt.
In den beiden Oratorien waren links die
Plätze für die Damen des diplomatischen Corps, rechts
diejenigen für die Hofämter und Hofchargen so wie
für die Angehörigen des hingeschiedenen Ministers bereitet.
Die mit schwarzem Tuche belegten Betstühle waren im
linken Schiffe der Kirche für das diplomatische Corps,
im rechten für die geheimen Räthe, die Generalität
und hohen Staatsbeamten freigehalten.
Die Trauergäste begannen bereits um 1 Uhr sich
in der Kirche einzufinden und füllten die Räume der
selben mehr und mehr bis auf den Gang des Mittelschiffes,
in welchem Hoffouriere die Passage offen
hielten. Kurz vor 2 Uhr verfügte sich der hochw.
Hofburgpfarrer Prälat Dr. Laurenz Mayer mit zahlreicher
geistlicher Assistenz zum Hauptthore der Kirche, wo
sich gleichzeitig Ihre k. und k. Hoheiten die durch
lauchtigsten Herren Erzherzoge Albrecht, Friedrich
und Wilhelm einfanden.
Unmittelbar darauf fuhren Se. Majestät der Kaiser
vor dem Kirchenthore vor und wurden von den durch
lauchtigsten Herren Erzherzogen und der Geistlichkeit
ehrfurchtsvollst empfangen. Im Geleite Sr. Majestät
befanden sich der Erste Obersthofmeister Prinz zu
Hohenlohe, Oberstkämmerer FZM. Graf Crenneville
und Generaladjutant FML. Freiherr von Mondel.
Unter Vorantritt der Geistlichkeit schritten Se.
Majestät dem Presbyterium zu, gefolgt von den
durchlauchtigsten Herren Erzherzogen, die von ihren
Obersthofmeistern, respective Kammervorstehern begleitet
waren, so wie von der Generalität mit dem
Landes-Commandirenden FZM. Baron Philippovic an der
Spitze.
Unter den Trauergästen in der Kirche befanden sich
die Herren: Ministerpräsident Graf Taaffe,
Reichs-Kriegsminister FML. Graf Bylandt-Rheidt,
Reichs-Finanzminister von Szlävy, die Minister:
Dr. Freiherr von Ziemiakkowski, Graf Falkenhayn, Dr. Prazäk,
Graf Welsersheimb, Baron Conrad, Dr. R. v. Dunajewski,
Freiherr v. Pino, Freiherr v. Orczy, v. Szende,
v. Bedekovich, Präsident Ritter von Schmerling,
die Botschafter Grafen Paar, Károlyi und von Wimpffen,
Gesandte Grafen Chotek und Dubsky, die Chefs der
hiesigen Botschaften und Gesandtschaften mit ihrem
ganzen Personale, die Spitzen der Hofämter, die gesammte
Beamtenschaft des Ministeriums des Aeußern
mit Herrn Sectionschef von Kállay an der Spitze,
zahlreiche Hof- und Staatsbeamte, Mitglieder des
Herren- und Abgeordnetenhauses, der Polizeipräsident,
der Bürgermeister u. s. w. Die hohe Geistlichkeit war
vertreten durch den apostolischen Nuntius, den
Cardinal Haynald, Fürst-Erzbischof Ganglbauer und Abt Hauswirth.
Punkt 2 Uhr begann das Glockengeläute, gleichzeitig
setzte sich der Leichenzug vom Trauerhause aus durch
die Schauflergasse nach der Kirche in Bewegung. Den
Zug eröffneten Laternen-, Fackel- und Wappenträger
in spanischer Tracht, dann folgte der achtspännige
Leichenwagen, hinter ihm ein großes aus Veilchen
und Lorbeerblättern gebildetes Kreuz, die Gabe Ihrer
Hoheit der Prinzessin von Reuß, dann auf Kissen
getragen die Insignien der Orden und die Freiherrnkrone,
zwei Wagen mit Kränzen; dann kamen die
Angehörigen des Verstorbenen. Der Sarg wurde am
Kirchenthore von der Geistlichkeit empfangen und in
die Kirche getragen, wo die Einsegnung in feierlichster
Weise erfolgte.
Nach der Einsegnung folgten dem Sarge, der zur Ueberführung
nach dem Die Grabstelle befindet sich am
Centralfriedhofe auf den prächtigen
Trauerwagen gebracht wurde, Se. Majestät der Kaiser
und die durchlauchtigsten Herren Erzherzoge, die Wittwe
des Verstorbenen Freifrau von Haymerle am Arme
seines Bruders GM. Ritter von Haymerle, ihr Vater
Freiherr von Bernus mit den übrigen Angehörigen
des Dahingeschiedenen.
Der Leichenzug bewegte sich, begleitet von einer
unabsehbaren Wagenreihe, vom Michaelerplatze durch die
Augustinerstraße über den
Ring,
Schwarzenbergplatz,
Rennweg nach dem Friedhofe.
Das Vaterland vom 22.5.1900, Seite 5:
[Therese Freifrau v. Haymerle †.] Am
18. d. M. ist in Heidelberg Ihre Excellenz Therese Freifrau
v. Haymerle, geborene Freiin v. Bernus, Dame
des Elisabeth-Ordens erster Classe, Witwe nach dem am
10. October 1881 verblichenen Minister des k. und k.
Hauses und des Aeußern, Heinrich Frhrn. v. Haymerle, im
57. Lebensjahre gestorben. Die Verblichene war zu Frankfurt
am Main geboren. Sie lebte auf Stift Nauburg am
Neckar bei Heidelberg. Die Leiche wird nach Wien gebracht
und am 22. d. M. um halb 4 Uhr Nachmittags in der
Familiengruft auf dem
Centralfriedhofe beerdigt. Der einzige
Sohn der Verblichenen der Botschafts-Attache Franz Frhr.
v. Haymerle traf zur Leichenfeier heute aus Rom hier ein.
Neue Freie Presse vom 1.3.1917, Seite 28:
Franz Freiherr v. Haymerle.
Wien, 1. März.
Im kräftigsten Mannesalter ist heute Gesandter Franz
Freiherr v. Haymerle, der einzige Sohn des ehemaligen
Ministers des Äüßern Heinrich Freiherrn v. Haymerle, gestorben.
Auch Minister Freiherr v. Haymerle ist in verhältnismäßig
jungen Jahren, kaum 53 Jahre alt, im, Jahre 1881
ans dem Leben geschieden. Aus der Ehe des Barons Heinrich
Haymerle mir Therese v. Bernus, einer Tochter des bekannten
Frankfurter Senators, waren zwei Kinder entsprossen, eine
Tochter, die bereits in jungen Jahren verblichen ist, und
Franz Freiherr v. Haymerle, der am 5. September 1874 im
Haag zur Welt kam.
Franz Freiherr v. Haymerle war nach Absolvierung seiner
Studien als Konzeptspraktikant bei der Landesregierung in
Salzburg tätig und wurde dann zur provisorischen Praxis als
Konzeptsaspirant im Ministerium des Aeußern zugelassen.
Seine diplomatische Laufbahn führte ihn zunächst nach Rom
an die Botschaft am päpstlichen Stuhle, nach Lissabon und
nach Belgrad, nach dem Haag, nach Washington und nach
Mexiko. Im Jahre 1909 wurde Freiherr v. Haymerle neuerlich
zur Gesandtschaft nach Belgrad versetzt, um zwei Jahre
später längere Zeit hindurch in zeitweiliger Verwendung im
Ministerium des Aeußern zu stehen. Dann wurde er im Jahre
1912 der Gesandtschaft in Bukarest und ein Jahr später als
Legationsrat erster Kategorie der Botschaft in Berlin zugeteilt.
Bei Ausbruch des Krieges mit Italien meldete sich Freiherr
v. Haymerle freiwillig zur Kriegsdienstleistung. Er war
Oberleutnant der Reserve in einem Dragonerregiment. Freiherr
v. Haymerle kämpfte auf dem südwestlichen Kriegsschauplatz
und machte die Offensive im Abschnitte von Arsiero und
Asiägo mit. Dann kam er auf den rumänischen Kriegsschauplatz
und wurde in Anerkennung seines tapferen Verhaltens
vor dem Feinde mit dem Militärverdienstkrenz dritter Klasse
mit der Kriegsdekoration ausgezeichnet. Vor ganz kurzer Zeit
wurde Baron Haymerle neuerlich zur Dienstleistung in das
Ministerium des Aeußern einberufen und zum außerordentlichen
Gesandten und bevollmächtigten Minister ernannt.
Die Todeskrankheit Baron Haymerles war eine Influenza,
zu der sich eine Lungen- und Rippenfellentzündung gesellt
hatte. Der Tod trat, heute morgens infolge einer Herzlähmung
ein. Baron Haymerle ist unverehelicht gestorben.
Quelle: Text:
Wikipedia (erweitert), Bilder: www.nikles.net, Wiener Zeitung vom 13.10.1881, Seite 11, 12, Das Vaterland vom 22.5.1900, Seite 5, Neue Freie Presse vom 1.3.1917, Seite 28 und gemeinfrei.