Die Liliputbahn im Wiener Prater ist eine 3,9 km lange schmalspurige Parkeisenbahn auf einem Rundkurs.
Geschichte: Eine Vorläuferin der Liliputbahn im
Prater war die so genannte „Schnackerlbahn“, die um 1890 von
der Venediger Au, wo sich der Zirkus Busch befand, zum
Südportal der Wiener Messe mit der Rotunde verkehrte. Anlass für ihre
Errichtung war die Land- und Forstwirtschafts-Industrie- und
Kunst-Ausstellung. Der Erfolg war so groß, dass der Erbauer,
Josef Bierenz, die Betriebserlaubnis dreimal verlängern
ließ. Um den Teilnehmern am 10. Deutschen
Sängerbundtreffen im Juli 1928 im Prater anlässlich des 100.
Todestages von Franz Schubert eine neue Attraktion zu
bieten, wurde von einem „Arbeitsausschuss für die Errichtung
einer Kleinbahn im Wiener Volksprater“ mit Ludwig Pretscher
als Wortführer eine Schmalspurbahn geplant. Projektverfasser
war der Zivilingenieur Franz Gaudernack. Vorgesehen waren
eine Strecke vom Riesenrad bis zum
Lusthaus (rund 4,7
Kilometer) sowie eine Zweigstrecke zur
Rotunde.
Vom Bundesministerium für Handel und Verkehr als oberste
Eisenbahnbehörde wurden die Pläne rasch genehmigt, einer der
Kritikpunkte war allerdings der geplante Stationsname „Maria
Grün“, nach einer kleinen Wallfahrtskirche im
Prater. Grund
für diese Beanstandung war, dass dieser Stationsname im
österreichischen Kursbuch bereits genannt wurde. Da dieser
Streckenabschnitt dann doch nicht errichtet wurde, erledigte
sich das Problem. Probleme bereitete hingegen – unerwarterterweise
– das Unterrichtsministerium. Eine biologische
Versuchsstation der Akademie der Wissenschaften, das
Vivarium, lief gegen das Projekt Sturm, da durch den Lärm,
den Rauch und die Bodenerschütterungen Störungen bei
Versuchen befürchtet wurden. Daraufhin wurden die Pläne
abgeändert und ein großer Bogen um die Versuchsanstalt
eingeplant
Betrieb: Erbaut wurde die Bahn ab 1927 von der Leipziger Firma
Brangsch (später: VEB Baumechanik Engelsdorf) – aus
Kostengründen letztlich nur die Strecke vom
Riesenrad zur
Rotunde. Die Eröffnung erfolgte am 1. Mai 1928. Für den
Betrieb wurden zwei Dampflokomotiven von Krauss & Co.,
München, gekauft.
Anfangs stürmten die Wiener die neue Attraktion und auch
während der Wiener Messe war der Besucherandrang hoch, doch
die schlechte Wirtschaftslage drückte aufs Geschäft.
Trotzdem wurde 1933 die Strecke um rund 2,5 Kilometer bis
zum zwei Jahre zuvor erbauten Wiener Stadion verlängert, um
durch den Besuchertransport zusätzliche Fahrgäste zu
gewinnen. Wirtschaftlich bergauf ging es erst nach dem
Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich, als eine große
Zahl von Wehrmachtssoldaten und NS-Funktionären bei ihren
Erkundungen der Stadt auch die Liliputbahn frequentierten.
1942 wurde eine dritte Dampflokomotive beschafft, die auf
einem Werksgelände in Leipzig ohne Verwendung abgestellt und
deshalb günstig zu kaufen war.
Nach der Beseitigung der Schäden, die im Zweiten Weltkrieg
während der Schlacht um Wien 1945 entstanden waren, und als
wieder Kohle für den Betrieb der Lokomotiven vorhanden war,
nahm die Liliputbahn den Verkehr am 1. Mai 1947 wieder auf.
1958 wurde die erste Diesellokomotive in Dienst gestellt.
Später wurde auf dem Fahrwerk der 1942 zugekauften Lok 3,
deren Dampfkessel schadhaft geworden war, eine
Diesellokomotive aufgebaut. Schließlich erweiterten weitere
zwei Diesellokomotiven den Fuhrpark.
Am 24. Mai 1954 kam es zu einem aufsehenerregenden Unfall,
als die Liliputbahn ein vierspänniges Fiakergespann rammte,
das trotz Warnsignalen auf einem Bahnübergang die Gleise
überquerte. Die Insassen der Kutsche wurden dabei ebenso
verletzt wie mehrere Dutzend Gäste eines Gasthauses, die im
Schanigarten von den scheuenden Pferden niedergetrampelt
wurden. Beim Prozess Anfang Dezember 1955 wurde der
Lokführer von jeder Schuld freigesprochen, der Fiakerfahrer
allerdings wegen des Vergehens gegen die Sicherheit des
Lebens zu drei Monaten strengem Arrest verurteilt.
Kurioses: Als „Störenfried“ betätigte sich die Liliputbahn
gegenüber den im Varieté Leicht (1945 abgebrannt)
auftretenden Künstlern. Da die Gleise unmittelbar am
Leicht-Variete vorbeiführten, übertönten die Fahrgeräusche
und das Pfeifen der Lokomotiven die Vortragenden. Diese
mussten dann die Pointen ihrer Witze so hinauszögern, dass
sie nicht im Lärm untergingen.
Wegen einer nicht beachteten Anweisung gerieten ein
Fußgänger und ein Bediensteter der Liliputbahn miteinander
in Streit, wobei der Passant sein Gegenüber als Liliputaner
beschimpfte. Der Fall ging bis vor den Obersten Gerichtshof,
der in seinem Urteil feststellte, dass die Liliputbahn eine
richtige Eisenbahn ist und ihre Bediensteten daher
obrigkeitliche Personen sind.
Technik: Die Streckenlänge beträgt 3,9 Kilometer, die verwendete
Spurweite 381mm (15 Zoll). Die Strecke verläuft in einem
Rundkurs, der gegen den Uhrzeigersinn befahren wird. Sie
verläuft größtenteils in Sichtweite der Hauptallee und die
Gleise der beiden Fahrtrichtungen werden über eine
erhebliche Entfernung als zweigleisige Strecke geführt. Die
Bahn verfügt über drei Stationen:
* Prater Hauptbahnhof (in der Nähe des Planetariums)
* Rotunde (bei der Kaiserallee)
* Ernst-Happel-Stadion (Umkehrschleife)
Zurückgelegt wird diese Strecke in ungefähr 20 Minuten.
Der engste Kurvenradius der Strecke beträgt 20 Meter, die
größte Steigung – auf einem etwa 100 Meter langen Teilstück
- 14 ‰.
Fahrzeuge: Die beiden Dampflokomotiven Da1
(Firmen-Nummer 8441) und Da2 (Firmen-Nummer 8442) stammen
von Krauss & Co in München und sind baugleich. Sie haben
eine Länge von 7,42 m über Puffer (inklusive Tender). Ihr
Dienstgewicht beträgt 7.200 Kilogramm, das des Tenders 2.000
Kilogramm. Der Tender
fasst 250 Kilogramm Kohle und 750 Liter Wasser. Pro Runde
werden etwa 120 bis 130 Liter Wasser und 15 bis 20 Kilogramm
Kohle verbraucht. Mit einer Leistung von 22 Kilowatt
erreichen die Loks eine Geschwindigkeit von ungefähr 30
Kilometern pro Stunde.
Am 19. September 1998 erhielten die beiden Dampflokomotiven
Namen:
* Da1: „Brigitte“ (schwarz-grün lackiert)
* Da2: „Grete“ (schwarz-rot lackiert)
Eingesetzt werden die Dampfloks vorwiegend an Samstagen,
Sonn- und Feiertagen. Wegen der erforderlichen Anheizzeiten
sind sie erst gegen Mittag einsatzbereit.
1975 wurde ein Angebot aus England, die beiden
Dampflokomotiven für zwei Millionen Österreichische
Schillinge zu kaufen, abgelehnt.
Die Diesellokomotiven mit den Baujahren 1957 bis 1967
sind mit je einem 22 Kilowatt starken Steyr-Dieselmotor der
Type WD213 ausgerüstet. Ausnahme ist die Lok D4, welche
einen luftgekühlten 4-Zylinder-Motor von Deutz besitzt.
Diese Lok war viele Jahre wegen schadhafter Achsgetriebe
abgestellt und wurde nach umfangreicher Modernisierung im
Sommer 2010 wieder in Betrieb genommen. Die
Bauartgeschwindigkeit aller Dieselloks beträgt 22 Kilometer
pro Stunde.
Durch die Umrüstung der Dieselmotoren auf den Betrieb mit
Pflanzenöl ist ein CO2-neutraler Betrieb möglich. Die Liliputbahn
wurde dafür für den Umweltpreis der Stadt Wien 2007
nominiert.
Wagen: Als Waggons für den Personentransport stehen vier Garnituren mit je sechs Waggons zur Verfügung. Jede dieser Garnituren verfügt über 96 Sitzplätze. Die Wagen sind seitlich offen, aber überdacht. Drei Garnituren haben je drei Mehrzweckabteile zur Mitnahme von Rollstühlen und Kinderwagen, eine Garnitur verfügt über einen „Speisewagen" mit Ecksitzbänken und kleinen Tischen.
Betreiberin: Das eingetragene Einzelunternehmen mit dem Namen „Jakob
Passweg“, heute: „Jakob Passweg Nachfolger Dr. Susanna
Kleindienst-Passweg“, das seit dem 8. Februar 1929 besteht
und früher unter der Bezeichnung „Liliputbahn im Prater
Jakob Passweg“ firmierte, war der ursprüngliche
Betreiber der Bahn. Ihr heutiger Betreiber ist die „Liliputbahn
im Prater GesmbH“. Deren Alleingesellschafterin ist die
Wiener Bezirksrichterin Susanna Kleindienst-Passweg.
Alleiniger Geschäftsführer ist seit 1. Juli 2009 Alexander
Ruthner.
Die Gesellschaft betreibt neben der Liliputbahn auch die
Donauparkbahn und weitere Fahrbetriebe, wie die
„Super-Achter-Bahn“, „Dizzy-Mouse“, „Donau-Jump“,
„Sturmboot“ und den schienenlosen Praterzug.
Die Liliputbahn im Prater liegt am Stadtwanderweg 9.
Quelle: Text: Wikipedia, Bilder: www.nikles.net und Peter Gugerell, gemeinfrei.
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Günter Nikles
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