Person - Raimund Grübl
Raimund Grübl (* 12. August 1847 in Wien; † 12. Mai 1898 ebenda) war ein österreichischer Jurist und Politiker. Zwischen 1894 und 1895 war er der letzte liberale Bürgermeister von Wien.
Leben: Grübl besuchte das Akademische Gymnasium in Wien und studierte im Anschluss daran an der Universität Wien Rechtswissenschaft. 1870 promovierte er und arbeitete als Rechtsanwalt.
Seine politische Laufbahn begann 1878, als er sich den Liberalen anschloss. 1880 wurde Grübl in den Wiener Gemeinderat gewählt. Ab 1891 diente er als Stadtrat und im Jahr darauf wurde er unter Johann Prix Vizebürgermeister der Stadt. Nach dessen Tod im Februar 1894 übernahm Grübl am 14. März 1894 seine Nachfolge.
Infolge des schlechten Abschneidens der Liberalen bei der Gemeinderatswahl trat er am 14. Mai 1895 freiwillig zurück. Nachfolger im Amt wurde der Regierungskommissär Hans von Friebeis.
Sein ehrenhalber gewidmetes Grab befindet sich auf dem
Hietzinger Friedhof (Gruppe 11, Nummer 118).
In dieser Gruft ruht auch der Jurist und Politiker Heinrich Jaques, Onkel von Raimund Grübls Ehefrau Henriette Gabriele Beyfus (1851–1890).
Wiener Zeitung vom 12.5.1898, Seite 20 und 21:
(Dr. Raimund Grübl †.) Der gewesene Bürgermeister
von Wien, Hof- und Gerichtsadvocat Dr. Raimund
Grübl ist heute Morgens um 7 1/2, Uhr in seiner Wohnung,
1. Bez., Freisingergasse Nr. 6, gestorben. Vor etwa zwei
Jahren war Dr. Grübl von einem schweren, schmerzhaften
Leiden — Tuberculose der Blase und der Nieren — befallen
worden, dessen wahre Natur ihm indeß bis zu seinem Tode
verborgen blieb. Er gab die Hoffnung auf eine vollständige
Genesung nicht auf und sprach noch am letzten Sonntag,
als eine Abordnung des fortschrittlichen Parteiverbandes des
Wiener Gemeinderathes ihm eine Adresse überreichte, die
Zuversicht aus, bald wiederhergestellt zu sein. Dr. Grübl
war am 12. August 1847 in Wien geboren, absolvirte hier
das akademische Gymnasium und die juridischen Studien
und erlangte 1870 den Doktorgrad. Schon im Jahre 1878
trat er in das politische Leben ein und schloß sich der
liberalen Partei an. Im Jahre 1880 wurde Dr. Grübl
aus dem zweiten Wahlkörper des Bezirkes Landstraße in
den Gemeinderath gewählt, dem er bis vor wenigen Wochen
ununterbrochen angehört hatte. Schon im ersten Jahre
seiner Thätigkeit im Gemeinderäthe hatte Dr. Grübl
Gelegenheit, sich mit dem Referate über die Reform der
Verzehrungssteuer auszuzeichnen. Er hat sich auch um die
Erweiterung Wiens durch Einbeziehung der Vororte so wie
während der darauf folgenden schwierigen Uebergangs-Periode
große Verdienste erworben, die von Sr. Majestät dem
Kaiser durch Verleihung des Ritterkreuzes des Franz
Joseph-Ordens anerkannt wurde. 1884 entsendeten ihn
seine Wähler auch in den niederösterreichischen Landtag, in
dem er bis zum Ablaufe der Mandatsdauer (1890) blieb.
Bei den Gemeinderathswahlen für das vergrößerte Wien
auf Grund des neuen Gemeindestatutes im Jahre 1891
wurde Dr. Grübl vom ersten Wahlkörper des Bezirkes Landstraße
in den Gemeinderath entsendet, der ihn in den Stadtrath
wählte. Am 15. Oktober 1892 wurde Dr. Grübl zum
zweiten Vicebürgermeister gewählt. Nach dem Tode des Dr.
Prix wurde Dr. Grübl am 14. März 1894 zum Bürgermeister
der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien gewählt;
von den bei der Wahl anwesenden 131 Gemeinderäthen
hatten 88 für ihn gestimmt. Die Würde eines Bürgermeisters
bekleidete er vierzehn Monate; die Parteiverhältnisse im
Gemeinderathe veranlaßten ihn, am 14. Mai 1895 auf dieses
Amt zu verzichten. — In der heutigen Sitzung des
Wiener Stadtrathes hielt Herr Bürgermeister Dr.
Lueger dem Verstorbenen einen warm empfundenen Nachruf
und wurde ermächtigt, die bei solchen Anlästen üblichen
Vorkehrungen betreffend die Antheilnahme der Stadt Wien
und die Beisetzung der Leiche zu treffen.
Morgen-Post vom 25.11.1883, Seite 7:
Dr. Heinrich Jaques, Henriette
Grübl, geb. Beyfus, Herman Beyfus
und Dr. Raimund Grübl geben
Nachricht von dem sie aufs Tiefste betrübende
Hinscheiden ihrer innigstgeliebten Schwester,
resp. Mutter und Schwiegermutter, der Frau
Louise Beyfus, geb. Jaques,
welche am 24. November 1883, Morgens,
nach langem Leiden im 54. Lebensjahre sanft entschlafen ist.
Das Leichenbegängniss findet Montag den 26. d. M. um 9 Uhr Morgens
vom Trauerhause: I., Freisingergasse 6,
nach dem
israelitischen Friedhofe nächst Währung statt.
Wien, den 24. November 1883.
Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 29.9.1871, Seite 7:
Die Gefertigten geben allen ihren Freunden Nachricht von
dem sie aufs Tiefste betrübenden Hinscheiden ihres geliebten
Angehörigen
Carl Beyfus,
welcher am 28. September d. J., um 2 Uhr Morgens nach
langer Krankheit im 23. Lebensjahre sanft entschlafen ist.
Das Leichenbegängniß findet Freitag den 29. September,
um halb 4 Uhr Nachmittags, auf dem
Währinger israelitischen Friedhofe statt.
Die trauernde Familie.
Neue Freie Presse vom 25.1.1894, Seite 21 und 22:
Dr. Heinrich Jaques wurde am 24. Februar 1831 in
Wien geboren und absolvirte hier das Gymnasium und die juridischen
Studien, während er in Heidelberg philosophischen und geschichtlichen
Studien oblag. Nach Erwerbung des Doctorgrades der
Rechte im Jahre 1856 leitete er durch mehrere Jahre das Bankhaus
Hermann Werthheimstein's Söhne, und in dieser Eigenschaft
trat er in den Verwaltungsrath der Creditanstalt und Südbahn.
Nach der Liquidation der Firma im Jahre 1859 wendete sich
Dr. Jaques vollständig der Rechtswissenschaft und der Advocatur
zn. Er machte sich bald als hervorragender und wissenschaftlich
gebildeter Jurist bemerkbar und gewann eine große und vornehme
Clientel. Durch seine Intervention in einer Reihe von
Sensations-Processen wurde er auch der großen Oeffentlichkeit bekannt.
Im Jahre 1879 wurde Dr. Jaques von der inneren Stadt
Wien in den Reichsrath gewählt, und er gehörte seit dieser Zeit
dem Abgeordnetenhause an. In demselben war er ein treuer Anhänger
der deutsch-liberalen Partei, und er entfaltete namentlich
auf dem Gebiete der Justizfragen eine äußerst regsame und
vielfach erfolgreiche Thätigkeit.
Mährisches Tagblatt vom 26.1.1894, Seite 6:
(Selbstmord des Reichsrathsabgeordneten
Dr. Jaques) Gestern verbreitete sich in Wien
die erschütternde Nachricht, daß der Reichsrathsabgeordnete
Dr. Heinrich Jaques in einem
Anfalle von Geistesstörung seinem Leben freiwillig
ein Ende gemacht habe. Abg. Jaques hatte sich
in der Kanzlei des ihm nahe verwandten und innig
befreundeten Vicebürgermeisters Dr. Grübl, in
der Freisingergasse Nr. 6 mit einem Revolverschusse
in die Schläfe entleibt. Ueber diesen
sensationellen Selbstmord schreibt man aus Wien:
Dr. Jaques hat seit zwei Jahren an hochgradiger
Nervosität gelitten. Vor einem Jahre
war derselbe besonders stark leidend, so daß er
sich vom gesellschaftlichen Leben vollständig zurückzog.
Später hatte sich sein Zustand wieder wesentlich
gebessert, so daß Dr. Jaques wieder am
öffentlichen Leben thellnehmen konnte. Leider begann
er wieder, trotz ärztlichen Abrathens, viel
zu arbeiten und die Ueberanstrengung hatte zur
Folge, daß sein Zustand sich wieder wesentlich
verschlimmerte. In den letzten Monaten litt
Dr. Jaques an völliger Schlaflosigkeit und befand
sich auch sonst in sehr melancholischer Stimmung.
Aber, daß er sich mit Selbstmordgedanken trage,
ließ er in keiner Weise erkennen, auch hatte er
hierüber sich mit keinem Worte geäußert. Gestern
Abends sprach er längere Zeit mit dem im selben
Hause wohnhaften Advocaten Dr. Freund über
allerlei öffentliche Angelegenheiten, ohne auch nur
die geringste Auffälligkeit in seinem Benehmen
zu zeigen. Heute während des ganzen Vormittags
blieb Dr. Jaques in seiner Wohnung und verbrachte
die Zeit mit Lesen. Nichts deutete auf
seinen schrecklichen Entschluß. Festen Schrittes,
in aufrechter Haltung, wie es stets seine Art
war, verließ er die Wohnung, um nur als Leiche
in dieselbe zurückgebracht zu werden ... Ein
herbes Schicksal, das die allgemeine Theilnahme
finden wird. Schon während des Nachmittags
fanden sich zahlreiche Freunde in der Wohnung
des Verblichenen ein, um über den traurigen
Vorfall Erkundigungen einzuziehen. Das Leichenbegängniß
wird von der Wohnung aus stattfinden.
Ueber die unglückselige That hat Dr.
Jaques keinerlei Aufzeichnungen hinterlassen. Trotz
genauer Nachsuchung wurde weder ein Brief,
noch auch ein Zettel aufgefunden. Dagegen hat
Dr. Jaques schon vor geraumer Zeit sein Testament
abgefaßt, welches bei seinem Neffen Dr.
Grübl, dem Vicebürgermeister von Wien, aufbewahrt
ist. Dr. Grübl hatte eine Tochter der
Schwester Dr. Jaques zur Gattin. Ein zweiter
Neffe Dr. Jaques ist der bekannte Maler Hermann
Beyfus. welcher auch im Hause seines Onkels
mit diesem gemeinsam die Wohnung theilte. Dr.
Jaques war eine iu der Gesellschaft sehr bekante
und beliebte Persönlichkeit. Er galt als geistreicher
Causeur und war als solcher sehr geschätzt.
Er war auch Directionsmitglied der Gesellschaft
der Musikfreunde.
Wiener Zeitung vom 3.2.1898, Seite 3:
(Maler Beyfus †.) Heute früh ist der Maler
Hermann
Beyfus nach langem Leiden in seiner Wohnung,
1. Bezirk,
Mölkerbastei Nr. 5, gestorben. Beyfus hatte erst
vor eineinhalb Jahren geheiratet. Er war im Jahre 1857 [lt. Grabstein 1855]
in Wien geboren und besuchte die Kunst-Akademien in Wien
und München. Er pflegte das Genre und das Portrait.
Sein Portrait des Dichters
Eduard Bauernfeld ist für das
städtische Museum angekauft worden. Beyfus war Offizier
des serbischen Sava-Ordens, Besitzer des ottomanischen
Medschidje-Ordens vierter Classe, nebst der Kunstmedaille
und Besitzer der rumänischen Medaille bene merenti. Das
Leichenbegängniß findet am 5. d. M. um 3 Uhr Nachmittags
statt. Die Einsegnung der Leiche erfolgt in der
Schotten-Kirche, die Beisetzung in der Familiengruft auf
dem
Hietzinger Friedhofe.
Wiener Salonblatt vom 1.5.1909, Seite 15:
Die Gemahlin des württ. Kmhrn und deutschen WLegRates
und vortragenden Rates im Ausw. Amte zu Berlin Dr. Julius
Freiherrn v. Griesinger,
Freifrau Luise (geb. Wien 26. Juni
1884, verm. Wien 4. April 1905), ältere Tochter des † Bürgermeisters
von Wien Dr. Raimund Grübl, starb Sonntag unerwartet auf dem Semmering.
Weiters im Grab bestattet:
Henriette Gabriele Grübl, geb. Beyfus (Ehefrau von Raimund Grübl), * 10.04.1851, † 17.04.1890, Bestattungsdatum: 19.04.1890
Sofie Jaques, geb. Edle von Wertheimstein * 25.02.1795, † 09.09.1877, Bestattungsdatum: 19.04.1890, zuletzt 13., Alleegasse 52
Louise Beyfus, geb. Jaques, * 04.01.1830, † 24.11.1883, Bestattungsdatum: 26.08.1883 und 19.04.1890
Carl Beyfus, * 14.01.1849, † 28.09.1871, Bestattungsdatum: 19.04.1890
Dr. Heinrich Jaques, Jurist, Abgeordneter des Reichsrathes, * 24.02.1831 in Wien, † 25.01.1894, Bestattungsdatum: 25.01.1894
Hermann Beyfus, * 15.12.1855, † 03.02.1898, Bestattungsdatum: 03.02.1898, zuletzt 1.,
Mölkerbastei Nr. 5
Louise Freifrau von Griesinger, geb. Grübl (älteste Tochter von Bgm. Grübl, verh. mit Dr. jur. Julius Freiherr von Griesinger), * 26.06.1884 in Wien, verm. 04.04.1905, † 24.04.1909 am Semmering), Bestattungsdatum: 27.04.1909
Quelle: Text:
Wikipedia (erweitert), Bilder: www.nikles.net, Wiener Zeitung vom 12.5.1898, Seite 20 und 21, Neue Freie Presse vom 18.4.1890, Seite 13, Gemeinde-Zeitung: unabhängiges politisches Journal vom 13.9.1877, Seite 3, Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 11.9.1877, Seite 7, Morgen-Post vom 25.11.1883, Seite 7, Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 29.9.1871, Seite 7, Neue Freie Presse vom 25.1.1894, Seite 21,22, Mährisches Tagblatt vom 26.1.1894, Seite 6, Wiener Zeitung vom 3.2.1898, Seite 3, Wiener Sonn- und Montags-Zeitung vom 26.4.1909, Seite 7, Wiener Salonblatt vom 1.5.1909, Seite 15 und gemeinfrei.