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Die Bundeshauptstadt

02. Bezirk - Nordbahnviertel

Das Nordbahnviertel ist ein im Entstehen begriffenes Stadtviertel im 2. Wiener Gemeindebezirk, der Leopoldstadt. Dabei handelt es sich um ein von den Österreichischen Bundesbahnen für den Bahnbetrieb nicht mehr benötigtes, etwa 75 Hektar großes Frachtenbahnhofsgelände des ehemaligen Nordbahnhofs (Stadtentwicklungsgebiet Nordbahnhof oder Nordbahnhofgelände), auf dem seit den 1990er Jahren sukzessive ein neuer Stadtteil entsteht. Die Fertigstellung der Bebauung wird für 2025 erwartet.

Der Name ist älter als das Viertel und war jahrzehntelang die Bezeichnung für das an die Nordbahnstraße unmittelbar westlich angrenzende Stadtviertel bis zur Heinestraße beim Praterstern. Im heutigen Verständnis wird diese Gegend nördlich der Straße Am Tabor als Alliiertenviertel (nach der Alliiertenstraße) und südlich davon als Volkertviertel (nach dem Volkertmarkt) bezeichnet. Der Name Nordbahnviertel für das Gelände des ehemaligen Frachtenbahnhofs ist seit etwa 2010 in Gebrauch.

Lage: Das neue Nordbahnviertel wird etwa wie folgt begrenzt bzw. eingerahmt:

Norden: Innstraße (Grenze zwischen 2. und 20. Bezirk); nördlicher Teil von Zwischenbrücken
Osten: Engerthstraße bzw. Vorgartenstraße; südlicher Teil von Zwischenbrücken (zwei bis drei Häuserblöcke breit), dann Handelskai und rechtes Ufer des Donaustroms
Süden: Lassallestraße. Die B8 bildet als Verlängerung der am Praterstern zentrumsseitig anschließenden Praterstraße eine wichtige Verbindung vom Stadtzentrum zur Reichsbrücke und über die Donau in den 22. Bezirk. Hier verkehrt unterirdisch die U-Bahn-Linie U1, deren Stationen Praterstern und Vorgartenstraße auch das Nordbahnhofgelände erschließen. Südlich der Lassallestraße liegt das Stuwerviertel als Übergang zum Prater.
Westen: Nordbahnstraße westlich des Gleiskörpers der Nordbahn mit S-Bahn-Verkehr („Schnellbahn-Stammstrecke“); westlich davon historisches Nordbahnviertel, heute als Volkert- und Alliiertenviertel bezeichnet.

Im Nahbereich des neuen Nordbahnviertels befinden sich der Praterstern, einer der größten Verkehrsknotenpunkte Wiens, die Reichsbrücke, die prominenteste Donaubrücke Wiens, das Naherholungsgebiet Donauinsel und Neue Donau sowie der Wiener Prater.

Geschichte: Noch 1856 war dieses Gebiet laut Stadtplan Teil der Donauauen mit dem Fahnenstangenwasser und dem Kaiserwasser und anderen Armen des unregulierten Flusses und regelmäßig von Hochwasser überschwemmten Inseln mit Wiesen und Auwäldern (Fischerhaufen). Die heutige Lassallestraße hieß bis 1875 Schwimmschulallee, weil sich hier eine Militärschwimmschule befand, und wurde dann, passend zur neuen Donaubrücke, in Kronprinz-Rudolf-Straße umbenannt.

Nach der 1875 abgeschlossenen Donauregulierung, die die Hochwassergefahr beseitigte, wurden die Altgewässer hier zugeschüttet. Auf dem Areal wurde der ausgedehnte Frachtenbahnhof des Nordbahnhofs angelegt; der Bahnhof war in Personen- und Güterverkehr bis 1918 der wichtigste Wiens. Die einstige Kaiser-Ferdinands-Nordbahn (K.F.N.B.), die erste Dampfeisenbahn Altösterreichs, verlor aber auf ihren Verbindungen nach Mähren, Schlesien und Galizien insbesondere nach 1945, in der Zeit des Eisernen Vorhangs, viel Verkehr; die Nutzung des Geländes, das sich 1945–1955 im sowjetischen Sektor Wiens befand, ließ zu wünschen übrig. Der Güterumschlag wurde daher von den ÖBB in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in die Terminals Wien Inzersdorf an der Donauländebahn und Wien Freudenau an der Donauuferbahn verlegt, damit das Nordbahnhofgelände zu anderen, mit der Wiener Stadtverwaltung vereinbarten Nutzungen verkauft werden konnte.

Ein Baurest des Nordbahnhofs ist der unter Denkmalschutz stehende Wasserturm.

Neue Nutzung: Bürogebäude an der Lassallestraße 1, hinter dem links die 2018 benannte Straße der Wiener Wirtschaft vom Praterstern abzweigt; vorne Abgang zur U1; an der rechten Gebäudekante verläuft die Joseph-Roth-Gasse.

Die Stadt Wien hat hier von den ÖBB große Grundflächen angekauft und die Planungsabteilungen des Magistrats beauftragt, das Areal zu entwickeln. 1994 hat der Gemeinderat das Leitbild Nordbahnhof beschlossen.

Der Geländeteil an der Lassallestraße ist bereits seit den 1990er Jahren verbaut; hier sind fast ausschließlich Bürogebäude entstanden. Parallel zu diesen Blöcken soll ein weiterer Gebietsstreifen verbaut werden, sukzessive soll diese bebaute Zone dann nach Norden erweitert werden.

Der auf dem östlichen Geländeteil nahe Vorgartenstraße und Haussteinstraße gelegene, 31.000 Quadratmeter große Rudolf-Bednar-Park, benannt nach dem Bezirksvorsteher 1977–1984, wurde 2008 eröffnet. 2010 wurde an der Ernst-Melchior-Gasse unweit des Parks der Campus Gertrude Fröhlich-Sandner (Kindergarten und Volksschule für bis zu 670 Kinder) fertiggestellt.

An der Bruno-Marek-Allee wurde von der Signa Holding bis 2018 zwischen Jakov-Lind-Gasse und Walcherstraße nach Plänen von Boris Podrecca (er ging aus einem zweistufigen Wettbewerb als Sieger hervor) der Austria Campus errichtet, von dem die Hälfte von der Unicredit Bank Austria für ihre neue Zentrale gemietet wurde. Die Bruttogeschoßfläche der Bauten (fünf bis sechs Stockwerke hohe Bürogebäude für 9.000 Arbeitsplätze, Hotel mit etwa 200 Zimmern, Betriebsrestaurants und -kindergarten, Geschäftslokale und Kunstsammlung) wurde mit 200.000 Quadratmeter angegeben, die Investition mit 490 Millionen Euro.

2011 wurde bekanntgegeben, dass sich folgende Annahmen des städtebaulichen Wettbewerbs 1994 verändert haben:

Die Gleistrasse der Nordbahn wurde verschmälert, es wurden drei Unterführungen eingeplant, um Taborstraße, Schweidlgasse und die Straße Am Tabor auf das Gelände verlängern zu können.
Das Verbindungsgleis von der Nordbahn zur Donauuferbahn, das im Norden durch das Gelände führte, entfällt.
Mittlerweile wurde auch für den nordwestlich benachbarten ehemaligen Nordwestbahnhof, der ebenfalls einen großen Frachtenbahnhof aufwies, ein städtebauliches Leitbild erstellt. Weiters werden neue Anforderungen an die soziale Infrastruktur gestellt.

2014 wurde ein neues städtebauliches Leitbild für den zentralen Bereich beim alten Wasserturm entwickelt, wo nunmehr eine größere Freifläche vorgesehen ist. Diese Freie Mitte soll eine Grünfläche im nordwestlichen Teil des Gebiets werden, die allerdings als „Stadtwildnis“ konzipiert ist: das seit dem Auflassen des Frachtenbahnhofs entstandene Biotop soll unverändert erhalten bleiben und nur durch Neubauten begrenzt werden – im Gegensatz zum gärtnerisch gestalteten Rudolf-Bednar-Park, der anderen großen Grünfläche im Viertel. Auch soll eine Eisenbahnbrücke als Fußgängerbrücke erhalten bleiben. Es handelt sich hiebei um eine der ältesten Eisenbahnbrücken Österreichs – das heute grün gestrichene Stahlgerüst wurde 1876 als Teil des Verbindungsgleises zur Donauuferbahn errichtet, die Brückenpfeiler stammen aus dem Jahr 1838. In dieser Stadtwildnis befinden sich auch zwei Teiche, die als Biotope für die Wechselkröten angelegt wurden, die Entdeckung ihres Vorkommens auf dem Gelände hatte 2016 die Bauprojekte verzögert.

Im Bereich Bruno-Marek-Allee / Taborstraße / Leystraße soll außerdem der Christine-Nöstlinger-Bildungscampus entstehen, der wegen seiner Grundrissform als „Blume“ bezeichnet wird.

Im Oktober 2015 verkauften die ÖBB den noch in ihrem Besitz befindlichen Teil des Areals an ein Immobilienkonsortium, bestehend aus der der Stadtverwaltung nahestehenden Wiener Städtischen Versicherung, der auf dem Nordbahnhofareal domizilierenden Raiffeisen Evolution Project Development GmbH, mehrheitlich im Eigentum von Firmen des österreichischen Raiffeisen-Konzerns, und der ÖVW, Tochter der Ersten Bank der oesterreichischen Sparkassen AG. Der ORF berichtete dazu von der Kritik daran, dass das Areal ohne Umweltverträglichkeitsprüfung entwickelt werde. Die Stadtverwaltung vertrat dazu die Meinung, dass kein Gesamtprojekt vorliegt, sondern einzelne Baufelder verkauft werden und dass daher eine UVP nicht erforderlich sei.

Im September 2017 wurde der Grundstein zur Rumänisch-orthodoxe Kirche 'Zur Heiligen Auferstehung' in der Bruno-Marek-Allee gelegt. Außenerscheinung und Ausgestaltung lehnen sich an die Bukowina-Klöster an, insbesondere (was das Freskenprogramm betrifft) an die Klosterkirche Voronet, allerdings ist die Grundform mehr aufs Wesentliche reduziert. Das für den Schutz der Fresken erforderliche vorkragende Dach wird transparent ausgeführt.

Sechs Hochhäuser mit Höhen zwischen 60 und 95 Meter sind geplant, im April 2019 standen die Siegerprojekte fest.

Wasserturm: Der letzte bauliche Rest des alten Nordbahnhofs, der Wasserturm, steht unter Denkmalschutz. Eine Nachnutzung steht im Raum, allerdings müsste der Turm baulich adaptiert werden, was durch die dicken Wände und die fehlenden Zwischengeschoße erschwert wird. Eine Erneuerung des Dachstuhls fand 2012 statt.

Nordbahnhalle: Von 2017 bis 2019 wurde die ehemalige Lagerhalle der Firma IMGRO als Veranstaltungsort Nordbahnhalle zwischengenutzt. Unter der Führung von Studenten der Technischen Universität Wien wurden Veranstaltungsräume, Werkstätten und eine Kantine errichtet. Die Halle wurde für zahlreiche kulturelle Veranstaltungen und Events verwendet. Das Ende der Zwischennutzung wurde kontrovers diskutiert, es bildeten sich Initiativen gegen die Abtragung der Halle. Nach einem Teilabriss im September 2019 brach im November 2019 im verbleibenden Teil der Nordbahnhalle ein Großbrand aus. Ein Übergreifen auf den Wasserturm konnte verhindert werden.

Neues Straßennetz: 2009–2013 hat der Wiener Gemeinderat auf dem Nordbahnhofgelände damals großteils noch nicht gebaute Verkehrsflächen benannt:

An den Kohlenrutschen zwischen Walcherstraße und Jakov-Lind-Straße
Bruno-Marek-Allee parallel zur Nordbahnstraße
Eva-Popper-Weg zwischen Pasettistraße und Vorgartenstraße
Fanny-Mintz-Gasse, zwischen Walcherstraße und Rudolf-Bednar-Park
Jakov-Lind-Straße, südliche Begrenzung des Rudolf-Bednar-Parks
Lembergstraße, parallel zur Nordbahn
Leopoldine-Schlinger-Gasse, Verlängerung der Radingerstraße Richtung Rudolf-Bednar-Park
Krakauer Straße, nördliche Begrenzung des Rudolf-Bednar-Parks
Rabensburger Straße, nördliche Parallele zur Krakauer Straße

Folgende bestehenden Verkehrsflächen wurden zur Verlängerung auf das Nordbahnhofgelände vorgesehen:

Am Tabor
Ernst-Melchior-Gasse
Leopold-Moses-Gasse
Leystraße
Pasettistraße
Schweidlgasse
Taborstraße

2016 wurde die Kreuzung Bruno-Marek-Allee / Jakov-Lind-Straße Rothschildplatz benannt.

2018 wurde der direkt an den Praterstern anschließende Teil der Walcherstraße nach dem 2019 dort fertiggestellten Gebäude der Wiener Wirtschaftskammer Straße der Wiener Wirtschaft benannt.

Öffentlicher Verkehr: Abgesehen von den beiden U-Bahn-Stationen Praterstern und Vorgartenstraße, die am Rand bzw. in der Nähe des Viertels liegen, verkehrt in der Gegend nur die Buslinie 82A, die beim Bildungscampus Gertrude Fröhlich-Sandner eine Station hat.

Allerdings soll die Straßenbahnlinie O, die derzeit ihre nördliche Endstation auf dem Praterstern hat, 2020 in das Neubauareal verlängert werden. Dazu wird sie wie die Linie 5 in der Nordbahnstraße bis zur Kreuzung Am Tabor (diese Straße wird in das neue Gelände verlängert) fahren, dort rechts abbiegen und auf einem Rasengleis die Nordbahn unterquerend (Unterführung Am Tabor) zur Bruno-Marek-Allee und in dieser dann weiter nordwärts bis zur Leystraße verkehren. Endstation ist dann beim Wasserturm. Außerdem ist eine Tangentiallinie 12 geplant, die das Viertel über das Nordwestbahnviertel mit dem Franz-Josefs-Bahnhof verbindet.

Quelle: Text: Wikipedia, Bilder: Peter Gugerell, gemeinfrei und Radler59 unter der Lizenz CC BY-SA 4.0.



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