Person - Maximilian Schreier
Maximilian Schreier (* 23. Mai 1877 in Brünn, Österreich-Ungarn; † 15. Juni 1942 in Wien) war ein österreichischer Journalist und Abgeordneter zum Wiener Gemeinderat.
Leben: Schreier wurde als Sohn des kaufmännischen Angestellten Josef Schreier geboren. Er absolvierte vier Jahre Gymnasium, aus finanziellen Gründen konnte er jedoch nicht studieren. Bereits als Jugendlicher schloss er sich in Wien dem Arbeiterbildungsverein Gumpendorf an und begann sich für das politische Geschehen zu interessieren.
Seine journalistische Laufbahn begann er mit gelegentlichen Beiträgen für das satirische Wochenblatt
Kikeriki!
1897 gab er die Freie Volksbühne heraus und war 1898–1901 Mitarbeiter der politisch-kulturellen Zeitschrift
Die Wage.
1901 wurde er Lokalredakteur und bald Mitarbeiter des Parlamentsressorts der
Österreichischen Volkszeitung.
Im selben Jahr begann Schreier auch seine Mitarbeit im Journalisten- und Schriftstellerverein
„Concordia“, in dem er später Mitglied des Ehrengerichts und Schriftführer wurde.
Hier setzte er sich besonders für eine soziale Besserstellung der Journalisten,
eine gewerkschaftliche Organisation des Berufsstands und die Öffnung der „Concordia“ für Frauen ein,
die aber erst 1919 umgesetzt wurde.
Im Dezember 1909 gründete er mit Carl Colbert die Wiener Zeitungsgesellschaft m.b.H.,
deren Unternehmensgegenstand vor allem die Herausgabe der Zeitung
Der Morgen. Wiener Montagblatt war.
Ab 1917 war er alleiniger Geschäftsführer. 1910 wurde Schreier zum gerichtlichen Sachverständigen im Zeitungsfache ernannt.
1911 wurde er Mitglied der Wiener Freimaurerloge Zukunft.
Ende 1917 unternahm Schreier den Versuch, die zum Verkauf stehende renommierte Tageszeitung Die Zeit zu sanieren; 1919 wurde ihr Titel in „Der Morgen“ geändert.
1918 ehelichte er die Schauspielerin Ida von Belitzky (Künstlername Ida Norden).
Vom 3. Dezember 1918 bis zum 22. Mai 1919 war er Mitglied des Provisorischen Gemeinderates der Stadt Wien und kandidierte auch für die Demokratische Partei bei der Wahl zur Konstituierenden Nationalversammlung 1919.
Im November 1922 gründete er gemeinsam mit Siegmund Bosel die Zeitung Der Tag, ab Juli 1930 Der Wiener Tag, an der einige der besten Journalisten wie z. B. Robert Musil, Walther Rode und Gustav Stolper mitarbeiteten. Allerdings geriet das Blatt 1925, bedingt durch den finanziellen Abstieg Bosels, in Schwierigkeiten; die Weiterführung konnte jedoch nur durch Beteiligung des dem Prager Außenministerium nahestehenden Pressekonzerns Orbis gesichert werden, was dazu führte, dass die Zeitung in der Folge die Außenpolitik von Edvard Beneš und Tomáš Garrigue Masaryk unterstützte.
Schreier wurde nach dem „Anschluss Österreichs“ wegen seiner nazifeindlichen Einstellung und seiner jüdischen Herkunft
gleich am 13. März 1938 in Wien verhaftet und Anfang des Jahres 1939 ins KZ Weimar-Buchenwald deportiert.
Er, seine Mitarbeiter und andere an der Zeitung
Der Morgen Beteiligte wurden in der Ausstellung
„Der ewige Jude“ in der Wiener Nordwestbahnhalle verhöhnt und in der damaligen Diktion „beschrieben“.
Im Juni 1939 wurde er allerdings wieder nach Wien gebracht, wo er in einem Strafverfahren im Frühjahr 1940 zu 18 Monaten Kerker verurteilt wurde.
Obwohl er schon eine Einreisegenehmigung nach Schweden hatte, wurde ihm die Ausreise verwehrt.
Seine Hoffnungen, doch noch in die USA auswandern zu können, erfüllten sich dadurch nicht.
Die letzten Monate verbrachte er schwer krank im Wiener Rothschild-Spital. Sein erster Selbstmordversuch schlug fehl.
Dort nahm er sich im Juni 1942 dann das Leben, um der bevorstehenden Deportation in ein Vernichtungslager zu entgehen.
In seinem Abschiedsbrief an seine Gattin Ida schrieb er am 12. Juni 1942 um 21 Uhr unter anderem:
Liebe arme Ida!
Da eine neuerliche Kontrolle meinen Gesundheitszustand scheinbar für günstig ansieht, betrachte ich mein Schicksal für besiegelt. Ich habe nicht viel Zeit zu verlieren und muß Abschied nehmen von der Welt, von Allen die mir theuer sind – von dir.
Schönherr-Runde: Im Lauf der Jahre trafen sich im Restaurant an der Währinger Straße 67
(heute
Haus Zakeri) von
Josef Pohl wiederkehrend Gruppen,
Verbandsmitglieder und Vereine. Besonders hervorzuheben ist
die SCHÖNHERR-Runde, der Wiener Künstlerklub mit seinem Stammtisch,
Josef Pohl war ein Duzfreund von Doktor
Karl Schönherr.
Zu den "Mitgliedern" der Runde zählten der Arzt und Schriftsteller
Karl Schönherr,
Opernsänger Baritonist Dr.
Emil Schipper, (Vorsitz, ein Schüler Winkelmanns),
seine Frau
Maria Olszewska,
Medizinalrat Dr. Friedrich Schreiber,
der Burgschauspieler Walter Huber,
Krankenkassenbeamter und Gemeinderat
Friedrich Schleifer,
Chefredakteur Maximilian Schreier,
Advokat Dr.
Paul Klemperer,
Schauspieler
Ernst Wurmser
und natürlich Kommerzialrat
Josef Pohl, der Besitzer des Theater-Restaurants.
Er wurde am 23. Juni am
Wiener Zentralfriedhof IV. Tor begraben (Gruppe 9a, Reihe 2, Nr. 15).
Freiheit für Österreich, 1943, Jahrgang 1, Nummer 9, Seite 8:
Der Tod Maximilian Schreiers.
Erst jetzt gelangte die Nachricht
hierher, dass Maximilian Schreier, der
bedeutende Wiener Publizist und Zeitungsherausgeber im vorigen Sommer in
einem Wiener Altersheim, 65 Jahre alt,
gestorben ist. Vier Jahre Nazi-Haft
lagen hinter ihm: Dachau, Buchenwald,
Gefängnisse, Gefängnisspitäler.., Hitler
hasste diesen wahren Führer der Wiener
demokratischen Journalisten persönlich.
Er hasste in ihm nicht nur
den geborenen Zeitungsgründer —
das von Schreier vor nunmehr drei
Jahrzehnten ins Leben gerufene grosse
Montagsblatt “Der Morgen” und
sein Tagesblatt “Der Wiener Tag” zählten
zu den europäischen Zeitungserfolgen
— nicht nur den Finder und Förderer von Talenten, Persönlichkeiten
und Einfällen, nicht nur den Kämpfer
für Ideen und Rechte. Schreier
vertrat im Leben wie im Beruf jenen Liberalismus,
den der Nazi-Terror stets
am meisten fürchtete. Es war dieser
Geist einer mannhaften Toleranz, eines
grossen ethischen Temperaments,
der Schreier schon in seinen jungen
Jahren zu einem der angesehensten
Parlamentsjourna1isten gemacht hatte,
zum Freund und Vertrauensmann grosser
altösterreichischer Staatslenker und
Politiker. Der politische Publizist
Schreier diente mit ebenso viel Enthusiasmus
wie Routine ausschlisslich
einer Partei: der Menschheit... Er verkörperte jene Demokratie des Denkens,
die in einer kleinen und kleinlichen
Zeit der Gehässigkeit der Meinungen
und Fraktionen längst ein leerer Begriff geworden. Er verkörperte sie
so sehr, dass er es verschmähte, sich
rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Er
wollte seine Arbeit, in die so viel Leistung und Ansehen seiner Mitarbeiter
mit eingeschlossen war, nicht im Stiche lassen. Er glaubte, ein so reiner
wie erfahrener Geist, gleichwohl sozusagen an die Loyalität des Politischen
Schicksals.
Noch einige Tage vor dem Nazibarbaren-Einbruch erzählte er seinen
Freunden, dass er eines Abends in den
Jahren vor dem Weltkrieg in einem
Wiener Restaurant einem jungen Manne “mit einem sonderbar stechenden
Blick” aus Mitleid zwei kleine Aquarellbildchen abgekauft habe. Viele
Jahre später habe ihm der Oberkellner
dieses Lokals einmal zugeflüstert:
“Wissen sie, wer damals bei uns mit
diesen Bilderln hausiert hat? Das war der Hitler ...!”.
Ironie der Weltgeschichte ... Das Mitleid wurde
vom Maler jener Bildchen vergolten,
wie es die Beziehung dieser beider
Charaktere vorschrieb ... Schreier
trug, was ihm Rachsucht und Borniertheit
zufügten, mit einer seltenen und
selten gläubigen Würde. Diejenigen
unter uns Wiener Publizisten,
Schreiers Mitarbeiter waren, ehren
das Andenken seiner anspruchslosen
Könnerschaft und das seiner immer wieder
erprobten Kameradschaft.
Welt am Abend vom 23.5.1947, Seite 2:
Maximilian Schreier.
Er wäre heute siebzig Jahre alt geworden,
wenn nicht die Barbarei des Nazismus ihn in
einen vorzeitigen selbstgewählten Tod getrieben
hätte. Seit seinem achtzehnten Lebensjahr
war er Journalist. Er war es mit seinem
ganzen Sein und mit wahrer Leidenschaft.
Vielfach hat er dank seinem Reichtum an schöpferischen
Ideen das journalistische Bild Wiens
bestimmt — durch die 1910 erfolqte Gründung
der Wiener Montagzeitung „Der Morgen",
dann durch den „Wiener Tag" und durch die
humoristische Zeitung „Der Götz von Berlichingen",
dessen Chefredakteur Theodor
Waldau gleichfalls zu den Naziopfern zählt.
Eine Reihe von bedeutenden Journalisten und
Schriftstellern Oesterreichs wurde von Schreier
entdeckt, der immer ein Förderer der Jugend
und ein Wegbereiter des Geistes war. Zu seinem
Freundeskreis zählte auch der bekannte französische
Politiker Herriot. Sein Andenken wird
weiterleben als das eines entschlossenen und
mutigen Kämpfers für die Demokratie in Oesterreich.
Quelle: Dieser Text basiert auf dem Artikel
Maximilian_Schreier aus der freien Enzyklopädie
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Bilder: Der Morgen. Wiener Montagblatt. 3. Februar 1919, 10. Jg., Nr. 5, S. 10, gemeinfrei; Carl Josef Pollak - ÖNB, Bildarchiv Austria, Inventarnummer PLA16304125, gemeinfrei, Freiheit für Österreich, 1943, Jahrgang 1, Nummer 9, Seite 8, Welt am Abend vom 23.5.1947, Seite 2.