Der rote Turm (alte Schreibweisen: rother Thurm, selten rother Turm, roter Thurm, Rottem Thurm, lat. ruffa turri, ital. Porta Rossa) war ein Teil der mittelalterlichen Stadtbefestigung Wiens.
Geschichte: Die 1511 gebaute Version mit
eingebautem Tor bestand als Wahrzeichen bis zu seiner
Abtragung aus verkehrstechnischen Gründen im Jahr 1776.
Schon 1662 wurde davor eine neue Befestigungsanlage mit zwei
Haupttoren gebaut, wobei sich der Name Rotenturmtor (auch
Rotenturm-Tor, Rothenthurm-Thor, rothen Thurm-Tor, rothe
Thurmthor, roten Thurmthor) auf das flussabwärts liegende
übertrug. Es bestand bis 1858, als begonnen wurde die
Stadtmauer für die Stadterweiterung komplett abzureißen.
Sowohl das alte, als auch das neue zählten zu den
wichtigsten Stadttoren Wiens. Flussaufwärts befand sich das
Fischertor, welches 1859 abgerissen wurde. In nächster Nähe
befanden sich noch zeitweise das Laurenzertor für Fußgänger
beim Rotenturmtor, und das zur Donau führende Wassertor bzw.
das Schanzel Tor zwischen Rotenturmtor und Fischertor.
Der Rote Turm ist erstmals 1288 belegt. Bis in das 15.
Jahrhundert wurde er als schlankes, viereckiges Gebäude mit
spitzem, rotem Ziegeldach dargestellt, dessen Fassade in
Gevierten rot-weiß gefärbt war. Die älteste Darstellung von
der Donauseite her ist im Babenbergerstammbaum um 1490
enthalten. Das Rotenturmtor befand sich damals neben dem
Turm. 1464 wird erstmals die etwas stromabwärts liegende
Schlagbrücke erwähnt, welche bis 1782 die einzige feste
Verbindung zwischen der Stadt und der Unteren Werd bzw.
Leopoldstadt und wichtiger Fernweg nach Norden und Osten
war. Heute überspannt an dieser Stelle die
Schwedenbrücke
den Donaukanal, nicht zu verwechseln mit der erst 1906
erstmals eröffneten Marienbrücke, die eine direkte
Verlängerung der Rotenturmstraße darstellt.
Kaiser Maximilian I. ließ den Turm, da er bei der Belagerung
Wiens durch Matthias Corvinus Schäden erlitten hatte, ab
1511 von Grund auf umbauen. Es wurde daraus ein einstöckiger
Torturm mit spitzem Dach und vier Ecktürmchen und einer
spitzbogig überdeckten Durchfahrt, der auf der Stadtseite
ausgeschmückt wurde. Eine Abbildung zeigte Maximilian und
neben ihn die Schilde von Österreich und Burgund zwischen
zwei ritterlichen Fahnenträgern und das Wiener Wappen in der
Form des doppelköpfigen Adlers mit weißem Kreuz auf rotem
Schild und der Jahreszahl 1511. Eine lateinische Inschrift
dazu lautete:
Quam felix urbs est, quae pacis tempore bellum
Ante oculos ponit, et sua quaeque notat
Incassum vigilat, qui custodire putabit
Urbem armes, si non arma Dei affuerint,
Sed Deus et Virtus tutantur MAXIMILIANI
Caesaris haec urbis moenia cum populo.
Überdies gab es folgende deutsche Aufschrift:
Welcher kompt durch diese Port,
Dem rath ich mit getreuem Wort,
Daß er hält Fried in dieser Stadt,
Oder er macht ihm selbst Unrath,
Daß ihn zwei Knecht zum Richter weisen,
Und ihn schlagen in Stock und Eisen.
Im 16. Jahrhundert scheint hoch im inneren des Torbogen auch
die so genannte „Speckseite“ (aus Holz) montiert worden zu
sein, von der es hieß, es dürfe sie nur jener Mann abnehmen,
der nicht unter der Fuchtel seiner Frau stehe. Daneben stand
die Inschrift:
Befind sich irgend hier ein Mann,
Der mit der Wahrheit sprechen kann,
Daß ihm sein Heyrath nicht grauen,
Und fürcht sich nicht für seiner Frauen,
Der mag diesen Backen herunter hauen.
Der Sage nach habe nur einziger Mann sich je daran gemacht
die Speckseite abzumontieren, dies aber dann doch mit je
nach Version unterschiedlichen Gründen unterlassen, um nicht
allenfalls die Hose zu zerreißen oder zu beschmutzen und
dafür von seiner Frau gescholten zu werden, was ihm viel
Gelächter der Zuschauer einbrachte. Die Speckseite blieb bis
in die Mitte des 18. Jh. hängen. Durch das Rotenturmtor
erfolgten oftmals prunkvolle Einzüge der von Krönungen oder
Kriegen heimkehrenden Herrscher.
Von 1662 bis 1664 wurde vor der mittelalterlichen Stadtmauer
und dem Turm eine neue Befestigungsanlage gebaut, die kleine
und die große Gonzagabastei (anfangs Wasser Schanz Bastei)
mit dazwischenliegender Courtine. Damit wurde der Umbau der
Wiener Stadtmauern zur Bastionsbefestigung abgeschlossen,
die angrenzende Biber-Bastei sowie die Minch-, bzw. Neuetor-
bzw. Elend-Bastei bestanden schon längere Zeit. Der rote
Turm verlor damit seine verteidigungstechnische Rolle, wurde
aber zunächst nicht abgerissen. Mit der neuen Mauer ergab
sich zuerst die Situation eines Art Zwingers aus dem vor
allem drei Wege führten.
* Das erste war das später als Altes Rotenturmtor
bezeichnete, welches nach Nordosten wies und jetzt aus dem
Zwinger in die Stadt führte.
* Das neue Tor stromabwärts hinter der kleinen Gonzagabastei
mit zwei Durchfahrten zeigte nun nach Südosten und übernahm
den Verkehr zur Schlagbrücke. Zuerst wurde es unterer
Ausgang, untere Fallen, Unterfall, italienisch Porta Rossa
detta L'uscita inferiore genannt, immer wieder Lepoldstädter
Tor, später Neues Rotenturmtor und schließlich ganz einfach
Rothe Thurmtor bzw. Rotenturmtor.
* Das neue Tor stromaufwärts hinter der großen Gonzagabastei
hatte nur eine breitere Durchfahrt und wies nach Nordwesten.
Es wurde zuerst obere Fallen, Oberfall, italienisch Porta
Rossa detta L'uscita superiore bezeichnet und erhielt mit
der Zeit den Namen Fischerthor. Dieses war im Jahre 1711 das
einzige, welches groß genug war um mit der alten Pummerin in
die Stadt zum Stephansdom zu gelangen.
o In der Courtine bestanden zeitweise ein bzw. zwei Tore
Richtung Nordosten direkt zum Donaufluß. Zuerst nannte sich
eines Wasser-Thörlein bzw. Wassertor und ein anderes wurde
später Schanzel Thor genannt.
o Als der Verkehr stärker wurde gesellte sich beim neuen
Rotenturmtor Richtung Biberbastei um die Ecke das nach
Nordosten direkt auf die Schlagbrücke weisende Laurenzertor
hinzu, welches Fußgängern vorbehalten war. Es wird selten
extra erwähnt und meist in Einheit mit dem Rotenturmtor
betrachtet.
Nachdem das Kärntner Tor ab 1626 die ganze Nacht offen stand
war das Rotenturmtor 1673 das zweite. Danach kamen das
Schottentor 1706 und das Stubentor 1717.
Im Jahre 1776 wurde der rote Turm schließlich abgetragen um
die Passage zu erweitern. An Stelle der mittelalterlichen
Stadtmauer waren schon längst Häuser entstanden und dahinter
die heute nicht mehr existierenden Adler- und Kohlmesser
Gasse. Früher wurde das hinter dem roten Turm gelegene
Straßenstück bis zum Haarmarkt „Auf dem Steig“ genannt.
Spätestens 1830 ist es als „Rothe Thurm Straße“ verzeichnet.
Nach dem Beschluss der Stadterweiterung wurden die
Rotenturmbastei bis zur Biberbastei (ohne diese) samt
Rotenturmtor und Laurenzertor vom 29. März bis 12. Juni 1858
als erste abgerissen. Die Gonzagabastei und das Fischertor
wurden zwischen 11. April und 9. Juni 1859 geschleift. Im
Jahre 1862 wurde die Rotenturmstraße zum Namen für die
gesamte Länge bis zum Stephansplatz ausgedehnt und so der
Haarmarkt und die Bischof Gasse zu historischen Namen.
An der Fassade des Hauses Hauses Rotenturmstraße / Ecke
Fleischmarkt erinnert heute noch ein Mosaik an den roten
Turm. Heute würde der rote Turm zwischen den nicht mehr
existierenden Häusern Rotenturmstraße 26 und 31 liegen, also
zwischen den Straßenbahngeleisen und den Häusern
Schwedenplatz 23 und 25. Das neue Rotenturmtor wäre vor den
Häusern Schwedenplatz 13 und 15 auf der Fahrbahn des Franz
Josephs Kai zu suchen. Und das Fischertor läge entweder am
Morzinplatz oder im angrenzenden Häuserblock Gonzagagasse 2 und 4.
Quelle: Text: Wikipedia, Bilder: gemeinfrei.
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Günter Nikles
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