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Die Bundeshauptstadt

Person - Hans Makart

Hans Makart (* 28. Mai 1840 in Salzburg; † 3. Oktober 1884 in Wien) war ein österreichischer Maler und Dekorationskünstler. Er gilt als der repräsentative Maler der Ringstraßenepoche. Er wurde auf Geheiß von Kaiser Franz Joseph I. nach Wien berufen, wo ihm ein eigenes Atelier zur Verfügung gestellt wurde, und galt als Superstar der damaligen Zeit, die nach ihm die Makart-Zeit (1870er Jahre) genannt wurde.

Leben: Johann Evangelist Ferdinand Apolinaris Makart war der Sohn des Zimmeraufsehers in Schloss Mirabell Johann Makart und dessen Gattin Maria Katharina Rüssemayr. Der Vater hatte sich bereits als Maler versucht und war 1849 in Italien gestorben. Makart ging 1858 nach Wien, wo er an der Akademie der bildenden Künste studierte, aber als untalentiert entlassen wurde. Daraufhin wandte er sich über Salzburg nach München, wo er zunächst beim mit ihm verwandten Jost Schiffmann studierte und 1860 an die Königliche Kunstakademie zu Karl Theodor von Piloty wechselte. Makart unternahm 1862 Studienreisen nach London und Paris, 1863, 1864 und 1866 nach Italien, ehe er 1869 nach Wien berufen wurde, wo ihm auf Staatskosten ein Atelier eingerichtet wurde.

In diesem Jahr heiratete Makart die Münchnerin Amalie Franziska Roithmayr, die aber bereits 1873 verstarb. Den Winter 1875/1876 verbrachte Makart gemeinsam mit Rudolf Huber und Leopold Carl Müller in Ägypten, wo er in Kairo mit Franz von Lenbach zusammentraf. 1876 wurde Makart Professor an der Akademie in Wien. Er reiste 1877 nach Belgien und in die Niederlande und 1877–1878 nach Spanien und Marokko. 1878 wurde Makart Leiter der Spezialschule für Historienmalerei an der Wiener Akademie. Am 24. Juli 1879 organisierte er einen Festzug anlässlich der Silbernen Hochzeit des Kaiserpaares (Franz Joseph und Elisabeth), bei dem hunderte Akteure beteiligt waren und für welche er die Kostüme bis in Einzelheiten entworfen hatte, z. B. Renaissancekostüme für Abordnungen von Bürgern und Barockkostüme für Künstler. Zahlreiche seiner Skizzen dazu sind erhalten geblieben. Hans Makart führte den imposanten Zug an, gekleidet in einem Velasquez-Kostüm und auf einem Schimmel reitend.

Von 1880 bis 1882 war Makart Vorstand des Wiener Künstlerhauses. In seinem Atelier veranstaltete er immer wieder üppige Feste, an denen bedeutende Persönlichkeiten der damaligen Zeit teilnahmen. Am 31. Juli 1882 heiratete Makart in der Pfarrkirche Maria Hietzing um 6 Uhr früh unter Ausschluss der Öffentlichkeit die ehemalige Primaballerina Bertha Linda. Im selben Jahr wurde er assoziiertes Mitglied der Académie royale des Sciences, des Lettres et des Beaux-Arts de Belgique (Classe des Beaux-Arts).

Makart starb 1884 mit 44 Jahren an einer syphilitischen Gehirnhautentzündung.

Werk: Makarts wichtigste Vorbilder waren Tizian und Rubens. Seine Arbeiten zeichnen sich durch starke Sinnlichkeit und üppiges Pathos aus – allen ist ein Zug ins Theatralische eigen. Sie sind immer wieder als „Farbenrausch“ charakterisiert worden. Von seinen Gemälden ist vor allem der Zyklus Die fünf Sinne bekannt, der in der Österreichischen Galerie im Schloss Belvedere zu sehen ist.

Die meisten Aufträge für Gebäudedekorationen scheiterten an seinen Honorarforderungen, erst 1881 konnte seine Ausgestaltung des Stiegenhauses des Kunsthistorischen Museums in Wien begonnen werden. Diese Gemälde zeigen Allegorien der Malerei und der Plastik sowie zehn Darstellungen von berühmten Malern mit ihren Modellen.

Auch als Innenausstatter trat er auf, besonders für seinen Mäzen, den Industriellen Nikolaus Dumba, wobei sein üppig dekoriertes Atelier gleichsam eine Art Muster war. Sogar Hüte und Krägen wurden nach seinen Entwürfen angefertigt – er kam dem Ideal des Gesamtkunstwerkes damit sehr nahe.

Nach seinem frühen Tod war das Gefühl allgemein, dass mit ihm eine Epoche zu Ende gehe, und tatsächlich dauerte es nicht lange, bis er für Jahrzehnte fast zur Spottfigur wurde. Er übte allerdings einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf jüngere Maler aus, so etwa auf Gustav Klimt, der auch das Stiegenhausprojekt im Kunsthistorischen Museum weiterführte.

Makartstil: Man spricht vom Makartstil bei der Wohnungseinrichtung des 19. Jahrhunderts, die durch großen Pomp, Plüsch, schwere Wandbehänge, Vertäfelungen und wuchtige Kronleuchter gekennzeichnet ist. Sie erfreute sich beim Wiener Großbürgertum der Gründerzeit großer Beliebtheit. In diesem Ambiente spielte auch der sogenannte Makartstrauß eine wichtige Rolle, ein Gebilde aus getrockneten Blumen, Palmwedeln, Binsen und Gräsern. Der Historiker Gordon A. Craig verweist darauf, dass Makart während der Gründerzeit im Deutschen Reich nach 1871 auch dort beliebt war.

Möbel im Makartstil zeichneten sich oft durch ebonisiertes sowie politiertes Hart- bzw. Weichholzgestell auf gedrechselten Beinen, manchmal mit ägyptisierenden Köpfen und in Form von Klauenfüßen endend, oft mit ornamentalen und floralen Marketerien in reichem Messingblech- bzw. Perlmuttdekor oder Porzellaneinlagen aus.

Arbeiten des Wiener Email waren oft Teil der Einrichtung des Makartstils.

Makarts Atelier: Nachdem Makart im März 1869 aus Rom nach Wien berufen worden war, hat man ihm auf Anordnung von Kaiser Franz Joseph ein Atelier mit einer Wohnung im Wohnhaus des Bildhauers Anton Dominik Fernkorns eingerichtet. 1872 ließ sich Makart auf eigene Kosten ein neues Atelier in der Gußhausstraße 25 errichten, das er mit Möbeln, Teppichen, Antiquitäten und Waffen üppig ausstattete. Der zweite Stock des alten Ateliers diente ihm als Wohnung. Ab 1873 fanden die legendären Atelierfeste statt, zahlreiche prominente Gäste besuchten ihn dort. Makarts Atelier, das auch öffentlich zugänglich war, wurde zu einer regelrechten Fremdenverkehrsattraktion. 1872 kam Kaiserin Elisabeth zu Makart. Auch ausländische Touristen suchten die Arbeitsstätte des Künstlers auf. Zwischen vier und fünf Uhr nachmittags dort zu erscheinen und dem sich theatralisch in Szene setzenden Künstler beim Malen zuzusehen, galt als Highlight eines Wien-Rundgangs. 1875 fand ein Atelierfest zu Ehren von Richard Wagner statt, bei dem auch der Maler Arnold Böcklin anwesend war und Franz Liszt Klavier spielte. Makart stellte sein großes Atelier auch anderen Künstlerkollegen unentgeltlich zur Verfügung, wie Eduard Charlemont, Franz von Lenbach, Jakob Emil Schindler oder Viktor Tilgner. 1879 fand im Atelier ein aufwendiges niederländisches Kostümfest statt. Mehrere Künstler haben Makarts Atelier im Bilde festgehalten. Nach dem Tod des Künstlers stand es leer und wurde schließlich 1916 abgerissen.

Ehrungen: Nachdem er in seinem Atelier aufgebahrt worden war, erhielt Makart ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 14 A, Nummer 32), das 1889 von Edmund Hellmer gestaltet wurde. Zu Ehren des Künstlers wurde 1894 in Wien-Innere Stadt die Makartgasse benannt. 1898 errichtete Fritz Zerritsch das Makartdenkmal aus Marmor im Wiener Stadtpark nach einem Entwurf von Viktor Tilgner. In Salzburg wurde noch zu Lebzeiten des Künstlers 1879 der Beschluss gefasst, den Hannibalplatz in Makartplatz umzubenennen. Zudem war dort später der Museumssteg, eine seit 1905 nächst dem Platz befindliche Fußgängerbrücke über die Salzach, in Makartsteg umbenannt worden (seit 2021 nun Marko-Feingold-Steg). In Linz ist die Makartstraße nach dem Maler benannt, nach der auch das Makartviertel so heißt.

Im Kinofilm Operette von 1940 des Regisseurs Willi Forst verkörperte der Schauspieler Viktor Heim den „Malerfürsten“ Hans Makart.

Briefmarken: Die österreichische Post brachte mehrmals Sonderbriefmarken heraus, die Hans Makart zum Gegenstand haben. 1932 erschien im Rahmen einer sechs Marken umfassenden Serie über österreichische Maler ein Wert mit dem Porträt von Makart. 1948 kam eine Marke mit dem Bild Makarts unter dem Titel Wiener Künstlerhaus heraus. 1961 erschien ebenfalls eine Marke 100 Jahre Künstlerhaus mit einem Motiv nach einem Gemälde Makarts. 1990 erschien eine Sonderbriefmarke zu Makarts 150. Geburtstag. Zuletzt wurde am 9. Juni 2011 ein Block herausgegeben, der zwei Marken mit Gemälden Makarts aus dem Bestand des Wien Museums enthält.

Werke (Auszug):
Nero beim Brand von Rom (Hôtel Bristol, Salzburg), 1865
Bacchanal (Leopold Museum), um 1865, Ölstudie auf Karton, 22,5 × 71 cm
Eugenie Schaeuffelen, Tochter des Verlegers Friedrich Bruckmann, (Wien, Belvedere), 1867, Öl auf Leinwand, 158 × 113 cm
Moderne Amoretten (Leopold Museum), 1868, Öl auf Leinwand, Triptychon
Abundantia, Die Gaben der Erde, 1870
Ein Putto reinigt die Waffen des Mars, 1870
Magdalena Plach (Wien, Belvedere), 1870, Öl auf Leinwand, 125 × 160 cm
Dame am Spinett (Wien, Belvedere), 1871, Öl auf Leinwand, 83 × 36 cm
Frau in schwarzer Robe (Privatbesitz), 1873, Öl auf Leinwand, 126,5 × 80 cm
Venedig huldigt Caterina Cornaro (Wien, Belvedere), 1873–1874, Öl auf Leinwand, 400 × 1060 cm
Helene von Racowitza (Landesmuseum Oldenburg; 15.751), Öl auf Leinwand, 1874
Bildnis der Frau von Munkácsy, nach 1874, Niedersächsisches Landesmuseum, Hannover
Der Liebesbrief (Privatbesitz), 1875, Öl auf Holz, 144,5 × 111 cm
Der Tod der Kleopatra, 1875, Öl auf Holz, 122,5 × 83 cm, Dorotheum, Wien, April 2013.
Charlotte Wolter als Messalina (Wien Museum, Inv. Nr. 16.803), 1875, Öl auf Leinwand, 142 × 223 cm
Dame in Rot (Linz, Lentos Kunstmuseum, Inv. Nr. 46), um 1875, Öl auf Holz, 120 × 79,5 cm
Ein Nubier (Wien, Liechtenstein Museum, Inv. Nr. GE2392), 1875/76, Öl auf Leinwand, 272 × 155 cm
Die Niljagd der Kleopatra, 1876
Der Einzug Karls V. in Antwerpen (Kunsthalle Hamburg), 1878, Öl auf Leinwand, 520 × 952 cm
Die Eisenbahnen (Wien Museum), 1879, Öl auf Leinwand
Porträt Dora Fournier Gabillon (Wien Museum), 1879/80, Öl auf Holz
Clothilde Beer (Wien, Belvedere), um 1880, Öl auf Holz, 82 × 68 cm
Die Falknerin (München, Neue Pinakothek, Inv.-Nr. 13291), um 1880, Öl auf Leinwand, 106,3 × 79,8 cm
Lünettenbilder im Stiegenhaus des Kunsthistorischen Museums Wien, 1881–1884
Porträt Maria Gräfin von Dönhoff (als Mädchen; Privatbesitz), 1882, Öl auf Leinwand, 240 × 110 cm
Junge Ägypterin Blumen (Landesmuseum Darmstadt), um 1883
Der Sieg des Lichts über die Finsternis (Wien, Belvedere), 1883/84, Öl auf Leinwand
Der Triumph der Ariadne (Wien, Belvedere), Öl auf Leinwand, 207 × 186 cm
Die Fünf Sinne (Wien, Belvedere), Öl auf Leinwand

Ausstellung:
2007: Hans Makart (1840–1884) – Das große Liebesspiel, Salzburg Museum
2011: Makart – Ein Künstler regiert die Stadt, Wien Museum
2011: Makart – Maler der Sinne, Belvedere, Wien
2018/19: Malerfürsten, Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn
2020/23: in der Lichtwark-Galerie der Hamburger Kunsthalle: Making History. Hans Makart und die Salonmalerei des 19. Jahrhunderts. Kurator Markus Bertsch

Mährisches Tagblatt vom 7.10.1884, Seite 2, 3 und 4: Feuilleton. Hans Makart. Von Siegmund Sonnenfett. Ein tragisches Künstlergeschick! Aus dem hellen Glänze des Ruhmes und der seltensten Er­folge in finstere Geistesnacht so plötzlich zu stürzen und nicht mehr zum Bewußtsein zu erwachen, in der Vollkraft des Lebens das Opfer einer tückischen Krankheit zu werden — wahrlich, ein erschütternder Abschluß für ein so reiches Dasein, wie Hans Makart es auf Erden gefunden. Nun, da der große Meister gestorben, drängt sich der Gedanke, daß er eine der merkwürdigsten Er­scheinungen unserer Zeit gewesen, erst mit voller Kraft auf. Es sind ja in den letzten Jahrzehnten genug Malertalente erstanden, aber kaum eines war mit der künstlerischen Wirkung so ins große Publicum gedrungen, kein einziges hatte solch' allgemeines Aufsehen erregt, wie Hans Makart. Das Geheimniß dieses Erfolges liegt nicht in seinem außerordentlichen Talent allein, sondern auch darin, daß er die Vereinigung zweier, scheinbar verschiedener frappanter Künstlerzüge verkörperte. Er muthete wie eine Erscheinung aus längst vergangenen Jahrhunderten an und war doch ganz das Kind seiner Zeit, seines Lan­des, ja seiner Stadt. Durch sein von allem Glanz und Reichthum, von Ueppigkeit und Schönheit umflossenes Leben setzte er an die Stelle des karg sich Hinfristenden Künstler-Daseins, wie wir's in unseren Landen zu sehen gewohnt waren, ein ganz neues Bild, das an das Leben der Malerfürsten der schönen Renaissancezeit gemahnte. Wie bei jenen großen Meistern sich Alles zusammenfand, was auf Größe, Glanz und Reichthum Anspruch machte, wie in ihren Ateliers, die schönsten, holdesten Frauen sich ein Stelldichein gaben, so war's auch in Hans Makart's Künstlerheim, von dessen Glanz und Schönheit ganze Wundermärchen erzählt wurden. Wen erinnerte es nicht an die glanzvollen Feste in Ruben's und Van Dyk's Hause, wenn er von den berauschenden Auszügen in Makart's Atelier las, von dem verblüffenden Glanz und Reichthum, der da entfaltet wurde? Trotzdem war Makart ganz das Kind seiner Zeit. Er war der getreue Ausdruck dessen, was Oesterreichs künstlerische Kraft vermag. Wenn man nämlich die gesammte geistige Entwickelung des schönen Landes ob und unter der Enns überblickt, so muß man zu dem Ergebniß gelangen, daß die größte Kraft seiner Talente sich in dem bezaubernden Ausdrucke der Stimmung offenbart, daß sie bis zur tiefen Gestaltung selten vordringen. In der Musik hat Oesterreich die größten Ingenien der modernen Zeit hervorgebracht, in der Poesie kommen die besten seiner Dichter über das Erwecken der Stimmung nicht hinaus und der eben heimgegangene größte Wiener Maler war ebenfalls nur ein Stimmungsgenie. Wenn man Hans Makart den Farbenzauberer nannte, so war dieser Titel nur die klangvolle Umschreibung dessen, was wir eben sagten, daß er durch ma­lerische „Töne" im Beschauer den Eindruck her­vorzubringen verstand, den der Componist durch musikalische Töne erzeugt. Die Farbensymphonie wirkte auf das Auge berauschend und brachte die Seele in harmonische Schwingungen; kein be­stimmt abgegrenztes, kein entschieden characteristisches Moment prägte sich da dem Blicke ein, nur die Gesammtwirkung der leuchtenden und strahlenden Farben blieb in uns haften. Und was diese Bilder darstellten, mochten die Gestal­ten äußerlich die Züge welches Landes, welcher Epoche immer tragen, es war doch nur ein Ab­glanz jenes Lebens, das den Künstler in seiner schönen Wiener Stadt umfluthete. Die Daseinsfreu­digkeit, der Farbenreichthnm, der Schönheitsglanz, die Wien sein Eigen nennt, sie waren in den Werken Makart's mit einer Farbenphantasie sondergleichen wiedergegeben und diese Gemälde erlangen hiedurch außer ihren künstlerischen auch einen kulturhistorischen Werth als Zeugen und Zeugnisse jenes Taumelrausches, der gerade in den Glanztagen Makart's ganz Wien gefangen hielt und für dessen künstlerische Verewigung dieser Meister wie prädestinirt erschien. Daß Makart dies unbewußt that, daß seiner ganzen genialen Thätigkeit nichts vom zerstörenden Hauch der Tendenz anhaftet, gibt seinen Gemälden jene Zauberwirkung, die nur von solchen Werken ausströmt, denen man die reine Schaffensfreude des Meisters ansieht. Man er­innere sich an welches immer der Bilder Makart's und dieser Zug wird sich unverfälscht finden. Und damit haben wir den Standpunct zur Be­urtheilung dieses großen Künstlers gewonnen. Es kann natürlich in diesem Momente der tiefen Theilnahme für das allzu früh eingetretene Hin­scheiden des Meisters kein abschließendes Wort sein, sondern nur eine kurze Zusammenfassung dessen, was in uns im Laufe der Jahre, während wir den Entwicklungsgang Makart's verfolgten, über sein künstlerisches Wirken zur Ueberzeugung gereift ist. Als sein Talent, das man Anfangs in Wim gänzlich verkannt hatte, sich zum ersten Male energisch regte, wurde er in München ein Schüler [Carl Theodor von] Piloty's, des Begründers der koloristi­schen Schule in Deutschland. Aber die Farben­gebung des Münchner Lehrers war nur ein blasser Schatten dessen, was schon damals in Makart's Seele schlummerte, für dessen Dar­stellung er aber noch nicht die rechte Kraft be­saß. Die Versuche aus jener Zeit sind ein seltsames Gemisch von streng akademischer und feurig zügel­loser Farbengebung, wobei freilich die erstere noch fast Alleinherrscherin ist und nur in einzelnen Farbenflecken sich die Auflehnung gegen die Schranken der Convention zeigt. Die ersten Spuren jenes leuchtenden Roth, welches den Namen des Mei­sters als genauere Bezeichnung erhalten hat, sind noch ziemlich massig und nur wenig blendend. Nach wenigen Jahren harten Ringens kam dann die Erlösung, der glänzende Sieg. Wie eine malerische Offenbarung kam das strahlende. Alles sieghaft bezwingende Colorit Makart's, das ihn von Triumph zu Triumph führte. Man sagte sich zwar, daß die Figuren in den „Modernen Amoretten", die üppigen Gestalten in der „Pest zu Florenz" an Gediegen­heit der Zeichnung sehr Vieles zu wünschen übrig lassen, aber man mußte dem virtuosen Glänze des Colorits unbedingte Bewunderung zollen. Man nahm Anstoß an der oft allzu robusten Körperfülle der nackten weiblichen Ge­stalten, aber man muß anerkennen, daß eine solche Harmonie der Farben, trotz der mannig­faltigsten heterogenen Töne seit Jahrhunderten nicht dagewesen. Die entschiedensten Gegner Makart's, die besonders dadurch in Harnisch ge­ bracht worden waren, weil vorschnelle Lobpreisun­gen von einem wiedererstandenen Rubens träumten, wurden doch zum freudigen Wiederruf gezwungen, als seine harmonischeste Schöpfung: „Die Republik Venedig huldigt der Catarina Cornaro" erschien. Hier hatte sich Makatt's coloristisches und sein seltenes decoratives Talent zu einer Leistung ver­einigt, die voll Adel und Schönheit sein Können in das hellste Licht stellte. Dann kamen die Sensationsbilder. Makart's Name war in Aller Mund, sein Ruhm wurde weithin verkündet, man umwarb und umschmeichelte den Künstler. Die schönsten Frauen Wiens lagen dem Meister zu Füßen und schätzten sich glücklich, wenn ihre Schönheit auf seinen Gemälden der Nachwelt unverhüllt überliefert wurde. Ein Rausch ganz eigener Art hatte die vor­nehmen Wiener Kreise erfaßt. In der Renaissance­zeit verstieß es wohl nicht gegen Anstand nnd Sitte, wenn schöne Frauen den großen Meistern Modell standen oder saßen, und wir wissen es aus beglaubigten Zeugnissen, daß Titan's „Venus" die Züge der Herzogin v. Urbino trägt. Und nun zeigte sich in unseren Tagen derselbe Zug weib­lichen Kunstenthusiasmus. Fortan sah man die Bilder Makart's nicht nur wegen ihres künstleri­schen Werthes an, sondern auch wegen des pikan­ten Beigeschmackes, denen ihnen die nackten Frauengestalten gaben, die man nach guten Modellen entwerfen wußte, ja in deren Zügen man nicht allzu schwer einige Damen der vornehmen Wie­ner Lebewelt erkannte. Makart malte diese Ge­stalten mit der Naivetät nnd dem frischen Le­benssinne des echten Künstlers, aber dem großen Publikum unserer Tage gebricht es vollständig an der naiven Empfänglichkeit, die allein derar­tige Gemälde recht zu erfassen weiß. So erweckte auch jedes Bild Makart's einen Sturm von Beifall und Unwillen, je nach dem Standpuncte der Beurtheiler. Man erinnett sich noch ganz gut des großen, für die Pariser Weltausstellung gemalten Historienbildes „Einzug Karl V. in Antwerpen", auf dem einige Gruppen nackter oder doch wenig verhüllter Frauengestalten zu sehen waren. Man gab sich weit weniger Mühe, den Werth des Kunstwerkes zu beurthei­len, die Frage zu beantworten, ob dasselbe wirk­lich irgend einen historischen Zug habe, als man sich mit Eifer darauf verlegte, die einzelnen Fi­guren auf ihre Aehnlichkeit mit den Originalen zu prüfen. Wie mächtig das decorative Genie Makart's war, das konnte er in einer Weise bethä­tigen, wie nicht viele Meister vor ihm. Ein grandioses Straßenfest zu arrangiren, eine Reihe von herrlichen Bildern, die nicht starr an einem Ort gebannt, sondern in lebendiger Bewegung sind, das war eine Aufgabe, wie sie Hans Makart nicht schöner wünschen konnte. Man weiß, daß ihm der große Wiener Festzug diese Gelegen­heit bot und daß er dabei ein Schauspiel zu Stande brachte, wie die Gegenwart wohl noch keines gesehen. Wie er damals hoch zu Roß, auf reichgeschirrtem, mit goldgestickter Schabracke be­kleidetem Renner saß, mit dem prächtigen Ko­stüme der niederländischen Maler angethan von den Zurufen der Wiener Bevölkerung umjubelt, war er auf eine solche Höhe des Ruhmes und der Beliebtheit gelangt, daß ein weiterer Aufstieg kaum mehr möglich war. Dieser Enthusiasmus weiter Kreise für Makart war um so merkwürdiger, als die Per­sönlichst des Künstlers nichts von jenem gewinnen­den, bestrickenden Wesen an sich hatte, das ge­sellschaftlich von so großer Bedeutung ist. Makart war ein schweigsamer, in sich gekehrter Mann, der geradezu unbeholfen erschien, wenn er öffentlich ein paar Worte sprechen sollte. Aber so sehr war sein Ruhm mit dem Wiens verwachsen, so wur­zelte er mit seinem ganzen Wesen im Boden der Kaiserstadt, daß man an ihn gar keine Auforderungen stellte, sondern ihm Alles bereitwillig ent­gegenbrachte. So sehr die Huldigungen zu einem Theile wenigstens in einer gewissen Trunkenheit der Kunstliebhaber ihren Grund hatten, muß man sie doch auch als eine schöne Blüthe wirk­lichen Enthusiasmus würdigen und hochhalten. Sie waren das Lebenselement des Künstlers, der dafür geschaffen schien, in einer Fülle von Glanz und Herrlichkeit zu arbeiten, dessen Werke dies auch getreulich wiederspiegelten. Ob nicht gerade durch den riesigen Aufwand, den ein solches Leben erforderte und der zu übermäßiger Arbeit zwang, jene Katastrophe herbeigeführt wurde, die Makart mitten aus der Ruhmesbahn riß, ob die stete Aufregung des künstlerischen Schaffens nicht die Nerven zu sehr afficirte und endlich lähmte — wer könnte dies entscheiden, wer möchte heute darüber Nachforschungen anstellen? Für den Mo­ment ist es die tiefe Trauer über das so rasche Hin­scheiden eines der genialsten Maler unserer Zeit, die alle Herzen erfüllt, die volle Theilnahme für den allem Ringen und Schaffen so plötzlich ent­rissenen Meister, dessen leuchtende Farben nicht nur seine Gemälde erhellen, sondern auch um seinen Namen als Glorie strahlen für alle Zeiten. („N. P. I.")

Quelle: Text: Wikipedia (erweitert), Bilder: www.nikles.net, Mährisches Tagblatt vom 7.10.1884, Seite 2, 3 und 4 und gemeinfrei.



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