Person - Josef Pohl
Josef Pohl, Restaurateur, Kommerzialrat, * 14.10.1869 in Schlaggenwald 99 in Böhmen (Horni Slavkov, Sokolov, Tschechien), † 03.08.1929.
Leben: Josef Pohl wurde am 14.10.1869 in Schlaggenwald 99 in Böhmen (Horni Slavkov, Sokolov, Tschechien) geboren.
In der Familie POHL hatte nicht nur Josef, dessen Berufsweg großteils man noch heute in Zeitungs-Annoncen verfolgen kann,
eine „Koch-Ausbildung“.
Josef Pohl nahm im Jahr 1895 seinen 13 Jahre jüngeren Bruder Oskar Pohl,
der da gerade mal 13 Jahre alt war, aus dem rund 825 Km entfernten SCHLAGGENWALD,
mit nach ABBAZIA und bildete ihn, im Hotel Stefanie, ebenfalls zum Koch aus.
Dessen Lehr-Zeugnis zum Koch, ist unterschrieben von „Josef Pohl, mit Zusatz Chef de Cousine“; es befindet sich in den Familienunterlagen.
Neben Josef und Oskar waren noch weitere drei Brüder in der Gastronomie bzw. Hotellerie, tätig.
Am 8.11.1919 ist Josef Pohl in Wien, 9, Währinger Straße 67/9 gemeldet mit Vermerk „neu verehelicht",
Gastwirt Josef Pohl.
Beruflicher Werdegang: Sein beruflicher Lebensweg begann mit der Lehre, Ausbildung zum Koch, und nach
Erzählungen der Nachkommen in der Familie Pohl, im Hotel Pupp in Karlsbad.
Bereits einige Jahre später war er als Küchenchef in verschieden Häusern, u.a. im
Hotel Kronprinzessin Stefanie in Abbazia (heutiges Hotel Imperial in Opatija im heutigen Kroatien) bis Ende 1898,
danach mehrjährig im Hotel l' Europe in Salzburg, tätig.
Auch in Paris, Nizza und Kairo war Josef Pohl beruflich tätig.
Nach Wien kam Josef Pohl am 24. Dezember 1905, er übernahm das Restaurant „Der Riedhof",
8., Wickenburggasse 15, ab sofort ist er RESTAURATEUR.
Später übernahm er das Theater-Restaurant in der Währingerstraße 67,
gegenüber der
Volksoper,
heute
Haus Zakeri.
Schönherr-Runde: Im Lauf der Jahre trafen sich im Restaurant an der Währinger Straße 67
(heute
Haus Zakeri) von Josef Pohl wiederkehrend Gruppen,
Verbandsmitglieder und Vereine. Besonders hervorzuheben ist
die SCHÖNHERR-Runde, der Wiener Künstlerklub mit seinem Stammtisch,
Josef Pohl war ein Duzfreund von Doktor
Karl Schönherr.
Zu den "Mitgliedern" der Runde zählten der Arzt und Schriftsteller
Karl Schönherr,
Opernsänger Baritonist Dr.
Emil Schipper, (Vorsitz, ein Schüler Winkelmanns),
seine Frau
Maria Olszewska,
Medizinalrat Dr. Friedrich Schreiber,
der Burgschauspieler Walter Huber,
Krankenkassenbeamter und Gemeinderat
Friedrich Schleifer,
Chefredakteur
Maximilian Schreier,
Advokat Dr.
Paul Klemperer,
Schauspieler
Ernst Wurmser
und natürlich Kommerzialrat Josef Pohl, der Besitzer des Theater-Restaurants.
Früher Tod: In der Nacht vom 23. auf den 24. Juli 1929 verunglückte Josef Pohl gemeinsam mit dem Theatersekretär
Alexander Schreiner in einem Taxi.
Kommerzialrat Pohl erlitt einen komplizierten Bruch des Unterkiefers und eine Verletzung an der Lunge.
Von diesem Unfall erholte er sich nicht mehr und verstarb im Alter von knapp 60 Jahren am 3. August 1929.
Die Beisetzung erfolgte am Donnerstag, dem 8. August 1929 um 16.30 Uhr am
Hietzinger Friedhof (Feld 29 Grab 28).
Laut Mitteilung des Friedhofamts Hietzing vom 25.11.2019
„wurde 1971 ein Grabverzicht von der Familie ausgesprochen und das Grab wiedervergeben.“
Nach seinem frühen Tod führte seine Frau Rosa das Restaurant POHL noch viele Jahre weiter.
Neue Freie Presse vom 24.12.1905, Seite 50:
Restaurant Riedhof, Wien, VIII., Wickenburggasse 15.
Hiedurch beehre ich mich, einem hochverehrten Publikum die höfliche
Anzeige zu machen, dass ich das altrenommierte
Restaurant Riedhof
käuflich an mich gebracht und die persönliche Leitung desselben übernommen habe.
Meine langjährige Tätigkeit als Küchendirektor des Hotel de
l'Europe in Salzburg sowohl als auch in nur erstklassigen Etablissements
von Paris, Nizza, Kairo, Karlsbad etc. bietet wohl die beste
Gewähr für meine Befähigung, einem ersten Etablissement der Residenz mit
Erfolg vorstehen zu können.
Die in meinen leitenden Stellungen gesammelten reichen Erfahrungen
sollen dazu beitragen, das alte Renommée des Riedhof und dessen
Beliebtheit zu erhalten, bezw. zu steigern, und ich werde mein ganzes Können
dafür einsetzen, den Wünschen meiner verehrten Gäste nach
jeder Richtung gerecht zu werden.
Mit der Bitte, mir ein geneigtes Wohlwollen entgegenzubringen zeichne
hochachtungsvoll
Josef Pohl
Restaurateur.
Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 4.8.1929, Seite 12:
(Restaurateur Pohl gestorben.) Gestern abend ist der
bekannte Restaurateur Kommerzialrat Josef Pohl den
Folgen eines Autounfalles, den er in der Nacht vom
23. auf den 24. Juli erlitten hat, erlegen. Kommerzialrat
Pohl war in Gesellschaft des Theatersekretärs Alexander
Schreiner in einem Taxi gefahren, das mit einem Milchwagen
zusammenstieß. Die Deichsel des Wagens drang in
das Taxi und verletzte beide Herren schwer. Kommerzialrat
Pohl erlitt einen komplizierten Bruch des Unterkiefers und
Verletzung an der Lunge; trotz zweimaliger Operation
konnte er nicht gerettet werden. Der nun Verblichene, der
im 60. Lebensjahre stand, war einer der bekanntesten
Restaurateure Wiens. Er führte seinerzeit den Riedhof,
dann das Restaurant auf dem Ostbahnhof und das Restaurant
im Neuen Konzerthaus. Gegenwärtig war Kommerzialrat
Pohl Besitzer des Restaurants in der Währingerstraße
gegenüber der
Volksoper.
Wiener Allgemeine Zeitung vom 8.8.1929, Seite 5:
Das Leichenbegängnis des Kommerzialrates
Josef Pohl findet morgen, Donnerstag,
um 1/2 5 Uhr nachmittags, nicht auf dem
Zentralfriedhofe,
sondern auf dem
Hietzinger Friedhof statt.
Der Tag vom 6.3.1927, Seite 5:
Die Schönherr-Runde.
Von Max Graf.
Doktor Schönherr mag aufgeatmet haben,
als er nach den vielen Ehrungen, die ihm sein
sechzigster Geburtstag gebracht hat, endlich
wieder an seinen gewohnten Stammtisch
zurückkehren konnte, an dem er nun seit geraumer
Zeit seine Abende verbringt. Einige Tage
lang hatten ihn das Deutsche Volkstheater, das
ihn als Jubiläuins-Sechziger auf jener Bühne
zur Schau gestellt, auf der sonst die von ihm
geschaffenen Gestalten das Publikum erschüttern
und erheitern, und Privatgesellschaften,
die den berühmten Dichter feiern wollten,
mit Beschlag belegt, und
Karl Schönherr
hat als wetterfester Tiroler die Plagen von
Festreden und Festessen mit stoischer Ruhe
über sich ergehen lassen. Aber ganz wohl wird
ihm erst geworden sein, als er dem Festzeremoniell
den Rücken kehren und wieder an
seine gewohnte Gasthausecke herantreten
konnte, in der er allabendlich einen Kreis von
Freunden um sich herum versammelt, um sich
hier nach seiner Art auszuschweigen oder am
Gespräch teilzunehmen, wie es ihm beliebt,
oder, wenn er besonders gut gelaunt ist, mit
Meisterschaft eine Partie „Schnapsen" zu
spielen, wie es in Tiroler Gasthausstuben
üblich ist. Auch wenn
Karl Schönherr schweigend
hinter seinem Glas Bier in diesem
Kreise sitzt, den charakteristischen Graukopf in
seine Hand gestutzt, und hinter den Augen
gläsern mehr in sich hinein als um sich herum
blickt, ist er natürlich der Mittelpunkt unseres
Kreises. Er braucht gar nicht den Platz des Präsidiums
an der oberen Schmalseite des Tisches
einzunehmen, der nach altem Brauch dem
blonden Hünen
Dr. Schipper reserviert ist,
um als das Oberhaupt der Gesellschaft von
jedem anerkannt zu werden. Das Gewicht der
Persönlichkeit des meist in sich gekehrten
Mannes, der nach der dichterischen Arbeit des
Tages an seinem Stammtisch sich entspannt,
ist so groß, daß dieser Tisch selbstverständlich
die Schönherr-Runde geworden ist, obzwar
hier von nichts seltener gesprochen wird als
von Literatur.
Die Schönherr-Runde versammelt sich allabendlich
im Pohlschen Theaterrestaurant
nächst der
Volksoper, dessen Chef,
Kommerzialrat Pohl, mit Schönherr und den übrigen
Mitgliedern seines Kreises freundschaftlich
verbunden ist und sich als einziger unseres
Kreises gestatten darf, den Dichter, wenn er
hochgewachsen und mit großen Schritten das
Lokal betritt und die Gäste murmeln: „Das
ist der
Dr. Schönherr!", mit einem biederen
„Servas, Karl!" zu begrüßen. Auch als Genosse
beim „Schnapsen" ist dem Dichter niemand
willkommener als der vortreffliche Herbergsvater,
dessen „Bummerln" sich sehr gut
in einige Viertel roten Weines umwandeln
lassen, denn als Meister dieses Spiels wird
Schönherr in unserem Kreise von niemand
übertroffen, und eine gewonnene Kartenpartie
macht dem Dichter sichtlich ebensoviel
Freude wie ein Theatererfolg. Im Gasthaus
gehört
Dr. Schönherr zu den seßhaften Leuten.
Wenn er sich auf seinen Sessel niedergelassen
hat, hält ihn das natürliche Schwergewicht
des Gasthausmenschen dort fest.
Der Reiz eines Stammtisches liegt darin,
daß hier Menschen der verschiedensten Berufsstände
nach des Tages Arbeit zusammenkommen
und die Themen des Tages von verschiedener
Seite her besprochen werden. Ein
Stammtisch ist eine kleine Insel im Meer des
Lebens, auf der sich Männer der verschiedensten
Tätigkeit gefunden haben, eine kleine Gemeinschaft
von Persönlichkeiten aller Art, die
hier ihre Gedanken austauschen und sich im
Ernst und Scherz vereinigt fühlen. Dieses
schöne Gemeinschaftsgefühl wird von jenem
Mitglied unseres Tisches, das als der langjährige
Theaterarzt der
Volksoper am längsten
hier seinen Platz einnimmt, mit besonderer
Kunst gepflegt. In körperlichen und in
seelischen Nöten ist dieser erfahrene und wohlwollende
Mann, der Medizinalrat Dr. Friedrich
Schreiber, unser aller Vertrauensarzt,
und jedes Mitglied unseres Kreises zieht
ihn im Laufe jedes Abends zur Seite, um sich
bei ihm Rat zu holen, denn er hat Medizinen
für alles, für Theaterdirektoren, deren Theater
schlecht gehen, für Sänger, die zurückgesetzt
werden, für Frauen, die sich über ihre Männer
beklagen, für die Sorgen jedes Mitglieds
unserer Tafelrunde, er überwacht unser Speis
und Trank, organisiert unsere Feste, kurz, ist
jedem in unserer Mitte unentbehrlich. Doktor
Schönherr ist er unentbehrlich, da er sich mit
ihm über den neuesten Stand der medizinischen
Forschungen unterhalten kann, aber
unentbehrlich ist „Bolschew", wie wir ihn wegen
seiner sozialistischen Gesinnung nennen, jedem
von uns, und der Sozialismus dieses echten
Arztes ist ja nur eine Betätigung seiner
Menschenliebe. Den Vorsitz haben wir, wie erwähnt,
Dr. Schipper überlassen, der,
wenn er abends von seiner Berliner Reise
heimkehrt, vom Bahnhof mit allen Koffern
vor unserem Gasthaus vorfährt, um in unserer
Mitte den Abend und die darauffolgenden
Morgenstunden zu verbringen. Wie
Doktor Schönherr,
ist der ausgezeichnete Baritonist
kein Vielredner, und so verstehen sich der Dichter
und der blonde, blauäugige Sänger vortrefflich.
Mit
Dr. Schipper kommt auch seine
Frau, die schöne
Olszewska, die dunkeläugig
und mit blitzenden Zähnen in unserem
Kreise sitzt, dem einzigen vermutlich, in dem
man der schönen Frau nicht den Hof macht.
Den „unerotischen Stammtisch" hat sie deshalb
unseren Kreis genannt, aber wer würde
es dem Jüngsten unter uns, dem Burgschauspieler
Walter Huber, verübeln, wenn
er die ungeschriebenen Gesetze dieses Stammtisches
mit manchem Angenaufschlag liebevoller
Verehrung durchbricht, falls er nicht
gerade durch ein fachliches Gespräch über das
jüngste Match der ebenso geliebten Rapid-Leute
in Anspruch genommen ist? Auch des
Basses Grundgewalt ist an unserem Tisch vernehmbar.
Es ist der Baß des Opernsängers
Norbert, der niemals voller klingt, als
wenn er die Herrlichkeit des blonden Pilsnerbiers
mit der lichten Schaummütze preist.
Wenn die harten Laute des bayrischen
Schwabenlandes aus dem Mund der
Olszewska und die böhmakelnden Baßtöne
Norberts miteinander abwechseln, hört man
diese Dialekte nochmals aus dem Munde Walter
Hubers, der das Privileg besitzt, alle Mitglieder
des Stammtisches zu kopieren, auch
das Tiroler Deutsch Meister Schönherrs.
Mieterschutz an unserem Tisch als liebenswürdiger
Freund genießt der Gemeinderat
Schleifer, der sich hier von den Kämpfen
des Gemeinderates in einem friedlich-geselligen Kreis
erholt. Von Zeit zu Zeit begrüßen
wir mit Freude Chefredakteur
Maximilian Schreier
in der Schönherr-Runde, der aus
seiner Redaktionsküche die neuesten, noch frisch
dampfenden Nachrichten mitbringt und hier
das in der Redaktion so seltene Vergnügen
hat, seinen Musikkritiker zu sehen, der ebenfalls
seit Jahren diesem Freundeskreis angehört.
An besonderen Festtagen gesellt sich auch
der geschätzte Wiener Advokat Dr. Klemperer
der Schönherr-Runde zu, deren jüngstes
Mitglied der Schauspieler
Wurmser ist,
ebenso willkommen, wenn er von seinen Kunstfahrten
nach Brasilien und Argentinien erzählt
und wenn er seine Witzkiste auspackt,
deren Originalität unübertrefflich ist.
Die Schönherr-Runde hält nun schon seit
langer Zeit fest zusammen. An besonderen
Tagen dehnt sie sich aus und Tische müssen an
den Stammtisch in der Ecke angeschoben werden,
um für die Gäste Platz zu schaffen, an
anderen Tagen schrumpft sie ein, und es kann
schon vorkommen, daß Dr. Schönherr einmal
allein an seinem Tische sitzt und, in sich versunken,
vielleicht gar nicht merkt, daß die Mitglieder
seiner Runde fehlen. Vielleicht sieht er
dann, in seine Phantasien eingesponnen, die
Gestalten eines neuen Stückes vor sich. Am
nächsten Tag ist dann wieder lebhaftes Getriebe
um ihn herum, in dessen Mitte der
Dichter wenn er will, auch wieder einsam sein
kann. Denn zu den Eigentümlichkeiten dieses
Stammtisches gehört, daß hier jeder nach seiner
Fasson selig werden und kommen und
gehen, schweigen und reden kann, wie es ihm
beliebt. Vielleicht fühlen sich deshalb alle Mitglieder
dieses Kreises so fest verbunden, und
wenn Urlaubs- oder Berufsreisen den einzelnen
entfernthalten, flattern aus der Ferne
die Ansichtskarten an den Tisch mit den
verehrungsvollen Grüßen an den großen Dichter,
der der Mittelpunkt dieses Kreises ist, welcher
in Form eines Gasthausstammtisches die
Freundschaft pflegt und in den der Ruhm
Karl Schönherrs hineinglänzt.
Neue Freie Presse vom 7.8.1929, Seite 5:
(Tod des Restaurateurs Kommerzialrat Pohl) Wie
berichtet, wurde der bekannte Gastwirt Kommerzialrat Josef
Pohl, Währingerstraße 67, das Opfer eines Zusammenstoßes
eines Autos mit einem Milchwagen. Er fuhr am 24. Juli mit
dem Theatersekeretär Alexander Schreiner in einem Autotaxi
durch die Dornbacherstraße. An der Ecke der Knollgasse stieß das
Auto mit einem Milchwagen der Vereinsmolkerei zusammen.
Dabei erlitt Pohl einen komplizierten Bruch des Unterkiefers
und mehrfache Schnittwunden und Schreiner eine Gehirnerschütterung
und Schnittwunden. Beide wurden ins Allgemeine Krankenhaus
gebracht. Bei Kommerzialrat Pohl trat Lungenentzündung
hinzu, der er nun erlegen ist. Pohl war ein in Künstler- und
Theaterkreisen sehr beliebter Mann. In seinem Lokal ist der Sitz
der Wiener Bühnenklubs und allabendlich versammelt sich die
sogenannte
Schönherr-Runde, ein geselliger Kreis Wiener Schrifteller,
Schauspieler und Sänger.
Der Tag vom 20.2.1930, Seite 7:
Vor dem Richter.
Wozu der Dispensehestreit mißbraucht wird.
Zivillandesgericht.
:: Einen unerwarteten Ausgang nahm die
Verhandlung über einen Schadenersatzprozeß,
den Frau Rosa Pohl, die Witwe des bekannten
Restaurateurs Kommerzialrat Josef
Pohl, gegen den Antotaxibesitzer Franz Bleich
und den Chauffeur Franz Kriwanek eingebracht hat.
In der Nacht vom 23. zum 24. Juli 1929 fuhr
eine Gesellschaft, der unter anderen Kommerzialrat
Pohl und Frau angehörten, in einem von
Kriwanek gelenkten Auto nach
Neuwaldegg. In
der Dornbacherstraße stand ein Milchwagen der
Vereinsmolkerei, dessen Kutscher eben im Begriffe
war, gegen die Stadt umzukehren. Nach der
Klage fuhr das Auto in rasendem Tempo,
ohne Hupensignale zu geben und, trotzdem
die ganze Straße frei war, so unvorsichtig,
daß die Wagendeichsel des Milchwagens die
Schutzscheibe des Autos zertrümmerte und in das
Innere des Wagens stieß. Kommerzialrat Pohl
wurde an der Brust und am Kinn so getroffen,
daß ihm der Unterkiefer vollständig zertrümmert
wurde. Wan brachte ihn aus die Klinik Eiselsberg,
wo er operiert wurde, doch starb er nach zwei Wochen.
Nun verlangt Frau Rosa Pohl, die bei
dem Unfall auch selbst leichtere Verletzungen
und einen Nervenschock erlitten hat.
ein Schmerzensgeld von 3000 Schilling,
außerdem eine monatliche Rente von 600 Schilling,
beziehungsweise einen Ablösebetrag für diese
von 50.000 Schilling, weil sie durch den Unfall
ihres Ernährers verlustig geworden sei. Überdies
werden auch noch Ersatz der Ärzte- und
Beerdigungskosten in der Höhe von über 2000 Schilling verlangt.
Der Beklagtenvertreter wendete ein, daß auch
den Kutscher des Milchwagens Verschulden
an dem Unfälle treffe. Wohl sei der Chauffeur
bedingt zu sechs Wochen Arrest
verurteilt worden, doch sei dieses Urteil noch
nicht rechtskräftig. Schließlich stellte er
auch noch den Antrag,
das Verfahren zu unterbrechen, da die Ehe
zwischen der Klägerin und ihrem Gatten eine
Dispensche war, die nach der österreichischen
Rechtsprechung ungültig sei. Sollte die Ehe
aber für ungültig erklärt werden, dann habe
auch Frau Pohl keinen Anspruch auf Alimentierung
und könne nicht klagen.
Dieser Antrag müsse gestellt werden, weil man
sich auch gegen allsällige Ersatzansprüche
seitens der noch lebenden ersten Gattin des
Verunglückten sicher stellen müsse.
Das Gericht vernahm einen Sachverständigen
über die Verletzungen der Klägerin und erklärte
dann das Verfahren für unterbrochen,
teils um die Rechtskraft des gegen den Chauffeur
gefällten strafgerichtlichen Urteiles abzuwarten,
teils aber auch,
um die Dispensehe durch das Zivillandesgericht
amtswegig überprüfen zu lassen!!
Der Abend vom 11.4.1933, Seite 4:
Bekannte Gaststätten im Ansgleich.
„Rohrerhütte" und Restaurant Pohl.
Das Zivillandesgericht hat über die Besitzer des
Cafe-Restaurants „Rohrerhütte", Julius und Ida Zeiner,
das Ausgleichsverfahren eröffnet. Der gegenwärtige
Besitzer hatte den Betrieb in der Inflationszeit übernommen,
und solange diese währte, war der Geschäftsgang
sehr befriedigend, seither aber ging es bergab. Die
pfandrechtlich nicht sichergestellten Schulden der Eheleute
Zeiner belaufen sich auf rund 30.000 S. Geboten werden
je 35 v. H.
Frau
Rosa Pohl, Inhaberin des gleichnamigen
Restaurants in der Währinger Straße 67, mußte ebenfalls
über ihr Vermögen das Ausgleichsverfahren eröffnen
lassen. Die Aktiven betragen 65.000 S und die Passiven
101.000 8.
Beide Restaurants führen den Betrieb unverändert fort.
Quelle: Text: www.nikles.net, Manfred Pohl (Email vom 16.3.2025 und weitere), Bilder: www.nikles.net, Neue Freie Presse vom 24.12.1905, Seite 50, Neues Wiener Tagblatt (Tages-Ausgabe) vom 4.8.1929, Seite 12, Die Stunde vom 6.8.1929, Seite 10, Wiener Allgemeine Zeitung vom 8.8.1929, Seite 5, Neue Freie Presse vom 7.8.1929, Seite 5, Der Tag vom 20.2.1930, Seite 7, Der Abend vom 11.4.1933, Seite 4.