Person - Josef Pohl
Josef Pohl, Restaurateur, Kommerzialrat, * 14.10.1869 in Schlaggenwald in Böhmen (Horni Slavkov, Sokolov, Tschechien), † 03.08.1929.
Leben: Josef Pohl wurde am 14.10.1869 in Schlaggenwald in Böhmen (Horni Slavkov, Sokolov, Tschechien) geboren.
Die Eltern waren Rudolf Pohl, Porzellanmaler, Gastwirt, * 09.05.1840, † 26.01.1907, und
Theresia Pohl, geb. Grünes (siehe auch
Wilhelm Nhil-Grünes), * 07.05.1841 in Unter-Chodau 76 (Tschechien), † 09.04.1910 in Lessau (Tschechien). Eheschließung am 25.11.1862.
In der Familie POHL hatte nicht nur Josef, dessen Berufsweg großteils man noch heute in Zeitungs-Annoncen verfolgen kann,
eine „Koch-Ausbildung“.
Josef Pohl nahm im Jahr 1895 seinen 13 Jahre jüngeren Bruder Oskar Pohl (* 21.06.1882, † 09.11.1961),
der da gerade mal 13 Jahre alt war, aus dem rund 825 km entfernten SCHLAGGENWALD,
mit nach ABBAZIA (Opatija im heutigen Kroatien) und bildete ihn, im Hotel Stefanie, ebenfalls zum Koch aus.
Dessen Lehr-Zeugnis zum Koch, ist unterschrieben von „Josef Pohl, mit Zusatz Chef de Cousine“; es befindet sich in den Familienunterlagen.
Neben Josef und Oskar waren noch weitere drei Brüder in der Gastronomie bzw. Hotellerie, tätig.
Am 8.11.1919 ist Josef Pohl in Wien, 9, Währinger Straße 67/9 gemeldet mit Vermerk „neu verehelicht",
Gastwirt Josef Pohl.
Beruflicher Werdegang: Sein beruflicher Lebensweg begann mit der Lehre, Ausbildung zum Koch, und nach
Erzählungen der Nachkommen in der Familie Pohl, im Hotel Pupp in Karlsbad.
Bereits einige Jahre später war er als Küchenchef in verschieden Häusern, u.a. im
Hotel Kronprinzessin Stefanie in Abbazia (heutiges Hotel Imperial in Opatija im heutigen Kroatien) bis Ende 1898,
danach mehrjährig im Hotel l' Europe in Salzburg, tätig.
Auch in Paris, Nizza und Kairo war Josef Pohl beruflich tätig.
Nach Wien kam Josef Pohl am 24. Dezember 1905, er übernahm das Restaurant „
Der Riedhof" an diesem Tage
(und führte es bis September 1910),
8.,
Wickenburggasse 15, ab sofort ist er RESTAURATEUR.
Später übernahm er das Theater-Restaurant in der Währingerstraße 67,
gegenüber der
Volksoper,
heute
Haus Zakeri.
Im
Zakeri-Haus befand sich Ecke Währinger Straße 67 und Währinger Gürtel,
parallel viele Jahrzehnte hindurch auch das
Café Kuhnhof.
Biographie von Josef Pohl:
1869: am 14. Oktober 1869 in Schlaggenwald (Böhmen) geboren. Zu Josef, seiner Kindheit, Schulzeit und Jugend ist wenig bekannt. Bekannt ist lediglich, dass seine Eltern zwölf Kinder hatten, wovon zwei in frühen Jahren bereits verstorben sind.
1896: Josef Pohl heiratete am 5.5.1896 in Schlaggenwald (Böhmen) Marie Lucia ROBELIN aus Larnaud (* 27.04.1869, † 1955 in Mauterndorf.
1898: Josef ist in Abbazia (heute Opatija/Kroatien), Küchenchef im Hotel STEFANIE. Am 15.08.1898 unterschrieb er das Lehr- und Arbeitszeugnis von Oskar Pohl, seinem 13 Jahre jüngeren Bruder, mit Zusatz Chef de Cousine.
1898: Am 25.09.1898 bringt Marie Pohl Sohn Franz Ferdinand in Schlaggenwald, geboren. Berufsangabe von Josef ist "Küchenchef"
1899: Erhielt Josef mit Zustimmung des Kaisers einen Orden (Wiener Zeitung, 1899-07-29, Seite 1).
1901: 1901 brachte seine Frau Marie ihre Tochter Mathilde in Salzburg zur Welt. Adresse von Josef ist mit „derzeit in Cannes" angegeben. Als Patin von Tilly ist im Kirchbuch …Salzburg Gnigl Mathilde JUNG ...??? Frau des Besitzers" des Hotel Europa in Salzburg eingetragen.
1905: Eröffnung des Restaurant Josef Pohl im
Riedhof am 24.12.1905. Gleichzeitig hat er in dieser Annonce den Großteil seines seitherigen Berufswegs dargelegt.
Zum Riedhof gehörte nicht nur die Gastronomie, sondern auch Hotellerie. Vom 04.04.1906 bis 01.11.1908 war sein 13 Jahre jüngerer Bruder, Oskar, bei ihm im
Riedhof als Koch tätig.
1909: Josef Pohl hatte fachlich wohl sehr großen Ehrgeiz und nahm auch in den Folgejahren wiederkehrend an Kochschauen statt. Aber auch außer Haus kochte er damals schon.
1910: Im Jahr 1910 verkaufte er den
Riedhof an seinen Oberkellner DELASCH. Im November, bekam er im STAATSBAHNHOF das Restaurant, er eröffnete sein RESTAURANT JOSEF POHL, das er nach Umbau im Februar 1911 neu eröffnete.
1911: Im Februar 1911 sind die ersten Anzeigen STAATSBAHNHOF in verschiedenen Zeitungen von Wien zu finden. Auch sind über die vorgenommenen Umbauarbeiten, die Ausgestaltung der verschiedenen Räume des Bahnhof-Restaurants, einige Berichte in der Presse zu finden. Kalhammer, einer der Künstler der Wiener Künstlergruppe, hat dies in diversen Bildern festgehalten. Die Bilder sind heute in New York, in der …hall zu sehen.
1913: Josef Pohl eröffnet am 19. Oktober 1913 im Gebäude des
Wiener Konzerthauses, das in Anwesenheit von Kaiser Franz Josef eröffnet wurde, zeitgleich sein Wiener KONZERTHAUS-RESTAURANT JOSEF POHL. Einen Tag vor der Eröffnung stellte Josef Pohl Presse und Wiener … sein Restaurant, die verschiedenen Räumlichkeiten vor. Er hatte hier u.a. eine Küche eingerichtet, die bis zu 5.000 Gäste schnellstens bewirten konnte. Die größte Küche des k. und K. Reichs in seiner Zeit. Die Konzerthausgesellschaft hatte Josef als Pächter wohl u.a. wegen seines gastronomischen Werdegangs und Erfolgs ausgewählt. Josef wiederum hatte anscheinend zur Voraussetzung/Bedingung gemacht, dass seine Ehefrau Marie das Restaurant Pohl im Ostbahnhof selbständig weiter betreiben darf. … Marie Pohl, geb. Robelin, die erste Frau von Josef Pohl, führte das Restaurant Pohl im Ostbahnhof bis zum 31.12.1939. Danach hat es der gemeinsame Sohn Franz Ferdinand übernommen.
1914: Bereits Ende 1914 war die finanzielle Lage prekär, Josef Pohl meldete Ausgleich bzw. Konkurs an. Aufgrund der politischen Entwicklung, Beginn des 1. Weltkriegs, wurden in Wien geplante Veranstaltungen und gebuchte Kongresse, abgesagt. Dadurch blieben die Gäste aus, finaziell wurde es klamm für Josef, seine Restauration. Aber trotz seiner in dieser Zeit finanziell nicht guten Situation beteiligte sich Josef Pohl an Wohltätigkeitsveranstaltungen. Er stellte unentgeltlich Räume zur Verfügung berichtet die Presse nach einer Veranstaltung, ein andermal wird berichtet, dass er von einem Teil des Preises für verzehrte Speisen als Spende abführte.
1914-1915: Im
Konzerthaus-Restaurant war vom 1.10.1914 bis 1.5.1915, sein 13 Jahre jüngerer Bruder, Oskar Pohl, den er in den 1890er Jahren zum Koch ausbildete, als Küchenchef tätig. Von ... bis ... war sein Bruder, Oskar Pohl, im Konzerthausrestaurant als Küchenchef tätig, dies belegt sein Arbeits-Zeugnis für diese Zeit.
1915: Ab 1.10.1915 war Josef Pohl finanziell nicht mehr in der Lage die Forderungen seiner Gläubiger zu erfüllen, es kam zum …K… . Es ging ihm damals wie vielen anderen Unternehmern, die aufgrund der Kriegereignisse in schwierigkeiten waren. Laut Zeitungsbericht erfolgte in der Wohnung Pohl, Wiedner Gürtel 4, eine Versteigerung. u.a. … Kosten der Einrichtung, Ausstattung werden … genannt.
1916: Ein Gerichtsprozess zeigt auf ... Mit dem Personal hatte er teils auch Pech, so stellte sich heraus, dass es Küchengeschirr entwendete. Franz Gadermayer, der erst einen Monat nach jenem Verbrechen das 18. Lebensjahr erreichte, ist der Sohn, des Gastwirtes „zur blauen Gans" in Salzburg; er hat vier Gymnasialklassen besucht, wurde dann 'Küchenlehrling im Ostbahnhof-Restaurant in Wien. Da diese Wirtschaft und das
Konzerthaus demselben Eigentümer gehören, kam Gadermayer im Jahre 1914 ins
Konzerthaus und brachte es trotz seiner Jugend zum Chef der Küche. Er bezog einen ausreichenden Lohn und außerdem von seiner Mutter - der Vater ist schon vor Jahren gestorben - eine ausgiebige Zulage. Koch und Kellner stahlen ...
1916: Das Restaurant muss schließen, Pohl ist „pleitiert".
1917: In diesem Jahr ist das Konkursverfahren beendet, ein Großteil der Gläubiger hatte sich mit einer Abfindung von 8 % zufrieden gegeben.
1917: Wie Josef Pohl die Zeit nach der Insolvenz verbrachte, wo er sich aufhielt, ist bis dato nicht erkennbar.
1919: Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens begann Josef Pohl neu. Er eröffnete gegenüber der
Volksoper das THEATERRESTAURANT JOSEF POHL in der Währingerstraße 67.
1924: Josef Pohl wird zum KOMMERZIALRAT ernannt.
1925: Pohl übernimmt er gemeinsam mit FESSL von MEINL den CHURHAUSKELLER am
Stephansplatz.
1926: Er beendete jedoch seine Beteiligung und stieg als Gesellschafter aus.
1926: 1926 engagierte er sich mit für den Erhalt und Wiedereröffnung der
Volksoper. Nach Berichterstattung war die Auflösung des Theaters und Errichtung eines Großkinos geplant.
1929: Kommerzialrat Josef Pohl erleidet am 24. Juli 1929 in Wien einen Autounfall.
1929: Am 03. August starb Josef Pohl im Allgemeinden Krankenhaus in Wien.
Am Montag, dem 5. August 1929 berichtete die „Illustrierte Kronenzeitung": Restaurateur Josef Pohl gestorben.
Samstagabends ist im Alter von 60 Jahren der bekannte Restaurateur, Kommerzialrat Josef Pohl, an den Folgen
eines Autounfalles, den er in der Nacht zum 24. Juli erlitten hatte, verschieden. Der Verstorbene war eine
bekannte Wiener Erscheinung, in seinem Lokal, dem Restaurant gegenüber der
Volksoper verkehrte eine
Reihe namhafter Persönlichkeiten der Theater- und Kunstwelt. Der Verstorbene hatte früher den
Riedhof,
dann die Bahnhofrestauration auf dem Ostbahnhof und dann das Restaurant im
Konzerthaus geleitet.
Das Theater-Restaurant Pohl in der Währinger Straße 67 führte Rosa Pohl, geb. Erjautz, seine Frau in zweiter Ehe,
noch einige Jahre weiter, dies ist diversen Veranstaltungsanzeigen von Vereinen, die weiterhin ihre Veranstaltungstermine mit Treff im Theater-Restaurant veröffentlichten,
zu entnehmen. Nach ihrer erneuten Verehelichung war es nicht möglich, etwas über den weiteren Werdegang von Rosa … zu finden.
Churhauskeller: Josef Pohl war nach seiner Scheidung außer am Betrieb des Restaurants
an der
Volksoper noch an einem weiteren beteiligt:
zusammen mit dem Kaufmann Josef Fessl hat er im Februar 1926 von der
MEINL AG. den Churhauskeller (siehe auch
Churhaus) auf dem
Stephansplatz 3 gepachtet,
schied jedoch ein Jahr später wieder aus.
FessL (Feszl) musste im November 1928 den Ausgleich beantragen und wurde wegen "fahrlässiger Krida" zu sechs Wochen strengem Arrest verurteilt.
Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger, 1927, Seite [495]205:
Meinl Kurhaus-Restaurant. Josef Pohl u. Josef Feszl, 1.
Stephansplatz 3, Telephon 77.388.
Wiener Allgemeine Zeitung vom 11.3.1926, Seite 5:
Ein neues Regime im Churhauskeller. Der
Inhaber der Jubiläumsrestauration bei der
Volksoper
und ehemalige Pächter der Konzerthausrestaurants, Herr Kommnerzialrat Josef Pohl, hat
den Churhauskeller auf dem
Stephansplatz
übernommen. Gleichzeitig hat sich Herr Pohl der
Mitarbeit des im internationalem Hotel- und Restaurantbetrieb sehr versierten Herrn Josef Feszl
versichert. Das neue Regime im Churhauskeller
bürgt durch den Namen Pohl für eine erstklassige Führung dieses vornehmen Lokales.
Schönherr-Runde: Im Lauf der Jahre trafen sich im Restaurant an der Währinger Straße 67
(heute
Haus Zakeri) von Josef Pohl wiederkehrend Gruppen,
Verbandsmitglieder und Vereine. Besonders hervorzuheben ist
die SCHÖNHERR-Runde, der Wiener Künstlerklub mit seinem Stammtisch,
Josef Pohl war ein Duzfreund von Doktor
Karl Schönherr.
Zu den "Mitgliedern" der Runde zählten der Arzt und Schriftsteller
Karl Schönherr,
Opernsänger Baritonist Dr.
Emil Schipper, (Vorsitz, ein Schüler Winkelmanns),
seine Frau
Maria Olszewska,
Medizinalrat Dr. Friedrich Schreiber,
der Burgschauspieler Walter Huber,
Krankenkassenbeamter und Gemeinderat
Friedrich Schleifer,
Chefredakteur
Maximilian Schreier,
Advokat Dr.
Paul Klemperer,
Schauspieler
Ernst Wurmser
und natürlich Kommerzialrat Josef Pohl, der Besitzer des Theater-Restaurants.
Früher Tod: In der Nacht vom 23. auf den 24. Juli 1929 verunglückte Josef Pohl gemeinsam mit dem Theatersekretär
Alexander Schreiner in einem Taxi.
Kommerzialrat Pohl erlitt einen komplizierten Bruch des Unterkiefers und eine Verletzung an der Lunge.
Von diesem Unfall erholte er sich nicht mehr und verstarb im Alter von knapp 60 Jahren am 3. August 1929.
Die Beisetzung erfolgte am Donnerstag, dem 8. August 1929 um 16.30 Uhr am
Hietzinger Friedhof (Feld 29 Grab 28).
Laut Mitteilung des
Friedhofamts Hietzing vom 25.11.2019
„wurde 1971 ein Grabverzicht von der Familie ausgesprochen und das Grab wiedervergeben.“
Nach seinem frühen Tod führte seine Frau Rosa das Restaurant POHL noch viele Jahre weiter.
Josef Pohl hatte 11 weitere Geschwister:
Pohl Anna, verheiratet mit
Albert Egerer, * 08.02.1863, Unter-Chodau 76, (Chodov, Karlovy Vary, Tschechien) † 11.02.1930, Wien, (Alter 67 Jahre)
Pohl Maria, * 08.01.1865, Schönfeld 298 (Krásno nad Teplou, Sokolov, Tschechien) † 22.08.1944, Schlaggenwald (Horni Slavkov, Sokolov, Tschechien) (Alter 79 Jahre)
Pohl Emilie Maria, * 06.04.1866, Schönfeld 298 (Krásno nad Teplou, Sokolov, Tschechien) † Datum unbekannt
Pohl Franz Xaver (Zwilling), * 20.09.1867, Schönfeld 298 (Krásno nad Teplou, Sokolov, Tschechien) † 22.11.1867, Schönfeld (Krásno nad Teplou, Sokolov, Tschechien) (Alter 0 Jahre)
Pohl Berta (Zwilling), * 20.09.1867, Schönfeld 298 (Krásno nad Teplou, Sokolov, Tschechien) † 30.11.1879, Schlaggenwald (Horni Slavkov, Sokolov, Tschechien) (Alter 12 Jahre)
Pohl Josef, * 14.10.1869, Schlaggenwald (Horni Slavkov, Sokolov, Tschechien) † 03.08.1929, Wien (Alter 59 Jahre)
Pohl Franz, * 07.10.1871, Schlaggenwald (Horni Slavkov, Sokolov, Tschechien) † Datum unbekannt
Pohl Rudolf, * 30.10.1873, Schlaggenwald (Horni Slavkov, Sokolov, Tschechien) † 16.09.1919, Trautenau (Trutnov, Královéhradecký kraj, Tschechien) (Alter 45 Jahre)
Pohl Julius Karl, * 19.05.1876, Schlaggenwald (Horni Slavkov, Sokolov, Tschechien) † 22.02.1928, Wien-Stadlau (Alter 51 Jahre)
Pohl Ludwig, * 05.04.1878, Schlaggenwald (Horni Slavkov, Sokolov, Tschechien) † 13.04.1878, Schlaggenwald (Horni Slavkov, Sokolov, Tschechien) (Alter 0 Jahre)
Pohl Oskar, * 21.06.1882, Schlaggenwald (Horni Slavkov, Sokolov, Tschechien) † 09.11.1961 (Alter 79 Jahre)
Pohl Auguste, * 24.10.1884, Schlaggenwald (Horni Slavkov, Sokolov, Tschechien) † Datum unbekannt
Neue Freie Presse vom 24.12.1905, Seite 50:
Restaurant
Der Riedhof, Wien, VIII.,
Wickenburggasse 15.
Hiedurch beehre ich mich, einem hochverehrten Publikum die höfliche
Anzeige zu machen, dass ich das altrenommierte
Restaurant Riedhof
käuflich an mich gebracht und die persönliche Leitung desselben übernommen habe.
Meine langjährige Tätigkeit als Küchendirektor des Hotel de
l'Europe in Salzburg sowohl als auch in nur erstklassigen Etablissements
von Paris, Nizza, Kairo, Karlsbad etc. bietet wohl die beste
Gewähr für meine Befähigung, einem ersten Etablissement der Residenz mit
Erfolg vorstehen zu können.
Die in meinen leitenden Stellungen gesammelten reichen Erfahrungen
sollen dazu beitragen, das alte Renommée des
Riedhof und dessen
Beliebtheit zu erhalten, bezw. zu steigern, und ich werde mein ganzes Können
dafür einsetzen, den Wünschen meiner verehrten Gäste nach
jeder Richtung gerecht zu werden.
Mit der Bitte, mir ein geneigtes Wohlwollen entgegenzubringen zeichne
hochachtungsvoll
Josef Pohl
Restaurateur.
Jörgel Briefe vom 15.1.1906, Seite 13:
J. Pohl, „
Zum Riedhof".
Das Renommee der bekannt vorzüglichen Restauration
„
zum Riedhof", ist durch den neuen
Besitzer, Herrn J. Pohl, zweifellos auf seinen
früheren Höhepunkt zurückgekehrt. Herrn Pohl
geht ein glänzender Ruf voraus. Er war durch
sieben Jahre Küchenchef in den weltberühmten
Hotel de l'Europe in Salzburg, vorher in Paris
und Cannes in gleicher Eigenschaft tätig und ist
somit als Restaurateur für die vornehme und verwöhnte
Welt bestens qualifiziert. Es ist sehr erfreulich,
daß ein so angesehenes und tief eingewurzeltes
Unternehmen den geeignetesten Repräsentanten
wieder gefunden hat. Auch die Exposition
Herrn Pohl auf der Kochkunstausstellung
verrät distinguierten, kultiviertesten Geschmack.
Zwei vorzüglich modellierte Schimmel ziehen eine
Vitrine, auf der sich Kapauner á la Miß Roosevelt
befinden, in echt amerikanischer Zubereitung.
Erzherzogin Maria Josefa zeichnete auch
Herrn Pohl durch einige huldvolle Worte aus.
Salzburger Volksblatt vom 3.7.1909, Seite 6:
Eine Wiener hoteltechnische Leistung. Man schreibt
uns: Das in der Vorwoche in Wien abgehaltene
fünfte schlaraffische Konzil, an welchem 1500 Schlaraffen
mit 700 Damen teilnahmen, bot dem Besitzer
des renommierten Wiener Restaurants „
Zum Riedhof",
Herrn Josef Pohl, Gelegenheit, eine glänzende
Probe organisatorischen Talentes und verständnisvoller,
umsichtiger Leitung abzulegen. Herrn Pohl,
ehemals Küchenchef im Hotel l'Europe in Salzburg,
wurde die Riesenaufgabe gestellt, für die Bewirtung
der Schlaraffen in den Sophiensälen, sowohl am Begrüßungsabende,
wie auch am Tage des Bankettes zu
sorgen, und die Art und Weise, wie Herr Pohl sich
dieses Auftrages entledigte, fand rückhaltlose Anerkennung.
Wir lassen nachstehend die authentisch erhobenen
Ziffern sprechen, mit welchen Quantitäten und
Mitteln an den beiden Festmahlen gearbeitet werden
mußte, um diese Massenbewirtung zu bewältigen. Es
wurden bei beiden Mahlzeiten im Ganzen verbraucht:
500 Poulards, 550 Kilo Rindfleisch, 460 Kilo Fische,
2000 Portionen Eis, 150 Aufsätze Obst, 150 Aufsätze
Dessert, 100 Hektoliter Bier, 50 Hektoliter Wein, 1200
Flaschen Champagner. In der Küche waren 21 Köche
tätig, darunter 3 aus der Hofküche und 2 vom Hotel
l'Europe in Salzburg. Zur Bedienung waren 200
Kellner in Verwendung. Wenn nun angesichts dieser
Statistik die Bewirtung in rascher und tadelloser
Weise vor sich ging, wenn andererseits die gebotenen
Speisen und Getränke an Güte und Zubereitung
nichts zu wünschen übrig ließen, so glauben wir, auch
öffentlich Herrn Pohl, der in Salzburg viele
Freunde zählt, die wohlverdiente Anerkennung aussprechen
zu sollen, da er mit dieser Glanzleistung nicht
allein sich selbst, sondern auch dem im Auslande bestbekannten
Wiener Wirtsgewerbe ein erstklassiges
Zeugnis ausgestellt hat.
Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 19.3.1912, Seite 8:
Lebhafte Anerkennung aller Feinschmecker und Sachverständigen
im Küchenfache finden die exquisiten Schüsseln,
die der Inhaber des k. k. Staatsbahnrestaurants Herr
Josef Pohl in seinem Ausstellungsobjekt zur Ansicht
bringt. Unter den Meisterwerken der Kochkunst, die der Küchenchef
Herr Alfred Hartmann mit seinen Mitarbeitern
Fritz Pfrunder und Franz Hawliczek für das
Pohlsche Objekt beigestellt hat, finden besonderen Beifall,
die Hühnerbrüstchen à la Prinzessin Cäcilie, die Rindsfilets
à la Khedivial, die junge Ente nach Montmorency
und das Zungenbrot in Mosaik. Entzückend schön waren
die ausgestellten Wachteln in Kirschenform und die aus
Hühnermus hergestellten Pfirsiche, durchweg Arbeiten, die
nur in einer Küche allererstes Ranges hergestellt werden können.
Illustrirtes Wiener Extrablatt vom 29.3.1912, Seite 7:
Der letzte Tag der Kochkunstausstellung!
Prämiierung der Köche.
...
Außerdem wurden in der kulinarischen Abteilung prämiiert: Handelskammerrat Franz Rain
mit der silbernen Staatsmedaille nnd Ehrendiplom;
dieselbe Auszeichnung erhielt J. Pohl, Restaurateur
vom Staatsbahnhof. ...
Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 11.3.1913, Seite 8 und 9:
Eröffnungsbankett der Oesterreichischen Jagdklubs.
Anläßlich der vor kurzer Zeit erfolgten Eröffnung
seines im vornehmsten Stil ausgestatteten Klubheims im
Heinrichshof veranstaltete der Oesterreichische Jagdklub am
Samstag, den 8. d., ein Festbankett, an dem die Erzherzoge
Leopold Salvator und Franz
Salvator, Prinz August von Sachsen-Koburg-Gotha, Statthalter Freiherr von
Bienerth, die ersten Repräsentanten der Aristokratie
und Angehörige der besten bürgerlichen Gesellschaft teilnahmen.
Die mit auserlesenem Geschmack eingerichteten
Klubräume waren lange vor Beginn des Banketts dicht
besetzt und boten im strahlenden Lichterglanz ein anziehendes Bild.
...
Der Waffentechniker Karl Tambour, der Erfinder
der automatischen Sicherung an Handfeuerwaffen
aller Art, wurde über das Wesen seiner Erfindung
befragt, und es interessierte die Erzherzoge, zu hören,
daß im Falle einer Neubewaffnung diese erprobte
Sicherung auch für die Armeewafse in Aussicht genommen
sei. Erzherzog Leopold Salvator versprach
einer bevorstehenden Demonstration im Jagdklub
sehr gerne beizuwohnen. Dem
Restaurateur Pohl,
welcher das vorzügliche Diner beigestellt hatte, wurde von
den Erzherzogen die belobendste Anerkennung aus
gesprochen.
Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 7.10.1914, Seite 10:
Die Konzerthausrestauration in Schwierigkeiten.
Bewilligung der Geschäftsaufsicht.
Das Wiener Landesgericht hat über Antrag des
Besitzers der Konzerthausrestauration
Herrn Josef Pohl die Aufsicht über dessen
Geschäftsführung bewilligt und als Aufsichtsperson
den Restaurateur
Albert Egerer [4., Weyringerstraße 17a] bestellt.
Die Passiven betragen zirka 500,000 K. Die Aktiven,
die hauptsächlich aus dem Restaurant und der Einrichtung
bestehen, sollen gleichfalls einen Anschaffungswert
von einer halben Million Kronen repräsentieren.
Die Ursache der Schwierigkeiten, in die der in
Wien sehr populäre Herr Pohl geraten ist, ist auf
den infolge der kriegerischen Ereignisse sehr schwach
gewordenen Besuch des schönen Etablissements
zurückzuführen.
Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 4.8.1929, Seite 12:
(Restaurateur Pohl gestorben.) Gestern abend ist der
bekannte Restaurateur Kommerzialrat Josef Pohl den
Folgen eines Autounfalles, den er in der Nacht vom
23. auf den 24. Juli erlitten hat, erlegen. Kommerzialrat
Pohl war in Gesellschaft des Theatersekretärs Alexander
Schreiner in einem Taxi gefahren, das mit einem Milchwagen
zusammenstieß. Die Deichsel des Wagens drang in
das Taxi und verletzte beide Herren schwer. Kommerzialrat
Pohl erlitt einen komplizierten Bruch des Unterkiefers und
Verletzung an der Lunge; trotz zweimaliger Operation
konnte er nicht gerettet werden. Der nun Verblichene, der
im 60. Lebensjahre stand, war einer der bekanntesten
Restaurateure Wiens. Er führte seinerzeit den
Riedhof,
dann das Restaurant auf dem Ostbahnhof und das Restaurant
im Neuen
Konzerthaus. Gegenwärtig war Kommerzialrat
Pohl Besitzer des Restaurants in der Währingerstraße
gegenüber der
Volksoper.
Juristische Blätter, 1914, Seite 452:
Pohl Josef, Besitzer des Konzerthausrestaurants in Wien III., Lothringerstraße 20.
— L.-G. Wien, 6. Oktober 1914. — Aufsichtsperson
Albert Egerer, Restaurateur
in Wien IV., Weyringergasse 17a.
Wiener Allgemeine Zeitung vom 8.8.1929, Seite 5:
Das Leichenbegängnis des Kommerzialrates
Josef Pohl findet morgen, Donnerstag,
um 1/2 5 Uhr nachmittags, nicht auf dem
Zentralfriedhofe,
sondern auf dem
Hietzinger Friedhof statt.
Der Tag vom 6.3.1927, Seite 5:
Die Schönherr-Runde.
Von Max Graf.
Doktor Schönherr mag aufgeatmet haben,
als er nach den vielen Ehrungen, die ihm sein
sechzigster Geburtstag gebracht hat, endlich
wieder an seinen gewohnten Stammtisch
zurückkehren konnte, an dem er nun seit geraumer
Zeit seine Abende verbringt. Einige Tage
lang hatten ihn das Deutsche Volkstheater, das
ihn als Jubiläuins-Sechziger auf jener Bühne
zur Schau gestellt, auf der sonst die von ihm
geschaffenen Gestalten das Publikum erschüttern
und erheitern, und Privatgesellschaften,
die den berühmten Dichter feiern wollten,
mit Beschlag belegt, und
Karl Schönherr
hat als wetterfester Tiroler die Plagen von
Festreden und Festessen mit stoischer Ruhe
über sich ergehen lassen. Aber ganz wohl wird
ihm erst geworden sein, als er dem Festzeremoniell
den Rücken kehren und wieder an
seine gewohnte Gasthausecke herantreten
konnte, in der er allabendlich einen Kreis von
Freunden um sich herum versammelt, um sich
hier nach seiner Art auszuschweigen oder am
Gespräch teilzunehmen, wie es ihm beliebt,
oder, wenn er besonders gut gelaunt ist, mit
Meisterschaft eine Partie „Schnapsen" zu
spielen, wie es in Tiroler Gasthausstuben
üblich ist. Auch wenn
Karl Schönherr schweigend
hinter seinem Glas Bier in diesem
Kreise sitzt, den charakteristischen Graukopf in
seine Hand gestutzt, und hinter den Augen
gläsern mehr in sich hinein als um sich herum
blickt, ist er natürlich der Mittelpunkt unseres
Kreises. Er braucht gar nicht den Platz des Präsidiums
an der oberen Schmalseite des Tisches
einzunehmen, der nach altem Brauch dem
blonden Hünen
Dr. Schipper reserviert ist,
um als das Oberhaupt der Gesellschaft von
jedem anerkannt zu werden. Das Gewicht der
Persönlichkeit des meist in sich gekehrten
Mannes, der nach der dichterischen Arbeit des
Tages an seinem Stammtisch sich entspannt,
ist so groß, daß dieser Tisch selbstverständlich
die Schönherr-Runde geworden ist, obzwar
hier von nichts seltener gesprochen wird als
von Literatur.
Die Schönherr-Runde versammelt sich allabendlich
im Pohlschen Theaterrestaurant
nächst der
Volksoper, dessen Chef,
Kommerzialrat Pohl, mit Schönherr und den übrigen
Mitgliedern seines Kreises freundschaftlich
verbunden ist und sich als einziger unseres
Kreises gestatten darf, den Dichter, wenn er
hochgewachsen und mit großen Schritten das
Lokal betritt und die Gäste murmeln: „Das
ist der
Dr. Schönherr!", mit einem biederen
„Servas, Karl!" zu begrüßen. Auch als Genosse
beim „Schnapsen" ist dem Dichter niemand
willkommener als der vortreffliche Herbergsvater,
dessen „Bummerln" sich sehr gut
in einige Viertel roten Weines umwandeln
lassen, denn als Meister dieses Spiels wird
Schönherr in unserem Kreise von niemand
übertroffen, und eine gewonnene Kartenpartie
macht dem Dichter sichtlich ebensoviel
Freude wie ein Theatererfolg. Im Gasthaus
gehört
Dr. Schönherr zu den seßhaften Leuten.
Wenn er sich auf seinen Sessel niedergelassen
hat, hält ihn das natürliche Schwergewicht
des Gasthausmenschen dort fest.
Der Reiz eines Stammtisches liegt darin,
daß hier Menschen der verschiedensten Berufsstände
nach des Tages Arbeit zusammenkommen
und die Themen des Tages von verschiedener
Seite her besprochen werden. Ein
Stammtisch ist eine kleine Insel im Meer des
Lebens, auf der sich Männer der verschiedensten
Tätigkeit gefunden haben, eine kleine Gemeinschaft
von Persönlichkeiten aller Art, die
hier ihre Gedanken austauschen und sich im
Ernst und Scherz vereinigt fühlen. Dieses
schöne Gemeinschaftsgefühl wird von jenem
Mitglied unseres Tisches, das als der langjährige
Theaterarzt der
Volksoper am längsten
hier seinen Platz einnimmt, mit besonderer
Kunst gepflegt. In körperlichen und in
seelischen Nöten ist dieser erfahrene und wohlwollende
Mann, der Medizinalrat Dr. Friedrich
Schreiber, unser aller Vertrauensarzt,
und jedes Mitglied unseres Kreises zieht
ihn im Laufe jedes Abends zur Seite, um sich
bei ihm Rat zu holen, denn er hat Medizinen
für alles, für Theaterdirektoren, deren Theater
schlecht gehen, für Sänger, die zurückgesetzt
werden, für Frauen, die sich über ihre Männer
beklagen, für die Sorgen jedes Mitglieds
unserer Tafelrunde, er überwacht unser Speis
und Trank, organisiert unsere Feste, kurz, ist
jedem in unserer Mitte unentbehrlich. Doktor
Schönherr ist er unentbehrlich, da er sich mit
ihm über den neuesten Stand der medizinischen
Forschungen unterhalten kann, aber
unentbehrlich ist „Bolschew", wie wir ihn wegen
seiner sozialistischen Gesinnung nennen, jedem
von uns, und der Sozialismus dieses echten
Arztes ist ja nur eine Betätigung seiner
Menschenliebe. Den Vorsitz haben wir, wie erwähnt,
Dr. Schipper überlassen, der,
wenn er abends von seiner Berliner Reise
heimkehrt, vom Bahnhof mit allen Koffern
vor unserem Gasthaus vorfährt, um in unserer
Mitte den Abend und die darauffolgenden
Morgenstunden zu verbringen. Wie
Doktor Schönherr,
ist der ausgezeichnete Baritonist
kein Vielredner, und so verstehen sich der Dichter
und der blonde, blauäugige Sänger vortrefflich.
Mit
Dr. Schipper kommt auch seine
Frau, die schöne
Olszewska, die dunkeläugig
und mit blitzenden Zähnen in unserem
Kreise sitzt, dem einzigen vermutlich, in dem
man der schönen Frau nicht den Hof macht.
Den „unerotischen Stammtisch" hat sie deshalb
unseren Kreis genannt, aber wer würde
es dem Jüngsten unter uns, dem Burgschauspieler
Walter Huber, verübeln, wenn
er die ungeschriebenen Gesetze dieses Stammtisches
mit manchem Angenaufschlag liebevoller
Verehrung durchbricht, falls er nicht
gerade durch ein fachliches Gespräch über das
jüngste Match der ebenso geliebten Rapid-Leute
in Anspruch genommen ist? Auch des
Basses Grundgewalt ist an unserem Tisch vernehmbar.
Es ist der Baß des Opernsängers
Norbert, der niemals voller klingt, als
wenn er die Herrlichkeit des blonden Pilsnerbiers
mit der lichten Schaummütze preist.
Wenn die harten Laute des bayrischen
Schwabenlandes aus dem Mund der
Olszewska und die böhmakelnden Baßtöne
Norberts miteinander abwechseln, hört man
diese Dialekte nochmals aus dem Munde Walter
Hubers, der das Privileg besitzt, alle Mitglieder
des Stammtisches zu kopieren, auch
das Tiroler Deutsch Meister Schönherrs.
Mieterschutz an unserem Tisch als liebenswürdiger
Freund genießt der Gemeinderat
Schleifer, der sich hier von den Kämpfen
des Gemeinderates in einem friedlich-geselligen Kreis
erholt. Von Zeit zu Zeit begrüßen
wir mit Freude Chefredakteur
Maximilian Schreier
in der Schönherr-Runde, der aus
seiner Redaktionsküche die neuesten, noch frisch
dampfenden Nachrichten mitbringt und hier
das in der Redaktion so seltene Vergnügen
hat, seinen Musikkritiker zu sehen, der ebenfalls
seit Jahren diesem Freundeskreis angehört.
An besonderen Festtagen gesellt sich auch
der geschätzte Wiener Advokat Dr. Klemperer
der Schönherr-Runde zu, deren jüngstes
Mitglied der Schauspieler
Wurmser ist,
ebenso willkommen, wenn er von seinen Kunstfahrten
nach Brasilien und Argentinien erzählt
und wenn er seine Witzkiste auspackt,
deren Originalität unübertrefflich ist.
Die Schönherr-Runde hält nun schon seit
langer Zeit fest zusammen. An besonderen
Tagen dehnt sie sich aus und Tische müssen an
den Stammtisch in der Ecke angeschoben werden,
um für die Gäste Platz zu schaffen, an
anderen Tagen schrumpft sie ein, und es kann
schon vorkommen, daß Dr. Schönherr einmal
allein an seinem Tische sitzt und, in sich versunken,
vielleicht gar nicht merkt, daß die Mitglieder
seiner Runde fehlen. Vielleicht sieht er
dann, in seine Phantasien eingesponnen, die
Gestalten eines neuen Stückes vor sich. Am
nächsten Tag ist dann wieder lebhaftes Getriebe
um ihn herum, in dessen Mitte der
Dichter wenn er will, auch wieder einsam sein
kann. Denn zu den Eigentümlichkeiten dieses
Stammtisches gehört, daß hier jeder nach seiner
Fasson selig werden und kommen und
gehen, schweigen und reden kann, wie es ihm
beliebt. Vielleicht fühlen sich deshalb alle Mitglieder
dieses Kreises so fest verbunden, und
wenn Urlaubs- oder Berufsreisen den einzelnen
entfernthalten, flattern aus der Ferne
die Ansichtskarten an den Tisch mit den
verehrungsvollen Grüßen an den großen Dichter,
der der Mittelpunkt dieses Kreises ist, welcher
in Form eines Gasthausstammtisches die
Freundschaft pflegt und in den der Ruhm
Karl Schönherrs hineinglänzt.
Neue Freie Presse vom 7.8.1929, Seite 5:
(Tod des Restaurateurs Kommerzialrat Pohl) Wie
berichtet, wurde der bekannte Gastwirt Kommerzialrat Josef
Pohl, Währingerstraße 67, das Opfer eines Zusammenstoßes
eines Autos mit einem Milchwagen. Er fuhr am 24. Juli mit
dem Theatersekeretär Alexander Schreiner in einem Autotaxi
durch die Dornbacherstraße. An der Ecke der Knollgasse stieß das
Auto mit einem Milchwagen der Vereinsmolkerei zusammen.
Dabei erlitt Pohl einen komplizierten Bruch des Unterkiefers
und mehrfache Schnittwunden und Schreiner eine Gehirnerschütterung
und Schnittwunden. Beide wurden ins Allgemeine Krankenhaus
gebracht. Bei Kommerzialrat Pohl trat Lungenentzündung
hinzu, der er nun erlegen ist. Pohl war ein in Künstler- und
Theaterkreisen sehr beliebter Mann. In seinem Lokal ist der Sitz
der Wiener Bühnenklubs und allabendlich versammelt sich die
sogenannte
Schönherr-Runde, ein geselliger Kreis Wiener Schrifteller,
Schauspieler und Sänger.
Der Tag vom 20.2.1930, Seite 7:
Vor dem Richter.
Wozu der Dispensehestreit mißbraucht wird.
Zivillandesgericht.
:: Einen unerwarteten Ausgang nahm die
Verhandlung über einen Schadenersatzprozeß,
den Frau Rosa Pohl, die Witwe des bekannten
Restaurateurs Kommerzialrat Josef
Pohl, gegen den Antotaxibesitzer Franz Bleich
und den Chauffeur Franz Kriwanek eingebracht hat.
In der Nacht vom 23. zum 24. Juli 1929 fuhr
eine Gesellschaft, der unter anderen Kommerzialrat
Pohl und Frau angehörten, in einem von
Kriwanek gelenkten Auto nach
Neuwaldegg. In
der Dornbacherstraße stand ein Milchwagen der
Vereinsmolkerei, dessen Kutscher eben im Begriffe
war, gegen die Stadt umzukehren. Nach der
Klage fuhr das Auto in rasendem Tempo,
ohne Hupensignale zu geben und, trotzdem
die ganze Straße frei war, so unvorsichtig,
daß die Wagendeichsel des Milchwagens die
Schutzscheibe des Autos zertrümmerte und in das
Innere des Wagens stieß. Kommerzialrat Pohl
wurde an der Brust und am Kinn so getroffen,
daß ihm der Unterkiefer vollständig zertrümmert
wurde. Man brachte ihn aus die Klinik Eiselsberg,
wo er operiert wurde, doch starb er nach zwei Wochen.
Nun verlangt Frau Rosa Pohl, die bei
dem Unfall auch selbst leichtere Verletzungen
und einen Nervenschock erlitten hat.
ein Schmerzensgeld von 3000 Schilling,
außerdem eine monatliche Rente von 600 Schilling,
beziehungsweise einen Ablösebetrag für diese
von 50.000 Schilling, weil sie durch den Unfall
ihres Ernährers verlustig geworden sei. Überdies
werden auch noch Ersatz der Ärzte- und
Beerdigungskosten in der Höhe von über 2000 Schilling verlangt.
Der Beklagtenvertreter wendete ein, daß auch
den Kutscher des Milchwagens Verschulden
an dem Unfälle treffe. Wohl sei der Chauffeur
bedingt zu sechs Wochen Arrest
verurteilt worden, doch sei dieses Urteil noch
nicht rechtskräftig. Schließlich stellte er
auch noch den Antrag,
das Verfahren zu unterbrechen, da die Ehe
zwischen der Klägerin und ihrem Gatten eine
Dispensche war, die nach der österreichischen
Rechtsprechung ungültig sei. Sollte die Ehe
aber für ungültig erklärt werden, dann habe
auch Frau Pohl keinen Anspruch auf Alimentierung
und könne nicht klagen.
Dieser Antrag müsse gestellt werden, weil man
sich auch gegen allfällige Ersatzansprüche
seitens der noch lebenden ersten Gattin des
Verunglückten sicher stellen müsse.
Das Gericht vernahm einen Sachverständigen
über die Verletzungen der Klägerin und erklärte
dann das Verfahren für unterbrochen,
teils um die Rechtskraft des gegen den Chauffeur
gefällten strafgerichtlichen Urteiles abzuwarten,
teils aber auch,
um die Dispensehe durch das Zivillandesgericht
amtswegig überprüfen zu lassen!!
Der Abend vom 11.4.1933, Seite 4:
Bekannte Gaststätten im Ansgleich.
„Rohrerhütte" und Restaurant Pohl.
Das Zivillandesgericht hat über die Besitzer des
Cafe-Restaurants „Rohrerhütte", Julius und Ida Zeiner,
das Ausgleichsverfahren eröffnet. Der gegenwärtige
Besitzer hatte den Betrieb in der Inflationszeit übernommen,
und solange diese währte, war der Geschäftsgang
sehr befriedigend, seither aber ging es bergab. Die
pfandrechtlich nicht sichergestellten Schulden der Eheleute
Zeiner belaufen sich auf rund 30.000 S. Geboten werden
je 35 v. H.
Frau
Rosa Pohl, Inhaberin des gleichnamigen
Restaurants in der Währinger Straße 67, mußte ebenfalls
über ihr Vermögen das Ausgleichsverfahren eröffnen
lassen. Die Aktiven betragen 65.000 S und die Passiven
101.000 S.
Beide Restaurants führen den Betrieb unverändert fort.
Quelle: Text: www.nikles.net, Manfred Pohl (Email vom 16.3.2025 und weitere), Bilder:
www.nikles.net,
Neue Freie Presse vom 24.12.1905, Seite 50,
Jörgel Briefe vom 15.1.1906, Seite 13,
Salzburger Volksblatt vom 3.7.1909, Seite 6,
Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 7.10.1914, Seite 10,
Juristische Blätter, 1914, Seite 452,
Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 19.3.1912, Seite 8 und 9,
Illustrirtes Wiener Extrablatt vom 29.3.1912, Seite 7,
Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 11.3.1913, Seite 8,
Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 4.8.1929, Seite 12,
Die Stunde vom 6.8.1929, Seite 10,
Wiener Allgemeine Zeitung vom 8.8.1929, Seite 5,
Neue Freie Presse vom 7.8.1929, Seite 5,
Der Tag vom 20.2.1930, Seite 7,
Der Abend vom 11.4.1933, Seite 4,
Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger, 1927, Seite [495]205,
Wiener Allgemeine Zeitung vom 11.3.1926, Seite 5,
Wien Bibliothek, Historisches Lexikon Wien : in 5 Bänden. Historisches Lexikon Wien : in 5 Bänden / Felix Czeike. Wien : Kremayr & Scheriau, https://www.digital.wienbibliothek.at/wbrobv/content/pageview/1115515,
Google Maps.