Person - Christl Mardayn
Christl Mardayn, eigentlich Anna Christina Mardayn, manchmal auch Christiane Mardayne (* 8. Dezember 1896 in Wien, Österreich-
Ungarn; † 24. Juli 1971 ebenda)
war eine österreichische Schauspielerin und Opern- und Operettensängerin (Sopran).
Leben: Anna Christina Maria Mardein war die Tochter des Sparkassenbeamten Oskar Maria Mardein und seiner Ehefrau Henriette geb. Fusek.
Nach der Matura studierte sie an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien Klavier, Tanz und Gesang.
1920 feierte sie ihr Bühnendebüt anstelle einer erkrankten Soubrette in
Die toten Augen von Eugen d’Albert.
Als Christl Mardayn erhielt sie daraufhin einen festen Vertrag der
Wiener Volksoper.
Sie sang den
Cherubin in Le nozze di Figaro, Lola in >Cavalleria rusticana, Sieglinde in
Die Walküre und etwa hundertmal
brillierte sie in der Titelrolle von Franz von Suppès Operette
Die schöne Galathée.
1921 wirkte die Soubrette am
Raimundtheater und ging 1922 ans
Carltheater.
Sie sang hier bei Uraufführungen von Operetten wie
Die Bajadere von Emmerich Kálmán,
Der Libellentanz von Franz Lehár
und
Die Frau im Hermelin von Jean Gilbert.
Tourneen führten sie ans Künstlertheater Berlin, das Corso-Theater Zürich und das Staatstheater Hannover.
Sie verkörperte hier die Titelrollen in
Madame sans Gêne von Victorien Sardou oder
Mirandolina nach Bohuslav Martinu.
Weitere Gastspiele führten sie in die Tschechoslowakei, nach
Ungarn und nach Schweden.
In den 1930er Jahren wandelte sich Christl Mardayn allmählich zur Theaterschauspielerin, und zwar zunehmend in Sprechrollen.
1932 erhielt sie ein Engagement am
Theater in der Josefstadt und trat ab 1934 am Deutschen Volkstheater auf.
Sie spielte vor allem Komödien nach George Bernard Shaw und Moliere sowie Boulevardstücke.
Mit dem Aufkommen des Tonfilms erhielt Christl Mardayn, die seit 1929 mit dem Schauspieler Hans Thimig verheiratet war, auch Filmrollen.
Oft lieferte sie dabei Gesangseinlagen. In der Operettenverfilmung
Im weißen Rößl (1936) ist sie die Wirtin,
und in der französischen Produktion
Le drame de Shanghaï mit Regisseur Georg Wilhelm Pabst (1938)
bekam die sprachgewandte Aktrice eine Hauptrolle als Revuesängerin Kay Murphy.
Der „Anschluss“ Österreichs im selben Jahr beendete jedoch ihre Hoffnungen auf eine internationale Filmkarriere.
Von 1939 bis 1943 war sie Ensemblemitglied am
Theater in der Josefstadt und des Deutschen Theaters in Berlin.
Sie stand 1944 in der Gottbegnadeten-Liste des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda.
Auch nach dem Krieg spielte Christl Mardayn, inzwischen mit dem Kaufmann Paul Mühlbacher verheiratet,
hauptsächlich an Wiener Bühnen.
Das deutsch-österreichische Kino der 1950er Jahre setzte sie nur noch relativ selten ein.
Am 18. Mai 1957 wurde ihr das Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, am 21. März 1962 der Titel Professor verliehen. Sie unterrichtete am Konservatorium Wien und bis zu ihrer Pensionierung an der Wiener Musikakademie. Christl Mardayn starb am 24. Juli 1971 an Herzversagen.
Sie erhielt ein ehrenhalber gewidmetes Grab auf dem
Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 40, Nummer 28).
Filmografie:
1932: Der Stolz der 3. Kompanie
1934: Der junge Baron Neuhaus
1935: … nur ein Komödiant
1935: Im weißen Rößl
1936: Romanze / Die Frau des anderen
1938: Le drame de Shanghaï
1939: Der Florentiner Hut
1939: Menschen vom Varieté
1939: Eine kleine Nachtmusik
1943: Gabriele Dambrone
1943: Romantische Brautfahrt
1944: Es fing so harmlos an
1944/47: Umwege zu Dir
1944/49: Wie ein Dieb in der Nacht
1950: Erzherzog Johanns große Liebe
1951: Rausch einer Nacht
1951: Das seltsame Leben des Herrn Bruggs
1952: Frühlingsstimmen
1953: Tingeltangel (Praterherzen)
1953: Der letzte Walzer
1954: Der Komödiant von Wien
1954: Mädchenjahre einer Königin
1955: Ja, so ist das mit der Liebe
1955: Bel Ami
1957: Immer wenn der Tag beginnt
Die Weltpresse vom 13.6.1946, seite 6:
Christl Mardayn
Chrlstl Mardayn! Nomen vindobonense — in
diesem Fall zumindest — Omen est! Denn der
Vorname ist so typisch wienerisch wie die
ganze Erscheinung, das ganze Wesen dieser
scharmanten. liebenswürdigen Frau‚ dieser
wandlungsfähigen Schauspielerin‚ die — einmal
ernst, einmal heiter, einmal ein kleines bisserl
kokett, ein andermal sehr problematisch — mit
ihren vielen, vielen Gesichtern ein freundlicher
Begriff für Wien geworden ist. Aber
nicht allein das...
Bei einem kurzen Interview zwischen zwei
langen Proben kommt es an den Tag: Auch
Christl Mardayns Weg zum Theater ist ganz
eng mit Wien verknüpft. Nicht nur, daß sie in
Wien geboren — das ist ja selbstverständlich —
hat Christl Mardayn nie in der Provinz
gespielt, sondern ihr Debüt und ihre schönsten
Erfolge in Wien gefeiert. „Das war nicht unbedingt
von Vorteil“, bemerkt sie zu diesem
Thema kritisch. „Die schöne Gelegenheit, mich
in der Provlnz einzuspielen, wie es die meisten
Schauspieler tun, und dann fertig nach Wien
zu kommen, ist mir verlorengegangen. Ich habe
von Anfang an in Wien große Rollen gespielt,
die Lehrzelt des Alles-Spielens, wie sie die
Provinz bietet, habe ich nie erlebt." Nun, die
Meisterprüfung wurde auch ohne Provinz mit
Auszeichnung bestanden.
Christl Mardayn kam auf einem kleinen Um-
weg über — die Musik, zum Theater. lm ersten
„Stadium“ stand etwas Dreibeiniges im Vordergrund:
das Klavier: denn Klein-Christl, siebenjährig,
wollte Pianistin werden. Im zweiten
kam die Stimme zu Wort, eigentlich — zu Ton:
denn nun befaBte sich Jung-Christl mit Gesangsstudien.
Im dritten Stadium schließlich
wurden entscheidende Entdeckungen gemacht:
Liebe, Eignung und am Ende der Sprung zum
Theater. Und dabei blieb's. Ein glücklicher Zufall,
daß sich diese drei so wunderbar ergänzten.
Ja‚ Christl Mardayn glaubt sogar, daß
die beiden ersten für das dritte notwendlg
waren. Und das wird so begründet: „Die Musik
ist so unerhört wichtig für den Schauspieler‚
für die Diktion seiner Sprache und das rhythmische
Gefühl‚ für die Resonanz der Stimme..."
Wozu bemerkt werden muß, daß das praktische
Ergebnis die Theorie, die ein kluges Köpicben
da ausgebrütet hat, vollkommen bestätigte.
Christl Mardayn, die ihre ersten Erfolge
im
Volkstheater und in der
Josefstadt verbuchte,
blieb diesen beiden Häusern während ihrer
ganzen schauspielerischen Tätigkeit treu. Einmal
hier in einem Sprechstück. dann wieder dort in
einem musikalischen Lustspiel, und während —
ach! — zwei widerstreitende Seelen zwischen
ernster Konversation und heiterem Chanson hin
und her pendelten, freute sich ein Drittes:
nämlich das Thenterpublikum, das all diese
„Charakterschwankungen“ zwischen Shakespeare
und Benatzky, Grillparzer und Goldoni,
Mollere und Steinbrecher, gerührt und schmunzelnd
mitmachte. Aber Mirandolina, Madame
sans Géne, Nina, Lady Windermere und die
demnächst am
Volkstheater erscheinende
Rösselwirtin‚ zeigt sich nun von einer ganz
neuen Selte: sie wird heute und an den folgenden
drei Tagen auf die lustlge „Bouquet“-Bühne
steigen‚ mit Frank Fox am Doppelflügel, rhythmische
Musik spielen und dazu Chansons in
vier Sprachen singen: französisch. englisch‚
deutsch und — wienerisch: „Toi 1’inconnue“‚ ein
Chanson aus ihrem französischen Film „Le
Drame dc Shanghai“. der in den gewissen vergangenen
Jahren in Wien verboten war‚ den
amerikanischen Schlager „You belong to my
hesrt", das bekannte Steinbrecher-Lied „Unter
einem Regenschirm“ und — etwas Wienerisches.
Zwei Konzerte. die Christl Mardayn vor
kurzem für die Aktion „Zürich hilft Wien“ in
die Schweiz entführten, haben ihr so viel Erfolg
gebracht, daß sie für die kommende Saison auch
einen großen eigenen Abend im Konzertbaus
beabsichtigt.
Sollte damit vielleicht ein „viertes Stadium“
seinen Anfang genommen haben? ...
Quelle: Dieser Text basiert auf dem Artikel
Christl_Mardayn aus der freien Enzyklopädie
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Liste der Autoren verfügbar.
Bilder: Wiener Bilder vom 14.6.1936, Seite 10 und Die Weltpresse vom 13.6.1946, Seite 6.